TE Vfgh Beschluss 2008/10/1 V53/07

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Veröffentlicht am 01.10.2008
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90 Straßenverkehrsrecht, Kraftfahrrecht
90/01 Straßenverkehrsordnung 1960

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
KurzparkzonenV des Magistrats der Stadt Wien vom 05.06.97 betr die Parkraumbewirtschaftung im 6. Wiener Gemeindebezirk (Mariahilf)
StVO 1960 §45

Leitsatz

Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung einerflächendeckenden Kurzparkzonenverordnung im 6. Wiener Gemeindebezirkinfolge Zumutbarkeit des Antrags auf Erteilung einerAusnahmebewilligung nach der Straßenverkehrsordnung

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Der Antragsteller ist nach eigenen Angaben

Zulassungsbesitzer eines Kraftfahrzeuges und Bewohner des 6. Wiener Gemeindebezirks.

2. Der Magistrat der Stadt Wien hat am 5. Juni 1997 die Verordnung betreffend Parkraumbewirtschaftung im 6. Wiener Gemeindebezirk (Mariahilf), ABl. 1997/23, erlassen. Diese lautet auszugsweise:

"Artikel I

(1) Auf Grund des §43 Abs2a in Verbindung mit §94 d Z4a der StVO 1960 wird das gesamte Straßennetz des 6. Wiener Gemeindebezirkes als Gebiet bestimmt, dessen Bewohner die Erteilung einer Ausnahmebewilligung von der im gleichen Bezirk ab 1. August 1995 flächendeckend kundgemachten Kurzparkzone sowie den Kurzparkzonen in Wien 6, Getreidemarkt ONr 8-10, ONr 14-16, Wackenroderbrücke, Neville-Brücke und Linke Wienzeile ggü ONr 42-76 (Flohmarkt), und in Wien 5, Wackenroderbrücke, Neville-Brücke und Linke Wienzeile ggü ONr 42-76 (Flohmarkt), beantragen können."

3. Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 B-VG gestützten Antrag begehrt der Antragsteller die Aufhebung dieser Verordnung als gesetzwidrig. Begründend wird ausgeführt, der Antragsteller könne - als Bewohner des 6. Wiener Gemeindebezirks - nur eine Ausnahmebewilligung von der dort flächendeckend kundgemachten Kurzparkzone erhalten. Hingegen könne er keine Ausnahmebewilligung für seinem Wohnort nahegelegene Kurzparkzonen anderer Wiener Gemeindebezirke erwirken.

Zur Begründung der Antragslegitimation führt der Antragsteller lediglich aus, dass er durch die in Rede stehende Verordnung unmittelbar in seinen Rechten verletzt werden würden. Die Verordnung wirke für ihn unmittelbar, ohne dass diese Wirksamkeit erst durch Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder Erlassung eines Bescheides geschaffen würde.

4. Der Magistrat der Stadt Wien legte die Verordnungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der er zur Antragslegitimation des Antragstellers unter anderem Folgendes ausführt:

"Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, dass die Möglichkeit der Erwirkung einer Ausnahmebewilligung gemäß §45 StVO 1960 zur Bekämpfung einer mittels Verordnung verhängten Verkehrsbeschränkung einen zumutbaren Weg zur Geltendmachung der behaupteten Rechtswidrigkeit der Verordnung eröffnet (VfSlg. 16.364/2001). Im vorliegenden Fall wäre es dem Beschwerdeführer demnach durchaus zumutbar gewesen, als Bewohner des 6. Wiener Gemeindebezirkes einen Antrag gemäß §45 StVO 1960 auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung von der in diesem Bezirk und den weiteren Gebieten (z.B. im 4. und 5. Wiener Gemeindebezirk) geltenden flächendeckenden Kurzparkzone zu stellen, zumal er sich ja gerade dadurch beschwert erachtet, in den dem 6. Wiener Gemeindebezirk angrenzenden Bezirken keine Ausnahmegenehmigungen zum Dauerparken erhalten zu können. Gegen eine negative Entscheidung stünde eine Beschwerde gemäß Art144 B-VG offen, in der die behauptete Gesetzwidrigkeit der gegenständlichen Verordnung releviert werden könnte."

II. Der Antrag ist unzulässig:

1. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluss VfSlg. 8058/1977 unter Hinweis auf VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art139 Abs1 (letzter Satz) B-VG setze voraus, dass durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und dass der durch Art139 Abs1 B-VG dem Einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB. VfSlg. 11.684/1988, 14.297/1995, 15.349/1998, 16.345/2001 und 16.836/2003).

2. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits in mehreren Beschlüssen dargetan, dass die Möglichkeit der Erwirkung einer Ausnahmebewilligung gemäß §45 StVO 1960 zur Bekämpfung einer mittels Verordnung verhängten Verkehrsbeschränkung einen zumutbaren Weg zur Geltendmachung der behaupteten Rechtswidrigkeit dieser Verordnung eröffnet (vgl. VfSlg. 13.542/1993 mwH). Nach dem im vorliegenden Fall anzuwendenden §45 Abs4 StVO 1960 besteht für den Antragsteller die Möglichkeit, in einem (auf Antrag des Betroffenen einzuleitenden) Verwaltungsverfahren abzuklären, ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung von seinem Wohnort nahegelegenen Kurzparkzonen gegeben sind. Sind die Voraussetzungen gegeben, so hat die Behörde durch Erteilung der beantragten Bewilligung die sonst für jedermann eintretende Verkehrsbeschränkung für den Antragsteller aufzuheben.

Damit steht dem Antragsteller ein Mittel zur Verfügung, die Wirkungen der Verordnung von sich abzuwenden oder aber - wenn dieser Weg aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen erfolglos bleiben sollte - in einer Beschwerde die Frage der Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien betreffend Parkraumbewirtschaftung im 6. Wiener Gemeindebezirk (Mariahilf), ABl. 1997/23, an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.

Der Antrag war daher zurückzuweisen.

3. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Straßenpolizei, Kurzparkzone

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2008:V53.2007

Zuletzt aktualisiert am

19.08.2010
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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