TE Vfgh Erkenntnis 1982/6/14 B456/78

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Veröffentlicht am 14.06.1982
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Index

40 Verwaltungsverfahren
40/01 Verwaltungsverfahren außer Finanz- und Dienstrechtsverfahren

Norm

B-VG Art83 Abs2
AVG §62 Abs4
AVG §66 Abs4

Leitsatz

AVG 1950; zulässige Berichtigung des Tatzeitpunktes durch die Berufungsbehörde; kein Entzug des gesetzlichen Richters

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Bundespolizeidirektion Innsbruck hat mit Straferkenntnis vom 29. August 1977 den Beschwerdeführer schuldig erkannt, am 8. Juni 1977 um 21,30 Uhr als Lenker des PKW T ... auf der Brennerautobahn Richtung Innsbruck Übertretungen des §20 Abs1 iVm §52a Z10a StVO 1960 und nach §11 Abs1 StVO 1960 begangen zu haben. Über den Beschwerdeführer wurden Geldstrafen und Ersatzarreststrafen verhängt.

Die Tir. Landesregierung hat mit Bescheid vom 12. Juni 1978 der gegen dieses erstinstanzliche Erk. erhobenen Berufung zum Teil Folge gegeben und die Berufung zum Teil als unbegründet abgewiesen. Der Spruch des Berufungsbescheides schließt wie folgt:

"Das erstinstanzliche Straferkenntnis wird weiters bezüglich des Tatzeitpunktes auf 8. 6. 1976 (nicht 1977) berichtigt."

2. Gegen diesen Berufungsbescheid wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt wird.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt oder in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt (vgl. zB VfSlg. 8828/1980).

Die belangte Behörde als Berufungsbehörde war nur zuständig, eine Sachentscheidung in Fragen zu treffen, die Gegenstand der Entscheidung der Unterinstanz waren (vgl. zB VfSlg. 7641/1975 und 7948/1976).

Der Beschwerdeführer behauptet nun, daß die belangte Behörde ihrer Entscheidung einen anderen Sachverhalt zugrundegelegt habe als die erste Instanz; die Bundespolizeidirektion Innsbruck habe den Beschwerdeführer nämlich wegen einer am 8. Juni 1977 begangenen Tat bestraft, die Berufungsbehörde aber wegen eines am 8. Juni 1976 gesetzten Deliktes.

Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Ergebnis nicht im Recht:

Gegenstand des gesamten Verwaltungsstrafverfahrens - auch soweit es von der Bundespolizeidirektion Innsbruck geführt wurde war stets das Verhalten des Beschwerdeführers als Lenker des PKW T ... auf der Brennerautobahn am 8. Juni 1976. Bereits in der Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Tirol-Verkehrsabteilung vom 9. Juni 1976 scheint dieser Tatzeitpunkt auf. In der am 5. August 1976 mit dem Beschwerdeführer als Beschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren bei der Bundespolizeidirektion Innsbruck aufgenommenen Niederschrift lautet es:

"In Kenntnis und nach Vorhalt der Anzeige vom 9. 7. 1976" (richtig: 9. 6. 1976) "gebe ich an: Ich fahre täglich von Innsbruck nach Schönberg, weil ich dort beruflich zu tun habe. Ich fahre fallweise spät abends noch hinaus. Ob ich am 8. 6. 1976 um 21,30 Uhr von Innsbruck nach Schönberg gefahren bin, kann ich heute nicht mehr sagen ..."

Am 28. Oktober 1976 wurden dem Beschwerdeführer die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens vorgehalten.

Wenn daher die Bundespolizeidirektion Innsbruck im Straferkenntnis vom 29. August 1977 als Tatzeit den "8. 6. 1977" angeführt hat, hat es sich hiebei um einen Schreibfehler gehandelt, dessen Berichtigung jederzeit von Amts wegen vorgenommen werden kann (§62 Abs4 AVG 1950 iVm §24 VStG 1950). Eine derartige Berichtigung kann auch von der Berufungsbehörde vorgenommen werden (vgl. VwSlg. 1507 A/1950, VwGH 29. 6. 1965 Z 1155/64 und 7. 12. 1978 Z 859/77; s. auch Mannlicher - Quell, Das Verwaltungsverfahren, 8. Aufl., Wien 1975, Anm. 8 zu §62

AVG).

Dem Beschwerdeführer war es im übrigen auf Grund des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens ohne weiteres erkennbar, daß die im erstinstanzlichen Straferkenntnis angeführte Jahreszahl "1977" auf einem Irrtum der Behörde beruhte.

Die Berufungsbehörde hat daher zu Recht den Tatzeitpunkt gemäß §62 Abs4 AVG 1950 berichtigt.

Zusammenfassend ist festzuhalten, daß der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht verletzt wurde.

2. Das Verfahren hat nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in einem Recht verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Schlagworte

Bescheidberichtigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1982:B456.1978

Dokumentnummer

JFT_10179386_78B00456_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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