TE Vfgh Erkenntnis 1982/6/17 B169/77

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Veröffentlicht am 17.06.1982
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6650 Landwirtschaftliches Siedlungswesen

Norm

B-VG Art12 Abs1
B-VG Art20 Abs1
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art101 Abs1
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
MRK Art6 Abs1
StGG Art5
AgrBehG §3 Abs2
AgrBehG §5 Abs2
AVG §58
Tir FlVLG 1969 §29 ff
Tir FlVLG 1969 §29 Abs1

Leitsatz

Tir. Flurverfassungslandesgesetz 1969; Einleitung eines Flurbereinigungsverfahrens in denkunmöglicher Anwendung des §29 Abs1 MRK; die Verwaltungsbehörde Landesagrarsenat ist ein Tribunal iS des Art6 Abs1

Spruch

Der Bescheid wird aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Das Amt der Tir. Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz hat im Jahre 1956 ein Zusammenlegungsverfahren betreffend landwirtschaftliche Grundstücke in Kleinsöll in der Gemeinde Breitenbach eingeleitet, das auch die Liegenschaft EZ 33 I KG Breitenbach (Hofstelle "Tuxl", nunmehrige Eigentümer die Beschwerdeführer) und die Nachbarliegenschaft EZ 31 I KG Breitenbach (Hofstelle "Heisen") umfaßte. Nach Erlassung eines Wege- und Verbesserungsplanes im Jahre 1957 wurden die Abfindungsgrundstücke im Jahre 1958 vorläufig übernommen. Unter Außerachtlassung der getroffenen Regelungen wurde auf der Nachbarliegenschaft mit Baubewilligung der Gemeinde Breitenbach vom 9. Mai 1967 ohne die erforderliche agrarbehördliche Bewilligung ein neues Wohnhaus mit Wirtschaftsgebäude errichtet.

Der mit Bescheid des Amtes der Tir. Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz vom 5. Juni 1972, Z III b 2-767/59, erlassene Zusammenlegungsplan nahm auf diese tatsächlich geschaffenen Verhältnisse nicht Bedacht und stellte das Wegenetz in der ursprünglichen Form dar. Diese im Plan getroffene Regelung ist rechtskräftig (vgl. die im Instanzenzug ergangenen Erk. des Landesagrarsenates beim Amt der Tir. Landesregierung vom 29. Juli 1973, LAS-20/5, und des Obersten Agrarsenates vom 2. Juli 1975, Z 23-OAS/74, und vom 2. Juli 1975, Z 710.055/03-OAS/75).

Mit dem in einem anderen Verfahren ergangenen Erk. vom 2. Juli 1975, Z 710.066/02-OAS/75, (s. nachstehenden Pkt. I.2.) hat der Oberste Agrarsenat - in Pkt. II dieses Erk. - den Zusammenlegungsplan, soweit er die Wege 5737 und 5747 im Bereich der Hofstellen Tuxl (im Eigentum der Beschwerdeführer) und Heisen (im Eigentum der Nachbarn) und die Grenzziehung zwischen den Abfindungsgrundstücken 5733 (im Eigentum der Beschwerdeführer) und 5744 (im Eigentum der Nachbarn) betrifft, gemäß §68 Abs4 litc AVG 1950 behoben. Begründet wurde dies damit, daß in der Zeit zwischen der vorläufigen Übernahme der Abfindungsgrundstücke und der Erlassung des Zusammenlegungsplanes mit Baubewilligung der Gemeinde Breitenbach die Hofstelle Heisen neu errichtet worden ist und ein Teil des Weges 5737 "heute unter dem Wohnbau der Hofstelle Heisen verläuft", daß damit der an sich rechtskräftige Zusammenlegungsplan, soweit er die Wegeverhältnisse und damit auch die Grenzziehung im Bereich der Hofstellen Tuxl und Heisen regelt, tatsächlich undurchführbar ist.

Mit Erk. des VwGH vom 2. Feber 1976, Z 1593/75, wurde dieser Pkt. II des Erk. des Obersten Agrarsenates wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes behoben; die Annahme, daß der Zusammenlegungsplan tatsächlich undurchführbar sei, sei nicht gerechtfertigt. Der VwGH bemerkte in dem Erk. jedoch, daß er im vorliegenden Fall die Anwendung des §68 Abs3 AVG 1950 für nicht ausgeschlossen hält, wobei geprüft werden müsse, ob eine Beeinträchtigung volkswirtschaftlicher, nicht privatrechtlicher Belange gegeben sei, die einer gedeihlichen wirtschaftlichen Entwicklung entgegenstünden und nicht bereits die betreffenden Verwaltungsvorschriften von sich aus hinreichende Vorsorge für die Herstellung der nach Lage des Falles notwendigen und unvermeidlichen Ordnung der Dinge vorsähen.

2. Ein Antrag der Nachbarn auf Einräumung eines landwirtschaftlichen Bringungsrechtes auf dem im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden Grundstück 5733 wurde vom Amt der Tir. Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz mit Bescheid vom 8. März 1974 abgewiesen. Der Berufung der Nachbarn dagegen wurde zwar vom Landesagrarsenat mit Erk. vom 18. Oktober 1974 Folge gegeben, schließlich aber wurde auf weitere Berufung der Beschwerdeführer die Berufung der Nachbarn vom Obersten Agrarsenat mit Erk. vom 2. Juli 1975, Z 710.066/02-OAS/75, Pkt. I, als verspätet zurückgewiesen.

3. Auf Antrag der Beschwerdeführer stellte das Amt der Tir. Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz mit Bescheid vom 14. Juni 1974 fest, daß die Beschwerdeführer Eigentümer bestimmter Teile der Gp. 5733 sind und dingliche Benutzungsrechte der Nachbarn darauf nicht bestehen. Die Berufung der Nachbarn gegen diesen Bescheid hat der Landesagrarsenat beim Amt der Tir. Landesregierung mit Erk. vom 1. Juli 1976, LAS-76/34, als unbegründet abgewiesen. Der Spruch des Erk. enthält auch folgenden Satz: "Aus Anlaß der Berufung wird die Agrarbehörde I. Instanz angewiesen, zur Schaffung einer entsprechenden Zufahrt für die Hofstelle 'Heisen' im Bereich dieser Hofstelle und der Hofstelle 'Tuxl' neuerlich iS des §29 Tir. Flurverfassungslandesgesetz ein Flurbereinigungsverfahren einzuleiten."

Die gegen diesen Bescheid - bezüglich des die Weisung enthaltenden Teiles - von den Beschwerdeführern erhobene Beschwerde an den VfGH wurde von diesem mit Beschluß vom 27. September 1979, B359/76 (VfSlg. 8615/1979), zurückgewiesen. Der VfGH vertrat die Auffassung, daß es sich bei der in Bescheidform gekleideten Verfügung nicht um einen Bescheid, sondern um eine Weisung handle, "weil sich der Landesagrarsenat damit nur an die Unterbehörde und nicht an die Verfahrensparteien gewendet hat; die Verfügung des Landesagrarsenates wird nur im Verhältnis zwischen Oberbehörde und Unterbehörde wirksam".

Mit Bescheid vom 12. Jänner 1977 hat das Amt der Tir. Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz gemäß §29 Tir.

Flurverfassungslandesgesetz 1969 für die Bauparzellen 539, 541, Grundparzellen 5733, 5737, 5738, 5743, 5744 und 5747, sämtliche KG Breitenbach, ein Flurbereinigungsverfahren eingeleitet, gemäß §30 Z5 leg. cit. die Flurbereinigungsgemeinschaft für diese Flurbereinigung (die unter der Bezeichnung Kleinsöll-Egg geführt wird) gegründet und gemäß §64 Abs2 AVG einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt. In der Begründung für die Einleitung des Verfahrens wird lediglich bemerkt, daß hiemit der erteilten Weisung Rechnung getragen wird.

Mit der von den Beschwerdeführern dagegen erhobenen Berufung wird dieser Bescheid "seinem gesamten Inhalt nach bekämpft"; als Berufungsgründe werden Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung bei Einleitung des Verfahrens geltend gemacht. Der Landesagrarsenat beim Amt der Tir. Landesregierung hat die Berufung mit Erk. vom 24. März 1977, Z LAS-38/41, als unbegründet abgewiesen.

4. Mit Bescheid vom 12. April 1977, Z III b 2-ZH-87/125, hat das Amt der Tir. Landesregierung als Agrarbehörde 1. Instanz gemäß §16 Abs5 Tir. Flurverfassungslandesgesetz 1969 für die Flurbereinigung Kleinsöll-Egg einen Plan der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen erlassen und der Flurbereinigungsgemeinschaft Kleinsöll-Egg die Errichtung der im Plan eingezeichneten Wege und deren Erhaltung bis zur Übergabe an die Erhaltungspflichtigen vorgeschrieben.

Auch gegen diesen Bescheid haben die Beschwerdeführer Berufung erhoben; über diese ist noch nicht entschieden.

5. Gegen das Erk. des Landesagrarsenates vom 24. März 1977 (vorstehender Pkt. I.3.) richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte - auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf ein unabhängiges Gericht, auf Unversehrtheit des Eigentums - und Rechtsverletzung wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erk., allenfalls die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt wird.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Im Nachhang zur Gegenschrift hat die belangte Behörde mitgeteilt, daß das Zusammenlegungsverfahren Kleinsöll mit Verordnung des Amtes der Tir. Landesregierung als Agrarbehörde 1. Instanz vom 2. Juni 1982 (verlautbart im Boten für Tirol, herausgegeben am 11. Juni 1982 unter Nr. 411 des amtlichen Teiles) gemäß §29 des Tir.

Flurverfassungslandesgesetzes 1978 abgeschlossen worden ist.

Auch die am Verfahren beteiligten Nachbarn haben eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet kostenpflichtig abzuweisen, erstattet.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Der angefochtene Bescheid ist auf Grund des Tir. Flurverfassungslandesgesetzes 1969 (TFLG 1969), Anlage zur Kundmachung der Tir. Landesregierung LGBl. 34/1969 über die Wiederverlautbarung des Tir. Flurverfassungslandesgesetzes, idF LGBl. 69/1973 und 92/1976 erlassen worden.

Gemäß §30 TFLG 1969 sind im Flurbereinigungsverfahren die Bestimmungen des ersten Abschnittes dieses Gesetzes (§§1 bis 28) mit ua. nachstehenden Abänderungen sinngemäß anzuwenden: Das Verfahren ist von Amts wegen mit Bescheid einzuleiten und abzuschließen (Z1), an die Stelle der Zusammenlegungsgemeinschaft tritt die Flurbereinigungsgemeinschaft, die mit Bescheid begründet und aufgelöst wird (Z3 und 4). Die Einleitung hat bestimmte Wirkungen für die Eigentümer der in das Verfahren einbezogenen Grundstücke:

abgesehen davon, daß sich schon infolge der stufenweisen Gliederung des Verfahrens in Angelegenheiten agrarischer Operationen die Einleitung eines solchen Verfahrens als Eingriff in das Eigentum darstellt (s. nachstehenden Pkt. II.3.b), kann die Einleitung unmittelbar mit bestimmten Eigentumsbeschränkungen verbunden werden (§30 Eingangssatz in Verbindung mit §6) und wird die Zuständigkeit der Agrarbehörde vom Zeitpunkt der Einleitung beträchtlich erweitert (§71 Abs4 und 5); auch hat das Grundbuchsgericht die Einleitung des Verfahrens in den betreffenden Grundbuchseinlagen anzumerken (§80 Abs1 und 2).

Gegen die Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens - ist nachdem die eine abgesonderte Berufung ausschließende Bestimmung des §50 Abs1 Z3 des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951 idF BGBl. 78/1967 (eine unmittelbar anwendbare bundesgesetzliche Vorschrift; vgl. VfSlg. 7154/1973, S 170) und die damit übereinstimmende Bestimmung des §30 Z3 TFLG 1969 (lediglich ein deklarativer Hinweis auf die genannte bundesgesetzliche Bestimmung; vgl. das soeben erwähnte Erk.) aufgehoben worden waren (BG BGBl. 301/1976 und LG LGBl. 92/1976) - ein administratives Rechtsmittel zulässig.

Da ein Fall des §7 Abs2 Agrarbehördengesetz 1950, BGBl. 1/1951 idF BGBl. 476/1974, nicht vorliegt, ist mit der angefochtenen Berufungsentscheidung des Landesagrarsenates der Instanzenzug erschöpft.

Die Beschwerde ist zulässig.

2. a) Die Beschwerdeführer erachten sich in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG) und "auf ein unabhängiges Gericht" (Art87 Abs1 B-VG und Art6 Abs1 MRK) verletzt.

Durch die Einleitung und Durchführung eines Flurbereinigungsverfahrens iS der §§29 ff. TFLG 1969 werde über den Besitz und das Eigentum der Beschwerdeführer, somit über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen entschieden, also über Ansprüche, über die gemäß Art6 Abs1 MRK ein unabhängiges Gericht zu entscheiden habe. Da im vorliegenden Fall in erster Instanz eine weisungsabhängige Behörde (das Amt der Tir. Landesregierung) auf Grund einer Weisung (des Landesagrarsenates) entschieden habe, deren Entscheidung durch den angefochtenen Bescheid von der weisunggebenden Behörde als Berufungsbehörde bestätigt worden sei, seien die Beschwerdeführer in ihrem Recht auf ein unabhängiges Gericht verletzt worden. Dadurch, daß die belangte Behörde als zweite Instanz der ersten Instanz eine Weisung erteilt habe, ohne daß diese Frage im Instanzenzug an sie herangetragen worden sei und der Ausführungsbescheid der ersten Instanz wiederum im angefochtenen Bescheid der belangten Behörde bestätigt worden sei, sei der Instanzenzug verkürzt worden.

Gemäß §8 Agrarbehördengesetz 1950, BGBl. 1/1951, könnten Erk. der Agrarsenate im Verwaltungsweg weder aufgehoben noch abgeändert werden. Der Zusammenlegungsplan vom 5. Juni 1972 sei durch das Erk. des Landesagrarsenates vom 29. Juli 1973 bestätigt und in Rechtskraft erwachsen (vorstehender Pkt. I.1.). Ebenso sei der Bescheid der Agrarbehörde erster Instanz vom 14. Juni 1974 durch die Entscheidung des Landesagrarsenates vom 1. Juli 1976 in Rechtskraft erwachsen (vorstehender Pkt. I.3.). Obwohl sich seither, auch nach dem von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalt weder die tatsächlichen noch die rechtlichen Verhältnisse geändert hätten, werde nunmehr durch das angefochtene Erk. die Rechtskraft dieser Bescheide aufgehoben. Mit der gesetzwidrigen neuerlichen Entscheidung einer im Verwaltungsweg unaufhebbaren und bereits rechtskräftig entschiedenen Sache habe die belangte Behörde eine ihr nach dem Gesetz nicht zustehende Kompetenz in Anspruch genommen.

Die gegebene unzulängliche Wegverbindung könne denkunmöglich als eine Voraussetzung für die Durchführung einer Flurbereinigung nach §29 TFLG 1969 verstanden werden. Dieser Sachverhalt könne nur den Bestimmungen des Güter- und Seilwegelandesgesetzes unterstellt werden. Der Antrag der Nachbarn auf Einräumung eines landwirtschaftlichen Bringungsrechtes sei aber im Instanzenzug durch das Erk. des Obersten Agrarsenates vom 2. Juli 1975 rechtskräftig abgewiesen worden (vorstehender Pkt. I.2.). Durch die denkunmögliche Unterstellung des von der belangten Behörde festgestellten Sachverhaltes unter die Bestimmungen über das Flurbereinigungsverfahren nehme die belangte Behörde eine ihr nach dem Gesetz nicht zustehende Kompetenz in Anspruch.

b) Ziel und Gegenstand eines Flurbereinigungsverfahrens ist es, an Stelle eines Zusammenlegungsverfahrens in kleinerem Umfang die Besitz-, Benützungs- oder Bewirtschaftungsverhältnisse zu verbessern oder neu zu gestalten; Ziel und Gegenstand eines solchen Verfahrens kann es auch sein, Maßnahmen, die auf Grund anderer gesetzlicher Vorschriften der Bodenreform oder im allgemeinen öffentlichen Interesse getroffen werden, vorzubereiten, zu unterstützen oder deren nachteilige Folgen zu beseitigen (§29 iVm §1 TFLG 1969). Es handelt sich dabei also auch um "civil rights and obligations", "droits et obligations de caractere civil", "zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen" iS der verfassungsgesetzlichen Bestimmung des Art6 Abs1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten BGBl. 210/1958 iVm BGBl. 59/1964 (MRK).

Für die Erlassung des angefochtenen Bescheides waren in I. Instanz das Amt der Tir. Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz (§3 Abs2 Agrarbehördengesetz 1950, BGBl. 1/1951, Tir. Agrarbehördengesetz 1948, LGBl. 32/1948) und der Landesagrarsenat beim Amt der Tir. Landesregierung in zweiter Instanz (§5 Abs2, §8 Agrarbehördengesetz 1950 idF BGBl. 476/1974) zuständig.

Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Betrauung des Amtes der Landesregierung mit agrarbehördlichen Aufgaben (als Angelegenheiten der Bodenreform) hat der VfGH wiederholt festgestellt (VfSlg. 5978/1969, 8555/1979, 9287/1981).

Auch gegen die Verfassungsmäßigkeit der durch die Agrarbehördengesetznovelle 1974, BGBl. 476, geschaffenen Regelungen des §5 Abs2 Agrarbehördengesetz 1950 über die Zusammensetzung des Landesagrarsenates (gemessen an der Bestimmung des Art6 Abs1 MRK) bestehen, wie der VfGH unter dem Gesichtspunkt des damaligen Beschwerdefalles im Erk. VfSlg. 8544/1979 ausgeführt hat, keine Bedenken. Die nach den Erk. VfSlg. 7099/1973, 7284/1974, 8317/1978 und 8501/1979 für die Qualifikation einer Behörde als "Gericht" (tribunal) iS des Art6 Abs1 MRK geforderten Voraussetzungen sind für den Landesagrarsenat gegeben. Dem Art6 Abs1 MRK ist aber entsprochen, wenn über "zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen" ein "Gericht" (tribunal) in letzter - oder einziger - Instanz entscheidet (vgl. hiezu zB VfSlg. 7630/1975, S 72 und 8501/1979, S 112 sowie das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in Straßburg vom 23. Juni 1981, EuGRZ 1981, S 553).

Dazu kommt, daß gegen die nach dem Agrarbehördengesetz 1950 in der genannten Fassung einer Berufung nicht unterliegenden Bescheide des Landesagrarsenates (§7) Beschwerde sowohl vor dem VwGH (§8; Art133 Z4 B-VG) als auch vor dem VfGH erhoben werden kann, und daß auch eine solche nachprüfende Kontrolle dem Erfordernis des Art6 Abs1 MRK Genüge tut (VfSlg. 5100/1965, 5102/1965, 7068/1973, 7099/1973, 7284/1974).

Die Qualifikation des Landesagrarsenates als "Gericht" (tribunal) iS des Art6 Abs1 MRK ändert jedoch nichts daran, daß diese Behörde eine Verwaltungsbehörde iS des B-VG ist, wie sich aus dessen Art12 Abs1 Einleitung - in Zusammenhalt mit Art82 - und Art12 Abs2 idF BGBl. 444/1974 und 302/1975 sowie aus §8 Abs1 Übergangsgesetz 1920 idF BGBl. 368/1925 ergibt (vgl. auch VfSlg. 2518/1953).

Somit ist der Landesagrarsenat auch gegenüber der Agrarbehörde I. Instanz gemäß Art20 Abs1 B-VG weisungsbefugt. Diese Weisungsbefugnis des Landesagrarsenates gegenüber der Unterbehörde ist jedoch nicht Ausfluß seiner Funktion als Berufungsbehörde, sondern - losgelöst hievon - seiner Funktion als Oberbehörde. Die Weisungsbefugnis kommt einer Oberbehörde unabhängig davon zu, ob sie in einem Verfahren überhaupt als Berufungsbehörde in Betracht kommt.

Eine bestimmte Form für die Erteilung einer Weisung ist (abgesehen von Ausnahmefällen wie etwa in Art81a Abs4 B-VG idF BGBl. 215/1962) nicht vorgeschrieben. Es hat deshalb auch die Aufnahme der Weisung des Landesagrarsenates an die Agrarbehörde erster Instanz auf Einleitung eines Flurbereinigungsverfahrens in das Erk. vom 1. Juli 1976 (s. vorstehenden Pkt. I.3.) keine den Charakter der Weisung berührende Bedeutung (s. auch den schon erwähnten Beschluß VfSlg. 8615/1979).

Es handelt sich bei einer solchen Weisung - entgegen der Meinung der Beschwerdeführer - nicht um einen instanzenmäßigen Abspruch über eine Frage, mit der sich vorher die erste Instanz befassen hätte müssen. Es stellt auch keine Beeinträchtigung des Instanzenzuges dar, wenn die Unterbehörde in Befolgung einer Weisung der Oberbehörde, ein Flurbereinigungsverfahren zur Schaffung einer Zufahrt einzuleiten, die Einleitung eines solchen Verfahrens verfügt und die weisunggebende Behörde diese Einleitung sodann instanzenmäßig (im Wege der Abweisung der dagegen erhobenen Berufung) bestätigt.

Zu dem Vorbringen in der Beschwerde, daß gemäß §8 Agrarbehördengesetz Erk. der Landesagrarsenate im Verwaltungsweg weder aufgehoben noch abgeändert werden können, braucht in diesem Verfahren nicht näher eingegangen zu werden. Durch die mit dem angefochtenen Erk. verfügte Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens werden nämlich weder der gemäß dem Erk. des Landesagrarsenates vom 29. Juli 1973 rechtskräftige Zusammenlegungsplan (vorstehender Pkt. I.1.) noch die gemäß dem Erk. dieser Behörde vom 1. Juli 1976 (vorstehender Pkt. I.3.) getroffenen Feststellungen aufgehoben oder abgeändert.

Die von den Beschwerdeführern geltend gemachte Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und "auf ein unabhängiges Gericht" hat somit nicht stattgefunden.

3. a) Die Beschwerdeführer machen auch eine Verletzung des Eigentums (Art5 StGG und Art1 des Zusatzprotokolls zur MRK) geltend.

Durch die Einleitung und Durchführung eines Flurbereinigungsverfahrens würden die Rechte und das Eigentum der Beschwerdeführer iS der Bestimmungen des TFLG eingeschränkt und der behördlichen Regelung unterzogen. Durch die Durchführung dieses Verfahrens werde zwangsläufig in das Eigentum der Beschwerdeführer eingegriffen und ihr Grundbesitz geändert. Offensichtlich stütze sich die belangte Behörde auf den Tatbestand des §29 Abs1 TFLG. Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergebe sich aber, daß ein Flurbereinigungsverfahren nur an Stelle eines Zusammenlegungsverfahrens durchgeführt werden könne. Da aber - so führt die Beschwerde aus - zwar der Zusammenlegungsplan in Rechtskraft erwachsen sei, jedoch das Zusammenlegungsverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen, sondern noch immer anhängig sei, könne schon auf Grund dieser Bestimmung ein Flurbereinigungsverfahren nicht eingeleitet werden. Seit der Rechtskraft des Zusammenlegungsplanes hätten sich weder die tatsächlichen noch wirtschaftlichen Verhältnisse geändert. Es liege aber auch kein Sachverhalt vor, der gemäß §29 Abs2 TFLG die Durchführung eines Flurbereinigungsverfahrens rechtfertigen würde. Der angefochtene Bescheid führe keinerlei Maßnahmen auf Grund anderer gesetzlicher Vorschriften der Bodenreform - als jener des TFLG - oder im allgemeinen öffentlichen Interesse an, die das Flurbereinigungsverfahren vorbereiten, unterstützen oder deren nachteilige Folgen beseitigen sollen. Die Tatsache, daß dort, wo nach dem rechtskräftigen Zusammenlegungsplan die Wege verlaufen sollten, nunmehr die ohne agrarbehördliche Genehmigung errichtete Hofstelle "Heisen" stehe, sei nicht auf eine getroffene Maßnahme der Bodenreform zurückzuführen, deren nachteilige Folgen es zu beseitigen gelte, sondern darauf, daß vor Auflegung des Zusammenlegungsplanes die Grenzen und der zwischen den Höfen "Tuxl" und "Heisen" verlaufende Weg einseitig und ohne Zustimmung der Vorbesitzer der Beschwerdeführer und ohne Zustimmung der Agrarbehörde verlegt worden seien.

Darüber hinaus stelle der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt der mangelnden Zufahrt zu den Hofstellen "Heisen" und "Tuxl" und auch die Tatsache, daß ein Dritter seine Felder nur auf einem Umweg von 4 km erreiche, keinen gravierenden Mangel der Agrarstruktur dar, der die Einleitung eines Flurbereinigungsverfahrens notwendig mache. Es handle sich vielmehr um eine unzulängliche Wegverbindung. Dieser Sachverhalt würde allenfalls den Bestimmungen des Güter- und Seilwegelandesgesetzes zu unterstellen sein. Die Einräumung eines Bringungsrechtes sei aber infolge der Rechtskraft des Erk. des Obersten Agrarsenates vom 2. Juli 1975 ausgeschlossen.

Es wäre auch widersinnig und geradezu denkunmöglich, wenn die Bestimmungen des §29 TFLG so verstanden werden könnten, daß durch die Anwendung dieser Vorschrift ein rechtskräftiger Zusammenlegungsplan aufgehoben oder abgeändert werden könnte. Es könne sicher nicht der Sinn der Bestimmungen des Flurbereinigungsverfahrens sein, ein zwar durchgeführtes, aber noch nicht rechtskräftig abgeschlossenes Zusammenlegungsverfahren, das ja eine viel gründlichere und umfangreichere Regelung darstelle, im nachhinein wiederum abzuändern.

b) Die belangte Behörde vertritt unter Hinweis auf die Erk. VfSlg. 218/1923 und 1487/1932 die Rechtsauffassung, die bloße Einleitung eines Flurbereinigungsverfahrens stelle noch keinen Eigentumseingriff hinsichtlich bestimmter Grundstücke dar; ein bloß möglicher Eingriff berechtige nicht zur Beschwerde.

c) Aus den von der belangten Behörde bezogenen Entscheidungen ist für ihren Rechtsstandpunkt nichts zu gewinnen.

Der VfGH hat zwar im Erk. VfSlg. 1487/1932, S 179 f., (unter Hinweis auf das eine Gebührenvorschreibung betreffende Erk. VfSlg. 218/1923) ausgeführt, daß durch einen Bescheid, der (nach der Kaiserl. Verordnung RGBl. 284/1914) ein Wasserbauvorhaben als begünstigt erklärt und das Projekt genehmigt, das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums nicht verletzt werden könne, da dieser Akt noch keinen wirklichen unmittelbaren Eingriff in die Rechte der Besitzer der für Zwecke des Bauprojektes allenfalls heranzuziehenden Liegenschaften enthalte, sondern bloß die rechtliche Grundlage für solche Eingriffe in einem späteren Abschnitt des Verfahrens schaffe. Auch zur Rechtslage nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 hat der VfGH (unter Hinweis auf das Erk. VfSlg. 1437 richtig 1487/1932 und in dessen Sinn) im Beschluß VfSlg. 6478/1971, S 448 f., ausgeführt, daß mit der Erklärung eines Bauvorhabens als bevorzugter Wasserbau keine unmittelbaren Rechtswirkungen verbunden seien; eine solche Erklärung bilde zwar die Voraussetzung für das weitere wasserrechtliche Verfahren, im Zeitpunkt der Bevorzugungserklärung stehe aber noch keinesfalls fest, ob es zu einem solchen weiteren Verfahren überhaupt komme. Die gleiche Rechtsanschauung hat der VfGH im Erk. VfSlg. 6665/1972, S 128 f., vertreten. Durch die konkrete wasserrechtliche Bewilligung eines bevorzugten Wasserbaues können aber nach dem Erk. VfSlg. 6860/1972, S 915, Dritte im Eigentumsrecht verletzt werden, weil der auf der Bevorzugungserklärung basierende Bewilligungsbescheid "seinerseits als Grundlage für die Einräumung von Zwangsrechten, insbesondere für Enteignungsmaßnahmen zu dienen geeignet ist und daher schon durch ihn ein zumindest potentieller Eingriff in das Eigentum der Beschwerdeführerin" (der Wasser- und Grundeigentumsrechte im Bereich des bewilligten Wasserbaues zustehen) "stattgefunden hat".

Auch der Bescheid über die Einleitung eines Flurbereinigungsverfahrens (§30 Z1 TFLG 1969) enthält einen potentiellen Eingriff in das Eigentum jener Personen, deren Grundstücke der Flurbereinigung unterzogen werden (§30 Z2 TFLG 1969). Das Flurbereinigungsverfahren in der gegenwärtigen Form beruht auf der Neufassung des II. Hauptstückes des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes 1951 (§§49 und 50) durch die Flurverfassungsnovelle 1967, BGBl. 78/1967 idF BGBl. 301/1976. Dieses Verfahren ist "gewissermaßen ein vereinfachtes Zusammenlegungsverfahren" (237 BlgNR XI. GP; VfSlg. 5921/1969).

Das Verfahren in Angelegenheiten der agrarischen Operationen ist durch seinen stufenweisen Aufbau gekennzeichnet; das Verfahren ist in mehrere Etappen gegliedert, deren jede einzelne durch einen behördlichen Akt abgeschlossen wird und deren rechtskräftiger Abschluß wieder nicht nur die Voraussetzung für die Durchführung des nächstfolgenden Stadiums des Verfahrens bildet, sondern - soweit nicht das Gesetz etwa in einzelnen Fällen hievon Ausnahmen vorsieht - die Durchführung dieses weiteren Verfahrens auch zwingend zur Folge hat (VfSlg. 1360/1930, 5734/1968). Diese Gliederung des Verfahrens bringt es mit sich, daß keine Phase des Verfahrens, die mit Bescheid abzuschließen ist, übersprungen werden darf; ist aber rechtskräftig entschieden worden, so kann die gleiche Frage in einer späteren Phase nicht mehr aufgerollt werden (VfSlg. 5734/1968, 8509/1979).

Ebenso wie die bescheidmäßige Einleitung eines Verfahrens in Angelegenheiten agrarischer Operationen durch Feststellung des Operationsgebietes sich schon als Eingriff in das Eigentumsrecht darstellt, "da die Rechtskraft dieses Erk. die zwangsweise Durchführung des weiteren Operationsverfahrens bezüglich dieser Grundstücke nach sich zog" (VfSlg. 1360/1930), trifft dies für die im vereinfachten Verfahren, dem Flurbereinigungsverfahren, zu erfolgende bescheidmäßige Einleitung mit der bescheidmäßigen Bezeichnung der der Flurbereinigung zu unterziehenden Grundstücke zu.

Die Beschwerdeführer könnten daher durch den angefochtenen Bescheid im Eigentumsrecht verletzt worden sein, wenn der Bescheid ohne jede gesetzliche Grundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre (vgl. zB VfSlg. 7409/1974 und die dort angeführte Vorjudikatur, 8405/1978).

Das angefochtene Erk. des Landesagrarsenates stützt - ebenso wie der erstinstanzliche Bescheid - die Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens auf §29 TFLG 1969 ohne nähere Eingrenzung dieser Gesetzesstelle. Aus der Begründung des Erk. ergibt sich jedoch, daß als gesetzliche Grundlage §29 Abs1 angenommen wurde. Dies betonen im übrigen auch sowohl die belangte Behörde als auch die am Verfahren beteiligten Nachbarn in ihren Gegenschriften.

Nach dieser Gesetzesstelle kann ein Flurbereinigungsverfahren "an Stelle eines Zusammenlegungsverfahrens" durchgeführt werden.

Die tatsächlichen Gegebenheiten, die nach dem angefochtenen Erk. einen "gravierenden Mangel der Agrarstruktur" darstellen, sind dadurch entstanden, daß während des Zusammenlegungsverfahrens entgegen der zwingenden Bestimmung des (damals geltenden) §6 des Flurverfassungs-Landesgesetzes, LGBl. 32/1952, ohne Bewilligung der Agrarbehörde von den Nachbarn ein Bauwerk errichtet worden ist. Schon nach der damaligen Rechtslage konnten solche ohne Bewilligung errichteten Anlagen im Verfahren unberücksichtigt bleiben; die Agrarbehörde konnte sie, wenn sie der Zusammenlegung hinderlich werden, auf Kosten dessen, der sie herstellen ließ, beseitigen lassen. Gleiches gilt nun nach §6 Abs3 TFLG 1969. Auf die nach dieser Rechtslage bestehenden Verpflichtungen der Agrarbehörden und auch auf die Möglichkeit einer Anwendung des §68 Abs3 AVG 1950 bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen hat der VwGH in dem die Beschwerdeführer betreffenden Erk. vom 2. Feber 1976, Z 1593/75, (vorstehender Pkt. I.1.) hingewiesen.

Es ist ausgeschlossen, die durch den rechtskräftigen Zusammenlegungsplan geschaffenen Besitz-, Benützungs- und Bewirtschaftungsverhältnisse (die dadurch gekennzeichnet sind, daß den durch rechtswidriges Verhalten entstandenen tatsächlichen Gegebenheiten nicht mit den vom Gesetz vorgesehenen Mitteln Rechnung getragen worden ist) im Wege der Einleitung eines Flurbereinigungsverfahrens nach §29 Abs1 TFLG 1969 zu verbessern oder neu zu gestalten; den in §29 Abs1 TFLG 1969 normierten gesetzlichen Voraussetzungen für die Einleitung eines Flurbereinigungsverfahrens kann ein Sachverhalt wie der vorliegende unter keinen Umständen unterstellt werden.

Der angefochtene Bescheid ist in einer - der Gesetzlosigkeit gleichkommenden - denkunmöglichen Anwendung des §29 Abs1 TFLG 1969 ergangen (vgl. VfSlg. 7005/1973, S 160, und die dort angeführte Vorjudikatur, 7409/1974, S 270).

4. Der Umstand, daß der angefochtene Bescheid sich in einer der Gesetzlosigkeit gleichkommenden Weise auf §29 Abs1 TFLG 1969 stützt, schließt nicht aus, daß eine andere, im Bescheid nicht angeführte tragfähige Rechtsgrundlage besteht. Der VfGH hat schon wiederholt ausgesprochen, daß es keine Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes begründet, wenn die Behörde es unterläßt, die angewendete Gesetzesbestimmung anzuführen, sofern nur eine gesetzliche Deckung des Bescheides überhaupt vorhanden ist (zB VfSlg. 3209/1957, 5569/1967). Dies gilt auch für den Fall, daß im Bescheid eine nicht tragfähige Rechtsgrundlage angeführt ist.

Im vorliegenden Fall ist nur zu prüfen, ob die Einleitung des Flurbereinigungsverfahrens ihre Deckung in §29 Abs2 TFLG 1969 finden könnte, deren Anwendbarkeit die Beschwerdeführer in Betracht ziehen. Diese Bestimmung scheidet aber schon tatbestandsmäßig als Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid aus. Der VfGH hat daher auch auf die in der Beschwerde gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung vorgebrachten Argumente (Widerspruch zur grundsatzgesetzlichen Bestimmung des §49 Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951 idF BGBl. 78/1967) nicht einzugehen.

5. Als Ergebnis dieser Darlegungen ist festzuhalten, daß der angefochtene Bescheid in denkunmöglicher, also in einer der Gesetzlosigkeit gleichkommenden Anwendung gesetzlicher Bestimmungen erlassen worden ist, und daß die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid somit in dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden sind.

Der angefochtene Bescheid war als verfassungswidrig aufzuheben.

Schlagworte

VfGH / Legitimation, Bodenreform, Flurverfassung, Agrarbehörden, Agrarverfahren, Landesagrarsenat, Tribunal, Verwaltungsverfahren, Verwaltungsorganisation, Weisung, Instanzenzug, Bescheid Spruch, Bescheid Rechtskraft, VfGH / Sachentscheidung Allg, VfGH / Prüfungsmaßstab

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1982:B169.1977

Dokumentnummer

JFT_10179383_77B00169_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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