TE Vfgh Erkenntnis 1984/6/9 B303/80

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.06.1984
beobachten
merken

Index

32 Steuerrecht
32/07 Stempel- und Rechtsgebühren, Stempelmarken

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art144 Abs1 / Prüfungsmaßstab
StGG Art5
ABGB §1175
GebührenG 1957 §33 TP16 Abs1 Z1 litb

Leitsatz

Gebührengesetz 1957; Feststellung der Gebührenpflicht einer als Gesellschaftsvertrag gewerteten Vereinbarung über eine gemeinsame Darlehensgewährung iS des §33 TP16 Abs1 Z1 litb; keine Denkunmöglichkeit, keine Willkür

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Das bf. Kreditinstitut teilte der Austria Österreichische Versicherungs AG mit Schreiben vom 24. Juli 1973 mit, daß es der Stadtgemeinde Innsbruck die Gewährung von zwei Darlehen in Höhe von insgesamt 42000000 S zugesagt habe und stellte in der Folge nachstehendes Anbot:

"Wir laden Sie ein, sich an dieser Darlehensgewährung mit 90%, das sind insgesamt 36900000 S zu beteiligen und stellen Ihnen nachstehendes

Treuhandanbot

1.) Die Darlehenszusagen und die übrigen Darlehensunterlagen legen wir diesem Schreiben bei, mit den entsprechenden Ausfertigungen erklären Sie sich einverstanden. Jede Änderung der Darlehensbedingungen bedarf Ihrer vorherigen schriftlichen Zustimmung.

2.) Bei Zuzählung des Darlehens werden wir die Zuzählung des auf Sie entfallenden Darlehensteiles von 36900000 S treuhändig in unserem Namen, jedoch auf Ihre Rechnung durchführen. Da das gesamte Darlehen in unserem Namen zugezählt wird, werden wir auch die Sicherheiten zur Gänze zu unseren Gunsten bestellen.

3.) Wir verpflichten uns, über die von der Darlehensnehmerin zu erbringenden Sicherheiten nur mit Ihrer ausdrücklichen Zustimmung zu verfügen.

4.) Die Abwicklung Ihres Darlehensanteiles sowie die Verwaltung der anteilsmäßig auf diesen entfallenden Sicherheiten werden wir ebenfalls treuhändig übernehmen.

5.) Für Ihre Beteiligung werden wir ihnen 8 3/8% p.a. Zinsen, berechnet halbjährlich im nachhinein, vergüten. Die darüber hinaus der Darlehensnehmerin in Rechnung gestellten Zinsen bzw. Zuzählungsprovision verbleiben uns als Gestionsprovision für die Verwaltung Ihres Darlehensanteiles bzw. erhält die Girozentrale und Bank der österreichischen Sparkassen AG als Haftungsprovision für die gemäß dieser Vereinbarung übernommene Haftung als Bürge und Zahler.

6.) Von jeder Zahlung der Darlehensnehmerin werden wir den auf Sie entfallenden Anteil an Zinsen und Kapital unverzüglich und

ausschließlich auf Ihr bei der ... geführtes Deckungsstock-Konto

Nr. ... überweisen. Außerdem werden wir zu jedem Rückzahlungstermin

(d.h. erstmals am 30. 6. 1976) einen Teil des auf Sie entfallenden Darlehens übernehmen. Durch diese sukzessiven Darlehensübernahmen und unter Berücksichtigung der vorgesehenen Leistungen der Darlehensnehmerin erfolgt eine Tilgung Ihres Darlehensanteiles in Halbjahresannuitäten von 2482495,84 S. Ihr Anteil an den beiden Darlehen wird hiedurch von ursprünglich 90% bis zum 31. 12. 1987 zur Gänze abgebaut, während unser Anteil von ursprünglich 10% bis zu diesem Zeitpunkt auf 100% der gemäß Tilgungsplan zu diesem Zeitpunkt aushaftenden Darlehensschuld anwächst. Den jeweiligen, auf unsere Übernahmsverpflichtung entfallenden Betrag werden wir an jedem Tilgungstermin, den auf die Leistungen der Darlehensnehmerin enfallenden Betrag nach Eingang bei uns Ihrem oben genannten Konto gutbringen.

7.) Zur Sicherstellung unserer Verpflichtungen aus der gemäß diesem Anbot übernommenen Treuhandschaft bzw. unserer Verpflichtungen zur sukzessiven Übernahme unseres Darlehensanteiles ab 30. 6. 1976 werden wir Ihnen die Bürge- und Zahlerhaftung gemäß §1357 ABGB der Girozentrale und Bank der österreichischen Sparkasse AG beibringen.

8.) Ferner geben wir Ihnen hiemit die Erklärung ab, daß wir hinsichtlich der für Sie verwalteten Darlehensforderungen in Höhe von 36900000 S darauf verzichten, jetzt oder künftig ein Pfandrecht, Rückbehaltungsrecht oder irgendein sonstiges Recht, insbesondere auch eine Aufrechnung geltend machen.

Wir haben zur Kenntnis genommen, daß Sie über den in Rede stehenden Darlehensbetrag nur mit Zustimmung des Deckungsstock-Treuhänders verfügen können.

9.) Alle Steuern, Abgaben, Gebühren oder sonstige wie immer gearteten Kosten, welche auf Grund dieses Vertrages entstehen können, gehen zu unseren Lasten.

10.) An dieses Anbot, welches erst durch Ihre schriftliche Annahme rechtswirksam wird, halten wir uns einen Monat ab dem Datum dieses Schreibens gebunden."

Die Versicherungsgesellschaft nahm dieses Anbot mit Schreiben vom 20. August 1973 an. In der Folge kam es zur Errichtung von Schuld- und Pfandurkunden über die vereinbarte Darlehensgewährung.

In dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tir. vom 30. April 1980 wurde die Vereinbarung als Gesellschaftsvertrag iS des §33 TP16 GebG angesehen und gemäß §33 TP16 Abs1 Z1 litb GebG eine Rechtsgeschäftsgebühr in Höhe von 820000 S vorgeschrieben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gerügt wird. Es sei denkunmöglich, die Treuhandvereinbarung als Gesellschaftsvertrag und damit das bf. Kreditinstitut anders zu behandeln als alle anderen Treuhänder.

II. Die Beschwerde ist nicht begründet.

1. Das Recht auf Unversehrtheit des Eigentums wird nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH durch einen in das Eigentum eingreifenden Bescheid einer Verwaltungsbehörde - und daher auch durch die Vorschreibung einer Abgabe - nur dann verletzt, wenn dieser gesetzlos ergangen ist, wenn er sich auf eine verfassungwidrige Rechtsgrundlage stützt, oder wenn die Rechtsvorschrift denkunmöglich angewendet wurde.

Der angefochtene Bescheid stützt sich auf §33 TP16 Abs1 Z1 litb GebG. Gebührenpflichtig sind darnach (idF BGBl. 668/1976)

"Gesellschaftsverträge, ausgenommen solche über Kapitalgesellschaften im Sinne des Kapitalverkehrsteuergesetzes, wodurch sich zwei oder mehrere Personen zur Verfolgung eines Erwerbszweckes verbinden, ...

b) bei Widmung von Vermögenswerten vom Werte der bedungenen Vermögenseinlage oder ihrer Erhöhung 2 vH, mindestens jedoch 500 S".

Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Gesetzbestimmung trägt die Beschwerde nicht vor und sind auch beim VfGH unter dem Gesichtspunkt dieses Beschwerdefalles nicht entstanden (vgl. auch VfSlg. 8912/1980). Das bf. Kreditinstitut könnte daher im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums nur durch eine denkunmögliche Gesetzesanwendung verletzt worden sein. Eine solche könnte nur vorliegen, wenn die Behörde dem (unbedenklichen) Gesetz einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt oder es auf einen Sachverhalt angewendet hätte, für den es keinesfalls im Betracht kommt. Ein solcher Fehler wird der bel. Beh. aber zu Unrecht vorgeworfen.

Der angefochtene Bescheid wertete die Vereinbarung vom 20. August 1973 (auch) als Gesellschaftsvertrag iS des §33 TP16 Abs1 Z1 litb GebG, weil die Vertragsteile sich unter Widmung von Vermögenswerten zur Verfolgung eines gemeinsamen Erwerbszweckes, nämlich der Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen, verbunden hätten. Durch die Vereinbarung über die gemeinsame Darlehensgewährung - einem Konsortialvertrag - sei eine Gesellschaft nach bürgerlichem Recht iS des §1175 ABGB errichtet worden.

Die Beschwerde sucht in weitwendigen Ausführungen die Unrichtigkeit dieser Annahme darzutun. Die einschlägige Literatur (aus jüngster Zeit zB Jud, Das Kreditkonsorium im Spannungsfeld zwischen Gelegenheitsgesellschaft und Treuhandschaft, GesRZ 1981, 129 ff., und Kastner, Kreditkonsortium, Gelegenheitsgesellschaft und Treuhandschaft, GesRZ 1982, 1 ff.) macht indessen deutlich, daß die Beurteilung eines Konsortialvertrages unter dem Gesichtspunkt seiner Zuordnung zum (gebührenrechtlichen) Typus der Gesellschaft in vielen Einzelheiten strittig ist und überaus subtile Erwägungen rechtlicher und tatsächlicher Art erfordert. Verfassungsrechtliches spielt dabei ersichtlich keine Rolle. Eine nähere Auseinandersetzung mit den Beschwerdeausführungen würde eine Stellungnahme zu Fragen erfordern, deren Beantwortung ausschließlich dem VwGH vorbehalten ist.

Unter diesen Umständen kann es kein der Gesetzlosigkeit gleichkommender Fehler sein, wenn die Behörde ein Dokument, nach dessen Eingang sich die Vertragspartner an einer Darlehensgewährung beteiligen, als einen Gesellschaftsvertrag iS des §33 TP16 Abs1 Z1 litb GebG behandelt hat. Ob die Behörde damit im Recht ist, hat nicht der VfGH zu prüfen.

2. Eine Verletzung des Gleichheitsrechtes wäre angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH nur dann anzunehmen, wenn die Behörde dem Gesetz fälschlich einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder Willkür geübt hätte. Hat sie aber denkunmöglich das Gesetz angewendet und ihm keinen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt, ist damit auch solchen Vorwürfen der Boden entzogen.

Auch sonst ist nichts hervorgekommen, was auf die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hinweisen würde. Die Beschwerde kann daher als offenkundig unbegründet ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung abgewiesen werden (§19 Abs4 Z1 VerfGG).

Schlagworte

Gebühr (GebG), Gesellschaftsrecht, VfGH / Prüfungsmaßstab

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1984:B303.1980

Dokumentnummer

JFT_10159391_80B00303_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten