TE Vfgh Erkenntnis 1982/9/25 B408/79

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.09.1982
beobachten
merken

Index

63 Allgemeines Dienst- und Besoldungsrecht
63/02 Gehaltsgesetz 1956

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art21 Abs4
GehG 1956 §12
VertragsbedienstetenG 1948 §26

Leitsatz

Gehaltsgesetz 1956; Festsetzung des Vorrückungsstichtages; kein Entzug des gesetzlichen Richters; kein Widerspruch des angefochtenen Bescheides zu Art21 Abs4 B-VG; keine gleichheitswidrige Gesetzesanwendung

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. a) Der Beschwerdeführer, der nach der Ablegung der Reifeprüfung am Bundesgymnasium und Realgymnasium in Klagenfurt im Jahre 1959 das Gold- und Silberschmiedegewerbe erlernt und in diesem Gewerbe am 18. Juni 1968 die Meisterprüfung abgelegt hat, wurde mit dem Dienstvertrag vom 9. Oktober 1970, der auf Grund des Vertragsbedienstetengesetzes 1948, BGBl. 86/1948 iVm mit dem Landesvertragslehrergesetz 1949, BGBl. 189/1949, zwischen dem Bundesland Ktn. und dem Beschwerdeführer abgeschlossen worden war, als Vertragslehrer des Landes Ktn. an der Höheren technischen Landeslehranstalt für Waffentechnik, Werkzeug- und Vorrichtungsbau in Ferlach (später vom Bund als Bundeslehranstalt übernommen) mit Wirksamkeit vom 14. September 1970 aufgenommen. Er wurde in das Entlohnungsschema I L, Entlohnungsgruppe 1 2 b 1, eingereiht. Gemäß §26 des Vertragsbedienstetengesetzes wurde als Vorrückungsstichtag der 20. Juli 1964, bei einer späteren Berücksichtigung der Zeiten der zurückgelegten Privatpraxis als Gold- und Silberschmied zum Teil zur Hälfte, zum Teil zur Gänze (insgesamt 10 Jahre, 2 Monate und 2 Tage), der 12. Juli 1960 festgesetzt.

b) Nachdem der Beschwerdeführer am 3. Juli 1976 die Lehramtsprüfung für die Fachgruppe B (praktischer Unterricht an gewerblichen, technischen und kunstgewerblichen Fachschulen sowie an höheren technischen und gewerblichen Lehranstalten einschlägiger Fachrichtung) abgelegt hatte, wurde ihm mit dem Bescheid des Bundesministers für Unterricht und Kunst vom 28. November 1977 gemäß §3 Abs1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes, BGBl. 329/1977, mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1978 die Planstelle eines Bundeslehrers der Verwendungsgruppe L 2 a 2 gemäß Punkt 24 Z1 Abs1 litb des Beamten-Dienstrechtsgesetzes im Planstellenbereich der technischen und gewerblichen Lehranstalten des Landesschulrates für Ktn. verliehen.

Mit dem Bescheid des Landesschulrates für Ktn. vom 6. Juni 1978 wurde für den Beschwerdeführer gemäß §12 Gehaltsgesetz 1956, BGBl. 54, (GG), mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1978 der 19. Juli 1966 als Vorrückungsstichtag für die Verwendungsgruppe L 2 a 2 festgesetzt. Dabei wurden die Zeiten vom 14. Juni 1958 bis 30. Juni 1958 gemäß §12 Abs2 Z6 GG und vom 14. September 1970 bis 31. Dezember 1977 gemäß §12 Abs2 Z1 GG zur Gänze, die Zeiten vom 1. Juli 1958 bis 13. September 1970 (im Zusammenhang mit den Tätigkeiten im Gold- und Silberschmiedegewerbe) gemäß §12 Abs1 litb GG zur Hälfte berücksichtigt.

c) Der gegen den Bescheid des Landesschulrates vom 6. Juni 1978 vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung hat der Bundesminister für Unterricht und Kunst mit dem Bescheid vom 1. August 1979 gemäß §12 Abs3 GG bzw. gemäß §12 Abs7 GG keine Folge gegeben.

2. Gegen diesen Bescheid des Bundesministers für Unterricht und Kunst richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem "verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf das Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG), auf das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz (Art7 B-VG, Art2 StGG), sowie schließlich auf das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht des jederzeitigen ungehinderten Dienstgeberwechsels (Art21 Abs4 B-VG) verletzt".

Es wird die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt.

II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter begründet der Beschwerdeführer mit dem Vorbringen, daß der bekämpfte Bescheid - "wie aus der Präambel" hervorgehe - "vom 'Bundesministerium für Unterricht und Kunst' und nicht laut Fertigung vom zuständigen Bundesminister erlassen" worden sei.

Nach §10 Abs1 des Bundesministeriengesetzes 1973, BGBl. 389/1973, kann der Bundesminister im Interesse einer raschen und zweckmäßigen Geschäftsbehandlung unbeschadet seiner bundesverfassungsgesetzlich geregelten Verantwortlichkeit und unbeschadet der ihm bundesverfassungsgesetzlich vorbehaltenen Geschäfte den Sektions-, Gruppen-, Abteilungs- und Referatsleitern bestimmte Gruppen von Angelegenheiten zur selbständigen Behandlung übertragen.

Nach §10 Abs2 des Bundesministeriengesetzes 1973 sind Angelegenheiten, zu deren selbständiger Behandlung ein Sektions-, Gruppen-, Abteilungs- oder Referatsleiter ermächtigt wurde, im Namen des Bundesministers zu erledigen und zu unterfertigen.

Im Sinne der angeführten Vorschriften des Bundesministeriengesetzes 1973 ist der angefochtene, "Für den Bundesminister" unterfertigte Bescheid ein dem Bundesminister für Unterricht und Kunst zuzurechnender Verwaltungsakt.

Die Behauptung des Beschwerdeführers, daß der angefochtene Bescheid nicht vom zuständigen Bundesminister erlassen worden sei, trifft nicht zu. Durch diesen Bescheid ist der Beschwerdeführer aus den von ihm vorgebrachten Gründen in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht verletzt worden.

2. a) Der Beschwerdeführer behauptet, durch den angefochtenen Bescheid "im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht des jederzeitigen ungehinderten Dienstgeberwechsels (Art21 Abs4 B-VG) verletzt" worden zu sein. Er begründet dies im wesentlichen damit, daß bei der Ermittlung des Vorrückungsstichtages für sein nunmehriges öffentlichrechtliches Dienstverhältnis zum Bund Zeiten seiner Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Gold- und Silberschmiedegewerbe im Gegensatz zur Ermittlung des Vorrückungsstichtages für das vertragliche Dienstverhältnis zum Land Ktn. nicht zur Gänze berücksichtigt worden seien.

b) Nach Art21 Abs1 zweiter Satz B-VG dürfen die in den Angelegenheiten des Dienstrechtes erlassenen Gesetze und Verordnungen der Länder von den das Dienstrecht regelnden Gesetzen und Verordnungen des Bundes nicht in einem Ausmaß abweichen, daß der gemäß Absatz 4 vorgesehene Wechsel des Dienstes wesentlich behindert wird.

Nach Art21 Abs4 B-VG bleibt die Möglichkeit des Wechsels zwischen dem Dienst beim Bund, den Ländern, den Gemeinden und Gemeindeverbänden den öffentlichen Bediensteten jederzeit gewahrt. Der Dienstwechsel wird im Einvernehmen der zur Ausübung der Diensthoheit berufenen Stellen vollzogen. Durch Bundesgesetz können besondere Einrichtungen zur Erleichterung des Dienstwechsels geschaffen werden.

c) Der VfGH kann es dahingestellt sein lassen, ob aus der Verfassungsbestimmung des Art21 Abs4 B-VG überhaupt ein subjektiver Rechtsanspruch eines Bediensteten auf einen Wechsel zwischen dem Dienst bei den in dieser Bestimmung angegebenen Dienstgebern abgeleitet werden kann. Für den Beschwerdeführer ist mit dem Bescheid des Bundesministers für Unterricht und Kunst vom 28. November 1977 - der nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist - mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1978 das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis zum Bund begründet worden.

Das privatrechtliche Dienstverhältnis des Beschwerdeführers als Vertragslehrer zum Land Ktn. hat nach dem an den Beschwerdeführer ergangenen Schreiben der Ktn. Landesregierung vom 18. Jänner 1978 gemäß §30 Abs1 litc des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 mit 31. Dezember 1977 geendet. Allein schon aus der angeführten Begründung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses des Beschwerdeführers zum Bund - mit der nicht notwendigerweise die Beendigung des privatrechtlichen Dienstverhältnisses zum Land Ktn. verbunden sein müßte - geht hervor, daß beim Beschwerdeführer für den Wechsel des Dienstes vom Land Ktn. zum Bund ein Hindernis überhaupt nicht bestanden hat.

d) Der VfGH kann es auch dahingestellt sein lassen, ob eine dienstrechtliche Regelung über die Berücksichtigung von Vordienstzeiten bei der Ermittlung des Vorrückungsstichtages, durch deren Anwendung nach einem vorgenommenen Wechsel des Dienstes eine - im besonderen in besoldungsrechtlicher Hinsicht - wesentliche Schlechterstellung des öffentlichen Bediensteten im Verhältnis zu der für diesen vor dem durchgeführten Wechsel des Dienstes anzuwendenden Regelung herbeigeführt würde, mit Art21 Abs4 B-VG im Einklang stünde.

Beim Beschwerdeführer waren für die Ermittlung des Vorrückungsstichtages während seines Dienstverhältnisses als Landesvertragslehrer die Bestimmungen des §26 des Vertragsbedienstetengesetzes 1948 maßgeblich. Nach dem Wechsel in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis zum Bund bildeten die mit §26 des Vertragsbedienstetengesetzes im wesentlichen wörtlich übereinstimmenden Bestimmungen des §12 GG die Rechtsgrundlage für die Ermittlung des Vorrückungsstichtages. Es ist daher ausgeschlossen, den für die Ermittlung des Vorrückungsstichtages maßgeblichen Rechtsvorschriften vor und nach dem Dienstwechsel des Beschwerdeführers einen Inhalt beizumessen, durch den eine nach dem vollzogenen Wechsel des Dienstes bewirkte Benachteiligung herbeigeführt werden könnte.

Bei der Gleichartigkeit der Regelungen, die bei der Festsetzung des Vorrückungsstichtages für den Beschwerdeführer vor und nach dem Wechsel des Dienstes anzuwenden waren, könnte ein Bescheid, durch den eine nach dem Wechsel des Dienstes vorgenommene Festsetzung des Vorrückungsstichtages eine wesentliche Verschlechterung der dienst- und besoldungsrechtlichen Stellung des Beamten bewirken würde, zu Art21 Abs4 B-VG nur dann in Widerspruch stehen, wenn er in denkunmöglicher Gesetzesanwendung erlassen worden wäre. Der Vorwurf einer denkunmöglichen Gesetzesanwendung ist in der Beschwerde nicht erhoben worden. Der VfGH findet keinen Anhaltspunkt für einen Hinweis auf eine denkunmögliche Gesetzesanwendung bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides. Ob die diesem zugrundeliegenden Rechtsvorschriften auch richtig angewendet wurden, hat der VfGH nicht zu prüfen.

e) Es gehen demnach auch die Beschwerdeausführungen, wonach der Beschwerdeführer durch die im angefochtenen Bescheid vorgenommene Festsetzung des Vorrückungsstichtages im "verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht des jederzeitigen ungehinderten Dienstgeberwechsels" nach Art21 Abs4 B-VG verletzt worden sei, ins Leere.

3. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 8823/1980) durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nur verletzt werden, wenn dieser auf einer dem Gleichheitsgebot widerssprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

a) Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendeten Rechtsvorschriften sind in der Beschwerde nicht vorgebracht worden und beim VfGH unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles nicht entstanden.

b) Im Verfahren vor dem VfGH ist auch nicht hervorgekommen, daß die belangte Behörde bei der im angefochtenen Bescheid vorgenommenen Festsetzung des Vorrückungsstichtages des Beschwerdeführers dem Gesetz einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hätte oder daß sie willkürlich vorgegangen wäre. Sie hat ihre Entscheidung nach der Ergänzung des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens gefällt, sodaß kein Anhaltspunkt für einen Vorwurf, die belangte Behörde habe den Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt oder in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage den angefochtenen Bescheid erlassen, gefunden werden kann.

In der Beschwerde sind Ausführungen zur Begründung solcher Vorwürfe nicht enthalten. Es wird vielmehr nur behauptet, daß der angefochtene Bescheid in unrichtiger Anwendung der materiellen und verfahrensrechtlichen Vorschriften erlassen worden sei. Dies zu prüfen ist aber der VwGH und nicht der VfGH berufen.

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nicht verletzt worden.

4. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Rechtsnorm in seinen Rechten verletzt wurde. Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Schlagworte

Dienstrecht, Vorrückungsstichtag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1982:B408.1979

Dokumentnummer

JFT_10179075_79B00408_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten