TE Vfgh Erkenntnis 1984/6/9 B435/80

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Veröffentlicht am 09.06.1984
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Index

32 Steuerrecht
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
EStG §30
EStG §31
UStG 1972 §12 Abs2

Leitsatz

EStG 1972; Besteuerung der Veräußerung eines durch Schenkung erworbenen Geschäftsanteiles gemäß §31; keine Bedenken gegen §31; keine gleichheitswidrige Auslegung

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Am 1. August 1977 veräußerte der Bf. die am 20. Oktober 1967 durch Schenkung erworbenen 51 vH Geschäftsanteile an einer GesmbH - eine Stammeinlage von 51000 S - um 3315000 S. Der Erlös wurde unter Abzug des Nominalwertes der Einkommensteuer unterworfen. Dem Einwand des Bf., Einkünfte aus der Veräußerung wesentlicher Beteiligungen könne es nur bei entgeltlicher Anschaffung geben, weil sie im "Unterschied zwischen dem Veräußerungserlös einerseits und den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und den Werbungskosten andererseits" bestünden (§31 Abs3 EStG 1972), hielt die belangte Finanzlandesdirektion im Berufungsbescheid entgegen, nach dem Steuertatbestand (§31 Abs1) komme es allein auf die Veräußerung an, die Anschaffungskosten seien nur für die Ermittlung der Höhe der Einküfte maßgeblich und daß auch die Veräußerung unentgeltlich erworbener Beteiligungen erfaßt sei, zeige die Möglichkeit der Begünstigung bei Entrichtung der Erbschaftssteuer für einen (gleichfalls unentgeltlichen) Erwerb innerhalb der letzten 3 Jahre vor der Veräußerung (§31 Abs4). Dafür spreche auch der Zweck des Gesetzes, Beteiligungen dieser Art Anteilen an Personengesellschaften gleichzustellen und thesaurierte Gewinne bei Verwirklichung durch Veräußerung zu erfassen. Diesfalls seien eben die Anschaffungskosten des Rechtsvorgängers maßgeblich.

Gegen den Berufungsbescheid richtete sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit vor dem Gesetz und Unversehrtheit des Eigentums gerügt wird. §31 EStG sei verfassungswidrig, weil er den Grundsatz, die Veräußerung von Privatvermögen nicht als Einkommen zu besteuern, ohne sachliche Rechtfertigung durchbreche. Die Heranziehung lange zurückliegender Anschaffungs- oder Herstellungskosten könne auch zur Besteuerung nahezu des gesamten Veräußerungserlöses führen. Nur eine Anwendung auf entgeltlich oder im Erbweg - also durch Gesamtrechtsnachfolge - erworbene Beteiligungen vermeide (als denkmöglich) Widersprüche zwischen den einzelnen Absätzen.

II. Die Beschwerde ist nicht begründet:

In Betracht zu ziehen sind die folgenden Teile des mit "Veräußerung wesentlicher Beteiligungen" überschriebenen §31 EStG 1972:

"(1) Zu den sonstigen Einkünften gehören die Einfünfte aus der Veräußerung eines Anteiles an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft zu mehr als 25 vH beteiligt war und der veräußerte Anteil 1 vH des Grund- oder Stammkapitals der Gesellschaft übersteigt ...

(3) Die Einkünfte aus der Veräußerung von Beteiligungen ergeben sich als der Unterschied zwischen dem Veräußerungserlös einerseits und den Anschaffungs- oder Herstellungskosten und den Werbungskosten andererseits ...

(4) Die Einkommensteuer, die auf die Veräußerung von Beteiligungen entfällt, wird auf Antrag ermäßigt oder erlassen, wenn der Steuerpflichtige den veräußerten Anteil an der Kapitalgesellschaft innerhalb der letzten drei Jahre vor der Veräußerung erworben und infolge des Erwerbes Erbschaftssteuer entrichtet hat."

§31 EStG 1972 hatte den im wesentlichen gleichartigen - den Veräußerungsgewinn allerdings zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb zählenden und deshalb anders formulierten - §17 EStG 1967 abgelöst, der wiederum in den hier wesentlichen Punkten unverändert aus §17 EStG 1953 übernommen worden war. Dieser Bestimmung hat der VfGH schon im Erk. VfSlg. 6049/1969 die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit bescheinigt. Weder ihre Zielsetzung noch das Maß der ausschlaggebenden Beteiligung seien unsachlich.

Die Beschwerde bringt nichts vor, was eine andere Beurteilung der neu gefaßten Bestimmung des §31 EStG 1972 rechtfertigen könnte. Die wesentliche Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft kommt wirtschaftlich einer Mitunternehmerschaft bei einer Personengesellschaft gleich und kann daher auch steuerlich wie diese behandelt werden (vgl. dazu auch die zum Gewerbesteuerrecht ergangenen Entscheidungen VfSlg. 4379/1963, 4753/1964, 4905/1965 und B434, 456/80 vom 5. 3. 1984). Der Einfluß wesentlich Beteiligter auf die Geschäftsführung der Gesellschaft steht in zureichendem sachlichen Zusammenhang mit der ausschlaggebenden Möglichkeit, den Wert der Anteile über den Nennwert und die früheren Anschaffungskosten hinaus zu erhöhen (so auch BVerfGE 27, 128 = BStBL. 1970 II S 165). Daß die Wertsteigerung bei langen Zeiträumen sehr hoch und daher ein verhältnismäßig großer Betrag zu versteuern sein kann, ist keine Besonderheit dieses Tatbestandes.

Was §31 EStG mit der Behandlung der Liebhaberei oder der Bewertung von Grund und Boden zu tun haben soll, ist nicht erkennbar. Die Sachlichkeit der Regelung hängt nicht davon ab, daß vorher sämtliche - und ganz andere - Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens voll der Besteuerung unterzogen werden. Daß gleiche Gründe hisichtlich anderer Teile des Privatvermögens eine Besteuerung verlangten, kann die Beschwerde nicht konkretisieren. Auch Spekulationsgeschäften (§30 EStG) kann die Veräußerung wesentlicher Beteiligungen nicht von vornherein gleichgestellt werden. Daß der Wortlaut des §31 lückenhaft ist und Auslegungsschwierigkeiten bereitet, verschlägt nichts. Erst recht kann es kein in die Verfassungssphäre reichender Fehler sein, wenn die Behörde die angenommene Lücke - wie die Beschwerde einräumt - im Einklang mit der Zielsetzung der Norm und iS der Rechtsprechung des VwGH (10. 12. 1974 Z 860/74 = Slg. 4768/F/1974) geschlossen hat.

Bedenken gegen die angewendeten Rechtsvorschriften hat die Beschwerde nicht hervorgerufen. Die Behörde hat dem Gesetz keinen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt und auch keinen der Gesetzlosigkeit gleichzuhaltenden Fehler begangen. Die Beschwerde kann daher - insbesondere vor dem Hintergrund der bisherigen Rechtsprechung des VfGH - ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung abgewiesen werden (§19 Abs4 Z1 und 2 VerfGG).

Schlagworte

Einkommensteuer, Einkünfte außerordentliche, Umsatzsteuer, Vorsteuerabzug, Auslegung, Analogie

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1984:B435.1980

Dokumentnummer

JFT_10159391_80B00435_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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