TE Vfgh Beschluss 1981/6/15 G5/81

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Veröffentlicht am 15.06.1981
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Index

20 Privatrecht allgemein
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
ABGB §93 Abs2
NamensänderungsG §8 Abs1

Leitsatz

Art140 B-VG; Individualantrag auf Aufhebung des §93 Abs2 ABGB und einiger Worte im Abs3 dieses Paragraphen idF BGBl. 412/1975; keine Legitimation

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. Mit dem auf Art140 B-VG gestützten Antrag begehrt der Einschreiter, §93 Abs2 ABGB idF BGBl. 412/1975 sowie die im Abs3 dieses Paragraphen enthaltenen Worte "noch im Sinn des Abs2 nachgestellt" als verfassungswidrig aufzuheben. Er vertritt mit näherer Begründung die Auffassung, daß die angefochtenen Gesetzesbestimmungen dem auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgebot widersprächen.

Der Antragsteller habe am 17. März 1978 mit C.S. die Ehe geschlossen; nach §93 Abs1 zweiter Satz ABGB sei als gemeinsamer Familienname der Familienname der Frau "S." bestimmt worden. Die Gesetzeslage verwehre es ihm jedoch, bei der Führung des Familiennamens "S." seinen Geburtsnamen (bisherigen Familiennamen) "H." unter Setzung eines Bindestrichs nachzustellen.

II. Der Antrag ist nicht zulässig.

1. Der VfGH hat in ständiger Rechtsprechung (s. aus jüngster Zeit etwa VfSlg. 9048/1981) an der schon in seinem Beschluß VfSlg. 8009/1977 ausgesprochenen Ansicht festgehalten, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 letzter Satz B-VG setze ua. voraus, daß für den Rechtsschutz gegen rechtswidrige Normen kein anderer zumutbarer Weg als die Anfechtung beim VfGH zur Verfügung steht, um die behauptete Verfassungswidrigkeit geltend zu machen. Wie die folgenden Ausführungen nachweisen, ist ein solcher Weg im vorliegenden Fall jedoch gegeben.

2. §8 Abs1 des Namensänderungsgesetzes (Gesetz vom 5. Jänner 1938, DRGBl. I S 9; im folgenden: NamÄndG) bestimmt in seinem ersten Satz (insbesondere) für den Fall, daß es zweifelhaft ist, welchen Familiennamen ein österreichischer Staatsbürger zu führen berechtigt ist, daß der Bundesminister für Inneres diesen Namen auf Antrag eines Beteiligten oder von Amts wegen mit allgemein verbindlicher Wirkung feststellen kann. Die zitierte Gesetzesbestimmung bezieht sich ihrem Wortlaut nach zwar auf den Familiennamen, doch finden sich nach Ansicht des VfGH keine stichhältigen Gründe gegen die Annahme, daß diese Vorschrift, soweit sie eine Namensfeststellung auf Grund eines Parteienantrags regelt, analog auch für den durch §93 Abs2 ABGB geschaffenen Namen heranzuziehen ist. Denn bei diesem Namen handelt es sich um einen bisherigen Familiennamen, der - unter Setzung eines Bindestrichs - dem durch die Eheschließung erworbenen Familiennamen nachgestellt werden kann, also zweifellos eine zur Kennzeichnung des Namensträgers gleichartige Funktion wie der voranstehend geführte Familienname hat. Mit Recht betont Raschauer, Namensrecht, 1978,

S 170 (der eine strikte, auf den Familiennamen beschränkte Wortinterpretation des §8 NamÄndG ablehnt), daß das offensichtliche Ziel dieser Bestimmung die Behebung von Zweifelsfällen ist, und daß damit der Ausschluß von möglichen Zweifelsfällen im Recht auf Namensführung, die sich erst aus Änderungen in der Struktur der Rechtsordnung nach dem Jahr 1938 ergeben, aus dem Anwendungsbereich des §8 NamÄndG nicht gerechtfertigt wäre.

Nimmt ein Mann, der infolge einer Namensbestimmung gemäß §93 Abs1 zweiter Satz ABGB den von der Frau hergeleiteten Familiennamen zu führen hat, das in §93 Abs2 ABGB festgelegte Recht auf Nachstellung des bisherigen Familiennamens in Anspruch, so wäre über dieses in Anspruch genommene Recht auf Antrag gemäß §8 NamÄndG zu entscheiden; hiebei wäre auch die in einer (wenngleich anscheinend vereinzelt gebliebenen) Literaturstelle (Schwimann, Die nichtvermögensrechtlichen Ehewirkungen im neuen Recht und dessen Problematik, ÖJZ 1976 S 365 ff., hier S 366) bejahte Frage zu beantworten, ob das Recht des Doppelnamens in analoger Anwendung des §93 Abs2 ABGB auch dem Mann zukommt.

Eine dem Standpunkt des Einschreiters nicht entsprechende Entscheidung böte ihm sodann Gelegenheit, den VfGH mit einer auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde anzurufen und darin die Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesvorschrift geltend zu machen.

3. Dem Antragsteller des vorliegenden Individualantrages ist es auch durchaus zumutbar, den aufgezeigten Weg zu beschreiten, zumal er selbst nicht behauptet, derzeit ins Gewicht fallende Nachteile dadurch zu erleiden, daß es ihm verwehrt ist, statt des Namens "S." - wie angestrebt - den Namen "S-H." zu führen.

4. Der Antrag war sohin wegen der fehlenden Antragsberechtigung zurückzuweisen.

Schlagworte

Namensrecht, VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1981:G5.1981

Dokumentnummer

JFT_10189385_81G00005_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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