TE Vfgh Erkenntnis 1984/9/26 B323/78

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Veröffentlicht am 26.09.1984
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6500 Jagd, Wild

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art26 Abs1
B-VG Art144 Abs1 / Prüfungsmaßstab
StGG Art5
Nö Jagdausschuß-WahlO §5
Nö JagdG 1974 §17 Abs1

Leitsatz

Nö. Jagdausschuß-Wahlordnung; Abweisung eines Einspruchs gegen eine gemäß §5 vorgenommene Eintragung in die Wählerliste; keine Bedenken gegen die Beziehung zwischen Grundstücksgröße und Stimmrecht in dieser Bestimmung; keine Willkür; kein Eigentumseingriff

Spruch

I. Die Beschwerde wird abgewiesen.

II. Der Gesetzesprüfungsantrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Bf. ist Eigentümer von Grundstücken im Genossenschaftsjagdgebiet Traismauer. Er erhob gegen die Eintragung der "Republik Österreich" (offenkundig gemeint: des Bundes; der Einfachheit wegen wird im folgenden jedoch die im Verwaltungsverfahren stets gebrauchte Bezeichnung "Republik Österreich" beibehalten) in die Wählerliste für die Jagdausschußwahl mit Grundstücken im Ausmaß von 64,9833 ha Einspruch, den die Bezirkswahlkommission St. Pölten jedoch abwies. Auch die Berufung des Bf. gegen deren Bescheid blieb erfolglos. Die Landeswahlkommission für die Jagdausschußwahlen beim Amt der Nö. Landesregierung begründete ihren abweisenden Bescheid vom 17. April 1978 im wesentlichen folgendermaßen:

Gemäß §1 der Nö. Jagdausschuß-Wahlordnung (im Beschwerdefall ist dieses Gesetz idF der Nov. LGBl. 6501-1 maßgebend) seien zur Wahl des Jagdausschusses alle Mitglieder der Jagdgenossenschaft wahlberechtigt, sofern auf ihren Grundstücken gemäß §17 Nö. Jagdgesetz 1974 (im Beschwerdefall ist dieses Gesetz idF der 2. Nov. LGBl. 6500-2 maßgebend) nicht die Jagd ruht. Zu den Mitgliedern der Jagdgenossenschaft zählten die Eigentümer jener Grundstücke, die zu einem Genossenschaftsjagdgebiet gehören. Das von der Erstbehörde angenommene Gesamtausmaß jener Flächen der Republik Österreich, die im Genossenschaftsjagdgebiet Traismauer liegen, sei unbestritten geblieben, ebenso, daß die Grundbuchsbezeichnung für diese Flächen "öffentliches Gut" laute. Mit Rücksicht darauf, daß die strittigen Grundstücke Treppelwege, Dämme und Wasserflächen darstellten, sei die Landeswahlkommission zur Auffassung gelangt, daß die Grundbuchsbezeichnung "öffentliches Gut" im vorliegenden Fall nicht mit einer öffentlichen Anlage nach §17 Abs1 Nö. JagdG 1974 gleichgesetzt werden könne. Die ausdrückliche Erklärung des Bundesstrombauamtes, daß die Gestaltung und die Eigenart dieser Flächen der Bejagbarkeit nicht hinderlich seien und diese auch bejagt worden seien, lasse den berechtigten Schluß zu, daß es sich bei diesem öffentlichen Gut nicht um öffentliche Anlagen handle, die ex lege eine Bejagbarkeit ausschlössen. Wenn für öffentliches Gut die Ausübung der Jagd möglich sei und praktiziert werde, ohne daß dem eine Rechtsvorschrift oder ein Privatrechtstitel entgegenstehe, dann könne von einem Ruhen der Jagd nicht die Rede sein, und es stehe dem Grundeigentümer bei den Jagdausschußwahlen auch das Recht der Stimmabgabe zu.

2. Gegen diesen Bescheid der Landeswahlkommission richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in welcher der Bf. eine Verletzung des Gleichheitsrechtes sowie des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums behauptet und die Aufhebung des Bescheides begehrt.

3. Mit der Beschwerde verbindet der Einschreiter einen auf Art140 B-VG gestützten Gesetzesprüfungsantrag, der folgenden Wortlaut hat:

"Wolle der zu den Ausführungen ad. 1. u. 2. gestellte Antrag als solcher gem. Art140 Abs1 B-VG, idF des BGBl. 302 v. 15. 5 1975, erachtet werden und die Bestimmungen der Jagdausschuß-Wahlordnung, LGBl. 6501-0 für das Land NÖ., womit gem. §5 leg. cit. die Stimmenanzahl nach dem Flächenausmaß festgelegt wird, als verfassungswidrig aufgehoben werden."

II. Der VfGH hat über die Beschwerde erwogen:

1. Der Bf. behauptet zunächst eine Verletzung des Gleichheitsrechts, die nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH nur vorliegen kann, wenn der Bescheid auf einer gegen das Gleichheitsgebot verstoßenden Rechtsvorschrift beruht oder wenn die Behörde Willkür geübt hat. Die in diese beiden Richtungen zielenden Beschwerdevorwürfe sind aber - wie die folgenden Ausführungen zeigen - nicht begründet.

a) §5 Abs1 Nö. Jagdausschuß-Wahlordnung sieht ua. vor, daß der Bürgermeister zum Zwecke der Wahl des Jagdausschusses binnen zwei Wochen nach erfolgter jeweiliger Feststellung der Jagdgebiete alle wahlberechtigten Mitglieder der Jagdgenossenschaft in einer Wählerliste für die Jagdausschußwahl zu verzeichnen hat. Die Abs2 und 3 dieses Paragraphen lauten folgendermaßen:

"(2) Die Wählerliste ist derart anzufertigen, daß die wahlberechtigten Mitglieder der Jagdgenossenschaft in alphabetischer Ordnung gereiht werden und neben jedem Namen die Größe der für das Wahlrecht maßgebenden Grundfläche nach Hektaren angeführt und die hienach entfallende Stimmenanzahl ersichtlich gemacht wird.

(3) Die Stimmenanzahl wird nach dem Flächenausmaß der den einzelnen Mitgliedern der Jagdgenossenschaft gehörigen Grundstücke berechnet, und zwar derart, daß auf eine Grundfläche bis zu 1 ha eine Stimme, auf eine Grundfläche von über 1 bis 5 ha zwei Stimmen, auf eine Grundfläche von über 5 bis zu 10 ha vier Stimmen, auf eine Grundfläche von über 10 bis zu 15 ha sechs Stimmen und so fort bis zu 50 ha je zwei Stimmen mehr entfallen. Kein Mitglied der Jagdgenossenschaft kann, auch wenn die ihm gehörige Grundfläche das Ausmaß von 50 ha übersteigt, mehr als zwanzig Stimmen auf sich vereinigen. Grundstücke, auf denen die Jagd gemäß §17 Abs1 und 2 Nö. JG ruht, bleiben bei der Berechnung des für die Stimmenanzahl maßgebenden Flächenausmaßes außer Betracht."

Der Bf. hält diese Bestimmungen von zwei Blickpunkten her für gleichheitswidrig. Er meint einerseits, "das Jagdrecht und das damit verbundene Wahlrecht zur Jagdausschußwahl (kann grundsätzlich) nicht nach dem Größenverhältnis des Besitzes gemessen werden. Das Jagdrecht an sich ist unteilbar und somit einzig und allein mit der Person des Rechtsinhabers verbunden. Gemessen an der Fläche des Grundbesitzes, müßte auch jedes andere Wahlrecht am Einkommen gemessen werden". Andererseits kritisiert der Bf. die in §5 Abs2 enthaltene Beschränkung, nach der kein Mitglied der Jagdgenossenschaft, auch wenn die ihm gehörige Grundfläche das Ausmaß von 50 ha übersteigt, mehr als zwanzig Stimmen auf sich vereinigen kann; für Flächen über 50 ha habe "der Grundeigentümer kein Wahlrecht, obwohl aber auf diesen Flächen das Jagdrecht genauso mit Grund und Boden verbunden ist, als mit den Flächen bis 50 ha".

Der VfGH teilt diese Bedenken des Bf. jedoch nicht. Die vom Bf. selbst angeführte Verbindung des Jagdrechtes mit Grund und Boden rechtfertigt eine Regelung sachlich, nach der die Stimmenanzahl vom Flächenausmaß abhängt. Das Gleichheitsgebot verpflichtet den Gesetzgeber aber nicht dazu, eine streng proportionale Beziehung zwischen Grundstücksgröße und Stimmrecht zu schaffen; er kann vielmehr auch andere rechtspol. Gesichtspunkte berücksichtigen, wie zB den, daß der kleinere Grundbesitz nicht durch den Großgrundbesitz majorisiert werden soll. Die vom rechtsfreundlich vertretenen Bf. (in sprachlich nachlässiger Weise) aufgestellte Behauptung: "Gemessen an der Fläche des Grundbesitzes, müßte auch jedes andere Wahlrecht am Einkommen gemessen werden." ist völlig verfehlt; es geht nicht an, einen offenkundig auf die Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern abzielenden Vergleich zu ziehen, ohne zugleich die für die Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern maßgeblichen Verfassungsvorschriften in Betracht zu ziehen.

b) Der im oben wiedergegebenen §5 Abs3 Nö. Jagdausschuß-Wahlordnung angeführte §17 Abs1 Nö. JagdG 1974 bestimmt, daß ua. "auf öffentlichen Anlagen" die Jagd ruht. Mit Beziehung auf diese Gesetzeslage wirft der Bf. der bel. Beh. eine willkürliche Gesetzesanwendung deshalb vor, weil sie das im Bundeseigentum stehende öffentliche Gut nicht als öffentliche Anlage iS des §17 Abs1 Nö. JagdG 1974 beurteilt habe ("Im gegebenen Fall der Donau als Wasserfläche, Treppelwege und Begleitdämme, ist hier der Begriff öffentliches Gut mit dem Begriff öffentliche Anlage identisch.") und "ihrer Entscheidung die Stellungnahme der Strombauleitung Krems zugrunde (gelegt habe), ohne dabei zu beachten, daß diese im Status einer Wirtschaftsverwaltung des Bundes ist und nicht berechtigt, über Eigentum des Bundes Entscheidungen zu treffen". Beide Vorwürfe sind jedoch nicht zielführend.

Die bel. Beh. interpretierte die umstrittene Wendung "öffentliche Anlage" teleologisch und stellte darauf ab, ob die Jagdausübung tatsächlich hindernde Verhältnisse vorliegen. Selbst wenn sich diese Auslegung als unrichtig erwiese, wäre sie jedenfalls nicht dermaßen verfehlt, daß man mit Recht von Willkür sprechen könnte. Der weitere Einwand des Bf. beruht auf einer völlig unzutreffenden Wertung des Verwaltungsgeschehens: Die bel. Wahlbeh. berücksichtigte das Schreiben der Strombauleitung Krems vom 16. Feber 1978 bloß in der Richtung, daß sie einer dort enthaltenen Sachverhaltsdarstellung beitrat; es ist daher insoweit belanglos, ob der Bund als Eigentümer öffentlichen Guts durch die richtige Verwaltungsdienststelle vertreten wurde.

2. Die weiters geltend gemachte Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums kann schon mangels der Voraussetzung nicht stattgefunden haben, daß der angefochtene Bescheid in ein privates Vermögensrecht eingreift (s. zB VfSlg. 9318/1981).

Wenn der Bf. in diesem Zusammenhang die gesetzliche Regelung dahin kritisiert, daß ihm ein höheres Stimmrecht (er besitzt nach seinem Vorbringen zwei Stimmen) zuzukommen habe, übersieht er, daß er damit eine Frage aufwirft, die außerhalb des normativen Bereichs des bekämpften Bescheides liegt.

3. Das Beschwerdeverfahren ergab schließlich keinen Anhaltspunkt dafür, daß der Bf. aus anderen als den von ihm vorgebrachten Gründen in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder infolge Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in einem Recht verletzt wäre.

Die Beschwerde war sohin abzuweisen und antragsgemäß dem VwGH abzutreten.

4. Der Gesetzesprüfungsantrag war schon deshalb als unzulässig zurückzuweisen, weil er kein zureichend präzisiertes Begehren enthält; es ist ihm nicht eindeutig zu entnehmen, welche Stellen des §5 Nö. Jagdausschuß-Wahlordnung als verfassungswidrig aufgehoben werden sollen (s. zB VfSlg. 8552/1979).

Schlagworte

Jagdrecht, Genossenschaftsjagd, Jagdgenossenschaft, Wahlen, Auslegung, Person juristische, VfGH / Prüfungsmaßstab, Verwaltungsverfahren, Vertreter (Verwaltungsverfahren)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1984:B323.1978

Dokumentnummer

JFT_10159074_78B00323_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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