TE Vfgh Erkenntnis 1981/12/14 B19/79

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Veröffentlicht am 14.12.1981
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Index

L2 Dienstrecht
L2200 Landesbedienstete

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
GehG 1956 §20
Tir Reisegebührenvorschrift 1967

Beachte

Anlaßfall zu VfSlg. 9246/1981

Leitsatz

Reisegebührenvorschrift 1967 für Bedienstete des Landes Tirol; keine Anwendbarkeit der Reisegebührenvorschrift des Bundes auf Bedienstete des Landes Tirol; kein Entzug des gesetzlichen Richters; keine Gleichheitsverletzung

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I.1. Der Beschwerdeführer steht als Fachoberinspektor in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Land Tirol. Seine Dienststelle ist das Amt der Tir. Landesregierung. Für im Feber 1977 unternommene Dienstreisen machte er einen Gebührenanspruch von S 1.175,- geltend, legte allerdings - aus hier nicht näher zu erörternden Gründen - die Reiserechnung verspätet. Die Landesregierung lehnte es mit Schreiben vom 25. April 1977 - dieses wurde nicht als Bescheid bezeichnet - ab, dem Reisegebührenanspruch zu entsprechen.

Einen daraufhin am 13. Juli 1977 vom Beschwerdeführer eingebrachten Antrag um "gnadenweise Erledigung dieser Angelegenheit" beantwortete die Landesregierung mit Schreiben vom 16. September 1977. Darin wird ausgeführt, daß eine Ausbezahlung im Gnadenwege in der Reisegebührenvorschrift 1967 nicht vorgesehen sei und darüber hinaus in dieser Angelegenheit bereits ein Bescheid ergangen sei, weil das Schreiben vom 25. April 1977 als solcher zu werten sei.

Eine vom Beschwerdeführer gegen das Schreiben der Landesregierung vom 16. September 1977 eingebrachte Beschwerde wies der VwGH mit Beschluß vom 16. Dezember 1977, Z 2575/77, mit der Begründung zurück, dem Schreiben vom 16. September 1977 komme kein Bescheidcharakter zu. Der VwGH hat in diesem Beschluß auch ausgeführt, daß die Erledigung der Landesregierung vom 25. April 1977 als Bescheid anzusehen sei, weil sie klar den Bescheidwillen der belangten Behörde erkennen lasse, dem geltend gemachten Reisegebührenanspruch nicht zu entsprechen.

Mit Schreiben vom 19. Oktober 1978 begehrte der Beschwerdeführer von der Landesregierung "eine Billigkeitsentscheidung gem. §36 Abs5, zweiter Satz RGV" und eine bescheidmäßige Absprache durch die Landesregierung darüber.

Zu diesem Antrag richtete die Landesregierung am 30. November 1978 an den Beschwerdeführer folgendes Schreiben:

"Zu Ihrem Ansuchen vom 19. 10. 1978 um Entscheidung in Hinblick auf die Bestimmung des §36 Abs5 zweiter Satz der Reisegebührenvorschrift wird mitgeteilt:

Die Reisegebührenvorschrift des Bundes, BGBl. Nr. 133/1955, findet auf Landesbedienstete keine Anwendung. Zwar stimmt die Reisegebührenvorschrift für Bedienstete des Landes Tirol in wesentlichen Punkten mit jener des Bundes überein, doch fehlt in der Reisegebührenvorschrift des Landes eine Bestimmung, die jener des §36 Abs5 zweiter Satz (Billigkeitsentscheidung) der Reisegebührenvorschrift des Bundes entsprechen würde.

Eine Entscheidung iS Ihres Antrages ist daher nicht möglich.

Für die Landesregierung:"

Die Reisegebührenvorschrift 1967 für Bedienstete des Landes Tirol beruht auf einem Beschluß der Landesregierung vom 18. April 1967. Sie wurde mit Rundschreiben vom 22. April 1967, Präs I-50/214, an alle Landesdienststellen Tirols versendet.

2. Gegen das Schreiben vom 30. November 1978 richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter geltend macht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt.

3. Der VfGH hat aus Anlaß dieses Beschwerdefalles die Gesetzmäßigkeit der Abs1 und 5 des §36 der Reisegebührenvorschrift 1967 für Bedienstete des Landes Tirol von Amts wegen geprüft und diese Verordnungsbestimmungen mit Erk. VfSlg. 9246/1981 als gesetzwidrig aufgehoben. Der VfGH ist in dem genannten Erk. unter anderem auch davon ausgegangen, daß dem angefochtenen Schreiben vom 30. November 1978 Bescheidcharakter zukommt und daß dieses Schreiben eine abweisende Sachentscheidung über das Begehren des Beschwerdeführers beinhaltet.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Der behauptete Verstoß gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter liegt deshalb nicht vor, weil die Behörde - wie schon erwähnt - zuständigerweise eine abweisende Sachentscheidung über das Begehren des Beschwerdeführers gefällt hat (s. hiezu die Erwägungen im genannten Erk. des VfGH vom 16. Oktober 1981).

2. Gemäß Art139 Abs6 B-VG sind die aufgehobenen Verordnungsbestimmungen im Anlaßfall nicht mehr anzuwenden. Auch nach Wegfall der aufgehobenen Bestimmungen ist die im angefochtenen Bescheid enthaltene Annahme der Behörde denkmöglich, daß eine "Billigkeitsentscheidung" iS des Antrages des Beschwerdeführers mangels einer Rechtsgrundlage hiefür nicht getroffen werden könne. Der Beschwerdeführer hat von der belangten Behörde ausdrücklich "eine Billigkeitsentscheidung gem. §36 Abs5, zweiter Satz RGV", also nach Vorschriften betreffend den Ersatz des Mehraufwandes durch auswärtige Dienstverrichtungen begehrt. Auf solche Ansprüche ist aber das - gemäß §2 des Tir. Landesbeamtengesetzes, LGBl. 57/1974, auf das Dienstverhältnis der Landesbeamten sinngemäß anzuwendende - Gehaltsgesetz 1956 nicht anwendbar (im Hinblick auf dessen §20 Abs2 in der Fassung der 24. Nov., BGBl. 214/1972, auch nicht der Abs1 dieses Paragraphen, vgl. hiezu das oben angeführte Erk. des VfGH vom 16. Oktober 1981). Unter diesen Umständen liegt keine denkunmögliche Anwendung des Gesetzes, welche ein willkürliches Verhalten der Behörde indizieren könnte, vor, wenn sie sich im angefochtenen Bescheid nicht damit auseinandergesetzt hat, ob und unter welchen Voraussetzungen dem Beschwerdeführer eine andere Art von Aufwandsentschädigung für seine im Feber 1977 unternommenen Dienstreisen zusteht.

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid daher auch nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (vgl. zB VfSlg. 8428/1978) verletzt worden.

3. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt wurde.

Die Beschwerde ist daher abzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1981:B19.1979

Dokumentnummer

JFT_10188786_79B00019_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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