RS Vwgh 2006/4/25 2005/06/0033

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 25.04.2006
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
25/02 Strafvollzug
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §62 Abs3;
AVG §62;
StVG §116 Abs4 idF 2000/I/138;
StVG §11g idF 2000/I/138;
VwRallg;

Rechtssatz

Wenn der Gesetzgeber dem Strafgefangenen entgegen dem sonst weitgehend geltenden Grundsatz der mündlichen Verkündung im StVG ausdrücklich ein Recht einräumt, eine schriftliche Zustellung des Straferkenntnisses zu verlangen, kann ihm nicht zugesonnen werden, dass mit dieser Zustellung der schriftlichen Ausfertigung eines Straferkenntnisses keinerlei Rechtswirkungen, insbesondere nicht das In-Gang-Setzen der Berufungsfrist, verbunden sein sollen. Nach der nunmehrigen Anordnung in § 11g StVG i.d.F. BGBl. I Nr. 138/2000 ist § 62 AVG im Ordnungswidrigkeitenverfahren anzuwenden. Nach den Ausführungen in den Materialien zu § 11g StVG (Hinweis 297 BlgNR. XXI. GP, S. 11 Punkt 1.) ist allerdings auch bei den nach dieser Bestimmung im Ordnungswidrigkeitenverfahren anzuwendenden AVG-Bestimmungen weiters ihre tatsächliche Anwendbarkeit nach dem Grundsatz des Vorranges der spezielleren Regelung vor der allgemeineren zu prüfen. Insbesondere der verfassungsrechtliche Grundsatz, dass wirksame Rechtsmittel gegen behördliche Entscheidungen eingeräumt sein müssen, spricht gegen die Ansicht, dass § 116 Abs. 4 dritter Satz StVG § 62 Abs. 3 AVG verdrängt. Ein schriftlicher Bescheid verbessert die Möglichkeit des Rechtsunterworfenen, sich mittels des zur Verfügung stehenden Rechtsmittels zu verteidigen. Die in § 62 Abs. 3 AVG vorgesehene Frist für das Verlangen einer schriftlichen Ausfertigung des Bescheides gilt auch für das in § 116 Abs. 4 StVG vorgesehene diesbezügliche Verlangen des Strafgefangenen. (Der VwGH schließt sich der gegenteiligen Meinung Drexlers, Kommentar zum Strafvollzugsgesetz, S 212 f, Rz. 3 zu § 116 StVG, nicht an.)

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005060033.X01

Im RIS seit

19.05.2006

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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