TE Vfgh Beschluss 1984/9/26 B636/80

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Veröffentlicht am 26.09.1984
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Index

L4 Innere Verwaltung
L4700 Fonds, Stiftung

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
AVG §8
Nö Stiftungs- und FondsG 1976 §4 Abs4
Nö Stiftungs- und FondsG 1976 §6 Abs3
Nö Stiftungs- und FondsG 1976 §10 Abs4

Leitsatz

Nö. Landes-Stiftungs- und Fondsgesetz; keine Parteistellung des Erben des Stifters im Verfahren zur Genehmigung der Stiftungssatzung gemäß §10 Abs4; keine Legitimation zur Beschwerdeerhebung gemäß Art144 Abs1 B-VG mangels Parteistellung im vorangegangenen Verwaltungsverfahren

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. a) Die am 20. März 1977 verstorbene AS hat in ihrem Testament vom 11. Dezember 1976 nähere Anordnungen über die Verwendung des aus dem Verkauf ihres Hauses in Mödling S-Gasse, zu erzielenden Erlöses getroffen. Abschließend heißt es im Testament: "Resterlös kann wohltätigen Zwecken zugeführt werden".

Der Bf. ist der Erbe nach der verstorbenen AS (vgl. die Beschl. des BG Mödling vom 14. Mai 1979, 1 A 147/77-76 und 1 A 147/77-77).

b) Die Finanzprokuratur vertrat unter Bedachtnahme auf die ihr nach §1 Abs3 und §2 Prokuraturgesetz, StGBl. 172/1945 idF BGBl. 20/1949, zukommende Aufgabe, nach der sie alle Stiftungen zu vertreten hat, soweit es sich um die Sicherstellung und Einbringung des gestifteten Vermögens zum Zwecke der Konstituierung einer Stiftung handelt, die Ansicht, "daß das Testament der Erblasserin vom 11. Dezember 1976 eine Stiftungserklärung des Inhalts enthält, daß der nach Erfüllung aller im Testament dem Erben (Legatar) erteilten Aufträge verbleibende Resterlös wohltätigen Zwecken zugeführt werden soll". Sie teilte diese Ansicht auch dem Amt der Nö. Landesregierung mit.

c) Nach Verhandlungen des Bf. mit dem für die Angelegenheiten des Stiftungswesens zuständigen Beamten des Amtes der Nö. Landesregierung erging - noch während des anhängigen Verlassenschaftsverfahrens - der an den Bf. gerichtete Bescheid der Nö. Landesregierung vom 9. März 1979, dessen Spruch lautet:

"Gemäß §6 Abs2 in Verbindung mit §9 des Niederösterreichischen Landes-Stiftungs- und Fondsgesetzes vom 8. 7. 1976, LGBl. 4700-0, wird die von der am 20. 3. 1977 verstorbenen Frau A S, zuletzt in Mödling, B-Straße, wohnhaft gewesen, in ihrer letztwilligen Verfügung vom 11. 12. 1976 angeordnete Vermögenswidmung als 'Wohltätigkeitsstiftung für Niederösterreich' mit dem Sitz in Wien (als dem Sitz der Niederösterreichischen Landesregierung) als zulässig erklärt."

Im Spruch des Bescheides wurde ferner gemäß §7 Abs1 und 3 des vorgenannten Gesetzes ein Beamter des Amtes der Nö. Landesregierung zum Stiftungskurator bestellt; gemäß §7 Abs4 des genannten Gesetzes wurden seine Aufgaben umschrieben.

Die Begründung des Bescheides lautet:

"Frau A S ... ist am 20. 3. 1977 verstorben. In ihrer letztwilligen Verfügung vom 11. 12. 1976 ordnete die Erblasserin an, daß der Erlös aus dem Verkauf ihres Hauses in Mödling, S-Gasse, nach Erfüllung einiger Aufträge wohltätigen Zwecken zugeführt werden soll. Mit dieser Willenserklärung wollte die Erblasserin ein bestimmtes Vermögen zu wohltätigen Zwecken stiften; es liegen demnach die Voraussetzungen für die Errichtung einer Stiftung vor.

Das Haus Mödling, S-Gasse, samt zugehörigen Grundstücken ... wurde um

einen Betrag von 1100000 S verkauft ... (es folgen Ausführungen über

die Hinterlegung des Kaufpreises sowie über die Verwendung der Beträge für Legate und Auflagen und den Verbleib eines Restbetrages von 1029942 S).

Mildtätig (sinnverwandt mit humanitär, wohltätig) sind solche Zwecke, die darauf gerichtet sind, hilfsbedürftige Personen zu unterstützen. Der Umstand, daß die Zweckbestimmung auf die finanzielle Bedürftigkeit abgestellt ist, läßt es sachlich richtig erscheinen, dasjenige Bundesland als stiftungsrechtlich zuständig zu betrachten, das von den zu beteilenden Personen im Notfall als Träger der Sozialhilfe (Landessache in Gesetzgebung und Vollziehung) um Hilfe zum Lebensunterhalt in Anspruch genommen werden würde, nämlich das Land Niederösterreich. Die Wohltätigkeitsstiftung für Niederösterreich geht demnach nach ihrem Zweck nicht über den Interessenbereich des Landes Niederösterreich hinaus.

Da der Stiftungszweck mildtätig und das Stiftungsvermögen zur dauernden Erfüllung des Stiftungszweckes voraussichtlich hinreichend ist, war die Errichtung der Wohltätigkeitsstiftung für Niederösterreich als zulässig zu erklären."

Der Bescheid der Nö. Landesregierung vom 9. März 1979 ist in Rechtskraft erwachsen.

d) Nach Auseinandersetzungen über die Frage, ob es sich um eine Stiftung der Erblasserin oder um eine aufgrund einer Stiftungserklärung des Bf. errichtete Stiftung handle, in deren Verlauf der Bf. die nach seiner Meinung von ihm abgegebene Stiftungserklärung widerrufen hatte, und nach Entscheidungen über die im Verlassenschaftsverfahren gegen die Einantwortung des Nachlasses an den Bf. sowohl vom Stiftungskurator und der Stiftungsbehörde als auch vom Bf. als Erbe erhobenen Rechtsmittel sowie nach Durchführung von Verhandlungen zwischen dem Bf. und Vertretern des Amtes der Nö. Landesregierung legte der bestellte Stiftungskurator gemäß §7 Abs4 des Nö. Landes-Stiftungs- und Fondsgesetzes die Stiftungssatzung zur Genehmigung vor und erstattete einen Vorschlag für die erstmalige Bestellung der Verwaltungs- und Vertretungsorgane der Stiftung.

Hierauf erging der "an die Wohltätigkeitsstiftung für Niederösterreich, z.H. des Stiftungskurators ..." adressierte Bescheid vom 15. Oktober 1980, dessen Spruch wie folgt lautet:

"Gemäß §68 Abs2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950, BGBl. Nr. 172, wird der Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 9. 3. 1979, Z ..., folgendermaßen geändert:

1. Der Stiftungsname 'Wohltätigkeitsstiftung für Niederösterreich' wird auf 'A-S-Wohltätigkeitsstiftung' geändert.

2. Der Sitz der Stiftung wird von Wien (als dem Sitz der Niederösterreichischen Landesregierung) nach Mödling verlegt."

In der Begründung des Bescheides wird auf den Inhalt des Bescheides vom 9. März 1979 verwiesen (litc); sodann wird ausgeführt, daß sich im Zuge der Einbringung des gestifteten Vermögens die ursprüngliche Sachlage insofern geändert hätte, als nunmehr in dem vom Stiftungskurator gemäß §10 Abs1 des Nö. Landes-Stiftungs- und Fondsgesetzes der Stiftungsbehörde zur Genehmigung vorgelegten Entwurf der Stiftungssatzung als neuer Name die im Spruch des Bescheides angeführte Bezeichnung und die Verwaltung der Stiftung in Mödling durch ein aus drei Mitgliedern bestehendes Kuratorium vorgesehen sei.

e) Sodann erging "an die A-S-Wohltätigkeitsstiftung, z.H. des Stiftungskurators ..." der Bescheid der Nö. Landesregierung vom 22. Oktober 1980, nach dessen Spruch "gemäß §10 Abs4 des Niederösterreichischen Landes-Stiftungs- und Fondsgesetzes ... die Satzung der A-S-Wohltätigkeitsstiftung vom 30. 9. 1980 stiftungsbehördlich genehmigt" wird.

Gemäß §11 Abs2 des vorgenannten Gesetzes wird auf Vorschlag des Stiftungskurators erstmalig das aus drei Personen (darunter dem Bf.) bestehende Kuratorium zum Stiftungsorgan bestellt. Schließlich ist noch angeführt, daß mit der Bestellung der Stiftungsorgane die Tätigkeit des Stiftungskurators endet und daß die Verwaltung und die Vertretung der Stiftung auf die Stiftungsorgane übergeht.

Abschließend wird ausgeführt, daß Begründung und Rechtsmittelbelehrung iS des §58 Abs1 und 2 AVG 1950 entfallen.

Nach §2 Abs1 der dem Bescheid beiliegenden Satzung besteht der Zweck der Stiftung "darin, unverschuldet in Not geratene, hilfsbedürftige - auch behinderte nö. Landesbürger zu unterstützen".

Nach §6 der Satzung hat bei Auflösung der Stiftung gemäß §19 Nö. Landes-Stiftungs- und Fondsgesetzes die Nö. Landesregierung als Stiftungsbehörde zu bestimmen, "welchem ausschließlich gemeinnützigen oder mildtätigen Zweck das noch vorhandene Vermögen der Stiftung zugeführt wird".

2. Gegen den Bescheid der Nö. Landesregierung vom 22. Oktober 1980 richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde.

Der Bf. "ficht die Genehmigung der Satzung der A-S-Wohltätigkeitsstiftung in den Punkten §2 Abs1 und §6 insofern an, als sie die Verwendung der abreifenden Zinsen des Stiftungsvermögens nicht auf alte, hilfsbedürftige, möglichst alleinstehende Personen beschränkt haben und ebenso diese Beschränkung nicht hinsichtlich für den Fall der Auflösung der Stiftung in §6 der Satzung für das Restkapital enthalten ist.

Als Anfechtungsgründe werden geltend gemacht, daß durch reinen Willkürakt sich die Stiftungsbehörde über die Rechte des Einschreiters nach Art7 BVG bzw. der mit ihm getroffenen Vereinbarung hinweggesetzt hat, in dem der Einschreiter ihr Kontrahent war, daß sie gegen den von ihm statuierten Widmungszweck nicht verstoßen dürfe. Auch hat sie durch die Bestellung zweier weisungsgebundener Kuratoren aus dem Amtsbereich einer allfälligen Abänderung der Satzung vorgebeugt.

Hiedurch ist der Einschreiter nicht nur in seinen Rechten als Erbe, sondern auch als Bevollmächtigter der A S, deren Vollmacht bis weit über ihren Tod hinausdauern sollte, da sie ihn noch mit anderen Aufträgen betraut hat, schwerstens geschädigt, wodurch auch ein unerlaubter und willkürlicher Eingriff in die persönliche und wirtschaftliche Sphäre des Einschreiters und dessen Eigenschaft als Rechtsvertreter gegeben ist, all dies unter Majorisierung durch Amtsunterstellte."

Es wird die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

3. Die bel. Beh. hat in ihrer Gegenschrift den Antrag gestellt, die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen. Für den Fall, daß der VfGH der Meinung sein sollte, daß die Beschwerde zulässig sei, wird beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II. Der VfGH hat über die Zulässigkeit der Beschwerde erwogen:

1. a) §6 Abs3 Nö. Landes-Stiftungs- und Fondsgesetz (auf dieses Gesetz beziehen sich im folgenden Paragraphenangaben, wenn nicht ausdrücklich ein anderes Gesetz angeführt ist) lautet:

"(3) Im Verfahren über die Zulässigkeit einer Stiftung kommen bei Stiftungen unter Lebenden dem Stifter, bei Stiftungen von Todes wegen den Erben des Stifters, sowie dem Testamentsvollstrecker Parteistellung zu."

b) §10 Abs4 lautet:

"(4) Die Stiftungssatzung bedarf der Genehmigung der Stiftungsbehörde. Im Genehmigungsverfahren kommen dem Stifter und dem Stiftungskurator Parteistellung zu. Die Genehmigung darf nur dann versagt werden, wenn die Stiftungssatzung den gesetzlichen Bestimmungen nicht entspricht oder mit der als zulässig festgestellten Stiftungserklärung in Widerspruch steht. Ein solcher Widerspruch liegt jedoch nicht vor, wenn die Stiftungssatzung von der Stiftungserklärung Abweichungen enthält, die insbesondere bei letztwillig verfügten Stiftungen dem vermutlichen Willen des Stifters entsprechen und für unbedingt zweckmäßig zu erachten sind."

2. a) Aufgrund des Bescheides der Nö. Landesregierung vom 9. März 1979 (I.1. litc) ist davon auszugehen, daß die Stiftung aufgrund der von Frau A S in der Form einer letztwilligen Anordnung (§4 Abs4) abgegebenen Stiftungserklärung als zulässig erklärt wurde. Dieser - rechtskräftig gewordene - Bescheid ist an den Bf. als Erben der Stifterin und als Testamentsvollstrecker ergangen. In dem Verfahren über die Zulässigkeit der Stiftung ist dem Bf. nach §6 Abs3 Parteistellung zugekommen.

b) Nach dem Wortlaut des §10 Abs4 kommt im Verfahren zur Genehmigung der Stiftungssatzung dem Stifter und dem Stiftungskurator Parteistellung zu.

Gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung sind in der Beschwerde Bedenken nicht geltend gemacht worden. Im Verfahren vor dem VfGH sind solche Bedenken nicht entstanden.

Im Gegensatz zur Bestimmung des §6 Abs3 kommt demnach im Verfahren zur Genehmigung der Stiftungssatzung dem Erben des Stifters Parteistellung nicht zu. Der Bf. ist, da er im Verfahren, das zur Erlassung des angefochtenen Bescheides geführt hat, nicht Partei war, zur Erhebung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid nicht legitimiert. Die Beschwerde war mangels Legitimation zurückzuweisen.

Schlagworte

Stiftungs- und Fondswesen, VfGH / Legitimation, Parteistellung Stiftungs- und Fondswesen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1984:B636.1980

Dokumentnummer

JFT_10159074_80B00636_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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