TE Vfgh Erkenntnis 1984/10/10 B629/78

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Veröffentlicht am 10.10.1984
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Index

90 Straßenverkehrsrecht, Kraftfahrrecht
90/01 Straßenverkehrsordnung 1960

Norm

B-VG Art18 Abs2
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Präjudizialität
OrtstafelV, BGBl 306/1977
StVO 1960 §44 Abs1
StVO 1960 §53 Abs1 Z17a
StVO 1960 §53 Abs1 Z17b
VolksgruppenG §2 Abs1
VolksgruppenG §12

Leitsatz

StVO 1960; Zurückweisung eines Antrages auf "Verfügung bzw. Anbringung" zweisprachiger Ortstafeln gemäß §44 Abs1, §53 Z17a und Z17b; kein subjektives Recht auf Erlassung einer solchen V; keine verwaltungsbehördliche Zuständigkeit zur Behandlung eines bloß die Kundmachung einer V betreffenden Begehrens; kein Entzug des gesetzlichen Richters

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt wies mit Bescheid vom 25. April 1978 den Antrag des Bf., eines Angehörigen der slowenischen Volksgruppe im Bundesland Ktn., "auf Verfügung bzw. Anbringung einer Ortstafel in deutscher und slowenischer Sprache für das Ortgebiet der Stadt Bleiburg gemäß §44 Abs1 und §53 Z17a und 17b der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/60, in der derzeit geltenden Fassung" als unzulässig zurück. Die dagegen erhobene Berufung blieb erfolglos. Die Ktn. Landesregierung begründete ihren abweisenden Bescheid vom 6. September 1978 im wesentlichen folgendermaßen: Der Bf. habe die Anbringung von Hinweiszeichen "Ortstafel" bzw. "Ortsende" beantragt. Das Ortsgebiet sei durch eine aufgrund des §43 iZm. §2 Abs1 Z15 StVO zu erlassende und gemäß §44 Abs1 StVO mittels der entsprechenden Verkehrszeichen (§53 Z17a, 17b StVO) kundzumachende V festzulegen. Eine V stelle sich aber als genereller, dh. von vornherein an einen unbestimmten Personenkreis gerichteter Verwaltungsakt dar. Nun enthalte jedoch weder die Straßenverkehrsordnung noch irgendeine andere Gesetzesvorschrift eine Bestimmung, wonach einer Privatpartei ein subjektives Recht auf Erlassung einer solchen V oder auch nur auf die Einleitung eines diesbezüglichen behördlichen Verfahrens und damit die Stellung einer Partei iS des §8 AVG zustünde. Aus dem Volksgruppengesetz, BGBl. 396/1976, sowie den auf dessen Grundlage erlassenen V der Bundesregierung lasse sich der vom Bf. behauptete Rechtsanspruch keineswegs ableiten. Der Bf. vermöge denn auch zur Stützung seiner gegenteiligen Auffassung keine konkrete Gesetzesstelle zu benennen.

2. Gegen den Bescheid der Ktn. Landesregierung richtet sich die vorliegende VfGH-Beschwerde, in welcher der Bf. die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte, insbesondere des Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, sowie in folgender Weise eine Rechtsverletzung wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen behauptet:

"Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes (§2 Abs1 Z2 und §12 des Volksgruppengesetzes VGG BGBl. Nr. 396/1976) sowie gesetzwidriger Verordnungen, die gemäß §43 StVO erlassenen, gemäß §44 l. c. durch Hinweiszeichen (Ortsbezeichnungen gemäß §53 Z17a und 17b l. c., Ortstafel, Ortsende) kundgemachten Verordnungen, deren Anbringungszeitpunkt (Inkrafttreten) in einem entsprechenden behördlichen Aktenvermerk festgehalten ist, wobei die Ortsbezeichnungen den Namen des Ortes 'Bleiburg' nur deutschsprachig und nicht zweisprachig anführen; §1 Z2 der Ortstafel/OT-Vdg, BGBl. Nr. 306/1977; §1 der Ortsnamen/ON-Vdg, BGBl. Nr. 308/1977)".

Der Bf. begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

II. Der VfGH hat über die Beschwerde erwogen:

1. Die vom Bf. geltend gemachte Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wäre nach der Lage dieses Beschwerdefalles gemäß der ständigen Rechtsprechung des VfGH nur gegeben, wenn die bel. Landesregierung ihm rechtswidrigerweise eine Sachentscheidung über seinen Antrag verweigert hätte oder wenn sie überhaupt zu der von ihr getroffenen verfahrensrechtlichen Entscheidung unzuständig gewesen wäre (s. dazu im allgemeinen zB VfSlg. 9105/1981 und 8828/1980). Die in beide Richtungen zielenden Beschwerdevorwürfe sind aber nicht berechtigt.

2. Vorweg ist festzuhalten, daß der VfGH die Frage nicht zu beantworten braucht, ob der an die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt gerichtete Antrag des Bf. dahin zu verstehen ist, daß er die Erlassung einer neuen straßenpolizeilichen V und deren Kundmachung durch Straßenverkehrszeichen mit der Namensangabe des Ortes in deutscher und slowenischer Sprache begehrte (zur Verordnungsnatur der den Hinweiszeichen "Ortstafel" und "Ortsende" nach §53 Abs1 Z17a und 17b zugrundeliegenden Anordnung siehe §44 Abs1 dritter Satz StVO; vgl. auch VfSlg. 5376/1966), oder ob sein Verlangen ausschließlich darauf gerichtet war, daß die bereits erlassene straßenpolizeiliche V durch zweisprachige Hinweiszeichen kundgemacht wird. Denn es wäre für den Bf. - wie die folgenden Ausführungen zeigen - in beiden Fällen im Ergebnis nichts zu gewinnen.

a) Wertet man den vom Bf. eingebrachten Antrag im erstangeführten Sinn, so muß der Antrag bereits daran scheitern, daß keine Vorschrift der StVO einer Einzelperson ein subjektives Recht auf Erlassung einer straßenpolizeilichen Anordnung einräumt und die Erlassung der (durch Straßenverkehrszeichen kundzumachenden) V im engeren (die Kundmachung nicht mitumfassenden) Sinn in der StVO abschließend geregelt ist. Die im Instanzenzug eingeschrittene Landesregierung hatte das Begehren auf Erlassung der V zurückzuweisen und war, weil es sich um eine - die Kundmachung überhaupt noch nicht berührende - straßenpolizeiliche Angelegenheit handelte, zur getroffenen verfahrensrechtlichen Entscheidung auch sachlich zuständig.

b) Versteht man jedoch das Antragsbegehren dahin, daß es die Kundmachung der bereits erlassenen straßenpolizeilichen V der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt betrifft, so wendet es sich der Sache nach gegen die Gesetzmäßigkeit der schon dem Rechtsbestand angehörenden V vom Blickpunkt einer gesetzwidrigen Kundmachung her. Zur Behandlung eines solchen, auf Überprüfung der Gesetzmäßigkeit einer V abzielenden Begehrens fehlt im Hinblick auf Art139 Abs1 B-VG überhaupt jegliche verwaltungsbehördliche Zuständigkeit; der eine Sachentscheidung über dieses Begehren verweigernde Bescheid der Straßenpolizeibehörde verstößt daher nicht gegen das Gesetz.

3. Da sich sohin die Entscheidung der bel. Landesregierung, mit der sie dem Bf. die angestrebte Sachentscheidung verweigerte, als rechtmäßig erweist, ist es auch ausgeschlossen, daß der Bf. durch den angefochtenen Bescheid in einem anderen als dem geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt wurde.

4. Was die behauptete Anwendung der unter I.2. angeführten, nach Ansicht des Bf. rechtswidrigen generellen Norm anlangt, genügt die Feststellung, daß sie der bekämpften - ausschließlich verfahrensrechtlichen - Entscheidung nicht zugrunde liegt.

5. Zusammenfassend ergibt sich, daß die Beschwerde abzuweisen ist, weil der Bf. durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch durch die Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in einem Recht verletzt wurde.

Schlagworte

Straßenpolizei, Straßenverkehrszeichen, Verordnungsbegriff, Verordnungserlassung, Rechte subjektive, Behördenzuständigkeit, Verordung Kundmachung, VfGH / Präjudizialität, Volksgruppen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1984:B629.1978

Dokumentnummer

JFT_10158990_78B00629_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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