TE Vfgh Erkenntnis 1983/6/9 B77/80

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Veröffentlicht am 09.06.1983
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
StGG Art5
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
AVG §10 Abs2
Oö GVG 1975 §6 lita
Oö GVG 1975 §6 lite

Leitsatz

Oö. Grundverkehrsgesetz 1975; keine Bedenken gegen §6 lita und lite; keine denkunmögliche Anwendung dieser Bestimmungen

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. a) Mit dem Bescheid der Bezirksgrundverkehrskommission Unterweißenbach wurde der im Kaufvertrag vom 30. August 1978 vorgesehenen Übertragung des Eigentumsrechtes an der Liegenschaft EZ 26 KG W. durch die bisherigen Eigentümer an den Beschwerdeführer als Käufer die grundverkehrsbehördliche Genehmigung versagt. Die Liegenschaft umfaßt land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke im Ausmaß von etwa 9,5 ha. Als Kaufpreis war der Betrag von S 120.000,- (zusätzlich die Verpflichtung zur Einräumung eines Wohnungs- und Ausgedingerechtes in einem Hause in Linz) festgelegt.

Die Versagung der Genehmigung war auf §6 lite des Oö. Grundverkehrsgesetzes 1975 - Oö. GVG 1975, LGBl. 52/1975, gestützt. Nach dieser Bestimmung sind die Voraussetzungen für die Genehmigung eines Rechtsgeschäftes (§4) insbesondere dann nicht gegeben, wenn zu besorgen ist, daß nur eine spekulative Kapitalanlage beabsichtigt ist.

b) Der vom nunmehrigen Beschwerdeführer gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung hat die Landesgrundverkehrskommission beim Amt der Oö. Landesregierung mit dem Bescheid vom 19. September 1979 keine Folge gegeben. Der Bescheid ist wie folgt begründet:

"Die Landesgrundverkehrskommission hat einen Lokalaugenschein durchgeführt und bei diesem festgestellt, daß es sich bei dem Kaufobjekt um eine Kleinlandwirtschaft in extremer Höhenlage handelt, die allerdings durch den Südhang, auf dem sie liegt, gemildert erscheint. Die Hofstelle weist deutliche Spuren des Verfalles auf, das Wohnhaus hat ein defektes Schindldach, Verwüstungsspuren sind auch von außen zu erkennen. Das Wirtschaftsgebäude ist in einem etwas besseren Zustand. Das Dach ist gut. Bis vor ca. einem Jahr haben der verstorbene Gatte der Verkäuferin und seine 83jährige Mutter hier gewohnt. Die Wiesen sind ungemäht. Der ca. 1 1/2 ha große Wald weist einen angehend haubaren Fichten- und Tannenbestand auf, der jedoch schon durchplentert ist. Die Verkäuferin hat zwei eheliche Kinder im Alter von 12 und 14 Jahren. Sie lebte von ihrem inzwischen verstorbenen Ehegatten getrennt. Der Einheitswert der Liegenschaft beträgt ca. S 17.000,-.

Der Käufer brachte vor, daß er auf Pachtgrundlage in NÖ Baumschulen betreibe und er das Kaufobjekt erwerbe, um ein wirtschaftliches Zentrum für diese Betriebe zu errichten. Sein Sohn habe in der Schule das Lernziel nicht erreicht und solle einmal diese Betriebe und auch das Kaufobjekt übernehmen. Die landwirtschaftliche Nutzung sei daher auch in der Zukunft gewährleistet.

Dem ist entgegenzuhalten, daß nach dem vom Käufer selbst vorgelegtem Schätzungsgutachten der Schätzwert des Kaufobjektes annähernd S 287.000,- beträgt, wobei ein Abschlag von einem Drittel erfolgt ist, der nicht verständlich erscheint. Unter Zurechnung dieses Drittels ergibt sich ein Schätzwert von über S 400.000,- der nach dem Gutachten der sachverständigen Mitglieder der Landesgrundverkehrskommission dem Verkehrswert des Kaufobjektes eher entspricht. Dem steht gegenüber der Kaufpreis von S 120.000,-

zuzüglich etlicher Leistungen, die zum Teil Personen erbracht werden, die nicht Vertragspartner sind. Aber selbst wenn diese Leistungen berücksichtigt werden, erreichen die Gesamtleistungen des Käufers kaum den halben Schätzwert. So gesehen ist die Annahme der Bezirksgrundverkehrskommission, es liege eine spekulative Kapitalsanalage vor, nicht berechtigt. Dies um so mehr, als es kaum glaubhaft erscheint, daß ein Kind des Käufers versuchen wird, auf dem Kaufobjekt eine Lebensexistenz zu schaffen. Das Kaufobjekt für sich allein ist hiezu nicht geeignet. Die Forstschulbetriebe des Käufers liegen aber vom Kaufobjekt so weit entfernt, daß das Kaufobjekt nicht geeignet erscheint, der wirtschaftliche Mittelpunkt dieser Betriebe zu werden.

Schließlich darf bei der Beurteilung der Frage, ob ein Spekulationsgeschäft vorliegt, nicht außer Betracht bleiben, daß der Landesgrundverkehrskommission aus einem anderen bei ihr anhängigen Verfahren bekannt ist, daß der Käufer zumindest in einem weiteren Fall versucht hat, landwirtschaftliche Nutzflächen zu erwerben, die er schon auf Grund ihrer Lage nicht befähigt war, selbst zu bewirtschaften. Diese Grundstücke lagen nämlich annähernd 100 km vom Wohnsitz des Erwerbers entfernt in der Gemeinde Altheim.

Werden alle diese Umstände berücksichtigt, ist die Annahme der Bezirksgrundverkehrskommission, es liege ein Spekulationsgeschäft in der Form des §6 lite Oö. Grundverkehrsgesetz 1975 vor, jedenfalls gerechtfertigt. Nach den der Landesgrundverkehrskommission vorliegenden Unterlagen, insbesondere dem Versuch des Käufers, auch in Altheim Grundstücke zu erwerben, die er selbst nicht zu bewirtschaften in der Lage war, ist auch die Annahme eines Spekulationsgeschäftes iS des §6 lita Oö. GVG 1975 berechtigt."

2. Gegen den Bescheid der Landesgrundverkehrskommission vom 19. September 1979 richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde. Der Beschwerdeführer sei durch den angefochtenen Bescheid in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden; die angefochtene Entscheidung verstoße gegen Art6 StGG; es werde hiedurch einerseits das Grundrecht der Freiheit des Liegenschaftserwerbs verletzt und andererseits offensichtlich eine bevorrechtete Klasse von Landwirten geschaffen, indem durch reine Vermutung dem Beschwerdeführer der Liegenschaftserwerb versagt werde.

Es wird die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

II. Der VfGH hat über die Beschwerde erwogen:

1. Gegen den Bescheid der Landesgrundverkehrskommission ist eine Berufung nicht zulässig (§18 Abs3 Oö. GVG 1975). Der Instanzenzug ist erschöpft.

2. Der Beschwerdeführer behauptet, daß er zu der von der Landesgrundverkehrskommission anberaumten Verhandlung am 19. September 1979 einen mit der Sachlage betrauten und bevollmächtigten und eigenmächtigten Vertreter, und zwar seinen nunmehr ausgewiesenen Rechtsbeistand entsandt habe, der sich auch durch eine Vollmacht ausgewiesen habe. Die Zustellung des angefochtenen Bescheides sei daher zu Unrecht an den Beschwerdeführer erfolgt; sie sei daher als rechtsunwirksam zu bezeichnen.

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde mitgeteilt, daß zum Lokalaugenschein der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers erschienen sei und eine Vollmacht vorgewiesen habe. Diese sei jedoch nicht vorgelegt und auch nicht zum Akt genommen worden. Nach Ansicht der Landesgrundverkehrskommission habe sich die Vertretung des Beschwerdeführers nur auf den Lokalaugenschein bezogen.

Diesem Vorbringen konnte vom Beschwerdevertreter nicht entgegengetreten werden.

Nach Auffassung des VfGH ist die belangte Behörde zurecht davon ausgegangen, daß der Bescheid dem Beschwerdeführer und nicht dem nur für die Vornahme des Lokalaugenscheins bevollmächtigten Vertreter zuzustellen war.

Die Beschwerde richtet sich gegen einen rechtswirksamen Bescheid; sie ist, da die Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, zulässig.

3. Im angefochtenen Bescheid wird die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung auf die Bestimmungen des §6 lita und lite Oö. GVG 1975 gestützt. Nach diesen Vorschriften sind die Voraussetzungen für die Genehmigung eines Rechtsgeschäftes (§4) insbesondere dann nicht gegeben, wenn zu besorgen ist, daß der Erwerber das Grundstück zu dem Zwecke erwirbt, um es als Ganzes oder geteilt mit Gewinn weiter zu veräußern (lita) oder daß nur eine spekulative Kapitalsanlage beabsichtigt ist (lite).

Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der angeführten Bestimmungen des Oö. GVG 1975 und der sonstigen bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendeten Rechtsvorschriften sind in der Beschwerde nicht vorgebracht worden. Beim VfGH sind solche Bedenken unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles nicht entstanden (vgl. VfSlg. 7654/1975, VfSlg. 9454/1982).

4. Der Beschwerdeführer macht geltend, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes nach Art6 StGG verletzt worden zu sein.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH sind durch Art6 StGG allgemeine Einschränkungen des Liegenschaftserwerbes, wie sie in den Grundverkehrsgesetzen der Länder enthalten sind, nicht ausgeschlossen (vgl. VfSlg. 8309/1978).

Soweit vom Beschwerdeführer geltend gemacht wird, daß es durch Art6 StGG ausgeschlossen sei, eine bevorrechtete Klasse von Landwirten zu schaffen, ist darauf hinzuweisen, daß im angefochtenen Bescheid - wie aus der Begründung hervorgeht - die grundverkehrsbehördliche Genehmigung ausschließlich mit Rücksicht auf die grundverkehrsrechtlichen Interessen nach §6 lita und e Oö. GVG und nicht etwa mit Rücksicht darauf versagt wurde, daß dem Beschwerdeführer die Eigenschaft eines Landwirtes nicht zukomme, wogegen als Erwerber des Grundstückes eine Person in Betracht käme, die bereits Landwirt sei.

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes (Art6 StGG) nicht verletzt worden.

5. Der VfGH hat, obgleich in der Beschwerde nicht geltend gemacht, geprüft, ob der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt wurde, da der angefochtene Bescheid durch die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung und die darin begründete Beschränkung in der Ausübung des durch das Rechtsgeschäft begründeten privaten Rechtes auf Erwerb des Eigentums an der Liegenschaft in das Eigentumsrecht des Beschwerdeführers als Käufer eingreift (vgl. VfSlg. 9454/1982).

Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides würde durch diesen Eingriff das Eigentumsrecht nur dann verletzt, wenn die Behörde das Gesetz in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides eingehend dargelegt, aus welchen Erwägungen zu besorgen ist, daß die Versagungsgründe nach §6 lita und e Oö. GVG 1975 vorliegen. Im Hinblick darauf, daß das Gesetz selbst für die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung nur verlangt, daß für das Vorliegen eines der Versagungsgründe nach §6 eine Besorgnis besteht, ist es ausgeschlossen, der belangten Behörde vorzuwerfen, daß die von ihr gezogene Schlußfolgerung so fehlerhaft wäre, daß die Fehlerhaftigkeit mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.

Da das Gesetz bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides jedenfalls nicht denkunmöglich angewendet wurde, ist der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums nicht verletzt worden (vgl. VfSlg. 9319/1982).

6. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, Verwaltungsverfahren, Vertreter (Verwaltungsverfahren), Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1983:B77.1980

Dokumentnummer

JFT_10169391_80B00077_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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