TE Vfgh Erkenntnis 1981/6/15 B141/79

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Veröffentlicht am 15.06.1981
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Index

80 Land-und Forstwirtschaft
80/01 Organisationsrecht

Norm

B-VG Art12 Abs2
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Bescheid

Leitsatz

Anzeige einer Verwaltungsbehörde - kein Bescheidcharakter; kein Entzug des gesetzlichen Richters durch Zurückweisung einer Berufung gegen Feststellungen in der Anzeige

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1. Der Beschwerdeführer steht als Oberforstrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land NÖ. Seit 1. Juli 1975 befindet er sich im dauernden Ruhestand.

Im Jahre 1978 hat die Nö. Agrarbezirksbehörde an die Bundespolizeidirektion St. Pölten mehrere Anzeigen gegen den Beschwerdeführer erstattet, weil sich der Beschwerdeführer auf dem von ihm verwendeten Briefpapier als Oberforstrat bezeichnet und eine Beifügung des Inhaltes unterlassen hatte, daß er sich im Ruhestand befinde. Die Nö. Agrarbezirksbehörde äußerte den Verdacht, daß darin die Verwaltungsübertretung der unbefugten Führung eines Amtstitels nach §40 der Dienstpragmatik der Landesbeamten 1972, LGBl. 2200-9 zu erblicken sei.

Gegen die in den Anzeigen enthaltene "Feststellung" der Führung eines unrichtigen Amtstitels erhob der Beschwerdeführer Berufung an den Landesagrarsenat beim Amt der Nö. Landesregierung.

Der Landesagrarsenat hat diese Berufung mit Bescheid vom 22. Feber 1979 als unzulässig zurückgewiesen.

2. Gegen diesen Bescheid des Landesagrarsenates richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt erachtet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Eine Berufung gegen den Bescheid des Landesagrarsenates an den Obersten Agrarsenat ist im vorliegenden Fall nicht zulässig (§7 Abs1 des Agrarbehördengesetzes 1950 idF der Nov. BGBl. 476/1974). Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, ist die Beschwerde zulässig.

2. a) Der Beschwerdeführer bezweifelt zwar nicht die Zuständigkeit des Landesagrarsenates zur Entscheidung über seine Berufung, behauptet aber eine "denkunlogische" Zusammensetzung der belangten Behörde, weil der Berufung vor dem Landesagrarsenat eine Rechtsfrage und keine Fachfrage zugrunde gelegen sei, dessenungeachtet aber drei Sachverständige des höheren landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen und agrartechnischen Bereiches "durch Begutachtung einer Rechtsfrage an der Rechtsfindung" mitgewirkt hätten.

Dazu ist zu bemerken, daß Art12 Abs2 B-VG ausdrücklich die Mitwirkung von Sachverständigen als Mitglieder der Agrarsenate vorsieht (vgl. VfSlg. 8729/1980 und 8828/1980).

b) Die belangte Behörde hat die Berufung des Beschwerdeführers auch zurecht als unzulässig zurückgewiesen, weil einer von einer Verwaltungsbehörde erstatteten Anzeige kein Bescheidcharakter zukommt. Es werden damit nämlich keineswegs Rechtsverhältnisse des Angezeigten in einer der Rechtskraft fähigen Weise festgestellt oder gestaltet (vgl. VfSlg. 8560/1979), dies kommt erst der im Verwaltungsstrafverfahren entscheidenden Strafbehörde zu.

Dabei ist es - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - ohne jeden Belang, ob die Anzeige der Agrarbezirksbehörde oder einem ihre Aufgaben besorgenden Organ zugeschrieben wird. Keine Rechtsvorschrift hindert die zur Ahndung von Verwaltungsübertretungen berufenen Behörden, einem von wem immer geäußerten Verdacht nachzugehen.

Die belangte Behörde hat daher über die Berufung des Beschwerdeführers zu Recht keine Sachentscheidung gefällt, weshalb auch diesbezüglich kein Verstoß gegen das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gegeben ist.

3. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Rechtsnorm in einem Recht verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Schlagworte

Bescheidbegriff

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1981:B141.1979

Dokumentnummer

JFT_10189385_79B00141_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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