TE Vfgh Erkenntnis 2008/10/6 V52/07

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Veröffentlicht am 06.10.2008
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Index

83 Natur- und Umweltschutz
83/01 Natur- und Umweltschutz

Norm

B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Allg
BStG 1971 §4
TrassenV, BGBl II 370/2005, betreffend die Bestimmung des Straßenverlaufes der S 2 Wiener Nordrand Schnellstraße, Abschnitt Umfahrung Süßenbrunn
Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, 92/43/EWG
Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie
Richtlinie 79/409/EWG über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (Vogelschutz-RL) Art4
Richtlinie des Rates vom 27.06.85, 85/337/EWG, über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Richtlinie) idF der Richtlinien 97/11/EG und 2003/35/EG Art9, Art10a
UVP-G 2000 §1 Abs1 Z3, §9 Abs4, §19 Abs4, §24 Abs11, §24h, §46 Abs18 Z5 und Abs19
VfGG §57 Abs1

Leitsatz

Abweisung des Antrags einer Bürgerinitiative auf Aufhebung einerTrassenverordnung betreffend die S 2 Wiener Nordrand Schnellstraße,Umfahrung Süßenbrunn; keine Rechtswidrigkeit desUmweltverträglichkeitsprüfungsverfahrens; kein Verstoß gegenGemeinschaftsrecht

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit einem auf §24 Abs11 des

Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVP-G) 2000 (idF BGBl. 773/1996) gestützten, beim Verfassungsgerichtshof am 29. Juni 2007 eingelangten Antrag begehrt eine als Bürgerinitiative einschreitende Personenmehrheit, die Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie BGBl. II 370/2005 als gesetzwidrig aufzuheben.

2. Mit dieser Verordnung wird der Straßenverlauf der S 2 Wiener Nordrand Schnellstraße, Abschnitt Umfahrung Süßenbrunn, im Bereich der Gemeinden Wien und Aderklaa wie folgt bestimmt:

"Der gegenständliche Abschnitt beginnt nach der Kreuzung der bestehenden S 2 mit dem Rautenweg bei km 2,87 und verlässt in der Folge mit einem Rechtsbogen den Bestand. Nach der Anschlussstelle Hermann-Gebauerstraße wird das Areal 'Bahnhof Breitenlee' unterführt. Anschließend verläuft die Trasse südlich des großen Süßenbrunner Teichs ('Fischerteich') und biegt sodann in Richtung Norden, folgt weitgehend der Landesgrenze Wien/Niederösterreich und endet nach der Anschlussstelle 'S 2-B 8' bei km 7,40 an der Landesgrenze Wien/Niederösterreich.

Im einzelnen ist der Verlauf der Trasse aus dem Verordnungsplan (Plannummer 233061/91200/402/00V02/SE im Maßstab 1:2000) zu ersehen. Die Festlegung der Straßenachsen erfolgt auf Grundlage des von der Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (ASFINAG) als Projektwerberin im Oktober 2004 eingereichten Projektes.

Der vorgenannte Verordnungsplan, die Projektsunterlagen sowie die Beilagen 1 und 2 zum Erlass

Zl. BMVIT 311.402/0043-II/ST-ALG/2005, welche die schriftliche Darlegung der wesentlichen Entscheidungsgründe unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung und die daraus resultierenden Maßnahmen enthalten, liegen beim Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, Sektion II, Abteilung ST3, Regierungsgebäude, 1010 Wien, Stubenring 1, beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung, beim Magistrat der Stadt Wien (Magistratsabteilung 18 und Magistratisches Bezirksamt für den 22. Bezirk) sowie in der Gemeinde Aderklaa zur öffentlichen Einsicht auf.

§15 Bundesstraßengesetz 1971 findet auf den vorangeführten Straßenabschnitt Anwendung. Die Grenzen des Bundesstraßenbaugebietes sind dem aufliegenden Verordnungsplan zu entnehmen."

3.1. Zur Zulässigkeit ihres Antrages weist die Bürgerinitiative darauf hin, dass für dessen Einbringung keine Frist vorgesehen sei und dass sie im Rahmen des Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahrens eine Stellungnahme iSd §19 Abs4 iVm §9 Abs4 UVP-G 2000 idF BGBl. I 84/2004 abgegeben habe.

3.2. In der Sache trägt sie Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Verordnung vor, wobei sie - zusammengefasst - ins Treffen führt: Das Vorhaben sei weder naturverträglich im Sinne der Richtlinie 79/409/EWG über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (im Folgenden: Vogelschutz-RL), ABl. 1979 L 103, S 1, idF der Richtlinie 97/49/EG, ABl. 1997 L 223, S 9, sowie der Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (im Folgenden: Fauna-Flora-Habitat-RL), ABl. 1992 L 206, S 7, noch umweltverträglich im Sinne des UVP-G 2000; weiters seien fundamentale Verfahrensgrundsätze außer Acht gelassen worden (s. dazu im Einzelnen unter Pkt. II.B.1.1. bis 8.1.).

4. Als verordnungserlassende und zugleich oberste (Verwaltungs-)Behörde des Bundes, die zur Vertretung der angefochtenen Verordnung berufen ist, hat der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie die der angefochtenen Verordnung zugrunde liegenden Akten übermittelt und ist in seiner Äußerung - verbunden mit dem Begehren, den Antrag der Bürgerinitiative abzuweisen - den Antragsausführungen entgegengetreten (s. im Einzelnen Pkt. II.B.1.2. bis 8.2.).

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über den Antrag erwogen:

A) Zur Zulässigkeit:

1. Die antragstellende Bürgerinitiative stützt ihre Antragslegitimation auf (die Verfassungsbestimmung des) §24 Abs11 UVP-G 2000 idF BGBl. 773/1996 und den dort verwiesenen §19 Abs4.

1.1. Die bereits in der Stammfassung des UVP-G 2000, BGBl. 697/1993, (im §24 Abs5) enthalten gewesene, seit der Novelle zum UVP-G, BGBl. 773/1996, als Abs11 des §24 leg.cit. in Geltung gestandene Verfassungsbestimmung ist zwar gemäß (der Verfassungsbestimmung des) §46 Abs19 Z2 UVP-G 2000 idF BGBl. I 153/2004 mit 1. Jänner 2005 außer Kraft getreten; sie ist aber auf bestimmte, von Abs18 Z5 und Abs19 Z3 erfasste Vorhaben (genauer: die diesen zugrunde liegenden Verordnungen) weiter anzuwenden. §24 Abs11 UVP-G 2000 (idF BGBl. 773/1996) lautet:

"§24. ...

(11) (Verfassungsbestimmung) Der Verfassungsgerichtshof erkennt über Gesetzwidrigkeit von Verordnungen gemäß Abs1 auf Antrag der in §19 Abs3 und 4 genannten Parteien."

1.2.1. Der verwiesene Abs1 des §24 legt(e) den Anwendungsbereich des 3. Abschnittes und damit (auch) fest, welche Verordnungen Gegenstand einer Anfechtung durch Bürgerinitiativen gemäß §24 Abs11 UVP-G 2000 sein konnten.

Z 1 dieser Bestimmung benannte als Prüfungsgegenstand Verordnungen gemäß §4 Abs1 des Bundesstraßengesetzes (BStG) 1971, vor deren Erlassung eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G durchzuführen war. Hiebei handelt es sich unter anderem um Verordnungen betreffend den Neubau von Bundesstraßen oder ihrer Teilabschnitte, ausgenommen zusätzliche Anschlussstellen. Die Vorschrift des §24 Abs1 UVP-G in der Stammfassung wurde durch §23a UVP-G 2000 idF BGBl. I 89/2000, was die Anfechtung von Verordnungen nach dem BStG 1971 durch Bürgerinitiativen anlangte, inhaltlich unverändert übernommen.

1.2.2. Der verwiesene §19 Abs4 UVP-G 2000 lautet wie folgt (die durch die Novelle BGBl. I 89/2000 verfügten Änderungen gegenüber der Stammfassung sind für die hier zu lösende Frage der Antragslegitimation ohne Belang, sodass es dahingestellt bleiben kann, ob Abs4 in dieser oder in der hier wiedergegebenen Fassung BGBl. I 89/2000 Anwendung findet):

"(4) Eine Stellungnahme gemäß §9 Abs4 kann durch Eintragung in eine Unterschriftenliste unterstützt werden, wobei Name, Anschrift und Geburtsdatum anzugeben und die Unterschrift beizufügen ist. Die Unterschriftenliste ist gleichzeitig mit der Stellungnahme einzubringen. Wurde eine Stellungnahme von mindestens 200 Personen, die zum Zeitpunkt der Unterstützung in der Standortgemeinde oder in einer an diese unmittelbar angrenzenden Gemeinde für Gemeinderatswahlen wahlberechtigt waren, unterstützt, dann nimmt diese Personengruppe (Bürgerinitiative) am Verfahren zur Erteilung der Genehmigung für das Vorhaben und nach §20 als Partei oder als Beteiligte (Abs2) teil. Als Partei ist sie berechtigt, die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften als subjektives Recht im Verfahren geltend zu machen, Rechtsmittel zu ergreifen und Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben."

Nach §19 Abs5 UVP-G 2000 (idF BGBl. I 89/2000) ist Vertreter der Bürgerinitiative die in der Unterschriftenliste als solche bezeichnete Person, mangels einer solchen Bezeichnung die in der Unterschriftenliste an erster Stelle genannte Person.

2. Die öffentliche Auflage der Projektunterlagen für das der angefochtenen Verordnung zugrunde liegende Straßenbauvorhaben erfolgte - wie sich aus den Verordnungsakten ergibt - in der Zeit vom 9. Dezember 2004 bis 3. Februar 2005. Es kommt daher die Übergangsvorschrift des §46 Abs19 iVm Abs18 Z5 lita UVP-G 2000 zum Tragen.

3.1. Aus den von der belangten Behörde vorgelegten, einschlägigen Unterlagen ergeben sich für den Verfassungsgerichtshof keine Zweifel ob der die Parteistellung (Antragslegitimation) begründenden Qualität der der Behörde vorgelegten Unterschriftenliste:

3.1.1. Das vom Vertreter der antragstellenden Bürgerinitiative am letzten Tag der öffentlichen Auflage eingebrachte Konvolut von 55 durchnummerierten Blättern (protokolliert im Ministerialakt zu Z BMVIT 311.402/0018-II/ST-ALG/2005) enthält 330 Unterschriften (Unterstützungserklärungen). Die einzelnen Blätter weisen folgenden Text auf:

"Bürgerinitiative S2 NORD

Die Unterzeichner formieren sich hiermit zu einer BÜRGERINITIATIVE gemäß §19 Abs4 UVP-Gesetz 2000, um im UVP Verfahren zur Schnellstraße S2 NORDRAND SCHNELLSTRASSE - UMFAHRUNG SÜSSENBRUNN, sowie zu allen weiteren Straßenprojekten, für die eine UVP durchzuführen ist und welche die Gemeinde Wien betreffen, Parteistellung zu erlangen.

Die Bürgerinitiative erhebt die Einwendung, dass die S2 NORDRAND SCHNELLSTRASSE - UMFAHRUNG SÜSSENBRUNN in der derzeit eingebrachten Form nicht genehmigungsfähig ist. Unsere besonderen Einwände sind:

* die zu erwartende hohe Gefährdung der Bevölkerung

durch Luft- und Lärmbelastung

* die Beeinträchtigung des Grundwassers und der Badeteiche

* die unzulängliche Prüfung der Wirtschaftlichkeit und

der Konsequenzen

* die unzureichende Untersuchung der verkehrlichen

Notwendigkeit und Auswirkungen

Mit meiner Unterschrift unterstütze ich die Bürgerinitiative S2 NORD und deren Gründung

Unterstützungserklärungen:

   Datum d.      Vor-     Anschrift      Geburtsdatum    Unter-

Unterzeichnung    und     (Straße,     (Tag.Monat.Jahr) schrift

                Zuname   Hausnummer,

                          PLZ, Ort)

[im Original mit entsprechenden Personendaten versehen]

Bitte vollständig ausfüllen, sonst ungültig. Verbreitung und Vervielfältigung des Formulars unbegrenzt gestattet. Unterzeichnungsberechtigt ist jeder, der in der Gemeinde Wien oder einer an diese unmittelbar angrenzenden Gemeinde wahlberechtigt ist.

Vertreter der Bürgerinitiative S2-Nord: Günter Mattes, Heustadelgasse 25/6, 1220 Wien"

Am mit "1" beschrifteten Blatt findet sich zusätzlich noch folgende Angabe (letzte Zeile handschriftlich):

Vertreter der Bürgerinitiative S2 NORD, gemäß §19 Abs5

UVP-Gesetz 2000

   Datum d.      Vor-     Anschrift     Geburtsdatum    Unter-

Unterzeichnung    und                                   schrift

                Zuname

24.1.2005       Günter  Heustadel-    [Datum]           [Unter-

                Mattes  gasse 25/6                     schrift]

                        1220 Wien

3.1.2. Nach den Feststellungen des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie (Votum und Unterlagen zu Z BMVIT-311.402/0021-II/ST-ALG/2005) hat eine Überprüfung der Wahlberechtigung der Unterzeichner der Bürgerinitiative "S2 NORD" durch die Gemeinde Wien ergeben, dass bereits in dieser (Standort-)Gemeinde mehr als 238 der eingetragenen Personen im Auflagezeitraum für Gemeinderatswahlen wahlberechtigt waren.

3.2. Da im Verfahren nichts hervorgekommen ist, was an der Richtigkeit der referierten Feststellungen des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie zweifeln ließe, geht der Verfassungsgerichtshof davon aus, dass die Stellungnahme im Sinne des §19 Abs4 UVP-G 2000 hinreichend unterstützt worden ist.

3.3. Die Unterschriftenliste wurde - wie sich aus dem Eingangsstempel auf dem von der Bürgerinitiative in Kopie vorgelegten ersten Blatt der Unterschriftenliste ergibt - am 3. Februar 2005 und damit fristgerecht beim Bundesministerium selbst eingebracht. Da auch der auf den Unterschriftenblättern selbst abgedruckte Text die Voraussetzungen für eine Stellungnahme iSd §9 Abs4 UVP-G 2000 (vgl. dazu VfSlg. 18.046/2006) noch erfüllt, ist die einschreitende Bürgerinitiative zur Stellung des vorliegenden Antrags legitimiert.

4. Da auch die übrigen Prozessvoraussetzungen vorliegen, ist über den Antrag in der Sache zu entscheiden.

B) In der Sache:

1.1. Die antragstellende Bürgerinitiative behauptet zunächst, dass das Vorhaben nicht "naturverträglich" iSd Vogelschutz-RL und der Fauna-Flora-Habitat-RL sei. Obgleich die Straße in einem schutzwürdigen Gebiet nach "Natura 2000" (Bahnhof Breitenlee) realisiert werden soll, habe es die verordnungserlassende Behörde unterlassen zu prüfen, ob im oder nahe dem Projektgebiet schützenswerte Arten nach der Vogelschutz-RL lebten und das betreffende Gebiet als "besonderes Schutzgebiet" iSd Vogelschutz-RL schützenswert sei, ob es durch den Bau zu Auswirkungen, Wechselwirkungen, Summenwirkungen etc. auf das besondere Schutzgebiet komme und ob diese Auswirkungen (etwa durch eine alternative Trasse) vermieden werden könnten. Das habe zur Folge, dass für die Beurteilung der im Rahmen des Verfahrens nach §4 BStG 1971 vorzunehmenden Umweltverträglichkeitsprüfung wesentliche Entscheidungsgrundlagen fehlten, weshalb die Trassenverordnung mit Rechtswidrigkeit belastet sei (Hinweis auf VfSlg. 17.896/2006).

Dass sich der Sachverständige nach Verordnungserlassung (nämlich anlässlich der Ausarbeitung der Stellungnahme zu einem anderen, zu V66/06 protokollierten Antrag gemäß §24 Abs11 UVP-G 2000) mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob es sich um ein faktisches Vogelschutzgebiet handle, reiche nicht hin, zumal nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes - vorbehaltlich anders lautender Sonderregelungen - für die verfahrensrechtliche Beurteilung einer Verordnung die zum Zeitpunkt ihrer Erlassung geltende Rechtslage maßgeblich sei.

1.2. Der Bundesminister hält diesem Vorbringen zunächst eine von ihm dazu eingeholte Stellungnahme eines Sachverständigen für Ökologie entgegen, der darauf hinweist, dass alle in Betracht kommenden Vogelarten im Umweltverträglichkeitsprüfungsgutachten beurteilt worden seien, und zwar auch die im vorliegenden Antrag aufgelisteten (nämlich Rohrdommel, Zwergrohrdommel, Weißstorch, Schwarzspecht, Schwarzstirnwürger, Blutspecht, Ziegenmelker, Wachtel, Teichhuhn, Turteltaube, Höckerschwan, Stockente, Reiherente, Lachmöwe, Ringeltaube, Dohle, Elster, Saatkrähe, Rabenkrähe, Rebhuhn, Blässhuhn) und dass

"mit ziemlicher Sicherheit in ganz Österreich in jedem einzelnen Quadratkilometer Vogelarten vorkommen, die in den Anhängen der [Vogelschutz-RL] aufgelistet sind. Es ist daher eine völlig absurde Vorgehensweise Vogelarten aus Anhang I, Anhang II und Anhang III der [Vogelschutz-RL] aufzuzählen und ohne fachliche Begründung zu behaupten, dass es sich beim Breitenleer Bahnhof um ein sogenanntes 'faktisches Vogelschutzgebiet' handeln würde."

Aus naturschutzfachlichen Gründen sei es unbestritten, dass das Projektgebiet und seine Umgebung, welche den Bereich des Bahnhofes Breitenlee umfasst, für keine der angegebenen Vogelarten nach Anhang I der Vogelschutz-RL das "am geeignetste" Gebiet darstelle. Das Gebiet sei auch nicht als "Important Bird Area" ausgewiesen, noch sei es jemals im Gespräch dafür gewesen. Auch seien seitens der Europäischen Kommission im Rahmen des gegen Österreich anhängigen Vertragsverletzungsverfahrens betreffend die (mangelhafte) Ausweisung von Vogelschutzgebieten keine Vorwürfe hinsichtlich des Projektgebietes und dessen Umgebung erhoben worden. Der Vorwurf der Bürgerinitiative, es liege ein besonderes Schutzgebiet im Sinne der Vogelschutz-RL vor, gehe daher ins Leere.

Auch der in diesem Zusammenhang erhobene weitere Vorwurf, dass es an einer Prüfung dahingehend fehle, inwiefern sich im oder nahe dem Projektgebiet schützenswerte Tierarten befänden, sei unhaltbar, weil sowohl im "Einreichoperat 2004" als auch im Umweltverträglichkeitsgutachten alle Vogelarten beurteilt worden seien. Dies gelte auch für die im Antrag aufgezählten Amphibien und Reptilien gemäß der Fauna-Flora-Habitat-RL.

Dass sich die verordnungserlassende Behörde mit den von den Antragstellern aufgeworfenen Fragen im Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren auseinandergesetzt habe, zeigten zum einen die Fragen "2.10.10 und 2.10.1 des Prüfbuches (Beilage zu BMVIT-311.402/0020-II/ST-ALG/2005)", wonach der Sachverständige eindeutig nach Schutzgebieten gemäß europarechtlichen Richtlinien und nach der Plausibilität und Nachvollziehbarkeit der Fachbeiträge in der Umweltverträglichkeitserklärung gefragt werde (Hinweis auf das Teilgutachten Nr. 10, S 35 ff. und 72 ff.).

Entgegen dem Vorbringen der antragstellenden Bürgerinitiative fehlten der verordnungserlassenden Behörde somit keine für die Beurteilung der Umweltverträglichkeit wichtigen Entscheidungsgrundlagen.

1.3. Der Verfassungsgerichtshof teilt die Auffassung des Bundesministers, dass das von der Trassenverordnung betroffene Gebiet des Bahnhofs Breitenlee zufolge der begründeten Äußerung des vom Bundesminister eingeholten Gutachtens weder als "besonderes Schutzgebiet" im Sinne des Art4 Abs1 und 2 Vogelschutz-RL noch als "faktisches Vogelschutzgebiet" im Sinne des Art4 Abs4 Vogelschutz-RL zu qualifizieren ist.

Im Übrigen wurde entgegen der Behauptung der Antragsteller im Verfahren zur Feststellung der Umweltverträglichkeit der verordneten Trasse auch dem Vorkommen schützenswerter Vögel sowie anderer nach der Fauna-Flora-Habitat-RL geschützter Tiere die erforderliche Aufmerksamkeit zuteil (vgl. nur das vom Bundesminister ins Treffen geführte Teilgutachten Nr. 10, S 35 ff. und 72 ff. sowie Pkt. 10 der als "Beilage zu Zl. BMVIT-311.402/0043-II/ST-ALG 2005" protokollierten Dienstanweisung).

2.1. Nach Auffassung der antragstellenden Bürgerinitiative beruht die Berechnung der Aus-, Wechsel- und Summenwirkungen auf einer falschen Basis:

Als eine ihrer wesentlichen Aufgaben habe die Umweltverträglichkeitsprüfung die umweltrelevanten Vor- und Nachteile des Unterbleibens des Vorhabens darzulegen (§1 Abs1 Z3 UVP-G 2000). Der Nullvariantenvergleich bilde dabei nicht bloß eine mittelbar relevante Begründung iS einer möglichst vollständigen Sachverhaltsermittlung; vielmehr liefere die Untersuchung der Nullvariante die Bezugsgröße für die Berechnungen der relativen Veränderungen für die eingereichte Variante. Diese Bezugsgröße sei im vorliegenden Fall falsch gewählt worden:

Der "Verkehrsgutachter" habe bei seinen Berechnungen (und zwar bei der Gegenüberstellung der Prognosewerte 2010 und 2020 hinsichtlich der Null- und der Ausbauvariante) bereits das weder gebaute noch genehmigte - und damit auch keinen Verkehr auslösende - "Einkaufszentrum Gerasdorf" berücksichtigt. Dies mit der Begründung, dass die entsprechende Widmung bereits vorläge und der Wirtschaftsstandort gefährdet würde, wenn Widmungen nicht konsumiert würden.

Dabei verkenne der "Verkehrsgutachter" aber, dass bei der Nullvariante allein von der Entwicklung auf Basis des heutigen Bestands auszugehen sei und damit rein fiktive Verkehrserreger, wie beispielsweise das Einkaufszentrum, nicht zu berücksichtigen seien. Die Auffassung, dass der durch ein allenfalls zu genehmigendes und zu bauendes Einkaufszentrum induzierte Verkehr auf Grund der Widmung bereits einzurechnen sei, widerspreche den Denkgesetzen. Vielmehr würde das Einkaufszentrum nur gebaut, wenn auch der Bau der Schnellstraße erfolge.

Das bedeute aber, dass alle wesentlichen Entscheidungsparameter, die im Rahmen des BStG 1971 und des UVP-G 2000 zu erheben sind (also Wirtschaftlichkeit, Flüssigkeit des Verkehrs, Auswirkungen auf den Menschen, die Fauna, die Flora, Luft, Wasser, Klima), auf falschen Grundlagen beruhen und die Verordnung mit Gesetzwidrigkeit belasten.

2.2. Auch zu dieser Frage hat die belangte Behörde eine Stellungnahme eines Sachverständigen (für Verkehr) eingeholt, welche sie ihrer Äußerung beilegte. Dem Vorwurf der antragstellenden Bürgerinitiative hält der Bundesminister entgegen, dass grundsätzlich für den Planungsnullfall zwei Bezugsjahre zu unterscheiden seien, nämlich das Bezugsjahr 2000 mit der derzeitigen Verkehrsnachfrage und das Prognosejahr 2020. Für 2000 werde das Fachmarkt- und Einkaufszentrum Seyring - Areal Hornbach (kurz: EKZ Gerasdorf) für die Verkehrserzeugung richtigerweise nicht berücksichtigt. Für den Planfall Null des Prognosejahres müsse auch eine Veränderung der Siedlungsstruktur angenommen werden, da sowohl mit als auch ohne Ausbau der S 1, S 2 und A 5 Änderungen der Raumstruktur stattfänden. Da das Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren zum EKZ Gerasdorf erst im Gange gewesen sei, sei es notwendig gewesen, für das Jahr 2020 plausible Annahmen unter prognostischer Abschätzung der wahrscheinlichen Entwicklung zu treffen. In dieser Frage sei die Verantwortung und Erfahrung der Gutachter von wesentlicher Bedeutung, da von Seiten der amtlichen Fachplanung und der Politik auf Grund der hohen Sensibilität dieser Fragestellung in der Regel keine definitive Antworten und Angaben zu erwarten seien. Die Entwicklung der letzten Jahrzehnte lasse vermuten, dass auch in Zukunft die auch ohne realisierten Straßenausbau der S 1, S 2 und A 5 bereits vorhandene Tendenz des Ausbaues von Einkaufszentren entlang der B 7 weiter anhalten werde. Es sei ferner wahrscheinlich, dass mit einem Ausbau der S 1, S 2 und A 5 auch der Bau von Einkaufzentren beschleunigt und verstärkt stattfinden werde. Es sei aber auch anzunehmen, dass bei Nichtbau der genannten Straßen eine deutliche Bestandsverbesserung der B 7 bis 2020 erfolgen würde, die eine Kapazitätssteigerung des derzeitigen Straßennetzes (zB durch organisatorische Maßnahmen wie Lichtsignalanlagen und Fahrstreifenerweiterungen) bewirken würde. Deshalb sei der zur Zeit des Einreichprojektes der S 2 angenommene Ausbau des EKZ Gerasdorf mit 65.000 m² Bruttogeschoßfläche als plausible Eingangsgröße für die Verkehrsprognose einzuschätzen. Dies werde auch dadurch bestätigt, dass derzeit in der Standortgemeinde des geplanten Einkaufszentrums weitere Umwidmungen diskutiert würden, weil für viele Investoren der Ausbau der A 5 und S 1 als relativ gesichert gelte.

Für die meisten auf ihre Umweltverträglichkeit zu prüfenden Wirkungen der S 2 sei nicht der Planfall Null relevant, sondern die Planfälle 1 und 2 mit Bezugsjahr 2020. In diesen Planfällen sei das EKZ Gerasdorf auf alle Fälle zu berücksichtigen.

Auf die umweltverträglichkeitsprüfungsrelevanten Straßenabschnitte der S 2 habe das EKZ Gerasdorf auf Grund seiner Entfernung und der Aufteilung des Verkehrs auf die Zu- und Abfahrtsrichtungen der A 5, der "S 1-West", der regionalen Landesstraßen um das Einkaufszentrum, der "S 1-Ost" und schließlich der S 2 eine quantitativ sehr untergeordnete Bedeutung:

"Laut der Verkehrsuntersuchung EKZ Gerasdorf durch die arealConsult im Jahre 2005 ist im Jahre 2020 durch den durch das EKZ Gerasdorf zu erwartenden Kfz-Verkehr von ca. 34.000 Kfz/24h für beide Richtungen zu erwarten, daß 9,4 % oder 3.200 Kfz/24h die S 1 nördlich der Abzweigung der S 2 benutzen und die S 2 selbst bei etwa 6 % der Kfz-Verkehrsmenge des EKZ Gerasdorf oder 2.000 Kfz/24h benutzen werden. Der letzte Wert entspricht unter 4 % der Kfz-Verkehrsmenge des maßgebenden Planfalles der S 2 laut dem S 2-Einreichprojekt."

Da sich auf der S 2 mit und ohne oder mit geringerem Ausbau des EKZ Gerasdorf der Kfz-Verkehr quantitativ für die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht relevant verändere, beruhte diese - entgegen dem Vorbringen der Bürgerinitiative - keinesfalls auf einer falschen Entscheidungsgrundlage. Der Argumentation des Sachverständigen folgend könne die Berücksichtigung des geplanten EKZ Gerasdorf für das Jahr 2020 plausibel argumentiert werden. Im Übrigen beeinflusse ohne Ausbau der Autobahnen und Schnellstraßen die Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung des EKZ Gerasdorf das Ergebnis der Umweltverträglichkeitsprüfung der S 2 keinesfalls signifikant.

2.3. Für den Verfassungsgerichtshof ist die prognostische Berücksichtigung des zu erwartenden Verkehrsaufkommens nach Errichtung des geplanten EKZ Gerasdorf nicht nur sinnvoll, sondern geradezu geboten. Das Ergebnis dieser Berücksichtigung - wonach die Errichtung des EKZ Gerasdorf den Kraftfahrzeugverkehr auf der hier zu beurteilenden S 2 nicht relevant verändert - ist auf Grund sachverständiger Meinung plausibel. Entgegen der Meinung der Antragsteller beruht die Umweltverträglichkeitsprüfung daher diesbezüglich keinesfalls auf einer falschen Entscheidungsgrundlage.

3.1. Weiters hegt die Bürgerinitiative das Bedenken, dass das Vorhaben nicht wirtschaftlich sei bzw. die Wirtschaftlichkeit nicht ausreichend geprüft worden sei:

Ausgehend davon, dass eine Bürgerinitiative iSd §19 UVP-G 2000 auf Grund des §24 Abs11 leg.cit. zur abstrakten Normenkontrolle berechtigt sei, weil sich bereits nach dem Wortlaut des Gesetzes keine Einschränkung auf die Geltendmachung bestimmter Rechte finde und mit der Antragsbefugnis von Bürgerinitiativen das ansonsten mit dem Verordnungsverfahren verbundene Rechtsschutzdefizit ausgeglichen werden solle, führt sie Folgendes aus:

Der in der Beilage 2 zur Trassenverordnung ("Begründung") enthaltene - lapidare - Hinweis zur Wirtschaftlichkeit des Vorhabens ("Das Vorliegen der Voraussetzungen nach §4 Abs1 BStG 1971 - nämlich

die Bedachtnahme auf ... die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens ... -

wurde von der UVP-Behörde geprüft und für gegeben erachtet.") lasse vermuten, dass die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens nicht geprüft worden sei. Die Behörde gehe offenbar davon aus, dass es ausreiche, ein Trassenverordnungsverfahren durchzuführen, das sich ausschließlich mit Kriterien beschäftigt, wie sie von den Sachverständigen begutachtet wurden, während alle anderen im §4 Abs1 BStG 1971 umschriebenen Erfordernisse gesondert vom Bundesminister geprüft würden.

Berücksichtige man in diesem Zusammenhang, dass im Verordnungserlassungsverfahren die Bestimmungen des AVG unanwendbar seien und den Parteien nach dem UVP-G 2000 daher kein Recht auf Akteneinsicht zukomme, resultiere aus dieser Systematik ein dem rechtsstaatlichen Grundprinzip widersprechendes Rechtsschutzdefizit der Betroffenen: Den Antragslegitimierten sei es nicht möglich, jene Erwägungen, die zu oben genannten Schlussfolgerungen geführt haben, zu prüfen, zumal die Behörde diese Unterlagen nicht öffentlich auflegen müsse und dies in concreto auch nicht getan habe.

Da die Behörde auf der einen Seite ihre Ansicht darlege, die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens sei gegeben, auf der anderen Seite die Entscheidungsgründe bzw. die entsprechenden Gutachten nicht offen lege, leide die Trassenverordnung - auch unter der Annahme, dass faktisch eine Prüfung durchgeführt worden sei - an Gesetzwidrigkeit.

3.2. Dazu führt der Bundesminister aus, dass die Anforderungen an die "Verordnungsbegründung" von der antragstellenden Bürgerinitiative überspannt würden. Diese könnten nicht mit jenen für eine Bescheidbegründung nach dem AVG verglichen werden. Nach §4 Abs4 BStG 1971 habe "eine schriftliche Darlegung der wesentlichen Entscheidungsgründe" zu erfolgen. Dem entspreche auch die Vorschrift des §24h Abs4 UVP-G 2000. Auch Art9 der Richtlinie 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABl. 1985 L 175, S 40, idF der Richtlinien 97/11/EG, ABl. 1997 L 73, S 5, und 2003/35/EG, ABl. 2003 L 156, S 17, (im Folgenden: UVP-RL) fordere keinen dem AVG entsprechenden Begründungsumfang.

In inhaltlicher Hinsicht sei zu diesem Vorbringen zu sagen, dass

"nach der Rechtsprechung des VfGH der Bundesminister verpflichtet ist, sich vor Festlegung der Trasse über die einzelnen, die Festlegung bestimmenden Kriterien Klarheit zu verschaffen, sodass das Fehlen von ausreichenden Entscheidungsgrundlagen zur Abschätzung der Wirtschaftlichkeit, deren Vorliegen hier konkret bestritten wird, diese Festlegung mit Rechtswidrigkeit belaste (VfSlg 14.433/1996). Weiters hat der VfGH betont, dass die in der Beilage 1 zur gegenständlichen TrassenV enthaltene Entscheidungsbegründung nicht die normativ-verbindliche Wirkung der TrassenV teilt und dass die Erfordernisse nach §4 Abs1 BStG 1971 - also auch die Wirtschaftlichkeit - getrennt von der UVP, d.h. von der sachverständigen Erörterung der Umweltauswirkungen, geprüft werden (s. VfSlg 16.567/2002). Vor diesem Hintergrund ist selbst dann, wenn man die Begründung der Wirtschaftlichkeit in der Beilage 1 zur TrassenV als nicht ausreichend erachtete, daraus keine Rechtswidrigkeit der TrassenV ableitbar. Entscheidend ist, dass eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit tatsächlich stattgefunden hat und dass das Ergebnis dieser Prüfung eine ausreichende Grundlage für den Abwägungsvorgang nach §4 Abs1 BStG 1971 bilden konnte. Waren die Ermittlungen in Hinsicht auf die Wirtschaftlichkeit ausreichend, konnte auch eine rational nachprüfbare Abwägung mit den anderen vom Bundesminister bei seiner Planungsentscheidung zu beachtenden Kriterien vorgenommen werden. Dabei kommt es nach Ansicht der ho. Behörde nicht darauf an, dass diese Untersuchungen und deren Ergebnis detailliert in der Beilage 1 zur TrassenV dargestellt sind. Die Prüfung der Wirtschaftlichkeit wurde entgegen der Ansicht der Ast. ordnungsgemäß durchgeführt und die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens konnte bestätigt werden, wie nachfolgend dargestellt wird:

Der VfGH hat in seiner Judikatur festgelegt, welchen Mindestumfang und -inhalt diese Prüfung aufzuweisen hat. Er geht zu der vor Erlassung einer Bundesstraßentrassenverordnung erforderlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung gemäß §4 Abs1 BStG 1971 wegen der dort angeordneten Bedachtnahme auf die Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens des Projekts (vgl. etwa - mwN - VfSlg 13.481/1993) davon aus, dass Grundlage der Trassenverordnung ein generelles Projekt ist, sodass genauere Wirtschaftlichkeitsrechnungen dem Detailprojekt überlassen bleiben können. Daher begnügte sich der Gerichtshof etwa (in VfSlg 12.084/1989) mit der Abschätzung der prognostizierten Gesamtkosten eines Autobahnprojekts, welche der Bundesminister 'in seine - zwar nicht eingehenden, aber nach Lage des Falles doch immerhin ausreichenden - Wirtschaftlichkeitsüberlegungen miteinbezogen' hatte (ähnlich auch VfSlg 12.149/1989). In VfSlg 12.949/1991 sprach der Verfassungsgerichtshof vom Erfordernis einer 'detaillierten Gesamtkostenprognose', die auch einen für die einzelnen, im Zuge des Straßenbauvorhabens 'zu errichtenden Bauwerke aufgeschlüsselten Kostenrahmen' enthält. Ferner wurde es als erforderlich bezeichnet, im Rahmen der vom §4 Abs1 BStG 1971 angeordneten Bedachtnahme auf die Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens einzelne Trassenvarianten miteinander zu vergleichen, ohne dass sich dieser Variantenvergleich aber auf alle möglichen oder auch nur denkbaren Trassen beziehen muss (VfSlg 13.579/1993) (vgl. zum Ganzen VfSlg 16.579/2002).

Diese Kriterien wurden erfüllt:

Im gegenständlichen Fall behielt die ho. Behörde die wesentlichen Aspekte der Sicherheit, Flüssigkeit und Leichtigkeit des Verkehrs sowie der Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit in allen Projektsstadien stets im Auge bzw. achtete darauf, dass diese im Zuge des laufenden Planungsprozess[es] in gebührender Weise berücksichtigt wurden. Insbesondere erfolgte dies im Vorprojektsstadium, wo eine Gegenüberstellung der möglichen Varianten durchgeführt wurde, welche einem relevanten Teil einer NKU [= Nutzen-Kosten-Untersuchung] entspricht."

Zum Vorwurf, dass der gemäß §4 Abs1 BStG 1971 vorzunehmende Abwägungsvorgang unter dem Aspekt der "Wirtschaftlichkeit des Bauvorhabens" von vornherein mit Rechtswidrigkeit belastet sei, wenn er lediglich die dem Bund aus einer bestimmten Trassenvariante erwachsenden Kosten berücksichtige und die bei der Verwirklichung der betreffenden Trassenvariante anderen Gebietskörperschaften erwachsenden Kosten vernachlässige, weist der Bundesminister ergänzend darauf hin, dass bei der Umfahrung Süßenbrunn kein anderer Baulastträger betroffen sei, weil es keine Zubringer gebe und Kosten des Umbaues von Kreuzungen, von Über- und Unterführungen, der Wiederherstellung von Wegbeziehungen und der Anschlussstellen von der ASFINAG getragen wurden.

Hinsichtlich der Wirtschaftlichkeitsprüfung im Vorprojektsstadium hält er Folgendes fest:

"Der im Einreichprojekt und der UVE behandelte und in der Folge verordnete Gesamtabschnitt der Umfahrung Süßenbrunn wurde im Stadium der Vorprojektierung untersucht (Zl. 311.402/1-ST-ALG/03).

Die Variante 1.1 des Vorprojektes 2003 geht aus der Raumwiderstandsanalyse und der Wirkungsanalyse als Bestvariante hervor. Ihr Verlauf im Grundriss entspricht größtenteils der genehmigten Variante 3 des Generellen Projektes 1992 - Adaptierung Oktober 1993 - Ergänzung März 1994 (für die B302 - Vorgängerstraße der Straße der S2), deren Vorteile in wirtschaftlicher, umweltbezogener und raumplanerischer Hinsicht festgestellt worden waren.

In der ho. Stellungnahme zu Zl. 311.402/0006-II/ST-ALG/2004 wurde hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit des Einreichprojektes auf die Einhaltung des aktuellen Preisgefüges und der planerischen sowie technischen Rahmenbedingungen hingewiesen.

Hinsichtlich der Rechtfertigung des Vorhabens S2 Wiener Nordrand Schnellstraße im Abschnitt Umfahrung Süßenbrunn aus gesamtwirtschaftlicher Sicht wird in den Unterlagen auf die Studie 'Die Gestaltung des Straßennetzes im Donaueuropäischen Raum unter besonderer Beachtung des Wirtschaftsstandortes Österreich' (GSD-Studie 1999), in der eine Klassifizierung des hochrangigen Straßennetzes entsprechend den durch EU-Erweiterung aufgetretenen wirtschaftspolitischen Anforderungen erfolgt ist, und auf die Korridoruntersuchung Ostregion PGO Bezug genommen. Die damalige B 302 (nun S2) wurde in der GSD-Studie mit dem Typ I (höchstrangiges Strassennetz qualifiziert). Eine verkehrsübergreifende (multimodale) Überprüfung erfolgte in der 'Korridoruntersuchung Ostregion 2000', in der bez. des gegenständlichen Vorhabens festgestellt wurde, dass ein vierstreifiger Querschnitt erforderlich ist und eine Realisierung bis 2005 erfolgen sollte.

Eine weitere gesamtwirtschaftliche Betrachtung dieses Straßenzuges erfolgte im Zuge der Erstellung des Generalverkehrsplanes Österreich (GVP-Ö)."

Diese Prüfung der Wirtschaftlichkeit sei - so der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie abschließend - als ausreichend iSd Judikatur des Verfassungsgerichtshofes einzustufen.

3.3. Zum Vorwurf mangelnder Wirtschaftlichkeit bzw. mangelnder Prüfung der Wirtschaftlichkeit des Straßenbauvorhabens ist vorerst auf den in der Beilage 1 zur Trassenverordnung (Z BMVIT-311.402/0043-II/ST-ALG/2005) ausdrücklich enthaltenen Hinweis auf die Prüfung der Wirtschaftlichkeit des Vorhabens durch den Bundesminister zu verweisen.

Wenn die Antragsteller ganz allgemein die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens bezweifeln, ohne konkrete Bedenken hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit des Straßenbauprojektes oder einzelner seiner Teile dem Verfassungsgerichtshof vorzutragen, sind sie auf §57 Abs1 VfGG zu verweisen: Danach hat der Antragsteller im Verordnungsprüfungsverfahren die gegen die Gesetzmäßigkeit einer Verordnung sprechenden Bedenken "im Einzelnen" darzulegen. Diese Vorschrift wurde in ständiger Judikatur (VfSlg. 12.400/1990 sowie 15.877/2000 zu dem insofern gleich lautenden §62 Abs1 VfGG) vom Verfassungsgerichtshof so verstanden, dass eine Verordnungsprüfung nur dann und in dem Umfang durch den Verfassungsgerichtshof zulässig ist, als die Bedenken hinreichend konkret an ihn herangetragen werden. Die Äußerung eines mehr oder minder allgemeinen Verdachts der Gesetzwidrigkeit, ohne dass dieser Verdacht vom Antragsteller gehörig konkretisiert wird, genügt nicht, den Verfassungsgerichtshof zur eigenständigen Formulierung oder Konkretisierung jener Bedenken zu veranlassen.

Dass eine Wirtschaftlichkeitsprüfung an sich nicht stattgefunden hätte, ist jedenfalls - der Behörde in ihrer Gegenäußerung folgend - schon daraus zu widerlegen, dass im Vorprojektstadium die verschiedenen, in Betracht kommenden Trassenvarianten auf die jeweils verursachten Kosten untersucht wurden. Entsprechende Ausführungen finden sich insbesondere in der Stellungnahme des Bundesministers zu

Z BMVIT-311.402/0006-II/ST-ALG/2004, wo die Wirtschaftlichkeit des Einreichprojektes anhand des damals aktuellen Preisgefüges die notwendige zusammenfassende Abklärung erfuhr.

Der ganz allgemein geltend gemachte Verdacht fehlender Wirtschaftlichkeitsüberlegungen im Zusammenhang mit der durch die angefochtene Verordnung projektierten Straße trifft jedenfalls nicht zu.

4.1. Des Weiteren behauptet die antragstellende Bürgerinitiative, dass bei Realisierung des Vorhabens die Luftgrenzwerte überschritten würden:

4.1.1. Das Untersuchungsgebiet sei in der Verordnung BGBl. II 300/2004 als belastetes Gebiet hinsichtlich Feinstaub (PM10) ausgewiesen.

Die österreichischen Behörden hätten die Richtlinie 96/62/EG über die Beurteilung und die Kontrolle der Luftqualität (im Folgenden: Luftqualitäts-RahmenRL), ABl. 1996 L 296, S 55, und die Richtlinie 1999/30/EG über Grenzwerte für Schwefeldioxid, Stickstoffoxid und Stickoxide, Partikel und Blei in der Luft (im Folgenden: 1. Tochter-RL), ABl. 1999 L 163, S 41, unmittelbar anzuwenden, weil diese hinsichtlich der Bundesstraßen in Österreich nicht ordnungsgemäß umgesetzt worden seien (- die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben fänden sich nämlich in den auf Bundesstraßen anwendbaren Materiengesetzen nicht wieder -) und die vom EuGH vorgezeichneten Voraussetzungen für die unmittelbare Anwendbarkeit hinsichtlich Art7 Abs1 Luftqualitäts-RahmenRL iVm den Grenzwerten der 1. Tochter-RL vorlägen.

Wie sich aus dem Teilgutachten Nr. 3 "Luft und Klima", S 29, ergebe, habe der Sachverständige zur Beantwortung der Frage, ob die Einwirkungen auf das Schutzgut wesentlich sind, das "Schwellenwertkonzept/Irrelevanzkriterium" herangezogen, dabei aber übersehen, dass nach der - im Gutachten bezogenen (deutschen) - "Technischen Anleitung zur Reinhaltung der Luft (TA Luft) 2002" irrelevante Überschreitungen nur dann geduldet würden, wenn durch eine Auflage sichergestellt sei, dass weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik hinausgingen, durchgeführt würden (Pkt. 4.2.2. lita TA Luft 2002).

Der Gutachter und die belangte Behörde irrten aber auch, wenn sie meinen, unterhalb der angeführten Irrelevanzschwelle seien Genehmigungen jedenfalls zulässig, weil Beeinträchtigungen der Umwelt nicht zu erwarten sind:

"Eine zusätzliche Belastung (Erhöhung) mit einem Schadstoff in einem Gebiet, in dem der Grenzwert für diesen Schadstoff

überschritten ist, entspricht ... schon begrifflich nicht einem

'Anstreben' der Einhaltung des Grenzwertes. Dementsprechend hat die Behörde nicht zu prüfen, ob eine Zusatzbelastung erheblich oder allenfalls unerheblich ist, sondern ob die Grenzwerte - allenfalls unter Vorschreibung von Auflagen - eingehalten werden [vgl UVS Steiermark 14.6.2005, 43.19-28/2004-24 ...]. Da diese Einhaltung in concreto - wie auch der Gutachter in seinen Berechnungen selbst eingesteht - auch unter Berücksichtigung der erteilten Auflagen unmöglich ist, stellt sich das Vorhaben als nicht umweltverträglich dar."

Darüber hinaus enthalte die Irrelevanzprüfung einen systematischen Fehler, weil sie nicht in der erforderlichen "Tiefe" auf das konkrete Planungsgebiet eingehe:

"Wie auf den Seiten 71 f des Teilgutachtens 3 ersichtlich, berechnet der Luftgütesachverständige die Irrelevanz anhand des Schwellenwertes. Zwar wird die konkrete Anzahl der Überschreitungen dargestellt, allerdings wird den Unterschieden zwischen einem Gebiet, in dem der Schwellenwert zB 60x und einem, in dem der Schwellenwert nur 30x überschritten [wird], nicht Rechnung getragen. Stillschweigend wird davon ausgegangen, dass ein[e] Zusatzbelastung von 3 bzw 1 % in einem belasteten Gebiet dieselben Auswirkungen hat wie in einem sehr stark belasteten - also zB in einer Region, in der auch der JMW weit überschritten ist. Will man - entgegen der ausdrücklichen Meinung der Antragstellerin - eine Genehmigung von Vorhaben in belasteten Gebieten - unter Berücksichtigung der Irrelevanzschwelle - zulassen, so kann die Irrelevanz nur dahin verstanden werden, dass sie auf die besonderen Gegebenheiten des Einzelfalls abzustellen und insofern zu prüfen hat, ob mit Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass in diesem Bereich eine zusätzliche Belastung von 3 bzw 1 % keine (wesentlichen) Auswirkungen zeitigt."

Diese Ansicht werde auch durch die Materialien zum Umweltrechtsanpassungsgesetz 2005 [1147 BlgNR 22. GP, zu Art4 Z49 (§20 Abs3 IG-Luft)] und durch die dort bezogenen Ausführungen des Umweltbundesamtes im Leitfaden "UVP und IG-Luft" (2005, S 22 ff.), welche wie folgt lauten, gestützt:

"... ersichtlich, dass bei Überschreitungen eines

Wirkungsschwellenwertes bei der Gesamtbelastung bereits eine Zusatzbelastung kleiner 1 % eine hohe Berücksichtigungstiefe erfordert. Für den Fall einer zumindest hohen Berücksichtigungstiefe werden zwei Lösungen vorgeschlagen. Einerseits können dem Betreiber Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung vorgeschrieben werden. Andererseits wird bei hohen Vorbelastungen, die keinen weiteren Zuwachs mehr dulden, auf das Verbesserungs- bzw. Minimierungsgebot verwiesen. In diesem Fall kann nur durch Maßnahmen an anderen Anlagen (auch Dritter) die Genehmigungsfähigkeit hergestellt werden. Das Minimierungsgebot ist sowohl Bestandteil des §1 IG-L als auch des §17 Abs2 UVP-G 2000. ...

Für Österreich kann daher in Gebieten, in denen bereits derzeit Grenzwertüberschreitungen bei PM10 oder NO2 auftreten (wie insbesondere Sanierungsgebiete gemäß IG-L, belastete Gebiete gemäß §3 Abs8 UVP-G 2000) sowie in Gebieten mit besonderer Schutzwürdigkeit, als Bagatellgrenze eine Jahreszusatzbelastung von 1 % des Grenzwertes für den Jahresmittelwert festgelegt werden. In Sanierungsgebieten und belasteten Gebieten kann im Sinne des Minimierungsgebotes die Genehmigungsfähigkeit darüber hinaus nur durch weitergehende Maßnahmen erreicht werden. Diese Maßnahmen können das Vorhaben selbst betreffen (beispielsweise bei einer Erweiterung, bei der gleichzeitig ein Verkehrskonzept umgesetzt wird, wodurch es in Summe zu einer Belastungsreduktion kommt), oder aber es werden verpflichtende Maßnahmen, beispielsweise in Form von Maßnahmenkatalogen oder Plänen und Programmen gemäß Artikel 8 [Luftqualitäts-RahmenRL], im Untersuchungsgebiet umgesetzt. Diese Maßnahmen liegen nicht notwendigerweise im direkten Einflussbereich des Projektwerbers/der Projektwerberin. Wenn durch diese Maßnahmen die zukünftige Einhaltung von vorhabensrelevanten Grenzwerten mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist oder es durch das Vorhaben zumindest zu einer Verbesserung der Luftsituation kommt, kann eine Genehmigungsfähigkeit auch in diesen Gebieten erreicht werden."

Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die Behörde auf den Einzelfall abzustellen und dabei insbesondere die Auswirkungen auf das Projektgebiet sowie auf die ausgewiesenen Schutzgebiete zu berücksichtigen gehabt.

Das Irrelevanzkriterium stehe auch insofern in Widerspruch zu einer sinnvollen und nachvollziehbaren Prüfung der Umweltverträglichkeit als es die Summationswirkung - auf Grund der umliegenden Projekte - unbeachtet lasse. Dieser Widerspruch werde durch die österreichische Praxis, alle hochrangigen Straßenbauvorhaben in kleine Teilabschnitte aufzuteilen, deutlich verstärkt, weil damit eine sinnvolle Betrachtung der Erheblichkeit der Umweltauswirkungen eines spezifischen Projektes nicht möglich sei.

4.1.2. Neben den unmittelbar anwendbaren gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen lasse sich ein Verbot zusätzlicher Belastungen auch aus §24h Abs1 Z2 UVP-G 2000 (idF BGBl. I 84/2004) herleiten. Nach dieser Bestimmung seien Immissionen jedenfalls zu vermeiden, wenn sie geeignet sind, eines der Schutzgüter der Z2 zu beeinträchtigen. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte die Behörde auch die Rechtsfrage zu beantworten gehabt, ob es ausgehend von den zu erwartenden Immissionen zu Beeinträchtigungen von Schutzgütern nach §24h Abs1 Z2 UVP-G 2000 komme, die jedenfalls zu vermeiden sind. Da entsprechende Feststellungen ebenso wie die Berücksichtigung des Einzelfalles sowie der Summationswirkungen fehlten, sei der Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig.

4.2.1. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie weist zunächst darauf hin, dass die Luftqualitäts-RahmenRL sowie die 1. Tochter-RL mit der Novelle BGBl. I 62/2001 zum Immissionsschutzgesetz-Luft fristgerecht umgesetzt worden seien (vgl. insb. §14 leg.cit.).

Was die von der Bürgerinitiative grundsätzlich in Zweifel gezogene Zulässigkeit der Beurteilung von Zusatzbelastungen anhand des vom Umweltsenat und der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes akzeptierten Irrelevanzkriteriums anlangt, weist die Behörde darauf hin, dass es die Judikatur in derartigen Fällen als entscheidend erachtet wurde, wie sich das neue Vorhaben unter Berücksichtigung der bestehenden Situation auf die durch das Gesetz geschützten Schutzgüter auswirke. Nach Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes und des Umweltsenates (VwGH 17.5.2001, 99/07/0064; 31.3.2005, 2004/07/0199, sowie Umweltsenat 29.10.2004, Z1B/2004/7-23; 21.3.2002, Z1A/2001/13-57), der sich der Bundesminister anschließe, müsse eine Zusatzbelastung im Falle einer überhöhten Vorbelastung dann als nicht in Widerspruch mit den Zielsetzungen des §24h Abs1 Z2 und Abs4 UVP-G 2000 stehend bewertet werden, wenn die Zusatzbelastung sowohl im Verhältnis zur Vorbelastung als auch zu den zu beachtenden Umweltqualitätsstandards irrelevant sei.

Dass bei Straßenbauvorhaben ein Erheblichkeitsschwellenwert von 3 % des Langzeitgrenzwertes (Jahresmittel) herangezogen werde, stehe nicht in Widerspruch zu den Sachverhalten der zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes und des Umweltsenates, denen ein Erheblichkeitsschwellenwert von 1 % des Langzeitgrenzwertes zugrunde lag, und habe folgenden Hintergrund:

"Die gegenständlich erfolgte Heranziehung des Irrelevanzkriteriums von 3% des Jahresmittelwertes entspricht dem Stand der Technik für Straßen und wurde auch in die einschlägigen 'Richtlinien und Vorschriften für den Straßenbau', aufgenommen (konkret in die RVS 09.02.33 'Projektierungsrichtlinien - Lüftungsanlagen, Immissionsbelastung an Portalen' und RVS 04.02.12 'Schadstoffausbreitung an Freilandstraßen'). Auch die Materialien zur IG-LNov 2006 (RV 1147 BlgNR XXII. GP, 27 zu §20 Abs1), in der das Irrelevanzkriterium eine gesetzliche Regelung erfuhr, verweisen hinsichtlich Straßenbauvorhaben ausdrücklich auf das Schwellenwertkonzept der genannten RVS.

Die Gründe für einen höheren zulässigen Langzeitgrenzwert bei Straßenbauvorhaben sind darin zu sehen, dass in der Regel die Entlastungen von Nachbarn bestehender Verkehrsanlagen gegenüber den Belastungen für die Anrainer des Projektes überwiegen. Auch sind Kumulierungen von Immissionsbeiträgen verschiedener Vorhaben bei Linienquellen, z.B. durch mehrere Autobahnen nebeneinander, erheblich unwahrscheinlicher als bei Punktquellen oder verkehrserregenden Vorhaben wie z.B. Einkaufszentren. Weiters liegt die Grenze der messtechnischen Genauigkeit bei der Erfassung der Grundbelastung je nach Schadstoff etwa zwischen 5 und 10% der jeweiligen Grenzwerte. Eine Zusatzbelastung von 3% ist daher messtechnisch nicht erfassbar. Bei Straßen ist auch durch die aufgrund nationaler und EU-Normen erforderliche laufende Verringerung der spezifischen Kfz-Emissionen sichergestellt, dass 'weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung' durchgeführt werden - im Gegensatz zu Anlagen, die ein bestimmtes Maß an Emissionen auf Konsensdauer emittieren dürfen, wie etwa eine Müllverbrennungsanlage oder ähnliche Betriebsanlagen. Die Verwendung eines 3%-Irrelevanzkriteriums bei Straßen ist dadurch gegenüber einem Irrelevanzkriterium von 1 % des Langzeitgrenzwerts (Jahresmittel), welches in der Verwaltungspraxis in Österreich bei Betriebsanlagen verwendet wird, aus fachlicher Sicht gerechtfertigt."

Die Heranziehung des Erheblichkeitsschwellenwertes von 3 % entspreche daher dem Stand der Technik. Auch §24h Abs1 Z1 UVP-G 2000 stelle hinsichtlich der Begrenzung von Schadstoffen auf den Stand der Technik ab. Nach Ansicht des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie stellt die getroffene Vorgangsweise daher keine unzulässige oder fachwidrige Vorgangsweise dar. Die vorhabensbedingte Zusatzbelastung sei daher als irrelevant z

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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