TE Vfgh Erkenntnis 1982/6/28 B53/80

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Veröffentlicht am 28.06.1982
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Prüfungsmaßstab
Oö GVG 1975 §1 Abs1
Oö GVG 1975 §4 Abs1
Oö GVG 1975 §4 Abs4

Leitsatz

Oö. Grundverkehrsgesetz 1975; keine Bedenken gegen §4 Abs1 und Abs4; keine denkunmögliche und keine willkürliche Anwendung; keine Verletzung des Rechtes auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. a) Mit dem Bescheid vom 17. April 1979 hat die Bezirksgrundverkehrskommission Gmunden der im Kaufvertrag vom 6. September 1978 vorgesehenen Übertragung des Eigentumsrechtes an der Liegenschaft EZ 23 KG G., durch den bisherigen Eigentümer an den Beschwerdeführer als Käufer die grundverkehrsbehördliche Genehmigung gemäß §4 Abs1, 3 und 4 sowie §6 lita, d und e des Oö. Grundverkehrsgesetzes 1975 - Oö. GVG 1975 -, LGBl. 53/1975, versagt.

b) Der gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung hat die Landesgrundverkehrskommission beim Amt der Oö. Landesregierung mit dem Bescheid vom 16. November 1979 nicht Folge gegeben.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die unter Berufung auf Art144 B-VG erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer behauptet, durch den angefochtenen Bescheid in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums, auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes verletzt worden zu sein. Es wird die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor. Auf die Erstattung der Gegenschrift wurde verzichtet.

II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. a) In der vor Fällung der Entscheidung durch die belangte Behörde durchgeführten mündlichen Verhandlung hat der Beschwerdeführer einem im vorgelegten Verwaltungsakt befindlichen Aktenvermerk zufolge angegeben, daß er in A. eine 22 ha große Landwirtschaft besitze, die seit 1976 "viehlos" geführt werde (Mais, Gerste, Hafer, Wintergerste). Der gekaufte ca. 15 ha große Hof sei etwa 10 km entfernt und für Viehzucht geeignet.

Ferner ist als Vorbringen des Beschwerdeführers festgehalten, daß der älteste seiner drei Söhne zwar noch das Gymnasium besuche, aber "Bodenkultur studieren" wolle und den elterlichen Hof übernehmen werde. Der Beschwerdeführer besitze 5 Kieswerke im Salzkammergut, der gekaufte Hof stehe jedoch in keinem Zusammenhang mit den Kieswerken, sondern werde selbstverständlich landwirtschaftlich genutzt werden. Der Beschwerdeführer habe seinerzeit beim Obmann der Bezirksbauernkammer rückgefragt, ob andere Interessenten vorhanden seien. Dies sei damals verneint worden.

b) Der angefochtene Bescheid ist damit begründet, daß zwar die von der erstinstanzlichen Behörde angeführten Gründe für die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung (Spekulationsabsichten, Entzug landwirtschaftlicher Nutzflächen von dieser Widmung, Widerspruch des Rechtsgeschäftes zu den öffentlichen Interessen an der Erhaltung land- oder forstwirtschaftlicher Nutzflächen) nicht gegeben seien. Es könne aber nicht angenommen werden, daß das Rechtsgeschäft die öffentlichen Interessen an der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes oder an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes entspreche. Der Käufer sei auf Grund seiner außerlandwirtschaftlichen Tätigkeit in der Lage, einen landwirtschaftlichen Betrieb ohne Rücksicht auf dessen Wirtschaftlichkeit zu führen. Er führe seinen eigenen Betrieb, der ein Ausmaß von ungefähr 22 ha habe, "viehlos", obwohl nach dem Gutachten der der Landesgrundverkehrskommission angehörigen landwirtschaftlichen Sachverständigen feststehe, daß ein Betrieb in dieser Größenordnung kostendeckend nicht "viehlos" geführt werden könne. Nunmehr erwerbe er einen weiteren Betrieb, der ungefähr 10 km von seinem landwirtschaftlichen Betrieb entfernt sei, wobei sich bei gemeinsamer Bewirtschaftung durch die Entfernung die Produktionskosten abermals erhöhten. Es müsse daher davon ausgegangen werden, daß auch beide Betriebe zusammen nicht kostendeckend geführt werden könnten, zumal der Käufer auf Grund seiner außerlandwirtschaftlichen Tätigkeit nicht imstande sei, seine eigene Arbeitskraft in beiden Betrieben voll einzusetzen. Im Ergebnis führe dies dazu, daß beide Betriebe unter Zuschuß von außerlandwirtschaftlichen Einkommen geführt werden müßten, was dazu führe, daß die Konkurrenzsituation der ausschließlich landwirtschaftlichen Betriebe wesentlich verschlechtert werde. Dies widerspreche dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes sowie an der Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes.

2. Der angefochtene Bescheid stützt sich im wesentlichen auf §4 Abs1 Oö. GVG 1975. Nach dieser Bestimmung müssen Rechtsgeschäfte den öffentlichen Interessen an der Schaffung und Erhaltung land- und forstwirtschaftlicher Nutzflächen und an der Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes oder an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes entsprechen. Nach §4 Abs4 Oö. GVG 1975 dürfen Rechtsgeschäfte, die den Voraussetzungen gemäß Abs1 nicht entsprechen, nicht genehmigt werden.

Gegen die Verfassungsmäßigkeit der angeführten sowie der sonstigen bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendeten Rechtsvorschriften sind in der Beschwerde keine Bedenken vorgebracht worden und auch beim VfGH unter dem Blickwinkel des vorliegenden Beschwerdefalles nicht entstanden (vgl. VfSlg. 8095/1977, 8309/1978 und 8766/1980).

3. a) Durch die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Rechtsgeschäftes wird der Erwerber in der Ausübung des durch das Rechtsgeschäft begründeten privaten Rechtes auf Erwerb des Eigentums an dem Grundstück beschränkt. Ein solcher Versagungsbescheid greift in das Eigentumsrecht des Übernehmers ein (vgl. VfSlg. 8309/1978, 8518/1979 und 8893/1980).

Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides würde dieser das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums nur verletzen, wenn die Behörde das Gesetz in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre (vgl. zB VfSlg. 8866/1980).

b) Die belangte Behörde hat die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung - auf das wesentliche zusammengefaßt - damit begründet, daß der Beschwerdeführer zu einer kostendeckenden Bewirtschaftung des erworbenen Betriebes gemeinsam mit seinem bereits vorhandenen Betrieb nicht in der Lage sei. Durch die Entfernung von ungefähr 10 km zwischen dem erworbenen und dem bereits vorhandenen Betrieb, von dem nach Ansicht der belangten Behörde feststehe, daß er auf Grund seiner "Viehlosigkeit" nicht kostendeckend geführt werden könne, erhöhten sich bei gemeinsamer Bewirtschaftung die Produktionskosten abermals. Die Unmöglichkeit, beide Betriebe gemeinsam kostendeckend zu führen, ergebe sich nach Ansicht der belangten Behörde auch aus dem Umstand, daß der Beschwerdeführer auf Grund seiner außerlandwirtschaftlichen Tätigkeit seine eigene Arbeitskraft in den beiden Betrieben nicht voll einsetzen könne. Im Ergebnis kommt die belangte Behörde damit zur Auffassung, daß der Erwerb des kaufgegenständlichen Betriebes durch den Beschwerdeführer dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes sowie an der Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes widerspreche.

Dieses Vorgehen der belangten Behörde kann bei den gegebenen Verhältnissen in rechtlicher Hinsicht nicht als denkunmöglich beurteilt werden. Weder die Würdigung des verfahrensgegenständlichen Sachverhaltes, daß eine kostendeckende Bewirtschaftung des erworbenen Grundstückes nicht gewährleistet sei, noch die Anwendung der Abs1 und 4 des §4 Oö. GVG 1975, daß in einem solchen Fall der Erwerb des Grundstückes dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlichen gesunden mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes sowie an der Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes widerspreche, beruht auf einer denkunmöglichen Gesetzesanwendung. Ob die Gesetzesanwendung durch die belangte Behörde richtig war, hat der VfGH - auch hinsichtlich letztinstanzlicher Bescheide, bei denen eine Anrufung des VwGH gemäß Art133 Z4 B-VG ausgeschlossen ist (vgl. VfSlg. 8309/1978) - nicht zu beurteilen.

Der Beschwerdeführer ist somit in seinem Eigentumsrecht nicht verletzt worden.

4. a) Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen (Z2) des angefochtenen Bescheides nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 8823/1980) nur vorliegen, wenn die Behörde den angewendeten Rechtsvorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hätte.

b) Bedenken gegen die Gleichheitsmäßigkeit des Inhaltes, den die belangte Behörde den angewendeten Rechtsvorschriften unterstellt hat, sind im verfassungsgerichtlichen Verfahren nicht hervorgekommen.

Der Beschwerdeführer könnte durch den angefochtenen Bescheid in seinem Gleichheitsrecht somit nur dann verletzt worden sein, wenn die belangte Behörde bei seiner Erlassung Willkür geübt hätte.

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt ua. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteienvorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (vgl. zB VfSlg. 8808/1980 und die dort zitierte Vorjudikatur).

Indes kann der belangten Behörde auch ein in die Verfassungssphäre eingreifender Verfahrensfehler nicht angelastet werden. Die belangte Behörde hat vor der Bescheiderlassung eine mündliche Verhandlung über die Berufung des Beschwerdeführers durchgeführt, bei der auch der Beschwerdeführer geladen - und auch zugegen - war. Sie konnte sich im übrigen auch auf die von der Bezirksgrundverkehrskommission Gmunden gepflegten und im Verwaltungsakt enthaltenen Ermittlungen stützen. Ob das von der belangten Behörde durchgeführte Ermittlungsverfahren auch dem Gesetz entsprochen hat, ist vom VfGH nicht zu prüfen.

Der Beschwerdeführer ist somit in seinem Gleichheitsrecht nicht verletzt worden.

5. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid aber auch in seinem durch Art6 StGG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf "Freiheit des Liegenschaftserwerbes" verletzt. Nach der ständigen Judikatur des VfGH sind durch Art6 StGG allgemeine Einschränkungen des Liegenschaftserwerbes, wie sie in den Grundverkehrsgesetzen der Länder enthalten sind, nicht ausgeschlossen (vgl. VfSlg. 8309/1978). Es ist weiter darauf hinzuweisen, daß im angefochtenen Bescheid die grundverkehrsbehördliche Genehmigung ausschließlich mit Rücksicht auf die grundverkehrsrechtlichen Interessen (§4 Abs1, 3 und 4 sowie §6 lita, d und e Oö. GVG) und nicht mit Rücksicht auf eine Person, die bereits Landwirt ist, oder auf eine Person, der diese Eigenschaft nicht zukommt, die aber landwirtschaftlichen Grundbesitz zu erwerben beabsichtigt, versagt wurde.

Der Beschwerdeführer ist durch diesen Bescheid daher auch nicht in dem durch Art6 StGG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes verletzt worden.

6. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Rechtsnorm in seinen Rechten verletzt worden wäre.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, VfGH / Prüfungsmaßstab

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1982:B53.1980

Dokumentnummer

JFT_10179372_80B00053_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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