TE Vfgh Erkenntnis 1983/3/3 B14/78

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Veröffentlicht am 03.03.1983
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
StGG Art5

Beachte

einer der Anlaßfälle zu VfSlg. 9580/1982

Leitsatz

Ktn. Wohnsiedlungsgesetz 1976; Verletzung des Eigentumsrechtes im Anlaßfall nach Aufhebung der §§1 Abs1 litb und 3 Abs2 Z1 und 3 als verfassungswidrig

Spruch

Der Bescheid wird aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Mit Vertrag vom 20. Juli 1976 verkauften F. und G. Qu. dem Beschwerdeführer zwei Grundstücke der KG S. (Gemeinde St. Kanzian). Die nach §1 Abs1 Ktn. Wohnsiedlungsgesetz (WSG), LGBl. 59/1976, erforderliche Genehmigung der Eigentumsübertragung wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 20. April 1977 mit der Begründung versagt, die geplante Verwendung widerspreche dem Flächenwidmungsplan und schaffe für den Verkehr zusätzliche Gefahren (§3 Abs2 Z1 und 3 WSG). Die Ktn. Landesregierung wies die gegen den Versagungsbescheid erhobene Berufung des Käufers mit Bescheid vom 3. November 1977 als unbegründet ab. Da der Erwerber in dem einer gefährlichen Kreuzung benachbarten Wohnhaus eine Diskothek betreiben wolle, stünden der Eigentumsübertragung wesentliche öffentliche Interessen des Verkehrs iS des §3 Abs2 Z3 WSG entgegen.

Gegen den Berufungsbescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, Unversehrtheit des Eigentums und Freiheit des Liegenschaftserwerbes gerügt werden.

II. Unter anderem aus Anlaß dieses Beschwerdeverfahrens hat der VfGH von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der §§1 Abs1 litb und 3 Abs2 Z1 und 3 WSG eingeleitet. Mit Erk. vom 9. Dezember 1982, G47/81, 39/82, hat er die in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen wegen fehlender Kompetenz des Landesgesetzgebers als verfassungswidrig aufgehoben.

III. Die Beschwerde ist begründet.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH wird das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums durch einen in das Eigentum eingreifenden Bescheid einer Verwaltungsbehörde insbesondere dann verletzt, wenn der Bescheid unter Heranziehung einer verfassungswidrigen Gesetzesvorschrift erlassen wird.

Ein die Versagung der Genehmigung nach dem WSG aussprechender Bescheid greift in die Privatrechte der Vertragspartner, also (auch) in das Eigentum des Beschwerdeführers als Käufer der Liegenschaft iS des Art5 StGG ein (vgl. VfSlg. 7956/1976).

Der angefochtene Bescheid beruht im wesentlichen auf den nach Pkt. II aufgehobenen Bestimmungen des WSG, die im Hinblick auf Art140 Abs7 B-VG in diesem Anlaßbeschwerdefall nicht mehr anzuwenden sind (vgl. VfSlg. 8935/1980). Er ist daher, da er sich auch auf eine andere gesetzliche Grundlage nicht stützen kann, auf verfassungswidrige Rechtsvorschriften gegründet. Dadurch ist der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden.

Der Bescheid war daher aufzuheben.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1983:B14.1978

Dokumentnummer

JFT_10169697_78B00014_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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