TE Vfgh Beschluss 1984/9/21 B304/80

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Veröffentlicht am 21.09.1984
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Index

27 Rechtspflege
27/01 Rechtsanwälte

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
AVG §56
AVG §58
RAO §21
VfGG §88

Leitsatz

Rechtsanwaltsordnung; mangelnder Bescheidcharakter der Ablehnung der Entgegennahme der Anzeige über die Änderung des Berufssitzes gemäß §21

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. a) Die Bf. ist Rechtsanwalt. Sie hatte ihren Kanzleisitz in Mödling, E-Straße.

Mit Schreiben vom 21. April 1980 teilte sie der Rechtsanwaltskammer für Wien, NÖ und Bgld. mit, daß sie ihre Kanzlei nach Wien, K-Gasse verlege.

Mit Schreiben vom 13. Mai 1980 gab ihr der Ausschuß der Rechtswanwaltskammer für Wien, NÖ und Bgld. folgendes bekannt:

"Der gefertigte Ausschuß der Rechtsanwaltskammer für Wien, Niederösterreich und Burgenland kann den Inhalt ihres Schreibens vom 21. 4. 1980 mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht zur Kenntnis nehmen und keine Veranlassungen treffen."

b) Gegen dieses Schreiben, das die Bf. als Bescheid wertet, wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften "Bescheides" beantragt wird.

c) Der Ausschuß der Rechtsanwaltskammer für Wien, NÖ und Bgld. hat als bel. Beh. eine Gegenschrift erstattet, in der er begehrt, die Beschwerde kostenpflichtig zurück- bzw. abzuweisen.

2. Die Beschwerde ist nicht zulässig:

Eine behördliche Enuntiation ist dann als Bescheid iS des Art144 B-VG anzusehen, wenn der Wille der Behörde darauf gerichtet war, gegenüber einer individuell bestimmten Person normative Regelungen einer konkreten Verwaltungsangelegenheit zu treffen, sei es, daß der Verwaltungsakt für den Einzelfall ein Rechtsverhältnis mit bindender Wirkung feststellt, sei es, daß er es mit solcher Wirkung gestaltet (vgl. zB VfSlg. 9444/1982). Hiebei kommt es darauf an, ob der Bescheidwille der Behörde objektiv erkennbar ist.

Hier deutet schon die äußere Form der bekämpften Erledigung - sie ist weder als Bescheid bezeichnet, noch in Spruch, Begründung und Rechtsmittelbelehrung unterteilt -, ungeachtet dessen, daß die Behörde das AVG 1950 nicht anzuwenden hatte (s. ArtII Abs2 Z27 EGVG 1950), auf den mangelnden Bescheidwillen hin.

Der rechtliche Hintergrund des angefochtenen Schreibens stellt dieses Ergebnis klar:

Die im §21 der Rechtsanwaltsordnung normierte Anzeigepflicht bezweckt nur die Evidenthaltung der im Kammersprengel tätigen Rechtsanwälte (vgl. Lohsing, Österreichisches Anwaltsrecht, S 295). Die Entgegennahme der Meldung über die Änderung des Berufssitzes oder die Ablehnung der Entgegennahme der Anzeige entfaltet daher nach dem Gesetz keine Rechtswirkungen und hat daher nicht bescheidmäßig zu erfolgen.

Die angefochtene Erledigung stellt sich sohin als bloße Mitteilung ohne jeden normativen Charakter dar. Insbesondere wird durch sie der Bf. nicht verboten, die angezeigte Kanzleiversetzung vorzunehmen.

Es liegt sohin kein mit Beschwerde nach Art144 Abs1 B-VG bekämpfbarer Verwaltungsakt vor.

Die Beschwerde war daher wegen Nichtzuständigkeit des VfGH zurückzuweisen (vgl. zB VfSlg. 9022/1981).

Schlagworte

Bescheidbegriff, Rechtsanwälte, Berufsrecht Rechtsanwälte, VfGH / Kosten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1984:B304.1980

Dokumentnummer

JFT_10159079_80B00304_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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