TE Vfgh Erkenntnis 1981/12/7 WIII-1/80

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Veröffentlicht am 07.12.1981
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Index

10 Verfassungsrecht
10/06 Direkte Demokratie

Norm

B-VG Art141 Abs3
VolksbegehrenG 1973 §8 Abs2
VolksbegehrenG 1973 §9 Abs1
VolksbegehrenG 1973 §18 Abs1
VfGG §70

Beachte

Anlaßfall zu VfSlg. 9233/1981

Leitsatz

Volksbegehrengesetz 1973; Volksbegehren auf Erlassung eines Bundesgesetzes betreffend den Umbau des Atomkraftwerkes Zwentendorf in ein konventionelles kalorisches Kraftwerk sowie eine stärkere Absicherung des Atomsperrgesetzes; kein Einfluß der behaupteten Rechtswidrigkeiten des Eintragungsverfahrens auf das Ergebnis des Volksbegehrens

Spruch

Der Anfechtung wird nicht stattgegeben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Hauptwahlbehörde hat in ihrer Sitzung vom 18. November 1980 gemäß §16 Abs1 Volksbegehrengesetz 1973, Anlage zur Kundmachung der Bundesregierung vom 27. Juni 1973 über die Wiederverlautbarung des Volksbegehrengesetzes, BGBl. 344, festgestellt, daß das auf die Erlassung eines Bundesgesetzes betreffend den Umbau des Atomkraftwerkes Zwentendorf in ein konventionelles kalorisches Kraftwerk sowie eine stärkere Absicherung des Atomsperrgesetzes (BGBl. 676/1978) gerichtete Volksbegehren von weniger als 200.000 Stimmberechtigten gestellt wird. Die Hauptwahlbehörde hat die Anzahl der gültigen Eintragungen mit 147.016 ermittelt.

Dies wurde gemäß §16 Abs3 Volksbegehrengesetz 1973 am 21. November 1980 in der Wiener Zeitung kundgemacht.

2. Das Ergebnis des Volksbegehrens wird von der Antragstellerin als Bevollmächtigter des Einleitungsantrages des Volksbegehrens gemäß Art141 Abs3 B-VG und §18 Volksbegehrengesetz 1973 angefochten und die Nichtigerklärung der oben wiedergegebenen Feststellung der Hauptwahlbehörde vom 18. November 1980 beantragt.

II. Aus Anlaß der vorliegenden Anfechtung hat der VfGH gemäß Art140 Abs1 B-VG die Worte "Innerhalb einer Woche" in §18 Abs1 Volksbegehrengesetz 1973 sowie §21 dieses Gesetzes von Amts wegen geprüft und die Worte "Innerhalb einer Woche" in §18 Abs1 mit Erk. vom 9. Oktober 1981, G50/81, wegen Verstoßes gegen Art141 Abs3 B-VG aufgehoben; im übrigen wurde das Gesetzesprüfungsverfahren eingestellt.

Dieses Erk. hat jedoch keine Auswirkungen auf die Rechtzeitigkeit der vorliegenden Anfechtung. Die vorliegende Anfechtung war iS der aufgehobenen Bestimmung rechtzeitig eingebracht und ist es auch nach der bereinigten Rechtslage, weil durch die Aufhebung (lediglich) die Befristung für die Anfechtung entfällt.

Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist die Anfechtung zulässig.

III. Der VfGH hat erwogen:

1. a) Die Anfechtungswerberin bringt vor, das Volksbegehrengesetz 1973 schließe den "Sonderfall" nicht aus, daß "alternative Volksbegehren" durchgeführt werden. In einem solchen Fall - wie er "bei dem hier angefochtenen Ergebnis geradezu als Musterbeispiel" vorliege - kämen die beiden für den Stimmberechtigten alternativ bestehenden Eintragungsmöglichkeiten einer Volksabstimmung oder Wahl gleich. In diesem Fall sei aber eine Differenzierung bezüglich der Geheimhaltung der Stimmabgabe bei Wahlen und Volksabstimmungen einerseits sowie bei Volksbegehren andererseits unsachlich.

Ein Volksbegehren kann schon von seinem Wesen her (Eintragung des jeweiligen Stimmberechtigten in die Eintragungslisten, Feststellung seiner Identität) nicht geheim sein; dies wird auch von der Anfechtungswerberin an sich nicht in Abrede gestellt. Im übrigen unterliegt bei Wahlen zu allgemeinen Vertretungskörpern das dem Verfahren bei Volksbegehren ähnliche System der Eintragung in die Listen von Unterstützungsunterschriften für Wahlvorschläge ebenfalls keiner Geheimhaltung (vgl. zuletzt VfSlg. 8694/1979).

Diese Überlegungen gelten auch - entgegen der Auffassung der Anfechtungswerberin - für den "Sonderfall" des Aufeinandertreffens von zwei Volksbegehren mit einander widersprechenden Zielsetzungen; auch ein solcher Fall vermag am Charakter eines Volksbegehrens nichts zu ändern.

b) Die Anfechtungswerberin hält auch §8 Abs2 Volksbegehrengesetz 1973, wonach die Eintragungsbehörden ein Eintragungsverfahren nur durchzuführen haben, wenn die erforderlichen Eintragungslisten und Gesetzentwürfe bei ihnen spätestens vier Wochen vor Beginn der Eintragungsfrist einlangen, für verfassungswidrig. Sie begründet dies damit, daß ein Volksbegehren nur dann durchführbar sei, wenn sich der Bevollmächtigte der Post bediene, welche schließlich "das vom Gesetzgeber eingerichtete und mit Monopolstellung versehene Zustellwesen" sei. Der Gesetzgeber habe es dadurch in die Hand eines Dritten gelegt, ob die Eintragungslisten und Gesetzentwürfe iS des §8 Abs2 Volksbegehrengesetz 1973 rechtzeitig einlangen oder nicht. Den Antragstellern von Volksbegehren sei dadurch "das verfassungsgemäße Recht auf Durchführung von Eintragungsverfahren nicht gewährleistet".

Dieses Vorbringen trifft schon deshalb nicht zu, weil im Falle der Übermittlung der Unterlagen durch die Post - wozu der Versender nicht gezwungen ist - für den Versender die Möglichkeit besteht, die Ausstellung von Bestätigungen über das Einlangen der Sendungen zu erwirken und erforderlichenfalls eine (neuerliche) Übermittlung auf einem anderen Wege zu veranlassen.

2. Zu dem an Hand von Beispielen erfolgten Vorbringen der Anfechtungswerberin, im Zuge des Eintragungsverfahrens hätten Rechtswidrigkeiten stattgefunden, hat der VfGH die Zeugen ... sowie die Anfechtungswerberin im Rechtshilfewege vernehmen lassen. Der VfGH hat weiters Einsicht genommen in von der belangten Behörde vorgelegte Protokolle, in welchen mit der Durchführung der Eintragungen befaßte Beamte zu den Vorwürfen im einzelnen Stellung bezogen haben (es sind dies ...). Der VfGH hat auch Einsicht genommen in die Akten der belangten Behörde sowie in Schreiben des Magistrates Graz und des Magistrates der Stadt Wien betreffend den Postversand von Drucksorten.

Im Hinblick auf die nachfolgenden Erwägungen ist sowohl die Einvernahme von Zeugen zu den Anfechtungspunkten "Nichtdurchführung eines Eintragungsverfahrens im Verwaltungsbereich der Freistadt Eisenstadt" sowie "Unterlassung der ortsüblichen Verlautbarung in Wien und Graz" als auch der von der Anfechtungswerberin in ihrem Schriftsatz vom 8. Mai 1981 beantragten weiteren sieben Zeugen, welchen "jeweils mehrere in der Anfechtung beispielhaft aufgezählte Fakten" bekannt sein sollen, entbehrlich.

Zu den einzelnen von der Anfechtungswerberin behaupteten Rechtswidrigkeiten im Zuge des Eintragungsverfahrens ist folgendes festzustellen:

a) Im Verwaltungsbereich der Freistadt Eisenstadt wurde deshalb kein Eintragungsverfahren durchgeführt, weil die Eintragungslisten und Gesetzentwürfe dort erst nach Ablauf der in §8 Abs2 Volksbegehrengesetz 1973 festgelegten Frist eingelangt sind.

Die Anfechtungswerberin behauptet, die rechtzeitige Versendung der Eintragungslisten und Gesetzesentwürfe veranlaßt zu haben. Die Eintragungsbehörde in Eisenstadt habe deshalb rechtswidrig gehandelt, weil §8 Abs2 Volksbegehrengesetz 1973 verfassungswidrig sei.

Hiezu ist auf die Ausführungen oben unter Pkt. 1.b) zu verweisen, wonach gegen diese Gesetzesbestimmung keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Daß die Behörde das Gesetz unrichtig angewendet hätte, behauptet auch die Anfechtungswerberin nicht. Es ist daher bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Vorgangsweise der Eintragungsbehörde für den Verwaltungsbereich der Freistadt Eisenstadt völlig irrelevant, ob das verspätete Einlangen der Eintragungslisten und Gesetzesentwürfe in Eisenstadt auf ein Versehen der Österreichischen Staatsdruckerei (welche die Anfechtungswerberin mit der Versendung beauftragt hatte) oder auf andere Umstände zurückzuführen war. Für die Eintragungsbehörde konnte vielmehr lediglich der Zeitpunkt des Einlangens der Eintragungslisten und Gesetzesentwürfe maßgeblich sein, nicht aber die Umstände, welche zum verspäteten Einlangen geführt haben.

b) Gemäß §9 Abs1 erster Satz Volksbegehrengesetz 1973 hat die Eintragungsbehörde in ortsüblicher Weise, jedenfalls aber auch durch öffentlichen Anschlag, unverzüglich zu verlautbaren, daß die Stimmberechtigten innerhalb der vom Bundesminister für Inneres gemäß §5 Abs2 festgesetzten Frist von einer Woche in den Entwurf des Gesetzes, dessen Erlassung begehrt wird, Einsicht nehmen und ihre Zustimmung zu dem beantragten Volksbegehren durch einmalige eigenhändige Eintragung ihrer Unterschrift in die Eintragungslisten erklären können. In gleicher Weise sind auch die Eintragungsorte und die Eintragungszeiten zu verlautbaren.

Die Anfechtungswerberin behauptet, der geforderten Ortsüblichkeit entspreche - zumindest in den österreichischen Landeshauptstädten - seit mehreren Jahren die Verlautbarung in den einzelnen Häusern. Diese Art der ortsüblichen Verlautbarung sei aber diesmal in weiten Teilen der Städte Wien und Graz unterlassen worden. Hiedurch sei ein großer Teil der Bevölkerung, welcher auf eben diese durch die letzten Jahre geprägte "Ortsüblichkeit" vertraut habe, in Irrtum geführt und von einer Stimmabgabe "wegen rechtswidriger Verletzung der gesetzlich vorgeschriebenen Ortsüblichkeit" abgehalten worden.

Dieses Vorbringen geht schon deshalb fehl, weil der Begriff der ortsüblichen Verlautbarung iS des §9 Abs1 VolksbegehrenG 1973 nicht so ausgelegt werden kann, daß dafür nur die bisher bei Volksbegehren geübte Praxis der Verlautbarung maßgeblich ist. Durch die Ortsüblichkeit der Verlautbarung soll (nur) sichergestellt werden, daß die Verlautbarung auf dieselbe Weise zu erfolgen hat, wie sonst die Allgemeinheit berührende amtliche Verlautbarungen der Öffentlichkeit zur Kenntnis gebracht werden. Da das Volksbegehrengesetz 1973 von jener Ortsüblichkeit der Kundmachung ausgeht, welche in der jeweiligen Gemeinde unspezifisch vorgesehen ist (etwa Anschlag an der Amtstafel, Kundmachung im Amtsblatt), ist davon nicht der Anschlag in allen Häusern umfaßt. Dazu kommt, daß in einer hier vergleichbaren Rechtsvorschrift - der Nationalrats-Wahlordnung 1971 - zwischen der ortsüblichen Kundmachung und der Kundmachung in den Häusern streng unterschieden wird (vgl. deren §§28 Abs2, 29 Abs1, 55 Abs3).

c) Im übrigen wird von der Anfechtungswerberin vorgebracht, die behördlichen Organwalter hätten insgesamt dem von ihr initiierten Volksbegehren eine tendenziöse Einstellung entgegengebracht, die sich darin geäußert habe, daß man Stimmberechtigte zunächst einmal aufgefordert habe, das "Pro Zwentendorf-Volksbegehren" zu unterschreiben und die Liste des Volksbegehrens der Anfechtungswerberin erst über Verlangen zur Unterschrift vorgelegt habe, daß Eintragungslokale für das Volksbegehren der Anfechtungswerberin in vielen Fällen weit ungünstiger (im ersten Stock, ohne Lift) gelegen gewesen wären als jene für das andere Volksbegehren, daß das Hinweisplakat für das "Pro Zwentendorf-Volksbegehren" in vielen Fällen in den Amtshäusern an deutlicher sichtbaren Stellen angebracht worden sei als jenes für das Volksbegehren der Anfechtungswerberin, daß in einem Krankenhaus in Wien die Organwalter der zuständigen Eintragungsbehörde nur Listen für das andere Volksbegehren mitgebracht hätten, daß das behördliche Hinweisplakat mit dem Wortlaut "Volksbegehren für den Umbau des Atomkraftwerkes Zwentendorf in ein kalorisches Kraftwerk" nicht mit hinreichender Deutlichkeit die Stoßrichtung des Volksbegehrens der Anfechtungswerberin wiedergegeben hätte, sowie daß auf Grund zu Unrecht nicht erfolgter Eintragung von Stimmberechtigten der Geburtsjahrgänge 1960 und 1961 in die Wählerevidenz zahlreiche Stimmberechtigte dieser Jahrgänge zur Unterschriftsleistung nicht zugelassen worden seien.

Diese Vorwürfe werden von den von der Anfechtungswerberin namhaft gemachten Zeugen in einer Reihe von Punkten bestätigt, wobei die Zeugen einen Teil ihrer Wahrnehmungen selbst gemacht und einen anderen Teil vom Hörensagen wiedergegeben haben. Die von der Behörde vernommenen Beamten stellen sämtliche Vorwürfe in Abrede und erklären, es hätten keine wie immer gearteten Beeinflussungen zugunsten des einen oder anderen Volksbegehrens stattgefunden; Wahrnehmungen einzelner Zeugen, welche auf eine mangelnde Objektivität der Organwalter schließen ließen, werden im Einzelfall durch Darstellung des Herganges des Geschehens als Mißverständnisse hingestellt.

Hiezu ist zunächst grundsätzlich festzustellen, daß auch nach Auffassung des VfGH dann, wenn die behaupteten, oben wiedergegebenen Rechtswidrigkeiten im Zuge des Eintragungsverfahrens iS der §§67 Abs1 und 70 Abs1 VerfGG tatsächlich stattgefunden haben und auf das Ergebnis des Volksbegehrens von Einfluß waren, der Anfechtung Berechtigung zukäme (vgl. dazu für den Bereich von Wahlen VfSlg. 4527/1963).

Ob die behaupteten Rechtswidrigkeiten stattgefunden haben, braucht hier jedoch aus folgenden Erwägungen nicht näher untersucht zu werden:

Nach dem gemäß §18 Abs2 Volksbegehrengesetz 1973 auf das Verfahren für Anfechtungen des Ergebnisses eines Volksbegehrens anzuwendenden §70 Abs1 VerfGG hat der VfGH einer Anfechtung stattzugeben, wenn die behauptete Rechtswidrigkeit des Eintragungsverfahrens erwiesen wurde und auf das Ergebnis des Volksbegehrens von Einfluß war.

Für das Volksbegehren auf Erlassung eines Bundesgesetzes betreffend den Umbau des Atomkraftwerkes Zwentendorf in ein konventionelles kalorisches Kraftwerk sowie eine stärkere Absicherung des Atomsperrgesetzes (BGBl. 676/1978) sind 147.016 gültige Eintragungen erfolgt. Nach Art41 Abs2 B-VG in der hier maßgeblichen Fassung vor der B-VG-Nov. BGBl. 350/1981 - eine rückwirkende Anwendung der novellierten Fassung ist nicht vorgesehen - ist für die Vorlage eines Volksbegehrens an den Nationalrat zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung jedoch erforderlich, daß ein Volksbegehren entweder von 200.000 Stimmberechtigten oder von je der Hälfte der Stimmberechtigten dreier Länder gestellt wird.

Der VfGH teilt die Prämisse der Anfechtungswerberin, daß der an Hand von Beispielen geführte Nachweis einzelner Rechtswidrigkeiten an sich geeignet ist, eine über die Beispiele hinausgehende Rechtswidrigkeit des Eintragungsverfahrens zu indizieren. Dennoch vermögen die Darlegungen der Anfechtungswerberin der Anfechtung aus folgenden Gründen keinen Erfolg zu verschaffen.

Um die erforderliche Anzahl von 200.000 zu erreichen, hätten noch über 50.000 weitere Stimmberechtigte (also mehr als ein Drittel der tatsächlich erfolgten gültigen Eintragungen) das von der Anfechtungswerberin initiierte Volksbegehren unterstützen müssen. Die von der Anfechtungswerberin behaupteten Rechtswidrigkeiten (abgesehen von den oben unter Pkt. 2.a und b behandelten) betreffen im wesentlichen nur Stimmberechtigte, welche zwecks Eintragung in die Liste ein Eintragungslokal aufgesucht haben. Es kann nicht davon ausgegangen werden, daß anläßlich eines Volksbegehrens Stimmberechtigte ein Abstimmungslokal aufsuchen, ohne sich vorher darüber klar zu werden, ob sie ein Volksbegehren unterstützen wollen oder - im Falle von zwei einander widersprechenden Volksbegehren - welches Volksbegehren sie zu unterzeichnen beabsichtigen. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß ein Stimmberechtigter sich überhaupt nur dann zur Eintragungsbehörde begibt, wenn er ein bestimmtes Volksbegehren unterstützen will. Im Hinblick darauf ist es aber - selbst wenn die von der Anfechtungswerberin aufgestellten Behauptungen eines tendenziösen Verhaltens einzelner Organwalter zutreffen sollten und selbst dann, wenn dies in größerem Umfang erfolgt sein sollte, als es von den Zeugen geschildert wird - völlig unwahrscheinlich, daß sich mehr als jeder vierte Stimmberechtigte, der die Eintragungsbehörde in der Absicht der Unterfertigung des Volksbegehrens der Anfechtungswerberin aufgesucht hat, durch ein derartiges Verhalten von Organen der Eintragungsbehörde dazu hat bewegen lassen, von der Unterstützung des Volksbegehrens der Anfechtungswerberin Abstand zu nehmen. Dies gilt auch hinsichtlich der Behauptung der Anfechtungswerberin, unterstützungswillige Personen seien durch die kaum auseinanderzuhaltenden Farben der Hinweisplakate für die beiden Volksbegehren irregeführt worden. Nur bei Eintritt dieser Voraussetzungen wäre aber - weiters vorausgesetzt, daß sich Organe der Eintragungsbehörden tatsächlich wie in der Anfechtung behauptet verhalten haben - ein solches Verhalten der Behörde von Einfluß auf das Ergebnis des Volksbegehrens gewesen. Keiner der vernommenen Zeugen und auch nicht die Anfechtungswerberin selbst behauptet, daß sie selbst oder ein anderer Stimmberechtigter tatsächlich an der Eintragung auf der Liste des von der Anfechtungswerberin initiierten Volksbegehrens gehindert worden sind. Alle von der Anfechtungswerberin beantragten Zeugen bestätigen, daß dann, wenn der Wunsch nach Unterzeichnung des Volksbegehrens der Anfechtungswerberin geäußert wurde, die Eintragung in die Bezug habende Liste ohne weiteres möglich war. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß - immer ausgehend von den Behauptungen der Anfechtungswerberin - einzelne Stimmberechtigte von der Eintragung Abstand genommen haben. Es ist aber im Hinblick auf die oben angestellten Erwägungen ausgeschlossen, daß dies bei mehr als jedem vierten Stimmberechtigten, der das von der Anfechtungswerberin initiierte Volksbegehren unterfertigen wollte, der Fall war; nur diesem Umstand kommt aber - wie bereits oben ausgeführt - bei Beurteilung der vorliegenden Anfechtung rechtliche Relevanz zu. Auch der Umstand, daß einzelne Stimmberechtigte der Jahrgänge 1960 und 1961 allenfalls zu Unrecht nicht in die Wählerevidenz aufgenommen worden waren, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern.

Diese Umstände und Überlegungen haben nach durchgeführtem Beweisverfahren den VfGH zu der Überzeugung gebracht, daß auch dann, wenn die behaupteten Rechtswidrigkeiten im Zuge des Eintragungsverfahrens stattgefunden hätten, der Anfechtung kein Erfolg beschieden wäre. Der VfGH hat deshalb auch nicht zu untersuchen, ob die Angaben der Zeugen im einzelnen zutreffen. Es ist auf Grund dessen auch entbehrlich, die von der Anfechtungswerberin zu denselben Fakten namhaft gemachten weiteren Zeugen zu vernehmen.

Dieselben Überlegungen gelten hinsichtlich des anderen in Art41 Abs2 B-VG enthaltenen Erfordernisses (Unterstützung des Volksbegehrens von je der Hälfte der Stimmberechtigten dreier Länder), weil je die Hälfte der Stimmberechtigten dreier Länder auf jeden Fall die Anzahl von 200.000 Stimmberechtigten übersteigt.

3. Der Anfechtung ist daher nicht stattzugeben, weil die behaupteten Rechtswidrigkeiten des Eintragungsverfahrens zum Teil nicht vorliegen (s. oben unter Pkt. 2.a und b) und weil zum anderen Teil die behaupteten Rechtswidrigkeiten, auch wenn sie gegeben sein sollten, nicht von Einfluß auf das Ergebnis des Volksbegehrens waren (s. oben unter Pkt. 2.c).

Schlagworte

Volksbegehren, VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1981:WIII1.1980

Dokumentnummer

JFT_10188793_80WIII01_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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