TE Vfgh Erkenntnis 1981/6/30 B432/78

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Veröffentlicht am 30.06.1981
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Index

L5 Kulturrecht
L5500 Baumschutz, Landschaftsschutz, Naturschutz

Norm

B-VG Art12 Abs1 Z3
B-VG Art15 Abs1
StGG Art5
Nö NaturschutzG §3 Abs1 Z2

Leitsatz

Nö. Naturschutzgesetz; keine Bedenken gegen §3 Abs1 Z2; diese Regelung greift nicht in den Wesensgehalt des Eigentumsrechtes ein und fällt nicht unter den Kompetenztatbestand Bodenreform

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1.a) Nach dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom 27. Dezember 1977 hat der Beschwerdeführer auf einer von ihm gepachteten Teilfläche des im Flächenwidmungsplan als Grünland ausgewiesenen Grundstückes Nr. 322 KG G., das kein Campingplatz iS des §1 des Nö. Camping- und Jugendlagerplatzgesetzes, LGBl. 5750-0, ist, im Mai 1977 ein Mobilheim aufgestellt und dadurch, da nach §3 Abs1 Z2 des Nö. Naturschutzgesetzes, LGBl. 5500-0 (im folgenden NSchG) das Aufstellen oder Abstellen von Mobilheimen bzw. Wohnwagen im Grünland außerhalb von Campingplätzen verboten ist, eine Verwaltungsübertretung begangen. Gemäß §24 Abs1 NSchG wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 2.000,- (Ersatzarreststrafe in der Dauer von 10 Tagen) verhängt.

b) Die gegen das Straferkenntnis erhobene Berufung hat die Nö. Landesregierung mit dem Bescheid vom 30. Mai 1978 als unbegründet abgewiesen.

2. Gegen den Berufungsbescheid der Nö. Landesregierung richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde. Der Beschwerdeführer behauptet, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden zu sein. Es wird der Antrag gestellt, den angefochtenen Bescheid kostenpflichtig aufzuheben oder die Beschwerde im Fall der Abweisung dem VwGH abzutreten.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. a) Der Beschwerdeführer begründet die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte ausschließlich damit, daß §3 Abs1 Z2 NSchG verfassungswidrig sei. Er bringt hiezu zum einen vor, daß das in dieser Bestimmung enthaltene generelle Verbot des Auf- und Abstellens von Mobilheimen mit Art5 StGG in Widerspruch stehe, da die durch dieses Verbot bewirkte "Einschränkung in der Nutzung des Grünlandes ... generell einer Konfiskation" gleichkomme.

Diese Behauptung des Beschwerdeführers ist unrichtig. Durch §3 Abs1 Z2 NSchG wird das Auf- oder Abstellen von mobilen Heimen und Wohnwagen im Grünland außerhalb von Campingplätzen verboten. Dadurch wird eine Einschränkung der Ausübung der aus dem Eigentum (auch das Pachtrecht als privates Vermögensrecht genießt den Schutz des Eigentums nach Art5 StGG; vgl. VfSlg. 8285/1978) fließenden Nutzungsrechte verfügt, keinesfalls jedoch eine in einer Entziehung des Eigentums bestehende Konfiskation. Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH gilt der erste Satz des Art5 StGG, wonach das Eigentum unverletzlich ist, auch für Eigentumsbeschränkungen; allerdings bezieht sich auch auf diese der im zweiten Satz dieses Artikels festgelegte Gesetzesvorbehalt (vgl. dazu VfSlg. 6780/1972, 8759/1980). Der Gesetzgeber kann daher verfassungsrechtlich einwandfreie Eigentumsbeschränkungen verfügen, sofern er dadurch nicht den Wesensgehalt des Grundrechtes der Unverletzlichkeit des Eigentums berührt oder in einer anderen Weise gegen einen den Gesetzgeber bindenden Verfassungsgrundsatz verstößt.

Es bedarf keiner weiteren Erörterung, daß es sich beim angeführten Inhalt der Bestimmung des §3 Abs1 Z2 NSchG um keinen Eingriff in den Wesensgehalt des Eigentumsrechtes handelt.

b) Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers sei §3 Abs1 Z2 NSchG aber auch deshalb verfassungswidrig, weil mit dieser Norm "generell ein Eingriff in die Nutzung landwirtschaftlicher Liegenschaften gemacht" würde. Es würden "somit Benützungs- oder Bewirtschaftungsverhältnisse geregelt". "Die Regelung von Benützungs- und Bewirtschaftungsverhältnissen" falle "allerdings unter den Kompetenztatbestand der Bodenreform" nach Art12 Abs1 B-VG.

Auch mit dieser Behauptung ist der Beschwerdeführer nicht im Recht. Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH sind unter Maßnahmen der Bodenreform jene nicht unter Art10 B-VG fallenden Aktionen auf dem Gebiet der Landeskultur zu verstehen, durch welche die gegebenen Bodenbesitz-, Benützungs- und Bewirtschaftungsverhältnisse den geänderten sozialen oder wirtschaftlichen Bedürfnissen entsprechend einer planmäßigen Neuordnung oder Regelung unterzogen werden sollen (vgl. VfSlg. 1390/1931, 4027/1961). Aus dem Inhalt der angeführten Bestimmung ergibt sich bereits, daß darin lediglich eine Einschränkung einer bestimmten Art der Verwendung des Grünlandes außerhalb von Campingplätzen, nämlich das Auf- oder Abstellen von mobilen Heimen und Wohnwagen untersagt wird, nicht aber die Voraussetzungen festgelegt sind, unter denen diese Grundstücke einer bestimmten Verwendung zugeführt oder die Arten ihrer (bisherigen) Verwendung geänderten Benützungs- oder Bewirtschaftungsverhältnissen angepaßt werden sollten; die Regelung des §3 Abs1 Z2 NSchG fällt somit nicht unter den Kompetenztatbestand "Bodenreform". Der VfGH kann es im übrigen dahingestellt sein lassen, ob diese - im Naturschutzgesetz enthaltene - Regelung eine Angelegenheit des Naturschutzes oder des Landschaftsschutzes ist, da zur Regelung beider Materien jedenfalls der Landesgesetzgeber zuständig ist.

c) Die vom Beschwerdeführer gegen die Verfassungsmäßigkeit des §3 Abs1 Z2 NSchG vorgebrachten Bedenken sind nicht gegeben. Beim VfGH sind sonstige Bedenken unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles nicht entstanden.

2. Ein Verhalten der Behörde, durch das eine Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes des Beschwerdeführers bewirkt worden wäre, ist vom Beschwerdeführer nicht behauptet worden. Im Verfahren vor dem VfGH hat sich nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden wäre.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Schlagworte

Naturschutz, Eingriffe verbotene (Naturschutz), Kompetenz Bund - Länder, Kompetenz Bund - Länder Bodenreform

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1981:B432.1978

Dokumentnummer

JFT_10189370_78B00432_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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