TE Vfgh Erkenntnis 1982/6/12 B85/79

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Veröffentlicht am 12.06.1982
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6500 Jagd, Wild

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art15 Abs9
Nö JagdG 1969 §26
Nö JagdG 1969 §27
Nö JagdG 1969 §51

Leitsatz

Nö. Jagdgesetz 1969; keine Bedenken gegen §§26 Abs1 und 51; keine gleichheitswidrige Anwendung

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1a). Mit Jagdpachtvertrag vom 16. Mai 1972 verpachtete die Waldgenossenschaft Hohenruppersdorf dem H. V. ein Eigenjagdgebiet im Ausmaß von 635,75 ha vom 1. Jänner 1972 bis einschließlich 31. Dezember 1983. Dieser Jagdpachtvertrag enthielt unter Pkt. XI. folgende Bestimmung: "Bei Tod des Pächters können die Erben binnen 3 Monaten in das Pachtverhältnis unter den gleichen Bedingungen eintreten, widrigenfalls der Pachtvertrag erlischt."

Dieser Jagdpachtvertrag wurde vom Bezirkshauptmann von Gänserndorf mit Bescheid vom 23. August 1972 gemäß §51 Abs1 Nö. JagdG 1969, LGBl. 28/1970, zur Kenntnis genommen.

b) Am 28. Dezember 1975 verstarb der Pächter H. V.

Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 4. Feber 1976, Z 2 A 34/76-79, wurde die von E. V., der Witwe des Erblassers, als Vormünderin für die mj. erblasserische Tochter K. V. auf Grund des bestehenden Testamentes zum ganzen Nachlaß abgegebene bedingte Erbserklärung angenommen und die erbserklärte Erbin, vertreten durch die Vormünderin E. V., mit der Besorgung und der Verwaltung des Nachlasses betraut.

c) Mit Schreiben vom 19. März 1976 erklärte E. V. als Vertreterin des Nachlasses gegenüber dem Obmann der Waldgenossenschaft Hohenruppersdorf, das Pachtverhältnis bis zur Beendigung des Abhandlungsverfahrens fortsetzen zu wollen.

Diese Erklärung wurde vom Bezirkshauptmann von Gänserndorf mit Bescheid vom 31. März 1976 "gemäß §51 Abs1 iVm §§26 und 27 Nö. JagdG nicht zur Kenntnis genommen".

Die gegen diesen Bescheid von der Verlassenschaft nach H. V. erhobene Berufung wurde von der Nö. Landesregierung mit Bescheid vom 3. Mai 1976 abgewiesen.

Auf Grund der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde an den VwGH wurde dieser Bescheid mit Erk. des VwGH vom 18. November 1976, Z 1181/76, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

d) Mit Bescheid vom 21. Feber 1977 (1. Ersatzbescheid) hob die Nö. Landesregierung den Erstbescheid des Bezirkshauptmannes von Gänserndorf vom 31. März 1976 auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Erstbehörde gemäß §66 Abs2 AVG 1950 zurück.

e) Der Bezirkshauptmann von Gänserndorf erklärte mit dem Bescheid vom 11. März 1977 das zwischen der Waldgenossenschaft Hohenruppersdorf und der Verlassenschaft nach H. V. bestehende, durch seinen Bescheid vom 23. August 1972 rechtskräftig zur Kenntnis genommene Jagdpachtverhältnis gemäß §48 litb iVm §51 Abs5 Nö. JagdG als aufgelöst.

Die Nö. Landesregierung gab der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung mit Bescheid vom 4. Mai 1977 keine Folge.

Auf Grund der gegen diesen Bescheid der Nö. Landesregierung erhobenen, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde erkannte der VfGH mit Erk. VfSlg. 8287/1978, daß durch den angefochtenen Bescheid weder eine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte, noch eine Verletzung von Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm stattgefunden habe, und trat die Beschwerde antragsgemäß dem VwGH zur Entscheidung darüber ab, ob durch den angefochtenen Bescheid eine Verletzung in sonstigen Rechten bewirkt worden ist.

Mit Erk. vom 9. Oktober 1978, Z 928/78, hob der VwGH den Bescheid der Nö. Landesregierung vom 4. Mai 1977 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.

f) Der beschwerdeführende Nachlaß bekämpfte auch den Bescheid der Nö. Landesregierung vom 21. Feber 1977 (erster Ersatzbescheid, vgl. litd) mit Beschwerde an den VwGH.

Auch diesen Bescheid hob der VwGH mit Erk. vom 9. Oktober 1978, Z 817, 818/77, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.

g) Auf Grund der genannten Erk. des VwGH (lite und f) erließ die Nö. Landesregierung den Bescheid vom 12. Jänner 1979 (zweiter Ersatzbescheid). Mit diesem nunmehr an K. V. als Rechtsnachfolgerin des Nachlasses nach H. V. gerichteten Bescheid wurde der Bescheid des Bezirkshauptmannes vom 11. März 1977 gemäß §66 Abs4 AVG 1950 im Zusammenhalt mit §48 litb iVm §51 Abs5 Nö. JagdG aufgehoben und der Bescheid derselben Behörde vom 31. März 1976 (litc) gemäß §66 Abs4 AVG 1950 im Zusammenhalt mit §48 litb und §51 Abs5 des Nö. JagdG dahin abgeändert, daß die mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gänserndorf vom 23. August 1972 zur Kenntnis genommene Verpachtung der Eigenjagd der Waldgenossenschaft Hohenruppersdorf als aufgelöst erklärt wird.

2. Gegen den die Aufhebung des Pachtverhältnisses erklärenden Inhalt dieses Bescheides der Nö. Landesregierung richtet sich die vorliegende auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde der K. V.. Die Beschwerdeführerin erachtet sich "wegen Verletzung der Kompetenzregelung der Bundesverfassung durch Eingriff des Landesgesetzgebers in das Sachenrecht (Erbrecht)" und "durch ungleiche Behandlung eines gleichgelagerten Sachverhaltes (Gleichheitsgrundsatz)" verletzt und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den VwGH.

II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Da der angefochtene Bescheid nach einem stattgebenden Erk. des VwGH iS des §63 Abs1 VerwGG erging, hatte die belangte Behörde dem Gesetz den der Rechtsanschauung des VwGH entsprechenden Inhalt beizumessen.

Der VfGH erachtet sich, wie sich aus seiner nunmehr ständigen Judikatur ergibt (s. zuletzt auch VfSlg. 8782/1980, 9166/1981), bei Prüfung eines Ersatzbescheides auf Grund unveränderter Rechtslage an die im Erk. des VwGH zum Ausdruck kommende Interpretation der von der Verwaltungsbehörde anzuwendenden generellen Normen gebunden, es sei denn, daß er verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Rechtsvorschriften hegt oder daß dem Gesetz ausschließlich aus Gründen verfassungskonformer Interpretation ein anderer als der ihm vom VwGH zugemessene Inhalt zukommen muß.

2. a) Das - nicht durchwegs klare - Beschwerdevorbringen begründet die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte damit, daß die für die Erlassung zivilrechtlicher Vorschriften in Art15 Abs9 B-VG aufgestellten Voraussetzungen in Ansehung der §§26, 27 und 51 Abs2 und 5 Nö. JagdG nicht erfüllt seien. Gemäß Art15 Abs9 B-VG seien die Länder im Bereich ihrer Gesetzgebung befugt, die zur Regelung des Gegenstandes erforderlichen Bestimmungen auch auf dem Gebiet des Straf- und des Zivilrechtes zu treffen. Im Zusammenhang mit der Jagdgesetzgebung habe der Landesgesetzgeber die ihm obliegenden Regelungen unter den Gesichtspunkten zu erlassen, daß das Grundeigentum durch die Ausübung der Jagd so wenig wie möglich geschmälert werden solle, daß das öffentliche Interesse an der ordnungsgemäßen Ausübung der Jagd gewahrt bleiben müsse und daß die Ausübung der Jagd selbst keinen Schaden erleiden dürfe. Zusammengefaßt dürfe "sich der Landesgesetzgeber nur vom Gesichtspunkt der Sachlichkeit leiten lassen und nicht durch willkürliche Regelungen in Kompetenzen des Bundesgesetzgebers eingreifen". Die "im Zusammenhang mit §26 Nö. JagdG vorgenommene Regelung, wonach eine gepachtete Eigenjagd nicht durch einen nichtpachtfähigen Erben ausgeübt werden" könne, entbehre jeder sachlichen Grundlage, "weil das Grundeigentum durch den Erben des Pächters einer Eigenjagd nicht mehr und nicht weniger geschmälert" werde "als durch den ursprünglichen Pächter einer Eigenjagd selbst". Durch die Bestellung "eines qualifizierten Jagdverwalters als Vertreter des nichtpachtfähigen Erben" bleibe "das öffentliche Interesse an der ordnungsgemäßen Ausübung der Jagd gewahrt". Die Bestellung eines qualifizierten Jagdverwalters stelle sicher, "daß die Jagd selbst keinen Schaden" erleide.

Diese Ausführungen der Beschwerdeführerin zielen offensichtlich nicht nur darauf ab, die Kompetenzwidrigkeit der angeführten Bestimmungen unter dem Aspekt des Art15 Abs9 B-VG, sondern auch deren Gleichheitswidrigkeit darzutun.

b) Soweit in der Beschwerde Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des §51 Nö. JagdG geltend gemacht werden, ist auf das Erk. des VfGH VfSlg. 8287/1978 zu verweisen. Der VfGH hat in diesem Erk. über eine Beschwerde gegen einen in einem vorangegangenen Verfahren ergangenen Bescheid, mit dem das Jagdpachtverhältnis der Beschwerdeführerin gemäß §48 litb iVm §51 Abs1 Nö. JagdG aufgelöst worden war (I.1.e), ausgeführt:

"Der Beschwerde liegt der Sache nach der Vorwurf zugrunde, §51 in Verbindung mit §48 litb JagdG treffe in der diesen Bestimmungen von der belangten Behörde unterstellten Bedeutung eine vom Grundsatz der Rechtsnachfolge des Erben abweichende Regelung. Der Mangel wird offenbar darin gesehen, daß der Erbe (oder die Verlassenschaft) nicht als mit dem Erblasser identisches Rechtssubjekt (§547 ABGB) behandelt, sondern einer besonderen Prüfung hinsichtlich seiner eigenen Jagdpachtfähigkeit unterzogen werde.

In einer solchen Behandlung wäre jedoch keinesfalls eine Maßnahme erbrechtlichen Inhalts zu erblicken. Werden nämlich die an den Pächter selbst gestellten Anforderungen hinsichtlich der Fortdauer der Pachtfähigkeit auch auf den Erben erstreckt, so läuft dies dem Gedanken der Rechtsnachfolge nicht zuwider, sondern stellt im Gegenteil dessen folgerichtige Beachtung dar, denn der Erbe wird behandelt, als ob er der Erblasser wäre. Eine erbrechtliche Regelung hätte der Landesgesetzgeber damit nicht getroffen. Es braucht daher auch nicht geprüft zu werden, ob er eine solche nicht ohnedies kraft Art15 Abs9 B-VG zu treffen befugt wäre (vgl. VfSlg. 6828/1972)."

Der VfGH hält an seiner in diesem Erk. geäußerten Rechtsauffassung fest.

c) Die Beschwerde ist auch insoweit unbegründet, als sie verfassungsrechtliche Bedenken gegen die §§26 und 27 Nö. JagdG geltend macht.

Nach §48 litb Nö. JagdG kann jede nach diesem Gesetz vorgenommene Verpachtung einer Genossenschaftsjagd von der Bezirksverwaltungsbehörde als aufgelöst erklärt werden, wenn der Pächter die Fähigkeit zur Erlangung einer Jagdpachtung verloren hat (§§26 und 27). §26 normiert die Voraussetzungen für die Eignung als Pächter einer Genossenschaftsjagd im Allgemeinen, §27 regelt für Jagdgesellschaften als Pächter im Besonderen weitere Voraussetzungen.

Da §27 Nö. JagdG und die Abs2 bis 5 des §26 leg. cit. bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht angewendet wurden und auch nicht anzuwenden waren, braucht auf das diesbezügliche Vorbringen nicht eingegangen zu werden.

Hingegen wurde bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides §26 Abs1 Nö. JagdG angewendet. Diese Bestimmung lautet:

"(1) Zur Pachtung einer Genossenschaftsjagd sind nur zugelassen:

a) eine einzelne physische Person, die im Zeitpunkt des Zuschlages bei der Versteigerung oder der Beschlußfassung des Jagdausschusses bei der Verpachtung im Wege des freien Übereinkommens von der Erlangung einer Jagdkarte nicht ausgeschlossen ist, das 24. Lebensjahr vollendet hat und in den vorangegangenen zehn Jagdjahren mindestens drei Jahre hindurch im Besitze einer niederösterreichischen Jagdkarte oder fünf Jahre hindurch im Besitze einer in einem anderen Bundesland, in dem zur Erlangung der ersten Jagdkarte eine Eignungsprüfung vorgesehen ist, ausgestellten Jagdkarte war;

b) zwei oder mehrere physische Personen, wenn sie gemeinsam pachten (Jagdgesellschaft §27)."

Die Beschwerdeführerin behauptet die Verfassungswidrigkeit dieser Bestimmung unter dem Aspekt des Art15 Abs9 B-VG und des auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgrundsatzes. Bezüglich des ersten Vorwurfes ist auf das bereits zitierte Erk. des VfGH VfSlg. 8287/1978 hinzuweisen, in dem der VfGH ausgesprochen hat, daß in dieser Anordnung eine zivilrechtliche Bestimmung nicht zu erblicken ist.

Die Bedenken der Beschwerdeführerin gegen die genannte Bestimmung unter dem Blickwinkel des Gleichheitsgrundsatzes scheinen in die Richtung zu gehen, daß der Ausschluß eines nach §26 Abs1 Nö. JagdG nicht pachtfähigen Erben deshalb unsachlich sei, weil die an der ordnungsgemäßen Ausübung der Jagd bestehenden öffentlichen Interessen auch durch die Bestellung eines qualifizierten Jagdverwalters gewahrt bleiben könnten. Zu diesem Vorwurf ist festzuhalten, daß es jedenfalls nicht unsachlich ist, wenn der Gesetzgeber verlangt, daß der Pächter - der für die Einhaltung der im Nö. JagdG statuierten Verpflichtungen verantwortlich ist - für die Jagdausübung bestimmte Voraussetzungen in seiner Person erfüllen muß. In gleicher Weise ist es nicht unsachlich, wenn die Erfüllung dieser Voraussetzungen vom Rechtsnachfolger des Pächters gefordert wird.

Zusammenfassend ist festzuhalten, daß der VfGH gegen die bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendeten Rechtsgrundlagen unter dem Blickwinkel des vorliegenden Beschwerdefalles keine verfassungsrechtlichen Bedenken hegt. Die Beschwerdeführerin ist somit nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

3. a) Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides könnte die Beschwerdeführerin in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn die belangte Behörde bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides Willkür geübt hat. Solches hat die Beschwerdeführerin nicht behauptet. Im verfassungsgerichtlichen Verfahren haben sich für die Annahme eines willkürlichen Verhaltens der belangten Behörde keine Anhaltspunkte ergeben.

Die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz hat sohin nicht stattgefunden.

b) Das Verfahren hat nicht ergeben, daß die Beschwerdeführerin in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde.

4. Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Schlagworte

Jagdrecht, Jagdgenossenschaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1982:B85.1979

Dokumentnummer

JFT_10179388_79B00085_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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