TE Vfgh Erkenntnis 2006/6/12 B361/06

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Veröffentlicht am 12.06.2006
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art83 Abs2
Tir GVG 1996 §19, §25

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Zurückweisung der Berufung der verpflichteten Partei gegen die Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung des Zuschlags in einem Versteigerungsverfahren mangels Beschwer

Spruch

Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit der im Zwangsversteigerungsverfahren erfolgten Zuschlagserteilung am 2.8.2005 erwarb der Meistbietende (das ist die beteiligte Partei im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof) von der verpflichteten Partei (das ist die nunmehrige Beschwerdeführerin) eine aus mehreren Grundstücken bestehende Liegenschaft. Mit Bescheid der Bezirks-Grundverkehrskommission wurde diesem Rechtserwerb die grundverkehrsbehördliche Genehmigung unter Vorschreibung bestimmter Auflagen erteilt.

2. Die Landes-Grundverkehrskommission beim Amt der Tiroler Landesregierung wies die dagegen von der nunmehrigen Beschwerdeführerin erhobene Berufung mangels Beschwer als unzulässig zurück.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde gemäß Art144 B-VG, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sowie auf ein faires Verfahren nach Art6 EMRK behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides beantragt wird.

4. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie dem Beschwerdevorbringen entgegentritt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

5. Die beteiligte Partei erstattete eine Äußerung, in der sie ebenso den Beschwerdebehauptungen entgegentritt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Die im vorliegenden Fall maßgebenden Bestimmungen des TGVG 1996, LGBl. Nr. 61 idF LGBl. Nr. 85/2005, lauten auszugsweise:

"§19

Verfahren bei der Zuschlagserteilung

(1) Das Exekutionsgericht hat den Zuschlag unter dem Vorbehalt zu erteilen, dass er erst nach Vorliegen des entsprechenden Bescheides nach §24 Abs1 oder §25 Abs1 oder der entsprechenden Bestätigung nach §25a Abs1 oder 2 rechtswirksam wird. Der Meistbietende ist sodann aufzufordern, binnen einer angemessen festzusetzenden Frist den Rechtserwerb nach §23 der Grundverkehrsbehörde anzuzeigen.

...

§25

Erteilung der Genehmigung

(1) Liegen die Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung für den angezeigten Rechtserwerb an einem land- oder forstwirtschaftlichen Grundstück oder durch einen Ausländer vor, so hat die Grundverkehrsbehörde mit schriftlichem Bescheid die Genehmigung zu erteilen."

III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Die Beschwerdeführerin führt zunächst ins Treffen, in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden zu sein, weil sie im erstinstanzlichen Verfahren überhaupt nicht beigezogen worden und somit in willkürlicher Weise von ihren Parteirechten ausgeschlossen worden sei. Sie sei daher überdies in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein faires Verfahren nach Art6 EMRK verletzt worden, weil sie angesichts des erfolgten Ausschlusses vom erstinstanzlichen Verfahren nicht von ihren Parteirechten, wie etwa von ihrem Recht auf Akteneinsicht, auf Stellung von Anträgen oder aber auch von ihren Mitwirkungsrechten Gebrauch machen konnte. Weiters hält die Beschwerdeführerin fest, dass sie durch die zurückweisende Entscheidung der belangten Behörde in ihrem Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden sei.

2. Die Landesgrundverkehrskommission hat die von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung zurückgewiesen. Damit hat sie ihr eine Sachentscheidung über das Rechtsmittel verweigert.

Hätte sie dies zu Unrecht getan, so hätte sie die Beschwerdeführerin im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt (vgl. zB VfSlg. 11.405/1987, 13.280/1992, 13.882/1994). Ein solcher Vorwurf ist der Behörde jedoch nicht zu machen:

Wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zutreffend ausführte, hat der Verfassungsgerichtshof bereits wiederholt mit näherer Begründung dargelegt (vgl. VfSlg. 8992/1980, 9452/1982, 11.210/1987, 12.110/1989, 13.080/1992), dass der Verpflichteten des Versteigerungsverfahrens bei Genehmigung des Zuschlages jede Beschwer mangelt. Sie befindet sich in derselben rechtlichen Situation, als wenn sie über ihr Eigentum als Vertragspartner einen Kaufvertrag abgeschlossen hätte. Sie hat daher wohl einen Rechtsanspruch darauf, dass der Zuschlag an den Meistbietenden bei Vorliegen der nach dem TGVG 1996 geforderten Voraussetzungen erteilt wird. Sie wird aber durch die Genehmigung des Zuschlages, gleich einem Verkäufer bei einem Veräußerungsgeschäft, in ihren privatrechtlichen Interessen nicht berührt. Da ein prozessuales Recht als Mittel der Rechtsverfolgung nicht weiter gehen kann, als das dahinter stehende materielle Recht, das im Prozess (im Verwaltungsverfahren) durchgesetzt werden soll, ist auch das Berufungsrecht der Beschwerdeführerin in den Administrativverfahren in gleicher Weise umfänglich begrenzt. Die von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wurde deshalb zu Recht als unzulässig zurückgewiesen. Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass die Beschwerdeführerin in von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der die Zurückweisung tragenden Rechtsvorschriften ist es auch ausgeschlossen, dass sie in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz und Z2 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, Versteigerung exekutive

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2006:B361.2006

Dokumentnummer

JFT_09939388_06B00361_2_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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