TE Vfgh Erkenntnis 1984/9/27 B770/83

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Veröffentlicht am 27.09.1984
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Index

44 Zivildienst
44/01 Zivildienst

Norm

B-VG Art9a
StGG Art14
ZivildienstG §2 Abs1
ZivildienstG §6 Abs2

Leitsatz

Zivildienstgesetz; keine Bedenken gegen §6 Abs2 Satz 1; keine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Befreiung von der Wehrpflicht zwecks Zivildienstleistung - kein gravierender Verstoß auf verfahrensrechtlicher Ebene, insbesonders bei der Beweiswürdigung

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid der Zivildienstkommission beim Bundesministerium für Inneres (ZDK), Senat 2, vom 19. November 1982, Z 118550/5-ZDK/2/82, wurde der von KM - unter Bezugnahme auf §2 Abs1 Zivildienstgesetz, BGBl. 187/1974 (ZDG) - gestellte Antrag auf Befreiung von der Wehrpflicht - nach durchgeführter mündlicher Verhandlung - gemäß §2 Abs1 iVm. §6 Abs1 ZDG abgewiesen.

1.2.1. Der dagegen vom Antragsteller erhobenen Berufung wurde mit Bescheid der Zivildienstoberkommission beim Bundesministerium für Inneres (ZDOK), Senat 2, vom 29. Juli 1983, Z 118550/7-ZDOK/1/83/H, gleichfalls nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, gemäß §66 Abs4 AVG 1950 nicht Folge gegeben.

1.2.2. In der Begründung dieses Berufungsbescheides heißt es ua.:

"... Da die Rechtsmittelbehörde ... das gesamte Ermittlungsverfahren wiederholte und sonach zu eigenen Feststellungen gelangte, erübrigt es sich, auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides im einzelnen einzugehen.

Der Berufungswerber hatte seinen Antrag ... - zusammengefaßt

wiedergegeben - im wesentlichen damit begründet, daß sein bisheriger

Ausbildungsweg ... in ihm in mehrfacher Hinsicht die Überzeugung

gefestigt hätte, daß Gewalt jedweder Art unabdingbar reduziert und minimiert werden müsse, gleichgültig ob es sich um offene Gewalt der Waffen oder um strukturelle Gewalt handle, wie sie sich beispielsweise in den sehr disparaten Verteilungen von Lebenschancen im nationalen oder internationalen Maßstab manifestiere. Es sei dies jene Grundhaltung, die sowohl sein berufliches wie auch sein privates Leben präge und es ihm unmöglich mache, den ordentlichen Präsenzdienst abzuleisten. Einerseits, weil die Einübung in Waffengewalt seiner Lebenshaltung, seinen Überzeugungen und seinen Zielen diametral zuwiderliefe, und andererseits, weil er durch die reale Möglichkeit, im Falle einer akuten Krise Waffengewalt gegen andere Personen auszuüben, in schwerste Gewissensnot käme. Er sei bemüht, in seinem persönlichen Alltagsleben einen 'sanften Weg' einzuschlagen. Dazu gehörten etwa seine Interessen an den so verschiedenartigen 'Lebenswelten' und Lebensformen des europäischen und außereuropäischen Raumes. Dazu zählten auch ein bewußter Verzicht auf 'Selbstverständlichkeiten' wie Auto, Führerschein oder Fernsehen und eine eher bescheidene Haushalts- und Lebensführung. In diesem Zusammenhang wären schließlich auch noch die Mitgliedschaft bei Amnesty International oder der Arbeitsgemeinschaft für Zivildienst sowie seine stete Beteiligung an Spendenaktionen zu nennen. Seine berufliche Arbeit sei dadurch charakterisiert, diese seine Grundüberzeugung in die Sprachen und die Problemlösungen des 'wissenschaftlich-technischen Systems' umzusetzen. Sehr viele dieser Arbeiten stünden auch unter dem Primat einer konkreten Friedensutopie, die sich vielleicht folgendermaßen ausdrücken ließe:

Wie lassen sich unter den gegenwärtigen, real existierenden Bedingungen von 'Welt' bruchstückhaft ihre besseren und noch ungehobenen Möglichkeiten ans Licht bringen? Um diesen Primat zentrieren sich etwa seine wissenschaftstheoretischen Analysen, welche eine verstärkte inter- und transdisziplinäre Durchdringung des wissenschaftlichen Problemlösungsinstrumentariums zum Ziel hätten; um diese Perspektive streuten seine Arbeiten zur langfristigen Konjunkturentwicklung sowie zu den 'sozialen Kosten' und (zum) 'natürlichen Verlust' eben dieser Prozesse. Dieser Maxime seien auch diverse volksbildnerische Aktivitäten zuzurechnen, wie sie sich beispielsweise in der Mitarbeit an der Ausstellung 'Arbeiterbildung in der Zwischenkriegszeit' niederschlugen, die dem Österreicher Otto Neurath und der von ihm inaugurierten Methode einer bildstatistischen Informationsvermittlung gewidmet gewesen sei. Arbeit für den Frieden sei nichts, das sich auf eine einsame Gewissensentscheidung reduzieren ließe, sondern bestehe aus einer Unzahl unscheinbarer und scheinbar unbedeutender kleiner Entscheidungen: Aus zwischenmenschlichen Kontakten, dem beruflichen Engagement, aus Konsumgewohnheiten, dem Freizeitverhalten und so fort. In diesem Sinne sollten seine Ausführungen die Konsistenz seiner verschiedentlichen Tätigkeiten verdeutlichen und zum Ausdruck bringen, daß diese in sich stimmige Lebensführung mit jedweder Form von Waffengewalt, und sei es auch nur zum Übungszweck, schlechthin unverträglich sei. Dem Vorwurf, hier sei 'weltfremde Utopie' am Werk, halte er entgegen, daß es über die Zielvorstellung einer insgesamt friedlichen Zukunftsgesellschaft wenig Kontroversen gäbe. Sei es unvernünftig zu behaupten, daß zu jedem Schlachtfeld zu jeder Kriegszeit gewaltfreie Alternativen existieren? Sei es demnach unwahrscheinlich, daß diese gewaltfreien Alternativen letztlich humaner und effizienter gewesen wären?

In der Verhandlung vor der ZDK am 19. November 1982 ergänzte er sein Vorbringen dahin, daß er schon während seiner Mittelschulzeit und während des Studiums zu der festen Überzeugung gelangt sei, daß ein drastischer Kurswechsel zu einer friedlicheren und gewaltfreien Zukunft einfach unabdingbar sei. Er bemühe sich daher, ein Maximum von dem zu verwirklichen, was der Verwirklichung des obigen Gedankens diene und ein Minimum von dem zu tun, was den Trends, die zu einer Katastrophe der Menschheit führen könnten, entspreche. Es sei ihm aber unmöglich, den Wehrdienst zu leisten.

Während sich die Berufungsschrift im wesentlichen mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides auseinandersetzt und kein zusätzliches sachliches Vorbringen enthält, deponierte der Berufungswerber in der Rechtsmittelverhandlung am 29. Juli 1983, ein Dienst mit der Waffe würde seiner gegenwärtigen Lebensweise und dem Ziel der von ihm in den letzten Jahren geleisteten Arbeiten - Versuch, Wege friedlicher Entwicklung auf sozioökonomischem Gebiet zu finden - diametral widersprechen. Er könne sich vorstellen, daß durch die zukünftige Entwicklung zivile und gewaltfreie Verteidigungsmethoden, wie sie etwa von Galtung aufgezeigt wurden, effizienter seien als die Verteidigung mit der Waffe. Im übrigen sei die Gewissensentscheidung gegen oder für die Anwendung von Waffengewalt eine höchst persönliche Angelegenheit, dies als Antwort auf die Frage, wie er sich die Verteidigung der österreichischen Neutralität ohne Bundesheer vorstelle.

Die Berufung ist nicht begründet.

Soweit das Vorbringen des Antragstellers überhaupt die Darlegung schwerwiegender persönlicher Gewissensgründe iS des Gesetzes (§2 Abs1 ZDG) enthält, ist es ihm nicht gelungen, glaubhaft zu machen (§6 Abs2 ZDG), daß die von ihm in bezug auf seine Gewissenssituation aufgestellten Behauptungen einer adäquaten gefestigten inneren Überzeugung entsprechen, die Anwendung von Waffengewalt gegen Menschen grundsätzlich abzulehnen. Vielmehr erweckte der überdurchschnittlich intelligent und eloquent wirkende Rechtsmittelwerber beim Senat den Eindruck eines Menschen, der sich für eine Prüfung intellektuell vorbereitet hat, der von den von ihm gegebenen Antworten aber selbst nicht restlos überzeugt ist. Abgesehen davon hat sich der Antragsteller aber auch mit der in Frage stehenden Problematik des Wehr- und Zivildienstes nicht mit einer solchen Gründlichkeit auseinandergesetzt, wie sie von einem Mann seines Bildungsgrades als Grundlage einer seriösen Gewissensbildung erwartet werden kann.

So vermochte er etwa, auf die Verteidigung der österreichischen Neutralität angesprochen, nur auf die Persönlichkeit der Gewissensentscheidung und darauf zu verweisen, daß durch zukünftige Entwicklungen zivile und gewaltfreie Verteidigungsmethoden 'wie sie etwa von Galtung aufgezeigt wurden' sich als effizienter erweisen könnten, als die Verteidigung mit der Waffe.

Daß der Berufungswerber Mitglied der ARGE-Zivildienst und seit etwa 1979 von Amnesty International ist und daß er sich im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit damit beschäftigt, Wege friedlicher Entwicklung aufsozioökonomischem Gebiet zu finden, wurde bei der Gesamtwürdigung der Persönlichkeit mit in Rechnung gestellt, vermochte aber zur Glaubhaftmachung der von ihm behaupteten Gewissensgründe nichts Entscheidendes beizutragen, zumal das Anstreben friedlicher (End-)Zustände nicht zwingend mit der grundsätzlichen Ablehnung von Waffengewalt (zu Verteidigungszwecken) einhergehen muß und sich die Tätigkeit bei Amnesty International darauf beschränkte, den Mitgliedsbeitrag zu entrichten und an Unterschriftsaktionen teilzunehmen und auch zwischen der Leistung von Geldspenden und der Mitgliedschaft bei der ARGE-Zivildienst und der grundsätzlichen Ablehnung von Waffengewalt kein direkter Konnex besteht.

Da es mithin dem Antragsteller nicht geglückt ist, das Vorhandensein persönlicher Gewissensgründe iS des §2 Abs1 ZDG glaubhaft zu machen, mußte der Berufung mangels der materiellrechtlichen Voraussetzungen einer Wehrpflichtbefreiung ein Erfolg versagt bleiben."

1.3.1. Gegen diesen Bescheid der ZDOK richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde des KM an den VfGH; der Bf. beruft sich darin auf die Verfassungsbestimmung des §2 Abs1 ZDG (Art9a B-VG), behauptet ferner, er sei wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes, und zwar des §6 Abs2 (Satz 1) ZDG, in seinen Rechten verletzt worden, und begehrt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

1.3.2. Die ZDOK als bel. Beh. legte die Verwaltungsakten vor und verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift.

2. Über die - zulässige - Beschwerde wurde erwogen:

2.1. Die Verfassungsbestimmung des §2 Abs1 ZDG besagt, daß Wehrpflichtige iS des Wehrgesetzes 1978, BGBl. 150, auf ihren Antrag von der Wehrpflicht zu befreien sind, wenn sie es - von den Fällen der persönlichen Notwehr oder Nothilfe abgesehen - aus schwerwiegenden, glaubhaften Gewissensgründen ablehnen, Waffengewalt gegen andere Menschen anzuwenden und daher bei Leistung des Wehrdienstes in schwere Gewissensnot geraten würden; sie sind zivildienstpflichtig.

Der VfGH vertritt in seiner mit VfSlg. 8033/1977 eingeleiteten ständigen Rechtsprechung die Auffassung, daß diese - durch Art9a B-VG nicht veränderte (vgl. VfSlg. 8033/1977) - Vorschrift das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Befreiung von der Wehrpflicht zwecks Zivildienstleistung beinhaltet .

2.2.1. Dem einleitenden Vorbringen des Bf., daß die einfachgesetzliche Vorschrift des §6 Abs2 (Satz 1) ZDG - lautend "Der Antragsteller hat die vorgebrachten Gewissensgründe glaubhaft zu machen" - dem Grundrecht des Art14 StGG, aber auch der Verfassungsbestimmung des §2 Abs1 ZDG widerspreche, weil dort die Last der Glaubhaftmachung nicht dem Wehrpflichtigen aufgebürdet sei, kann aus folgenden Überlegungen nicht beigepflichtet werden:

2.2.2. Wenn der Bf. im gegebenen Zusammenhang zunächst das durch Art14 StGG verfassungsgesetzlich gewährleistete Grundrecht auf Glaubens- und Gewissensfreiheit heranzieht, so ist auf die ständige Rechtsprechung des VfGH hinzuweisen, derzufolge sich dieses Recht nur auf religiöse Fragen bezieht (s. zB VfSlg. 8033/1977, 8390/1978, 8788/1980, 8811/1980, 9339/1982), die §6 Abs2 Satz 1 ZDG überhaupt nicht berührt.

2.2.3. Nach Wortlaut und Sinngehalt der in der Beschwerdeschrift gleichfalls bezogenen Verfassungsnorm des §2 Abs1 ZDG wiederum genügt es für die Befreiung von der Wehrpflicht keineswegs, daß der Wehrpflichtige einen entsprechenden Befreiungsantrag stellt; er muß vielmehr darüber hinaus die Anwendung von Waffengewalt gegen (andere) Menschen aus (schwerwiegenden) glaubhaften Gewissensgründen ablehnen:

Mit der Festsetzung dieses unerläßlichen Erfordernisses der "Glaubhaftmachung" bringt der Verfassungsgesetzgeber unmißverständlich zum Ausdruck, daß es hier nicht allein auf die - subjektiv motivierte - Behauptung schwerwiegender Gewissensgründe ankommt; solche Gründe, die naturgemäß nur der Wehrpflichtige selbst anzuführen vermag, müssen vielmehr einer - sich an objektiven Maßstäben orientierenden - Nachprüfung auf ihre "Glaubhaftigkeit" ("Wahrscheinlichkeit") standhalten. Dazu heißt es schon in den Erläuterungen zur RV des ZDG (603 BlgNR XIII. GP, S 20) wörtlich:

"... Würde das Gesetz festlegen, daß die Behauptung der ...

Gewissensgründe ausreiche, käme dies faktisch der Einführung eines

Alternativdienstes nach freier Wahl gleich. Ein solcher

Alternativdienst ist aber ... abzulehnen. Gewissensgründe können zwar

nicht bewiesen, wohl aber glaubhaft gemacht werden. Näheres ergibt sich aus §5 Abs3 und §6 Abs2 ..."

So gesehen, liegt in der verfassungsgesetzlichen Statuierung der - vom Wehrpflichtigen zu erfüllenden - Befreiungsvoraussetzung der Nennung glaubhafter Gewissensgründe zugleich auch die Verpflichtung (des Antragstellers) zur Glaubhaftmachung seiner inneren Haltung, wie sie die auf der Stufe eines einfachen BG stehende Vorschrift des §6 Abs2 Satz 1 ZDG in Ausführung der Verfassungsbestimmung des §2 Abs1 ZDG umschreibt und festlegt.

2.2.4. Der Einwand des Bf., er sei wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden, trifft darum nicht zu.

2.3.1. Eine Verletzung des Grundrechtes nach §2 Abs1 ZDG liegt nach der ständigen Judikatur des VfGH nicht bloß dann vor, wenn die Behörde die in dieser Verfassungsbestimmung umschriebenen materiell-rechtlichen Voraussetzungen der Wehrpflichtbefreiung unrichtig beurteilt; sie ist - da sich der Schutzumfang des Grundrechtes auf die für den Nachweis der Voraussetzungen maßgebende Vorgangsweise der Glaubhaftmachung (Bescheinigung) miterstreckt - auch dann gegeben, wenn der Behörde wesentliche Verstöße in diesem verfahrensrechtlichen Bereich unterlaufen oder wenn sie dem Antragsteller überhaupt die Möglichkeit nimmt, das Vorliegen der materiell-rechtlichen Voraussetzungen glaubhaft zu machen (vgl. zB VfSlg. 8745/1980, 8787/1980), woran sich auch durch die ZDG-Nov. BGBl. 496/1980 nichts änderte (vgl. zB VfSlg. 9549/1982, 9573/1982; VfGH 26. November 1982 B667/81, 24. November 1983 B300/83).

Wie der VfGH in diesem Zusammenhang schon wiederholt aussprach (VfSlg. 8268/1978, 8391/1978), zählen zu den hier wahrzunehmenden Verstößen auf verfahrensrechtlichem Gebiet auch wesentliche Fehler bei der Beweiswürdigung einschließlich der Würdigung der Parteiaussage als Bescheinigungsmittel.

2.3.2.1. Die ZDOK gelangte - nach der unmißverständlichen Begründung des angefochtenen Bescheides insgesamt - zum Ergebnis, dem Bf. sei die im §2 Abs1 ZDG vorausgesetzte Glaubhaftmachung, daß er die Anwendung von Waffengewalt gegen andere Menschen aus Gewissensgründen ablehne, nicht gelungen.

2.3.2.2. Der Bf. behauptet zwar, daß der angefochtene Bescheid an materiellen Rechtsfehlern leide. Er hält jedoch den klaren und deutlichen (Tatsachen-)Feststellungen der bel. Beh. zur (mißlungenen) Glaubhaftmachung von Gewissensgründen zunächst im Kern nur bestimmte Aspekte seiner von der ZDOK - in Wertung und Würdigung der in mündlicher Verhandlung vorgeführten Bescheinigungsmittel - nicht für hinreichend überzeugend und bescheinigungskräftig genug erachteten Einlassungen im Administrativverfahren entgegen, die er - dessenungeachtet und darum verfehltermaßen - der materiell-rechtlichen Beurteilung der Sache zugrunde gelegt wissen will: In Wahrheit sollen aber damit, ebenso wie mit den sonstigen, sich inhaltlich in einer subjektiven Kritik der behördlichen Beweiswürdigung erschöpfenden Beschwerdedarlegungen, bloß die Schlußfolgerungen der ZDOK in tatsächlicher Beziehung als unrichtig und verfehlt hingestellt werden. Abgesehen davon, daß ein verfassungsgesetzlich relevanter Verstoß verfahrensrechtlicher Art im gegebenen Zusammenhang nur in einer der Lebenserfahrung oder den Gesetzen des logischen Denkens widersprechenden Beweiswürdigung der ZDOK liegen könnte (s. VfGH 23. Juni 1983 B501/78), was hier keinesfalls zutrifft, ist dieses Bestreben des Bf. jedoch schon aus folgender Überlegung zum Scheitern verurteilt: Angesichts des das Kommissionsverfahren beherrschenden Prinzips der freien Beweiswürdigung (hier iS freier Würdigung der Bescheinigungsmittel verstanden) - das allein Gewähr für die Berücksichtigung der Einmaligkeit der Umstände jedes einzelnen Falls bietet - geht es der in der Beschwerdeschrift ersichtlich verfochtenen Auffassung zuwider keineswegs an, die für die Kommissionsentscheidung in der Glaubhaftmachungsfrage maßgebenden komplexen Überlegungen, soweit sie in die schriftlichen Entscheidungsgründe Eingang zu finden vermochten, ungeachtet all ihrer Verzahnungen und Verästelungen schrittweise in ihre Bestandteile zu zerlegen und diese - so aus dem Kontext der Kommissionsüberlegungen gelösten - Begründungsdetails in isolierter Wertung für nicht tragfähig zu erklären. Auch kann die Gesamtheit aller Umstände, die dem zur Entscheidung berufenen Organ die Überzeugung vom Wert und von der Aussagekraft des Bescheinigungsmaterials vermitteln, überhaupt nicht restlos analysiert werden, zumal sich vor allem das Ergebnis des persönlichen Eindrucks, den Aussagende im Zuge ihrer Befragung hinterlassen, nicht immer in voller Breite in Worte kleiden läßt.

Festzuhalten bleibt noch, daß die Aktenlage dem Beschwerdevorbringen zuwider keine konkreten Anhaltspunkte dafür bietet, die ZDOK sei bei Würdigung der vorgeführten und aufgenommenen Beweise (Bescheinigungsmittel) nicht mit der hier gebotenen Sorgfalt vorgegangen, mag auch die Berufungsverhandlung nur verhältnismäßig kurze Zeit gedauert haben.

2.3.2.3. Zusammenfassend ist ein in die Verfassungssphäre reichender gravierender Verstoß auf verfahrensrechtlicher Ebene, insbesondere im Bereich der Beweiswürdigung, nicht zu ersehen. Der VfGH kann der ZDOK nach Lage des Falles nicht entgegentreten, wenn sie in Prüfung und Würdigung der wesentlichen Verfahrensergebnisse, und zwar unter Bedachtnahme auf das bisherige Verhalten des Antragstellers (§6 Abs2 ZDG) sowie aufgrund seiner Argumentation im Administrativverfahren und des von ihm gewonnenen Eindrucks, in freier Beweiswürdigung zur Ansicht gelangte, daß Gewissensgründe nicht (iS des §6 Abs2 ZDG) glaubhaft gemacht wurden (vgl. hiezu die Judikatur des OGH, wonach (grundsätzlich) keine Verpflichtung besteht, die aufgrund unmittelbaren persönlichen Eindruckes gebildete Überzeugung vom Beweiswert der Angaben einer Person (näher) zu begründen; zB aus jüngster Zeit: OGH 23. März 1982 9 Os 38/82, 27. Juli 1982 10 Os 86/82; s. dazu VfSlg. 9573/1982).

2.4. Angesichts des Umstandes, daß schließlich auch keine Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder eine Rechtsverletzung infolge Anwendung einer rechtswidrigen generellen Rechtsnorm hervorkam (s. schon Punkt 2.2.3.), mußte die Beschwerde als unbegründet abgewiesen werden.

Schlagworte

Zivildienst

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1984:B770.1983

Dokumentnummer

JFT_10159073_83B00770_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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