TE Vfgh Erkenntnis 1983/9/23 B206/77

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Veröffentlicht am 23.09.1983
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Index

40 Verwaltungsverfahren
40/01 Verwaltungsverfahren außer Finanz- und Dienstrechtsverfahren

Norm

B-VG Art83 Abs2
AVG §73 Abs1
Sbg BaupolizeiG
Sbg BebauungsgrundlagenG §12 Abs4

Leitsatz

AVG 1950; §73 Abs2; kein Entzug des gesetzlichen Richters durch Bestätigung des den Devolutionsantrag abweisenden gemeindebehördlichen Bescheides durch die Aufsichtsbebörde; keine Parteistellung des Nachbarn in einem Verwaltungsverfahren nach der Sbg. Landbauordnung 1968

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der VfGH verweist vorerst - um weiterreichende Wiederholungen zu vermeiden - auf die Entscheidungsgrunde seines Erk. B249/74 vom 21. Juni 1976 (VfSlg. 7822/1976). Mit diesem Erk. hob der Gerichtshof den im ersten Rechtsgang erlassenen, die Vorstellung des Bf. zurückweisenden Bescheid der Sbg. Landesregierung wegen der Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter auf, weil von den Vorstellungsbehörde zu entscheiden gewesen wäre, ob durch die Abweisung des Devolutionsantrages mit dem Bescheid der Gemeindevertretung Rechte des Bf. verletzt worden waren.

2. Im zweiten Rechtsgang entschied die Sbg. Landesregierung mit Bescheid vom 3. Mai 1977 neuerlich über die vom Bf. ergriffene Vorstellung und wies diese ab. Die Gemeindeaufsichtsbehörde begründete diese Entscheidung im wesentlichen damit, daß der Bf. keine Legitimation zur Stellung der bei der Baubehörde I. Instanz (mit Schreiben vom 19. März 1972) eingebrachten Anträge und damit keinen Anspruch auf eine Entscheidung im beantragten Sinne habe. Er sei daher durch den Bescheid der Gemeindevertretung weder dadurch, daß der Devolutionsantrag abgewiesen wurde, noch dadurch, daß die Gemeindevertretung keine Sachentscheidung getroffen habe, in Rechtenverletzt worden. Es habe sich somit eine Prüfung erübrigt, ob die Gemeindevertretung die Voraussetzungen für die Abweisung des Devolutionsantrages richtig beurteilt habe.

3. Gegen den letzterwähnten Bescheid richtet sich die wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter mit dem Begehren auf Bescheidaufhebung erhobene Beschwerde.

II. Die Beschwerde ist nicht begründet.

1. In ständiger Rechtsprechung hat der VfGH eine Verletzung des geltend gemachten Rechtes insbesondere dann angenommen, wenn der mittels Devolutionsantrages verlangte Zuständigkeitsübergang durch einen Bescheid zu Unrecht abgelehnt wird; hiebei kommt es auf den Inhalt der in der Verwaltungssache zu treffenden Entscheidung nicht an, also auch nicht etwa darauf, ob ein Parteiantrag durch eine Sachentscheidung oder durch Zurückweisung zu erledigen gewesen wäre (so schon VfSlg. 3931/1961; aus jüngerer Zeit VfSlg. 8189/1977 mit weiteren Rechtsprechungshinweisen). Dies gilt sinngemäß für die Beurteilung eines gemeindeaufsichtsbehördlichen Bescheides unter dem Blickpunkt des in Rede stehenden verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes, mit dem ein den Zuständigkeitsübergang verweigernder Bescheid der Gemeindebehörde durch Abweisung der Vorstellung aufrechterhalten wird.

Im vorliegenden Fall hat sich die mit dem Devolutionsantrag angerufene Gemeindevertretung im Ergebnis zu Recht geweigert, eine (verfahrensrechtliche oder meritorische) Entscheidung über die in der Bauangelegenheit an den Bürgermeister gestellten Anträge des Bf. zu treffen, da - wie noch darzulegen sein wird - dem Bf. die Parteistellung als wesentliche prozessuale Voraussetzung für den verlangten Zuständigkeitsübergang in der Verwaltungssache fehlte (zu dieser Voraussetzung siehe zB VfSlg. 7895/1976). Bei dieser Rechtslage, welche die Aufsichtsbehörde zutreffend erkannte, ist es unter dem Gesichtswinkel des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter ohne Belang, ob die Gemeidevertretung ihren Bescheid in der prozeßtechnisch richtigen Weise erließ und ihn zutreffend begründete, und weiters, ob die bel. Beh. einen der Gemeindevertretung in diesem verfahrensrechtlichen Bereich allenfalls unterlaufenen Fehler hätte wahrnehmen müssen.

2. Was das Begehren des Bf. auf Erlassung eines Feststellungsbescheides über das Erfordernis einer Baubewilligung seiner Nachbarin anlangt, kann es auf sich beruhen, ob die (hier noch anzuwendende - s. §24 Abs4 BaupolizeiG, LGBl. Nr. 117/1973) Sbg. Landbauordnung 1968, LGBl. Nr. 84, die Erlassung eines Feststellungsbescheides über das Erfordernis einer Baubewilligung überhaupt zuließe. Denn selbst wenn man dies ohne weitere Prüfung annehmen wollte, so käme jedenfalls die Befugnis, eine solche Entscheidung zu verlangen, ausschließlich dem hinsichtlich der Baubewilligung allein antragsberechtigten Bauwerber zu; es würde nämlich geradezu eine Verneinung dieser nur ihm zukommenden Dispositionsbefugnis bedeuten, einer anderen Person ein in Wahrheit in diese Richtung zielendes Rechtsschutzinteresse zuzubilligen.

Grundsätzlich das gleiche gilt für die vom Bf. beantragte Erlassung eines Feststellungsbescheides über das Erfordernis einer Bauplatzerklärung, wozu in diesem Zusammenhang auf §12 Abs4 des BebauungsgrundlagenG, LGBl Nr. 69/1968, verwiesen sei, wonach Partei im Bauplatzerklärungsverfahren nur der Eigentümer des in Betracht kommenden Grundstücks (oder eine ihm gleichzuhaltende Person, die über einen für die grundbücherliche Einverleibung des Eigentumsrechtes am Grundstück geeigneten Rechtstitel verfügt) ist.

Was das weitere Begehren des Bf. in seinem Schreiben an den Bürgermeister vom 19. März 1972 betrifft, ist zunächst auf den schon erwähnten Umstand hinzuweisen, daß die Antragstellung bezüglich einer Baubewilligung allein in die Dispositionsbefugnis eines Bauwerbers fällt, und weiters im Hinblick auf den völlig eindeutigen Wortlaut des §103 der Sbg. Landbauordnung 1968 dem Bf. gegenüber klarzustellen, daß die "Demolierung eigenmächtiger Bauten" von der Baubehörde ausschließlich von Amts wegen zu verfügen ist.

Zusammenfassend ist festzuhalten, daß dem Bf. die Legitimation zur Einbringung der von ihm an die Baubehörde I. Instanz gestellten Anträge und damit insoweit die Parteistellung im Verwaltungsverfahren fehlte.

3. Das Beschwerdeverfahren erbrachte auch keine Anhaltspunkte dafür, daß der Bf. aus anderen als den von ihm vorgebrachten Gründen in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder infolge Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in einem Recht verletzt wurde.

Die Beschwerde war sohin abzuweisen.

Schlagworte

Verwaltungsverfahren, Devolution, Vorstellung, Baurecht, Baubewilligung, Parteistellung Baurecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1983:B206.1977

Dokumentnummer

JFT_10169077_77B00206_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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