RS Vwgh 2005/10/13 2003/18/0173

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Veröffentlicht am 13.10.2005
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/07 Verwaltungsgerichtshof
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 1997 §10 Abs2;
AsylG 1997 §11 Abs1;
FrG 1997 §10 Abs4;
FrG 1997 §19 Abs2 Z6;
FrG 1997 §21 Abs3 idF 2000/I/134;
FrG 1997 §21 Abs3 idF 2002/I/126;
FrG 1997 §21 Abs3;
FrG 1997 §22;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

Rechtssatz

Eine Bewilligung des Familiennachzuges nach § 21 Abs. 3 FrG 1997 kann nur Kindern erteilt werden, die zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch unmündig sind. Das Abstellen auf die Sachlage und Rechtslage im Zeitpunkt der Bescheiderlassung ist nicht als unsachlich zu erkennen, weil für die Entscheidung, ob einem Fremden die Zuwanderung zu gestatten ist oder nicht, die persönliche Situation (hier: das Alter) des Fremden im Entscheidungszeitpunkt wichtiger ist als jene im Antragszeitpunkt (Hinweis E 19. Dezember 2000, 99/19/0085; zu § 21 Abs. 3 FrG 1997 (in der Stammfassung)). Die in § 21 Abs. 3 FrG 1997 enthaltene Wortfolge "vor Vollendung des 14. Lebensjahres" wurde mit Erkenntnis des VfGH vom 19. Juni 2000, VfSlg 15836/A, als verfassungswidrig aufgehoben. Die Aufhebung trat mit Ablauf des 31. Dezember 2000 in Kraft. Ab dem 1. Jänner 2001 galt § 21 Abs. 3 FrG 1997 idF BGBl. I Nr. 134/2000. Der VwGH vermag die im E 19.12.2000, 99/19/0085, für die alte (als verfassungswidrig aufgehobene) Fassung des § 21 Abs 3 FrG 1997 vertretene Rechtsansicht jedenfalls nicht für die ab dem 1.1.2001 geltende Zwischenrechtslage fortzuschreiben. Aus der Anordnung, dass der Familiennachzug Drittstaatsangehöriger auf die Kinder vor Vollendung des 15. Lebensjahres beschränkt ist, kann nicht zwingend der Schluss gezogen werden, dass es nicht ausreichen würde, wenn bei einer Antragstellung vor Vollendung des 15. Lebensjahres diese Altersgrenze im Entscheidungszeitpunkt bereits überschritten wäre. Der Zweck dieser Bestimmung legt - vor dem verfassungsrechtlichen Hintergrund, eine Familienzusammenführung zu ermöglichen - vielmehr die Auslegung nahe, dass es bei der genannten Altersgrenze auf den Zeitpunkt der Antragstellung ankommt (vgl die entsprechende Auslegung des § 10 Abs 2 iVm § 11 Abs 1 AsylG 1997 idF BGBl I Nr 76/1997 durch das E eines VS 23.1.2003, 2001/01/0429). Dementsprechend lässt es der ab 1.1.2003 geltende § 21 Abs 3 FrG 1997 idF der FrG-Novelle 2002, BGBl I Nr 126, ausreichen, dass ein Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung vor Vollendung des 15. Lebensjahres gestellt wurde. In der Zwischenrechtslage in der Zeit vom 1.1.2001 bis zum 31.12.2002 stand dem Fremden - im Unterschied zu der danach geltenden Rechtslage - darüber hinaus aber auch noch nicht die Möglichkeit offen, gemäß § 19 Abs 2 Z 6 FrG 1997 iVm § 10 Abs 4 FrG 1997 die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung aus humanitären Gründen zu beantragen (Hinweis E VfGH VfSlg 17013/A). Eine verfassungskonforme Auslegung des § 21 Abs 3 FrG 1997 idF BGBl I Nr 134/2000 hat von dem Grundsatz auszugehen, dass es in diesem Fall nicht zu Lasten der Fremden gehen kann, wenn die Entscheidung über ihren Antrag auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gemäß dem (als verfassungswidrig erkannten) § 22 FrG 1997 wegen Ausschöpfung der Quote über Jahre hinweg aufgeschoben wird, sodass sie im Entscheidungszeitpunkt bereits die Volljährigkeit erreicht hatte. Dieser Umstand stellt in diesem Fall deshalb kein Bewilligungshindernis dar, weil ihr in diesem Zeitraum - im Unterschied zur später geltenden Rechtslage - keine andere Möglichkeit offen gestanden ist, um ihr Recht auf Familiennachzug durchzusetzen. Dies führt zu dem Ergebnis, dass der Fremden - wegen ihres rechtzeitigen, vor Vollendung des 15. Lebensjahres gestellten Antrags und ungeachtet ihrer während der langen Verfahrensdauer erreichten Volljährigkeit - bei Vorliegen der sonstigen damals geltenden Voraussetzungen eine Niederlassungsbewilligung im Rahmen der Quote hätte erteilt werden können. (Hier: In Verkennung dieser Rechtslage hat die belBeh nicht geprüft, ob für die Fremde ein Quotenplatz zur Verfügung gestanden ist.)

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung Allgemein authentische Interpretation VwRallg3/1 Auslegung Gesetzeskonforme Auslegung von Verordnungen Verfassungskonforme Auslegung von Gesetzen VwRallg3/3 Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2003180173.X01

Im RIS seit

14.11.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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