TE Vfgh Erkenntnis 1981/10/17 B275/78

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Veröffentlicht am 17.10.1981
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6500 Jagd, Wild

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
B-VG Art144 Abs1 / Säumnis
StGG Art5
AVG §8
Nö JagdG 1974 §39
Nö JagdG 1974 §40
Nö JagdG 1974 §46, §46 Abs1

Leitsatz

Nö. Jagdgesetz 1974; keine Bedenken gegen §39; keine gleichheitswidrige und keine denkunmögliche Gesetzeshandhabung

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1. Die Nö. Landesregierung wies mit dem Bescheid vom 23. März 1978, Z VI/4-676/1-1977, die Berufung des F. G., des A. E. und der L. E. - sämtliche Grundeigentümer im Genossenschaftsjagdgebiet Kleinrust - gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 2. Mai 1977, Z IX-K-24/2-1977 - womit die am 6. März 1977 vom Jagdausschuß Kleinrust beschlossene "Verlängerung des bestehenden Jagdpachtverhältnisses hinsichtlich der Genossenschaftsjagd Kleinrust ... für die Jagdperiode vom 1. 1. 1978 bis 31. 12. 1983 um den erhöhten jährlichen Pachtschilling von 35.000 S" gemäß §§40 und 46 Abs1 Nö. JagdG 1974, LGBl. 6500-1, genehmigt wurde - gemäß §66 Abs4 AVG 1950 als unbegründet ab und bestätigte den angefochtenen erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe, daß der vom Jagdausschuß Kleinrust am 6. 3. 1977 beschlossenen Verpachtung der Genossenschaftsjagd Kleinrust an die Jagdgesellschaft Kleinrust im Weg des freien Übereinkommens gemäß §39 Nö. JagdG 1974 die Zustimmung erteilt werde.

1.2.1. Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte - gemeinsam ausgeführte - Beschwerde des F. G., des A. E. und der L. E. an den VfGH, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG), auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 Abs1 B-VG, Art2 StGG) und auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, ferner hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt wird.

1.2.2. Die Nö. Landesregierung als belangte Behörde sowie die Jagdgenossenschaft Kleinrust und die Jagdgesellschaft Kleinrust als Beteiligte des Beschwerdeverfahrens erstatteten Gegenschriften und begehrten darin die Abweisung der Beschwerde, und zwar die beiden Beteiligten unter Geltendmachung von Kostenersatzansprüchen.

2. Über die - zulässige - Beschwerde wurde erwogen:

2.1.1. Mit Bezugnahme auf Art83 Abs2 B-VG wenden die Beschwerdeführer zunächst - sinngemäß zusammengefaßt - ein, die Behörde erster Instanz habe gar nicht über die Genehmigung der (vom Jagdausschuß beschlossenen) Verpachtung, sondern über die Verlängerung eines schon bestehenden Jagdpachtverhältnisses befunden, wofür hier jede sachliche Grundlage fehle.

Den Beschwerdeführern ist einzuräumen, daß im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides von der (Genehmigung der) "Verlängerung des bestehenden Jagdpachtverhältnisses" die Rede ist, doch vergriff sich die - sachlich über die Genehmigung der vom Jagdausschuß Kleinrust am 6. März 1977 beschlossenen Verpachtung absprechende - Behörde unzweifelhaft nur im sprachlichen Ausdruck, indem sie für die Bescheiddurchschrift offenkundig versehentlich ein nicht die Verpachtung im Wege eines freien Übereinkommens, sondern die Verlängerung von Pachtverhältnissen betreffendes Formblatt verwendete, wie insbesondere aus der ausdrücklichen und unmißverständlichen Bezugnahme auf den erwähnten Beschluß des Jagdausschusses vom 6. März 1977 über die Verpachtung der Genossenschaftsjagd Kleinrust an die Jagdgesellschaft Kleinrust im Weg des freien Übereinkommens erhellt. Die Berufungsbehörde behob denn auch diesen formalen Fehler der ersten Instanz und bestätigte den angefochtenen Bescheid - wie bereits eingangs festgehalten - lediglich mit der Maßgabe, daß der vom Jagdausschuß beschlossenen Verpachtung gemäß §39 Nö. JagdG 1974 zugestimmt werde. Angesichts dieser Sachlage kann der offenbaren Auffassung der Beschwerdeführer zuwider keinesfalls gesagt werden, die Nö. Landesregierung habe - in Verletzung des Grundrechts nach Art83 Abs2 B-VG (vgl. dazu VfSlg. 8505/1979) - über eine Angelegenheit entschieden, die nicht bereits Gegenstand des Bescheides der Unterinstanz gewesen war.

2.1.2. Soweit die Beschwerdeführer gleichfalls unter dem Gesichtspunkt einer Grundrechtsverletzung nach Art83 Abs2 B-VG in längeren Darlegungen rügen, die Administrativbehörden hätten über Ansuchen (vom 11. Mai 1976 und vom 25. Jänner 1977) bisher nicht entschieden, so ist dem entgegenzuhalten, daß dieses behauptete Untätigbleiben - nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (vgl. zB VfSlg. 7597/1975, 8481/1979) - ausschließlich mit den von der Rechtsordnung zur Verfügung gestellten besonderen Rechtsbehelfen gegen die Säumigkeit von Verwaltungsbehörden, niemals aber mit Verfassungsgerichtshofbeschwerde nach Art144 Abs1 B-VG bekämpft werden kann.

2.1.3. Der letzte dem Grundrecht des Art83 Abs2 B-VG gewidmete Einwand der Beschwerdeführer, die Einladung ("Einladungskurrende") zur Sitzung des Jagdausschusses (vom 6. März 1977) sei rechtswidrigerweise gar nicht vom Obmann ausgegangen, trifft schon in tatsächlicher Hinsicht nicht zu, weil dieses Aktenstück - wie die Verwaltungsakten zeigen - ohnedies von J. St. als Jagdausschußobmann unterfertigt ist.

2.1.4. Aus all diesen Erwägungen ergibt sich, daß die Beschwerdeführer im Grundrecht nach Art83 Abs2 B-VG nicht verletzt wurden.

2.2.1. Eine Verletzung des Gleichheitsrechts (Art7 Abs1 B-VG, Art2 StGG), wie sie die Beschwerdeführer ebenfalls behaupten, kann nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 8823/1980) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde den angewendeten Rechtsvorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellte oder wenn sie bei der Bescheiderlassung Willkür übte.

2.2.2. Daß die den bekämpften Bescheid tragenden Rechtsvorschriften in Widerspruch zum Gleichheitsgebot stünden, behaupten die Beschwerdeführer nicht. Auch der VfGH hegt aus der Sicht dieses Beschwerdefalls keine solchen Bedenken.

2.2.3. Da es auch an jeglichen Hinweisen dafür fehlt, daß die belangte Behörde dem Gesetz fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellte, könnte das Gleichheitsrecht lediglich dann verletzt sein, wenn der angefochtene Bescheid ein Willkürakt wäre.

In diese Richtung zielen die Beschwerdeausführungen, jedoch zu Unrecht. Es finden sich nämlich keine wie immer gearteten Anhaltspunkte dafür, daß die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung von subjektiven, in der Person der Berufungswerber gelegenen oder von anderen unsachlichen Erwägungen geleitet worden sei. Wenn die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang davon ausgehen, die Behörde erster Instanz habe ein bereits bestandenes Pachtverhältnis verlängert, kann auf die Ausführungen zu 2.1.1. verwiesen werden, wonach es sich vorliegend tatsächlich um die Genehmigung einer Verpachtung zufolge freien Übereinkommens handelt. Die insoweit auf verfehlten Prämissen beruhenden Beschwerdeeinreden gehen daher ins Leere und entziehen sich damit jeder weiteren Erörterung.

Den Beschwerdeführern kann aber auch nicht gefolgt werden, wenn sie darzutun suchen, daß die - als gering eingeschätzte - Höhe des Pachtschillings behördliche Willkür erkennen lasse; denn die Landesregierung legt in der Begründung des angefochtenen Bescheides im einzelnen sehr ausführlich dar, daß der Pachtschilling sowohl unter Berücksichtigung aller Leistungen und Erlöse angemessen sei als auch dem für (neun) vergleichbare benachbarte Genossenschaftsjagdgebiete erzielten durchaus entspreche, somit als ortsüblich bezeichnet werden könne. Dabei ändert der Umstand, daß das sinngemäße Vorbringen des F. G. zur Pachtschillingshöhe angesichts der offenbaren eigenen Pachtbewerbung nach Lagerung des Falles keine Glaubwürdigkeit zu beanspruchen vermag, nichts daran, daß dieser Beschwerdeführer - wie hier ersichtlich geschehen - jedenfalls in der Eigenschaft als Grundeigentümer (auch) seine Interessen als Jagdgenosse geltend machen kann (s. auch Erk. des VwGH vom 3. 11. 1972 Z 457/72).

2.2.4. Abschließend bleibt demnach festzuhalten, daß die Beschwerdeführer auch nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gleichheitsrecht verletzt wurden.

2.3.1. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Eigentumsrecht wird durch einen bescheidmäßigen Eigentumseingriff gemäß der ständigen Rechtsprechung des VfGH nur dann verletzt, wenn der Bescheid auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruht oder gesetzlos ist, wobei eine denkunmögliche Gesetzesanwendung einer Gesetzlosigkeit gleichkommt (zB VfSlg. 5206/1966).

2.3.2. Der angefochtene Bescheid - der sich auf §39 Nö. JagdG 1974 stützt - wurde nicht ohne jede gesetzliche Grundlage erlassen. Angesichts der aus der Sicht dieses Beschwerdefalls gegebenen verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der diesen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften (s. auch 2.2.2.) bleibt demzufolge bloß zu prüfen, ob der belangten Behörde eine denkunmögliche Gesetzeshandhabung zur Last fällt.

Davon kann jedoch nicht die Rede sein; denn die von den Beschwerdeführern in diesem Zusammenhang bekämpften Überlegungen der Berufungsinstanz zur Höhe des Pachtschillings sind keinesfalls schlechterdings denkunmöglich, wie sich schon aus den Ausführungen zu

2.2.3. ergibt.

Im Grunde suchen die Art5 StGG zugeordneten Beschwerdepartien nach Inhalt und Zielsetzung der Sache nach lediglich nachzuweisen, daß die Berufungsbehörde das Jagdgesetz unrichtig ausgelegt und solcherart rechtswidrig entschieden habe. Damit wird jedoch nicht ein in die Verfassungssphäre reichendes Fehlverhalten der belangten Behörde aufgezeigt, vielmehr einzig und allein die einfachgesetzliche Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides bestritten, worüber ausschließlich der nach Art129 B-VG zur Sicherung der Gesetzmäßigkeit der gesamten öffentlichen Verwaltung berufene VwGH zu befinden hat.

2.3.3. Daraus folgt, daß die Beschwerdeführer auch nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Eigentumsrecht verletzt wurden.

2.4. Die Verletzung eines sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes wurde nicht behauptet und kam auch im Beschwerdeverfahren nicht hervor; ebensowenig entstanden - aus dem Blickwinkel dieser Beschwerdesache - verfassungsrechtliche Bedenken gegen die dem bekämpften Bescheid zugrundeliegenden Rechtsvorschriften (s. 2.3.2.); die Beschwerdeführer wurden mithin auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt.

2.5. Die Beschwerde war bei der gegebenen Sach- und Rechtslage als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Jagdrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1981:B275.1978

Dokumentnummer

JFT_10188983_78B00275_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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