TE Vfgh Erkenntnis 1981/3/18 B301/77

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Veröffentlicht am 18.03.1981
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Index

L4 Innere Verwaltung
L4020 Sicherheitspolizei

Norm

B-VG-Nov 1962 §5 Abs2
Linzer GartenschutzO 1959 §7
V-ÜG 1929 ArtII §8

Leitsatz

Linzer Gartenschutzordnung 1959; keine Bedenken gegen §7; keine denkunmögliche Anwendung; kein Entzug des gesetzlichen Richters

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz erkannte den Beschwerdeführer mit Strafverfügung vom 5. April 1977 einer Verwaltungsübertretung nach §2 Abs4 litc der Gartenschutzordnung, Verordnung des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 30. Mai 1959 über den Schutz der öffentlichen Garten- und Grünanlagen (Gartenschutzordnung), kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz, Folge 7/1959, - im folgenden: GartenschutzO, schuldig, weil er am 25. März 1977 in den Parkanlagen nächst der Aussichtswarte geritten sei, und verhängte über ihn gemäß §7 dieser Verordnung eine Geld- sowie eine Ersatzarreststrafe.

Der Beschwerdeführer erhob Einspruch, der sich ausdrücklich nur gegen das Ausmaß der auferlegten Strafe richtete. Die Oö. Landesregierung wertete dieses Rechtsmittel als Berufung und entschied darüber mit Bescheid vom 7. Juli 1977; sie bestätigte die Strafverfügung im Strafausspruch und verpflichtete den Beschwerdeführer zur Leistung eines Verfahrenskostenbeitrages.

2. Gegen diesen Berufungsbescheid wendet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer eine Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf Unversehrtheit des Eigentums behauptet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. a) Die GartenschutzO, welche auf alle öffentlichen Garten- und Grünanlagen Anwendung findet (§1 Abs1), verpflichtet in ihrem §2 Abs2 jedermann, sich so zu verhalten, daß die Besucher der Anlagen nicht belästigt und die Anlagen sowie die dazugehörigen (beispielsweise aufgezählten) Einrichtungen nicht beschädigt oder verunreinigt werden. Abs4 dieses Paragraphen legt eine Reihe von Verboten fest, insbesondere das Betreten des Rasens und anderer bepflanzter Flächen (lita), das Fahren mit anderen Fahrzeugen als Kinderwagen, Krankenfahrstühlen und Kinderfahrzeugen (litb), das Reiten in den Anlagen (litc), das Abreißen von Blumen, Zweigen, Ästen oder Sträuchern und das Erklettern von Bäumen (litd), das Verrücken oder Besteigen von Bänken oder Tischen (lite), das Wegwerfen bestimmter Abfälle (litf), das Anlegen von Eisschleifen und das Rodeln (litg), das Spielen außerhalb der Kinderspielplätze, wenn dadurch Besucher der Anlagen belästigt werden (lith), das Wegwerfen bestimmter Gegenstände und das Schießen mit bestimmten Geräten (liti).

Nach §7 GartenschutzO werden Übertretungen dieser Verordnung unbeschadet einer etwaigen Ahndung nach anderen Vorschriften vom Magistrat mit Geld bis zu einem Betrag von S 2.000 oder mit Arrest bis zu zwei Wochen bestraft.

b) Der Beschwerdeführer kritisiert die unter Berufung auf §§36 und 57 des damals in Geltung gestandenen Gemeindestatuts für die Landeshauptstadt Linz (Anlage zur Wiederverlautbarungskundmachung, LGBl. 26/1958) erlassene GartenschutzO als gesetzwidrig. Seine Meinung läßt sich dahin zusammenfassen, daß die Verordnung zwar materiell eine in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fallende Angelegenheit regle (- er nennt unter Bezugnahme auf Art120 B-VG in der Fassung vor der B-VG-Novelle 1962 die "Flurpolizei" -), aber entgegen dem Erfordernis des Art18 B-VG einer gesetzlichen Grundlage entbehre; auch stehe sie im Widerspruch zu Bundesgesetzen, nämlich dem Wasserrechtsgesetz hinsichtlich des darin geregelten Gemeingebrauchs sowie dem Forstgesetz, und gehe über die landesgesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der Kulturpflanzen hinaus.

c) Der VfGH hält die vom Beschwerdeführer an der GartenschutzO geübte Kritik jedoch für nicht berechtigt und sieht sich weder aus den von der Beschwerde ins Treffen geführten noch aus anderen Gründen veranlaßt, in ein amtswegiges Prüfungsverfahren einzutreten.

Zunächst ist festzuhalten, daß in diesem Beschwerdefall nicht etwa - wie der Beschwerdeführer anscheinend annimmt - die gesamte GartenschutzO präjudiziell ist, sondern bloß ihr §7; denn nur dieser liegt dem bekämpften Berufungsbescheid zugrunde, der (- läßt man die Auferlegung eines Verfahrenskostenbeitrages beiseite -) ausschließlich einen Ausspruch über Art und Ausmaß von Verwaltungsstrafen (Geldstrafe und Ersatzarreststrafe) beinhaltet. Mit der Gesetzmäßigkeit der GartenschutzO hat sich der VfGH sohin nur insoweit auseinanderzusetzen, als der Verordnungsgeber die Befugnis in Anspruch genommen hat, an von ihm statuierte Verbote Strafsanktionen zu knüpfen.

Der VfGH verweist auf seine Erk. VfSlg. 6368/1971 und 3376/1958, die sich mit der Gesetzmäßigkeit einer inhaltlich vergleichbaren Verordnung befassen, nämlich der Kundmachung des Wiener Magistrats vom 28. August 1951, betreffend Schutz der Gartenanlagen im Gebiet der Stadt Wien. Wie der VfGH zu dieser Kundmachung (- in Betrachtung stand eine Bestimmung, die den Schutz der Gartenanlagen vor bestimmten Beschädigungen und Zerstörungen bezweckt -) ausgeführt hat, liege keine Durchführungsverordnung iS des Art18 Abs2 B-VG vor; die Kundmachung, die sich auf §§77 und 111 der Verfassung der Stadt Wien (betreffend den selbständigen Wirkungsbereich der Gemeinde sowie die Ermächtigung zur Erlassung ortspolizeilicher Verordnungen) stützte, weise sich vielmehr als selbständige, gesetzvertretende Verordnung aus, die Maßnahmen der örtlichen Sicherheitspolizei zum Gegenstand habe. Zwar sei - wie der VfGH im Erk. VfSlg. 6368/1971 betonte - die verfassungsrechtliche Ermächtigung seitens des Bundesverfassungsgesetzgebers in ArtII §8 VÜG 1929 gemäß §5 Abs2 der B-VG-Novelle 1962 außer Kraft getreten, doch sei hiedurch die Geltung der Kundmachung nicht berührt worden.

An diesem Standpunkt, der auf die GartenschutzO sinngemäß zutrifft, hält der VfGH fest. Auch die GartenschutzO beinhaltet, soweit sie hier im Hinblick auf ihren §7 zu betrachten ist, Maßnahmen der örtlichen Sicherheitspolizei und wurde als selbständige, gesetzvertretende Verordnung aufgrund von Bestimmungen des Gemeindestatuts für die Landeshauptstadt Linz erlassen, die inhaltlich den gesetzlichen Grundlagen der erwähnten Kundmachung des Wiener Magistrats entsprechen.

Entgegen der nicht näher belegten Ansicht des Beschwerdeführers kann der VfGH auch nicht finden, daß die GartenschutzO - im hier interessierenden Teil - bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften widerspricht. Dies gilt insbesondere für die in der Beschwerde genannten Gesetze: Weder im WasserrechtsG 1959 noch im ForstG noch im Oö. KulturpflanzenschutzG, LGBl. 37/1951 idF LGBl. 10/1955, findet sich eine Vorschrift, die der GartenschutzO inhaltlich entgegenstünde.

d) Das Beschwerdeverfahren hat auch sonst keinen Anhaltspunkt für die Annahme ergeben, daß sich der angefochtene Bescheid auf verfassungsrechtlich bedenkliche Rechtsvorschriften stützt. Es ist daher festzuhalten, daß weder eine Rechtsverletzung unter diesem Gesichtspunkt noch eine aus der Rechtswidrigkeit genereller Normen abzuleitende Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte stattgefunden hat.

2. Der Beschwerdeführer macht die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf Unversehrtheit des Eigentums ausschließlich unter dem Blickwinkel geltend, daß der bekämpfte Bescheid auf verfassungsrechtlich mangelhaften Rechtsgrundlagen beruhe; eine Verletzung dieser Rechte durch den Gesetzesvollzug behauptet er hingegen nicht. Eine solche Rechtsverletzung könnte nach der Lage der Beschwerdesache gemäß der ständigen Rechtsprechung des VfGH (siehe zB VfSlg. 8382/1978 und 8360/1978) auch nur gegeben sein, wenn die belangte Landesregierung die Zuständigkeit zu der von ihr getroffenen Sachentscheidung in der Straffrage rechtswidrig in Anspruch genommen oder wenn sie von ihr herangezogene Rechtsvorschriften in denkunmöglicher Weise gehandhabt hätte. Eine derartige Rechtsverletzung kann der VfGH jedoch ebensowenig erkennen wie die Verletzung eines vom Beschwerdeführer nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes.

3. Die Beschwerde war sohin abzuweisen.

Schlagworte

Polizei, Sicherheitspolizei örtliche, Geltungsbereich einer Verordnung, Verordnung ortspolizeiliche

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1981:B301.1977

Dokumentnummer

JFT_10189682_77B00301_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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