TE Vfgh Erkenntnis 1984/9/26 B434/78

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Veröffentlicht am 26.09.1984
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Index

27 Rechtspflege
27/04 Sonstiges

Norm

StGG Art5
GEG 1962 §6
GEG 1962 §7 Abs2
GJGebG 1962 §20 Abs2

Leitsatz

GEG 1962; nochmalige Erlassung desselben Zahlungsauftrages gemäß §6 nach bloß behördeninterner Löschungsverfügung bezüglich des ersten Auftrages; Gesetzlosigkeit dieser Vorgangsweise; Verletzung des Eigentumsrechtes

Spruch

Der Bescheid wird aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Bf. brachte gegen den an ihn ergangenen Zahlungsauftrag des Kostenbeamten des BG Sbg. in der Exekutionssache 7 E 5025/77 vom 19. Jänner 1978 über Gerichtsgebühren von insgesamt 46 S (2-KVG-Ziv. 2223/78 der Einbringungsstelle beim Oberlandesgericht Linz) einen Berichtigungsantrag ein, über den der Präsident des LG Sbg. mit Bescheid vom 7. Juni 1978 entschied. Mit diesem Bescheid wurde zunächst der Zahlungsauftrag von Amts wegen um 12 S auf 34 S eingeschränkt und sodann der - auf den eingeschränkten Zahlungsauftrag bezogene - Berichtigungsantrag des Bf. abgewiesen.

Diese Entscheidung wurde folgendermaßen begründet:

"Auf Antrag der Salzburger Gebietskrankenkasse für Arbeiter und Angestellte bewilligte das Bezirksgericht Salzburg zu 7 E 5025/77 mit Beschluß vom 8. 8. 1977 die Exekution zur Hereinbringung einer Beitragsforderung von 598,69 S sA durch Pfändung, Verwahrung und Verkauf gegen den Berichtigungswerber. Als Exekutionstitel diente ein vollstreckbarer Rückstandsausweis. Vor Vollzug der bewilligten Exekution langte am 11. 8. 1977 eine Zustimmungserklärung der Salzburger Gebietskrankenkasse vom 10. 8. 1977 ein, mit der sie sich einverstanden erklärt, daß das am 27. Juli 1977 beantragte Exekutionsverfahren nach §39 Ziff. 6 EO. eingestellt werde und auf Beschlußausfertigung verzichte. Eine Unterschrift des Verpflichteten fehlt auf dieser Erklärung. Das Gericht stellte die Exekution nach §40 EO. ein.

Mit dem im Spruch näher genannten Zahlungsauftrag hat der Kostenbeamte der verpflichteten Partei neben der Einhebungsgebühr nach §6 Abs1 Gerichtliches Einbringungsgesetz 1962, BGBl. 288, i. d.g.F. (GEG 1962) von 10 S gemäß §20 Abs2 Gerichts- und Justizverwaltungsgebührengesetz 1962, BGBl. 289, i.d.g.F. (GJGebGes. 1962) für den Antrag auf Exekutionsbewilligung (ONr. 1 des E-Aktes) eine Eingabengebühr nach Tarifpost 1 lita des einen Bestandteil des GJGebGes. 1962 bildenden Tarifes von 24 S und zu ONr. 2 (Einstellungsermächtigung) eine solche von 12 S zur Zahlung vorgeschrieben. Der Zahlungspflichtige begehrt die Berichtigung mit der Begründung, er habe gleichzeitig mit der Exekutionsbewilligung auch den Einstellungsbeschluß erhalten und wäre dagegen nichts mehr zu unternehmen gewesen, der Vorgang berühre ihn nicht und bestehe eine Verpflichtung zur Zahlung der Eingabengebühren nicht, da die Gebietskrankenkasse von der Zahlung der Gerichtsgebühren befreit sei.

Der rechtzeitig eingebrachte Berichtigungsantrag ist nicht begründet.

Nach §20 Abs2 GJGebGes. 1962 ist im Exekutionsverfahren der Verpflichtete zum Ersatz der Gerichtsgebühren, die die gebührenbefreite Partei zu entrichten gehabt hätte, auf jeden Fall verpflichtet, sofern nicht der Antrag des betreibenden Gläubigers abgewiesen wird oder soweit nicht nach §75 EO die Gebühren dem Gläubiger zur Last fallen.

Unbestritten ist, daß die Salzburger Gebietskrankenkasse im gegenständlichen Falle gebührenfrei ist. Da die Exekution bewilligt, der Antrag aber nicht abgewiesen wurde und die Gebühren gemäß §75 EO dem Gläubiger nicht zur Last fallen, ist der Berichtigungswerber für die Eingabengebühr von 24 S für den Antrag auf Exekutionsbewilligung nach §20 Abs2 GJGebG 1962 zahlungsplichtig (s. Erk. d. VwGH v. 9. 2. 1973, Slg. Nr. 4494/F, vom 9. März 1973, Slg. Nr. 4515/F, und vom 26. Juni 1975, Z. 535/75).

Der Zahlungsauftrag war von Amts wegen um den Betrag von 12 S an Eingabengebühr für ONr. 2 des E-Aktes einzuschränken, da es sich hiebei um keine Eingabe der betreibenden Partei handelt, sondern nur um eine Zustimmungserklärung, die bei Gericht eingelangt ist und daher auch keinen Antrag der betreibenden Partei enthält.

Auf Grund dieser Sach- und Rechtslage war der Zahlungsauftrag von Amts wegen zu berichtigen und der Berichtigungsantrag abzuweisen."

2. Gegen den Bescheid des Präsidenten des LG Sbg. richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in welcher der Bf. eine Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte, insbesondere des Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums, geltend macht und die Bescheidaufhebung begehrt.

II. Die Beschwerde ist begründet.

1. Der Bf. bringt insbesondere vor, daß ihm ein dieselbe Sache betreffender Zahlungsauftrag vom 4. Oktober 1977 unter dem Aktenzeichen der Einbringungsstelle beim Oberlandesgericht Linz 2-KVG-Ziv. 8824/77 über 34 S zugestellt worden sei; er habe dagegen einen Berichtigungsantrag eingebracht, über den noch nicht entschieden worden sei.

a) Hiezu ist aufgrund der von der bel. Beh. vorgelegten Akten zunächst folgendes festzustellen:

Der Kostenbeamte des Bezirksgerichtes fertigte einen mit 4. Oktober 1977 datierten, dieselbe Exekutionssache betreffenden Zahlungsauftrag über Gebühren von insgesamt 34 S (nämlich 10 S Einhebungsgebühr nach §6 Abs1 GEG 1962 und 24 S Eingabengebühr für den Antrag auf Fahrnisexekution ONr. 1) an die Einbringungsstelle beim Oberlandesgericht Linz ab, die ihn mit dem Aktenzeichen 2-KVG-Ziv. 8824/77 versah und die Zustellung der für den Bf. bestimmten Ausfertigung veranlaßte. In diesem Zahlungsauftrag ist die Exekutionssache als "Salzburger Gebietskrankenkasse gegen S H" bezeichnet; als zahlungspflichtig ist der Bf. mit richtiger Anschrift (jedoch ohne Anführung des akademischen Grades sowie ohne Berufsbezeichnung) angegeben.

Am 19. Jänner 1978 fertigte der Kostenbeamte des BG Sbg. unter Verwendung des Geo-Formulars Nr. 57 eine "Zahlungsanweisung und Löschungsverfügung" iS des §232 Geo an die Einbringungsstelle ab, wonach der zu 2-KVG-Ziv. 8824/77 vorgeschriebene Betrag von 34 S zu löschen ist. Diese Verfügung (sie wurde gemäß §232 Abs3 Geo in einer Urschrift und einer einzigen Ausfertigung hergestellt; die Urschrift verblieb beim Akt, die Ausfertigung wurde der Einbringungsstelle übersendet) enthält folgende Begründung: "Der obige Zahlungsauftrag ist zu löschen, weil der Name des Zahlungspflichtigen nicht richtig geschrieben wurde. Die Schilling 34,- werden mit einem neuen Zahlungsauftrag wieder vorgeschrieben." Unter einem fertigte der Kostenbeamte jenen Zahlungsauftrag ab, der - später mit dem Aktenzeichen 2-KVG-Ziv. 2223/78 versehen - den Gegenstand des mit dem angefochtenen Bescheid erledigten Berichtigungsantrags des Bf. bildete.

b) Aus dem eben dargestellten Sachverhalt folgt, daß dem Bf. die Eingabengebühr für den Antrag auf Fahrnisexekution (samt der Einhebungsgebühr nach §6 GEG 1962) mit einem weiteren Zahlungsauftrag neuerlich vorgeschrieben wurde, als trotz des Umstandes, daß der dieselbe Gebühr betreffende Zahlungsauftrag vom 4. Oktober 1977 noch dem Rechtsbestand angehörte und (da einem Berichtigungsantrag gemäß §7 Abs2 erster Satz GEG 1962 keine aufschiebende Wirkung zukommt) die Zahlungspflicht des Bf. begründete. Es ist nämlich weder ein Zweifel daran möglich, daß der frühere Zahlungsauftrag in der Rechtssphäre des Bf. wirksam wurde, noch daran, daß dieser Zahlungsauftrag weiterhin Rechtswirkungen für den Bf. äußerte; der Bf. war als Bescheidadressat eindeutig (nämlich bloß unter Weglassung des von ihm geführten akademischen Grades, aber mit richtigem Namen und richtiger Anschrift) bezeichnet und es konnte sich die "Zahlungsanweisung und Löschungsverfügung" als ein bloß behördeninterner, dem Bf. aber nicht kundgetaner Akt auf ihn nicht auswirken, vor allem nicht dem ergangenen Zahlungsauftrag die normative Kraft nehmen. Bei dieser Sach- und Rechtslage wäre die gegen den späteren Zahlungsauftrag angerufene bel. Beh. gehalten gewesen, in Stattgebung des Berichtigungsantrages (in dem auf den früheren Zahlungsauftrag hingewiesen worden war) die Gebührenvorschreibung aufzuheben.

c) Die (infolge Aufrechterhaltung des späteren Zahlungsauftrages (im hier relevanten Bereich) gegebene) zweifache Einbringungsvorgang bezüglich derselben Gebührenschuld verstößt in einer derart eklatanten Weise gegen das GEG 1962, daß nicht mehr von einer bloß inhaltlich rechtswidrigen Entscheidung die Rede sein kann, sondern bereits von einem schweren, mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellenden Fehler gesprochen werden muß. Der angefochtene, in private Vermögensrechte des Bf. eingreifende Bescheid war sohin unter Bedachtnehme auf die ständige Rechtsprechung des VfGH zum verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums (zB VfSlg. 9047/1981) wegen der Verletzung dieses Grundrechtes aufzuheben.

Schlagworte

Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren, Bescheidberichtigung, Bescheiderlassung, Bescheidbegriff

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1984:B434.1978

Dokumentnummer

JFT_10159074_78B00434_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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