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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art144 Abs1 / LegitimationLeitsatz
Zurückweisung der Beschwerde zweier Mitglieder einer Agrargemeinschaft gegen die amtswegige Aufhebung der Abänderung eines Regulierungsplanes betreffend die Holznutzung mangels Vorliegen eines Anlasses für eine amtswegige Abänderung des Regulierungsplanes; kein Abspruch über ein subjektives Recht mangels eines Antrages; keine Beschwer durch die ersatzlose Aufhebung der amtswegigen MaßnahmenSpruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. Mit Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde I. Instanz wurde von Amts wegen der Regulierungsplan für die Agrargemeinschaft Götzner-Wald betreffs der Holznutzung) abgeändert. Im Wesentlichen wird eine Regelung des infolge Unterbleibens der Selbstschlägerung alljährlich stattfindenden Gemeinschaftsverkaufes für jene Mitglieder getroffen, die den Holzbezug nicht als Selbstwerber anmelden. Die Maßnahme trägt diese Nutzungsmodalität im Interesse einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung den Organen der Agrargemeinschaft auf und soll eine Rechnungsprüfung und die Aufsicht der Agrarbehörde ermöglichen.
Mit dem angefochtenen Bescheid hob der Landesagrarsenat beim Amt der Tiroler Landesregierung diesen Bescheid infolge Berufung durch die Agrargemeinschaft und acht ihrer Mitglieder antragsgemäß ersatzlos auf. Für eine amtswegige Abänderung des Regulierungsplanes bestehe kein Anlass.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde zweier Mitglieder der Agrargemeinschaft, die an der Aufrechterhaltung der Maßnahme der Agrarbehörde interessiert sind. Sie begründen ihre Parteistellung und Beschwer wie folgt:
"Die Agrarbehörde hat den Regulierungsplan der Agrargemeinschaft Götzner-Wald von Amts wegen geändert. Die Beschwerdeführer hätten also - nach geltender Gesetzeslage - auf diese Änderung keinen Anspruch gehabt. Daher stellt sich die Frage, ob die Beschwerdeführer durch die Beseitigung einer amtswegigen Änderung des Regulierungsplanes beschwert sein können.
Diese Frage wird deshalb zu bejahen sein, weil der Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz doch gewissermaßen ein bedingtes Recht der Beschwerdeführer geschaffen hat. Wäre dieser Bescheid rechtskräftig geworden, hätte er wiederum nur von Amts wegen geändert werden können. Da die von der Agrarbehörde I. Instanz verfügte Änderung des Regulierungsplanes die Rechtsstellung der Beschwerdeführer verbesserte (weil sie sich danach nicht mehr der Marktübermacht der privaten Holzverwertungsgesellschaft ausliefern hätten müssen, wenn sie an dem vorteilhafteren Gemeinschaftsverkauf teilnehmen wollen), hat die belangte Behörde in die Rechte der Beschwerdeführer eingegriffen, indem sie diesen Bescheid auf rechtswidrige Weise wieder beseitigt hat.
Es wäre weder mit dem rechtsstaatlichen Prinzip noch mit Art6 MRK (wonach jeder das Recht hat, in seiner Sache gehört zu werden) vereinbar, wenn es im nicht an Rechtsvorschriften gebundenen Belieben der belangten Behörde liegen würde, den die Rechtsstellung der Beschwerdeführer verbessernden Bescheid der Agrarbehörde I. Instanz wieder zu beseitigen.
Verfahrensrechtlich ergibt sich die Parteistellung der Beschwerdeführer aus §74 Abs6 litb) des TFLG 1996. Diese Bestimmung ist auch in dem die Abänderung eines Regulierungsplanes anzuwenden, weil §69 TFLG 1996 diesbezüglich keine Ausnahmebestimmung enthält."
Die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erblicken die Beschwerdeführer im Fehlen der Beschwer der Berufungswerber, die in keinen Rechten verletzt worden seien, in der Einschränkung der Grenzen der Zulässigkeit einer Abänderung von Regulierungsplänen durch die belangte Behörde und in der Gleichheitswidrigkeit des §69 Abs1 TFLG, der nicht bestimme, wann Regulierungspläne von Amts wegen abgeändert werden müssen und den einzelnen Mitgliedern einer Agrargemeinschaft Anträge auf Änderung auch bei Änderung der Verhältnisse verwehre; die förmliche Einleitung eines (neuen) Regulierungsverfahrens sei nicht erforderlich (was freilich auch die belangte Behörde nicht annimmt).
Im Übrigen schildert die Beschwerde nach ausführlicher Darstellung des gesamten Verwaltungsgeschehens die behaupteten Unzukömmlichkeiten (Missbrauch der Monopolstellung durch die Funktionäre der Agrargemeinschaft, die als private Unternehmer den Gemeinschaftsverkauf organisieren).
II. Die Beschwerde ist nicht zulässig.
§69 des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1996, LGBl. Nr. 74, bestimmt:
"§69
Abänderung von Regulierungsplänen
(1) Die Abänderung von Regulierungsplänen, auch zur Vereinigung von zwei oder mehreren Agrargemeinschaften, steht nur der Agrarbehörde zu. Sie kann entweder auf Antrag der Gemeinschaft oder von Amts wegen erfolgen. Der Antrag der Gemeinschaft muß auf einem den Verwaltungssatzungen entsprechenden Beschluß des zuständigen Organes der Gemeinschaft beruhen.
(2) Bestehen gegen den Beschluß des Gemeinschaftsorganes keine Bedenken, so ist er zu genehmigen und die Planänderung in einem Anhang durchzuführen. Den einzelnen Mitgliedern der Gemeinschaft steht gegen die Genehmigung des Beschlusses und die Planänderung keine Berufung zu.
(3) Die Abweisung des Antrages der Gemeinschaft und die Abänderung von Amts wegen erfolgt durch Bescheid, gegen den im ersten Fall der Gemeinschaft, im zweiten Fall dieser und den einzelnen Parteien die Berufung offen steht.
(4) ..."
Der angefochtene Bescheid des Landesagrarsenates hebt einen Bescheid auf, den nach Inhalt des Bescheides (und Darstellung der Beschwerde) die Agrarbehörde I. Instanz von Amts wegen erlassen hat. Die Beschwerdeführer mögen - wie sie dartun - die von ihnen angestrebte Änderung des Regulierungsplanes bei der Agrarbehörde I. Instanz angeregt haben; einen förmlichen Antrag haben sie aber nicht gestellt. Über einen Rechtsanspruch auf Sachentscheidung hat die Behörde I. Instanz nicht befunden. Es ist daher nur zu prüfen, ob das Unterbleiben der amtswegig gesetzten Maßnahme zufolge der ersatzlosen Aufhebung des Bescheides durch den Landesagrarsenat die Rechtssphäre der Beschwerdeführer berührt. Das ist mangels eines geltend gemachten Anspruchs auf Änderung des Regulierungsplanes nicht der Fall. Daran würde es auch nichts ändern, wenn ein Antrag auf Abänderung entgegen §69 Abs1 TFLG zulässig wäre. Denn bei Beurteilung der Beschwerdelegitimation gegen die ersatzlose Beseitigung eines amtswegig ergangenen Bescheides ist keine der Bestimmungen des §69 TFLG anwendbar. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Regelung des Antragsrechts durch den zweiten Satz in Abs1 dieser Bestimmung könnte sich nur stellen, wenn bei der Behörde I. Instanz ein Antrag gestellt (und in Anwendung dieses zweiten Satzes zurückgewiesen) worden wäre.
Die Argumente, mit denen die Beschwerde das Gegenteil zu begründen sucht, überzeugen nicht: Ein nicht rechtskräftiger (und auch nicht etwa vor Rechtskraft vollstreckbarer) Bescheid entfaltet keine Rechtswirkungen, auch keine bedingten. Die Möglichkeit des Eintrittes der Rechtskraft schafft nicht im Voraus Rechtspositionen. Aus dem Rechtsstaatsprinzip ergibt sich nicht, dass jede objektive Rechtswidrigkeit vom Einzelnen als Verletzung subjektiver Rechte geltend gemacht werden kann. Mangels eines Antrages war über ein subjektives Recht (auch bloß verfahrensrechtlicher Natur) nicht abzusprechen. Dass die Maßnahme nur unter Beiziehung der Beschwerdeführer gesetzt werden konnte, bedeutet nicht, dass auch ihr Unterbleiben nur nach deren Anhörung hätte verfügt werden dürfen.
Die ersatzlose Aufhebung der amtswegigen Maßnahmen durch die Berufungsbehörde beschwert die Antragsteller unter diesen Umständen in keiner Rechtsposition.
Die Beschwerde ist daher mangels Legitimation in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§19 Abs3 Z2 lite VfGG).
Schlagworte
VfGH / Legitimation, Flurverfassung, Bodenreform, Rechte subjektive öffentliche, Rechtsstaatsprinzip, Bescheid, Abänderung und Behebung von amtswegenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2006:B3270.2005Dokumentnummer
JFT_09939381_05B03270_00