TE Vfgh Erkenntnis 1983/6/24 V14/83, V15/83

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Veröffentlicht am 24.06.1983
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Index

L3 Finanzrecht
L3715 Anliegerbeitrag, Kanalabgabe

Norm

B-VG Art139 Abs6 erster Satz
Kundmachung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 21.06.79 über Kanalisationsbeiträge
KanalabgabenO der Landeshauptstadt Graz 1971 §3 Abs3

Beachte

vgl. Kundmachung LGBl. f. Stmk. 69/1983 am 7. Oktober 1983

Leitsatz

Kundmachung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 21. Juni 1979 über Kanalisationsbeiträge; Wegfall der Rechtsgrundlage durch Aufhebung des §3 Abs3 der Grazer Kanalabgabenordnung 1971 mit VfGH Erk. vom 16. März 1983, V12, 13, 44, 45/82 Art139 Abs6 B-VG; Unanfechtbarkeit einer aufgehobenen Verordnungsbestimmung; Einbeziehung eines weiteren Prüfungsantrages war im Hinblick auf das fortgeschrittene Prozeßgeschehen nicht mehr möglich

Spruch

I. Der Antrag auf Aufhebung des §3 Abs3 der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 13. Mai 1971, mit der die Kanalabgabenordnung der Landeshauptstadt Graz erlassen wird, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel im Rathaus am 25. Mai 1971 und durch Verlautbarung im Amtsblatt der Landeshauptstadt 1971, Nr. 11, S 137 f., wird zurückgewiesen.

II. Die Kundmachung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 21. Juni 1979 über Kanalisationsbeiträge, verlautbart durch Anschlag an der Amtstafel im Rathaus vom 26. Juni 1979 bis 12. Juli 1979 und durch Einschaltung im Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz 1979, Nr. 11, S 191 f., wird als gesetzwidrig aufgehoben.

Die Stmk. Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Der VwGH beantragt gemäß Art139 B-VG

1. §3 Abs3 der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 13. Mai 1971, mit der die Kanalabgabenordnung der Landeshauptstadt Graz erlassen wird, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel im Rathaus am 25. Mai 1971 und durch Verlautbarung im Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz 1971, Nr. 11, S 137 f.,

2. die Kundmachung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 21. Juni 1979 über Kanalisationsbeiträge, Z A 8-615/1-1979, verlautbart durch Anschlag an der Amtstafel im Rathaus vom 26. Juni 1979 bis 12. Juli 1979 und durch Einschaltung im Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz 1979, Nr. 11, S 191/192, herausgegeben am 5. Juli 1979, als gesetzwidrig aufzuheben.

Dem Antrag des VwGH liegt ein beim VwGH bekämpfter, im Instanzenzug ergangener Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 2. Juli 1981 zugrunde, mit welchem der beim VwGH beschwerdeführenden Partei ein Kanalisationsbeitrag vorgeschrieben worden war.

Der VwGH geht davon aus, daß die beiden bekämpften Verordnungsbestimmungen für die vom VwGH zu treffende Entscheidung präjudiziell seien, weil die Bemessung des Kanalisationsbeitrages im angefochtenen Bescheid auf der Grundlage des ab 1. Juli 1979 wirksamen Einheitssatzes erfolgt sei.

Der VwGH hegt gegen die Gesetzmäßigkeit der bekämpften Rechtsvorschriften jene Bedenken, die bereits vom VfGH in seinem Beschluß vom 10. März 1982, B129/79, B606/80, gegen §3 Abs3 der Kanalabgabenordnung sowie gegen mit der Kundmachung des Bürgermeisters vom 21. Juni 1979 vergleichbare Kundmachungen von aufgewerteten Einheitssätzen wahrgenommen worden sind.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. §3 Abs3 der Kanalabgabenordnung der Landeshauptstadt Graz lautet:

"Erfolgt eine Steigerung des Baukostenindex auf der Basis 1. Jänner 1971 von mehr als 10 v. H., so werden die dieser Verordnung zugrunde gelegten durchschnittlichen ortsüblichen Kanalherstellungskosten pro Laufmeter jeweils gleitend und automatisch der neuen Kostensituation voll angepaßt und der Einheitssatzberechnung mit Wirkung des jeweils nächstfolgenden 1. Juli bzw. 1. Jänner zugrunde gelegt."

Mit "Kundmachung" des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 21. Juni 1979, Z A 8-615/1-1979, veröffentlicht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Graz 1979, Nr. 11, S 191/192, wurden die der Berechnung des Kanalisationsbeitrages ab 1. Juli 1979 zugrundezulegenden Einheitssätze verlautbart.

2. Der VfGH hat mit Erk. vom 16. März 1983, V12, 13, 44, 45/82, §3 Abs3 der Verordnung des Gemeinderates vom 13. Mai 1971, mit der die Kanalabgabenordnung der Landeshauptstadt Graz erlassen wird, sowie die Kundmachungen des Bürgermeisters vom 8. Oktober 1975 und des Stadtrates für Finanzen vom 12. Juli 1977 (beinhaltend jeweils einen neuen, aufgewerteten Einheitssatz) als gesetzwidrig aufgehoben.

An den Spruch des VfGH über die Aufhebung dieser Verordnungsbestimmung sind nach Art139 Abs6 B-VG alle Gerichte und Verwaltungsbehörden gebunden. Die Bestimmung ist zwar, da der VfGH im aufhebenden Erk. nichts anderes ausgesprochen hat, auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlaßfalles weiterhin anzuwenden; dessen ungeachtet aber kann eine neuerliche Prüfung auf ihre Gesetzmäßigkeit nicht mehr in Betracht kommen. Die durch den VfGH bereits aufgehobene Verordnungsbestimmung ist vielmehr unanfechtbar geworden (vgl. Ringhofer, Österreichisches Verwaltungsarchiv, 1978, S 118 f.).

Eine Einbeziehung des beim VfGH am 1. März 1983 eingelangten Antrages des VwGH in die beim VfGH anhängigen Verordnungsprüfungsverfahren V12, 13, 44, 45/82 war im Hinblick auf das fortgeschrittene Prozeßgeschehen (Anberaumung der mündlichen Verhandlung für den 8. März 1983) nicht mehr möglich.

Der Antrag des VwGH auf Aufhebung des §3 Abs3 der Kanalabgabenordnung war daher zurückzuweisen.

3. Auf die vom VwGH bekämpfte Kundmachung des Bürgermeisters vom 21. Juni 1979 treffen jene Erwägungen zu, die im genannten Erk. des VfGH vom 16. März 1983 zur Aufhebung der Kundmachungen des Bürgermeisters bzw. des Stadtrates für Finanzen vom 8. Oktober 1975 und vom 12. Juli 1977 geführt haben. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf das genannte Erk. verwiesen. Auch das Bedenken des VwGH, wonach die Festsetzung des Einheitssatzes dem Gemeinderat vorbehalten ist (§4 Abs2 erster Satz Kanalabgabengesetz 1955 idF der Nov. LGBl. 40/1971, §45 Abs2 Z13 und §90 Abs5 lita des Statutes der Landeshauptstadt Graz 1967, LGBl. 130), trifft zu.

Die Kundmachung des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 21. Juni 1979 über Kanalisationsbeiträge ist daher als gesetzwidrig aufzuheben.

Die Verpflichtung der Stmk. Landesregierung zur Kundmachung der Aufhebung im Landesgesetzblatt stützt sich auf Art139 Abs5 B-VG.

Schlagworte

VfGH / Aufhebung Wirkung, Kanalisation, Abgaben Kanalisation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1983:V14.1983

Dokumentnummer

JFT_10169376_83V00014_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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