TE Vfgh Beschluss 1984/10/12 V33/82

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Veröffentlicht am 12.10.1984
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Index

82 Gesundheitsrecht
82/05 Lebensmittelrecht

Norm

B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand
LMG 1975 §10 Abs2
LMG 1975 §51
LMG 1975 §63 Abs2 Z1

Leitsatz

Lebensmittelgesetz §10 Abs2; kein Verordnungscharakter des gemäß §51 erlassenen österreichischen Lebensmittelbuches; auch die angefochtenen Teile nicht als V erlassen; Zurückweisung des Individualantrages

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Die V GesmbH stellt beim VfGH gemäß Art139 B-VG den Antrag, im Abschn. I. A Z4 des Kapitels B 17 des Österreichischen Lebensmittelbuches (Codex Alimentarius Austriacus), im folgenden ÖLMB genannt, den Satz "Mineralwasser ist Quell- oder Grundwasser, das nach der Abfüllung in 1 kg Wasser wenigstens 1,0 g gelöste feste Stoffe enthält", im selben Abschn. Z14 den Satz "Der unterste feststellbare Wert des Gehaltes an gelösten festen Stoffen darf jedoch einschließlich der Analysentoleranz 0,950 g/kg nicht unterschreiten." und im Abschn. I. B. Z30 im ersten Satz den Halbsatz "das nach der Abfüllung weniger als 1,0 g/kg gelöste Stoffe enthält" kostenpflichtig als gesetzwidrig aufzuheben.

Die Antragstellerin verweist darauf, daß das ÖLMB zwar nicht den Bestimmungen des §2 Abs1 litf des BG über das Bundesgesetzblatt, BGBl. 293/1972, entsprechend kundgemacht, aber für jedermann erwerbbar und damit nachlesbar sei. Der Antragstellerin sei vom Bundesminister für Gesundheit und Umweltschutz (im folgenden: BMGU) eine Ausfertigung des Kapitels B 17 übermittelt worden. Bei den Bestimmungen des ÖLMB, deren Aufhebung beantragt wurde, handle es sich inhaltlich um Bestimmungen einer V. Sie enthielten eine rechtsverbindliche Umschreibung des Begriffes Mineralwasser. Es komme ihnen der normative Gehalt eines Verbotes zu, bestimmte Lebensmittel, die nach Abfüllung in 1 kg Wasser nicht wenigstens 1 g gelöste feste Stoffe enthalten, unter der Bezeichnung "Mineralwasser" in Verkehr zu bringen. Auch einem ursprünglich nicht normativen Akt könne durch eine spätere Änderung der Rechtslage "Normwirkung verliehen" werden. Aufgrund der rechtlichen Zusammenhänge des Lebensmittelgesetzes 1975 (LMG 1975) komme zumindest Teilen des ÖLMB normativer Inhalt zu. Am bedeutsamsten sei in dieser Hinsicht jedenfalls §63 Abs2 Z1 LMG 1975. Der Gesetzgeber habe die Befugnis zur Festsetzung der Lebensmittelbezeichnungen unzweideutig an den Autor des ÖLMB delegiert. Dagegen verschlage es nicht, daß die Bestimmungen, deren Aufhebung beantragt worden sei, sprachlich scheinbar nicht imperativ formuliert worden sind. In vielen Rechtsbereichen sei diese Form für inhaltliche Verbote üblich. Sobald das ÖLMB eine Lebensmittelbezeichnung enthalte, sei ein Verstoß gegen diese Bezeichnung strafbar. Mit Recht sei daher in §63 Abs2 Z1 LMG 1975 nicht von Angaben, sondern von Bestimmungen des ÖLMB die Rede. Die Bezeichnungsregelungen des ÖLMB seien daher für den Einzelnen Verhaltensgebote, für den Strafrichter Subsumptionsgrundlage. Die angefochtenen Bestimmungen könnten daher nicht als Sachverständigengutachten angesehen werden. Der VfGH sei zu Recht in VfSlg. 8350 und 8351/1978 mit Selbstverständlichkeit davon ausgegangen, daß eine Enunziation eines an sich zur Normsetzung berufenen Organes, der nach dem objektiven Gehalt Normcharakter zukomme, die an die Allgemeinheit gerichtet sei und die - unabhängig von der Art der Kundmachung - ein Mindestmaß an Publizität aufweise, eine Rechtsverordnung sei. Das ÖLMB sei aber ausschließlich dem BMGU, nicht der zu seiner Beratung berufenen Codexkommission zuzurechnen. Für die Annahme der Verordnungsqualität des ÖLMB spreche auch das Arzneimittelrecht, in dem das Arzneibuch aufgrund des Gesetzes BGBl. 195/1980 als im BGBl. promulgierte V erlassen worden sei.

Das ÖLMB gewinne aber nicht durch §63 Abs2 Z1 LMG 1975 normative Bedeutung. Insbesondere sei daran zu erinnern, daß die in Frage stehende dritte Auflage des ÖLMB auch gegenüber den Organen der Lebensmittelaufsicht als normativer Akt erlassen worden sei (vgl. den Einführungserlaß, in dem diese Organe "verpflichtet" worden seien, "sich bei der Erfüllung ihrer Aufgaben ... an die im ÖLMB verlautbarten Richtlinien zu halten". Das ÖLMB sei die materiell-rechtliche Grundlage für Zwangsakte gegenüber Dritten, für die Auskunftspflichtigen zB bei der Frage nach dem Gehalt fester Stoffe im Wasser (§38 LMG 1975), für die Pflicht zur Duldung von Probenentnahmen (§39 LMG 1975), für die Pflicht zur Duldung von Beschlagnahmen (§40 LMG 1975) und letztlich für die drohende Anzeige §44 LMG 1975). Über die hoheitlichen Befugnisse der an das ÖLMB gebundenen Behörden entfalte die angefochtene materiell-rechtliche Bestimmung des ÖLMB somit unzweifelhaft "Auswirkung". Die Antragstellerin werde somit ausschließlich durch den gesetzwidrigen Inhalt des ersten Satzes des Kapitels B 17 I 4 des ÖLMB als materiell-rechtlicher Verhaltens- und Beurteilungsnorm in ihren Rechten verletzt. Selbst nach der Aufhebung dieses Satzes könne aus den beiden anderen Sätzen die normative Regelung erschlossen werden, daß nur Wasser als Mineralwasser bezeichnet werden dürfe, das 1 g/kg an festen Stoffen enthalte. Deshalb seien auch diese Sätze angefochten.

2. Der BMGU erstattete eine Äußerung gemäß §58 Abs2 VerfGG, in der er die Zurückweisung, hilfsweise die Abweisung des Antrages und - im Fall der Stattgebung des Antrages - für das Außerkrafttreten gemäß Art139 Abs5 B-VG die Setzung einer Frist von einem Jahr beantragte. Er behauptete, daß der Antragstellerin ein zumutbarer Weg für die Bekämpfung der angefochtenen Teile des ÖLMB als gesetzwidrig durch das Verlangen nach Erlassung eines Feststellungsbescheides zur Verfügung stehe, und bestritt die Verordnungsqualität dieser Teile des ÖLMB.

3. Am 1. Juli 1975 ist - soweit hinsichtlich des Inkrafttretens im einzelnen nichts anderes bestimmt wurde - das BG vom 23. Jänner 1975, BGBl. 86, über den Verkehr mit Lebensmitteln, Verzehrprodukten, Zusatzstoffen, kosmetischen Mitteln und Gebrauchsgegenständen (Lebensmittelgesetz 1975 - LMG 1975) in Kraft getreten.

Nach den Begriffsbestimmungen des §8 LMG 1975 sind Lebensmittel, Verzehrprodukte und Zusatzstoffe gemäß litf falsch bezeichnet, wenn sie mit zur Irreführung geeigneten Angaben über Umstände, die nach der Verkehrsauffassung, insbesondere nach der Verbrauchererwartung, wesentlich sind, wie über Art, Herkunft, Verwendbarkeit, Haltbarkeit, Zeitpunkt der Herstellung, Beschaffenheit, Gehalt an wertbestimmenden Bestandteilen, Menge, Maß, Zahl oder Gewicht, oder in solcher Form oder Aufmachung oder mitverbotenen gesundheitsbezogenen Angaben (§9) in Verkehr gebracht werden.

Gemäß §10 Abs1 Z1 LMG 1975 hat der BMGU, wenn das zur Sicherung einer einwandfreien Nahrung oder zum Schutz der Verbraucher vor Gesundheitsschädigung oder Täuschung geboten ist, unter Bedachtnahme auf den jeweiligen Stand der Wissenschaft und der Technologie nach Anhören der Codexkommission festzustellen, in welcher Beschaffenheit Lebensmittel, Verzehrprodukte oder Zusatzstoffe ... falsch bezeichnet sind. Gemäß §10 Abs2 LMG 1975 kann der BMGU in Vollziehung des Abs1 Teile des ÖLMB (§51) als V erlassen.

Nach §51 LMG 1975 obliegt dem BMGU die Herausgabe des ÖLMB. Es dient der Verlautbarung von Sachbezeichnungen, Begriffsbestimmungen, Untersuchungsmethoden und Beurteilungsgrundsätzen sowie von Richtlinien für das Inverkehrbringen von dem LMG 1975 unterliegenden Waren.

§52 Abs1 LMG 1975 bestimmt, daß zur Beratung des BMGU in Angelegenheiten des LMG 1975 sowie zur Vorbereitung des ÖLMB eine Kommission (Codexkommission) einzurichten ist. Nach den folgenden Absätzen des §52 LMG 1975 hat die Kommission aus Vertretern der Bundesministerien, aus fachkundigen Beamten der Untersuchungsanstalten, aus Vertretern von Interessenvertretungen, die zum Teil fachkundig sein müssen, und aus Vertretern der einschlägigen Wissenschaften in der erforderlichen Zahl zu bestehen.

Gemäß §63 Abs2 Z1 LMG 1975 ist mit Geldstrafe bis zu 180 Tagessätzen vom zuständigen Gericht zu bestrafen, wer entgegen im ÖLMB darüber bestehenden Bestimmungen Lebensmittel, Verzehrprodukte oder Zusatzstoffe wissentlich falsch bezeichnet oder Lebensmittel, Verzehrprodukte oder Zusatzstoffe in Verkehr bringt, von denen er weiß (§5 Abs3 StGB), daß sie falsch bezeichnet sind, sofern darüber im ÖLMB Bestimmungen bestehen.

4. Das ÖLMB enthält in seiner dritten Auflage in der Fassung vom Juni 1980 unter B 17 hinsichtlich des Tafelwassers (Mineralwassers, Quellwassers) folgende Beschreibung:

I. Tafelwasser

1 Tafelwässer sind

A. Mineralwasser (Tafelmineralwasser)

B. Quellwasser (Tafelquellwasser)

2 Die Bezeichnung "Tafelwasser" für sich allein ist zur Täuschung geeignet, weil sie nichts über die besondere Beschaffenheit des Wassers aussagt. Daher wird die Bezeichnung "Tafelwasser" allein nicht als Sachbezeichnung verwendet.

Abgefülltes Mineralwasser wird als "Mineralwasser" oder als "Tafelmineralwasser", abgefülltes Quellwasser oder Grundwasser als "Quellwasser" oder "Tafelquellwasser" bezeichnet.

3 Heilwässer, die als Tafelwässer in Verkehr gebracht werden, müssen den Richtlinien dieses Kapitels entsprechen.

A. Mineralwasser (Tafelmineralwasser)

4 Mineralwasser ist Quell- oder Grundwasser, das nach der Abfüllung in 1 kg Wasser wenigstens 1,0 g gelöste feste Stoffe enthält. Es wird in die für die Verbraucher bestimmten Glasflaschen bis höchstens 1,5 Liter Nenninhalt abgefüllt und darf nicht mehr als 6,5 g/kg gelöste feste Stoffe enthalten.

Mineralwasser muß in nativem Zustand hygienisch einwandfrei sein; es darf keinem mikrobiologischen Aufbereitungsverfahren, wie Chlorung, Silberung, Ozonisierung, Entkeimungsfiltration, unterzogen werden.

Unter der Voraussetzung einer zwingenden Notwendigkeit kann die Codexkommission nach Vorliegen entsprechender Sachverständigengutachten feststellen, ob bei bestimmten Thermalwässern eine Entkeimung oder Präventivbehandlung mittels UV-Bestrahlung zulässig ist. Keinesfalls darf aber ein in nativem Zustand an der Quelle nicht hygienisch einwandfreies Wasser mittels UV-Bestrahlung entkeimt werden.

5 Kohlensäurefreies Mineralwasser enthält in 1 kg abgefülltem Wasser weniger als 50 mg freies Kohlendioxid. Es kann auch aus kohlensäurehältigem Mineralwasser durch Entzug der Kohlensäure hergestellt werden.

6 Kohlensäurehältiges Mineralwasser enthält, unter Berücksichtigung der üblichen Schwankungen, nach der Abfüllung gleich viel quelleigenes freies Kohlendioxid wie an der Quellfassung. Schwankungen (zB durch Änderung des Luftdruckes) dürfen nicht mehr als 30%, bezogen auf den langjährigen Durchschnitt, betragen. Hiebei sind Entzug und nachfolgender Zusatz von quelleigenem Kohlendioxid bis zum ursprünglichen Gehalt gestattet.

7 Kohlensäurehältigem Mineralwasser darf quelleigenes Kohlendioxid zugesetzt werden, so daß der Gehalt an gelöster freier Kohlensäure nach der Abfüllung höher ist als an der Quellfassung.

8 Mineralwasser (kohlensäurefreiem und kohlensäurehältigem) darf quellfremdes Kohlendioxid zugesetzt werden, wobei ein Gesamtgehalt von 6,5 g/kg an gelöster freier Kohlensäure (berechnet als CO2) nicht überschritten wird.

9 Mineralwasser, das an der Quellfassung mindestens 1,0 g/kg gelöste freie Kohlensäure enthält, ist ein Mineralsäuerling und kann als "Säuerling" oder "Mineralsäuerling" ("Tafelmineralsäuerling") bezeichnet werden.

10 Säuerlinge oder Mineralsäuerlinge, die unter natürlichem Gasdruck oder hydrostatischem Druck hervortreten, sind Sprudel und können als "Sprudel" bezeichnet werden.

11 Der Gehalt an gelöster freier Kohlensäure von Säuerlingen kann durch Zusatz von fremden Kohlendioxid verstärkt werden. Der Zusatz von Kohlendioxid zu einem als "Sprudel" bezeichneten Wasser ist nicht zulässig.

12 Sole ist kein Tafelwasser im Sinne dieses Kapitels.

13 Mineralwasser, das unter dieser Bezeichnung in den Verkehr gebracht wird, darf nicht mit anderem Wasser vermischt werden.

14 Die Zusammensetzung und die wesentlichen Eigenschaften des Mineralwassers können aus natürlichen Gründen schwanken. Bei periodischen Schwankungen sollen die Abweichungen nicht mehr als 10% über oder unter dem langjährigen Durchschnitt liegen. Der unterste feststellbare Wert des Gehaltes an gelösten festen Stoffen darf jedoch einschließlich der Analysentoleranz 0,950 g/kg nicht unterschreiten. Der oberste feststellbare Wert darf 6,8 g/kg nicht überschreiten.

15 Mineralwasser wird nur folgenden Behandlungen unterzogen:

a) Bei der Dekantation wird durch Einwirkung von Luft oder durch Belüften mit hygienisch einwandfreier Luft der Gehalt an Schwefel, Eisen, Mangan, Arsen oder Radium vermindert oder beseitigt.

b) Der Gehalt an Fluor kann durch ein Austausch- oder Sorptionsverfahren vermindert oder beseitigt werden.

c) Entgasen, auch unter Vakuum, ist zulässig.

d) Die Entfernung von quelleigenen Schweb- und Sinkstoffen durch Filtration ist zulässig.

Durch diese Behandlung dürfen die übrigen wesentlichen Eigenschaften des Mineralwassers, die dessen Charakter bestimmen, nicht verändert werden.

16 Außer Kohlendioxid werden keine weiteren Stoffe zugesetzt.

17 Die Zusammenfassung mehrerer Mineralwasserauftriebe eines gemeinsamen Vorkommens mit annähernd gleicher Charakteristik ist statthaft. Das so gewonnene Mischwasser muß den Anforderungen dieses Kapitels entsprechen.

18 Da Mineralwasser durch eine Beförderung in beweglichen Behältnissen in seiner Qualität beeinträchtigt werden kann, darf es vor der Abfüllung in die für den Verbraucher bestimmten Glasflaschen auf solche Art nicht transportiert werden. Die Abfüllung soll möglichst nahe am Ursprung erfolgen. Wasser aus Trinkwasserversorgungsanlagen wird nicht als Mineralwasser in den Verkehr gesetzt. Bei Heilwasserversorgungsanlagen in Kurorten ist durch geeignete technische Einrichtungen ein Rückschlagen des Heilwassers aus den Leitungen des Kurbetriebes in den Abfüllbetrieb zu verhindern. Diese Voraussetzungen gelten sinngemäß bei Einleitung von Mineralwasser in Trinkwasserversorgungsanlagen.

Hygienische, chemische und physikalische Anforderungen.

19 Natives und abgefülltes Mineralwasser muß frei sein von pathogenen Mikroben, Parasiten sowie von organischem Detritus tierischer Herkunft und muß weiters folgenden Anforderungen entsprechen:

a) Zahlen aerober Kolonien

aa) Kolonienzahlen bei 20 Grad C (- + 2 Grad C) nach 72 Stunden:

natives Mineralwasser maximal 50 Kolonien/ml; abgefülltes Mineralwasser maximal 500 Kolonien/ml.

ab) Kolonienzahlen bei 37 Grad C (- + 1 Grad C) nach 48 Stunden:

natives Mineralwasser maximal 5 Kolonien/ml: abgefülltes Mineralwasser maximal 20 Kolonien/ml.

b) Indikatorkeime

ba) 250 ml natives oder abgefülltes Mineralwasser müssen frei sein von: Enterobacteriacaeen, Enterokokken, Pseudomonas aeruginosa, koagulase-positiven Staphylokokken.

bb) 100 ml natives oder abgefülltes Mineralwasser müssen frei sein von: sulfitreduzierenden Clostridien.

20 Tabelle zulässiger Höchstmengen bestimmter Substanzen im abgefüllten Zustand:

Substanz                                           Grenzwert in mg/kg

Ammonium-Ion (sofern nicht hydrogeologisch bedingt)      0,02

Barium-Ion                                               2,0   (FN 1)

Blei-Ion                                                 0,05

Cadmium-Ion                                              0,005

Kupfer-Ion                                               1,5

Mangan-Ion                                               1,5

Quecksilberverbindungen (berechnet als Quecksilber)      0,001 (FN 1)

Zink-Ion                                                 5,0

Arsenverbindungen (berechnet als Arsen)                  0,05

Borsäure (berechnet als Bor)                             8,0   (FN 2)

Chrom (VI)-Ion                                           0,05

Cyanid-Ion                                               0,01

Fluorid-Ion                                              1,5   (FN 3)

Jodid-Ion                                                1,0

Nitrat-Ion                                              30

Nitrit-Ion                                               0,02

Nitrit-Ion (hydrogeologisch bedingt)                     0,2

Schwefelwasserstoff                                      0,05

Selenverbindungen (berechnet als Selen)                  0,01

Sulfat-Ion                                            1000

a) wenn zu den Sulfat-Ionen mindestens

   80 mval = % Kalzium-Ionen vorhanden sind,

b) sonst                                               750

Mineralölprodukte                                        0,05

Pestizide (Chlorierte KW)                                0,001

Phenole (berechnet als Phenol; ohne weitere

   funktionelle Gruppen)                                 0,05

Polychlorierte Biphenyle (PCB's)                         0,001

Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK)       0,0002

Waschaktive Substanzen                             nicht nachweisbar

a) anionenaktive Detergentien (berechnet

   als TBS = Tetrapropylenbenzolsulfonat,

   Nachweisgrenze 0,1 mg/kg) (FN 4)

b) kationenaktive Detergentien (berechnet          nicht nachweisbar

   als CTAB = Cetyltrimethylammoniumbromid,

   Nachweisgrenze 0,2 mg/kg) (FN 4)

c) nichtionogene Detergentien (Nachweisgrenze      nicht nachweisbar

   entsprechend der Analysenmethode für die

   betreffende Substanz)

Gesamt-alpha- und -beta-Aktivität (Radioaktive Substanzen):

es gelten die jeweiligen Grenzwerte der Strahlenschutzvorschriften.

21 Mineralwasser wird mit dem Quell-, Orts- oder Markennamen bezeichnet. Der Wortlaut und die Aufmachung dürfen keine Täuschung bewirken. Der Ort des Ursprungs und, falls nicht ident, der Abfüllort sowie der Quellname sind in jedem Fall anzugeben. Bei Zusammenfassung mehrerer Quellen gilt der Name des Mischwassers als Quellname. Enthält der Markenname eine Ortsbezeichnung, so muß das Mineralwasser an diesem Ort oder seiner Umgebung gewonnen werden.

22 Die Bezeichnung "Mineralwasser" muß deutlich sichtbar und lesbar und so beschaffen sein, daß sie gegenüber dem Quell-, Orts- oder Markennamen klar erkennbar ist.

23 Im Zusammenhang mit der Bezeichnung "Mineralwasser" ist deutlich sichtbar und lesbar anzuführen, ob das abgefüllte Mineralwasser kohlensäurefrei oder kohlensäurehältig ist. Bei Mineralwasser nach Abs6 ist der Hinweis auf den natürlichen (quelleigenen) Kohlensäuregehalt zulässig. Mineralwasser nach Abs7 kann mit dem Hinweis "mit quelleigener Kohlensäure verstärkt" versehen werden. Mineralwasser nach Abs8 wird mit dem Hinweis "mit Kohlensäure versetzt" versehen. Mineralwasser nach Abs11 wird mit dem Hinweis "mit Kohlensäure verstärkt" versehen.

24 Eine Behandlung nach Abs15 lita und b ist auf der Flasche unter Hinweis auf die entzogenen Bestandteile deutlich sichtbar und lesbar zu vermerken. Die Angabe "Eisen, Mangan, Arsen, Radium sind ausgefallen" ist zulässig.

25 Enthält ein Mineralwasser mehr als 400 mg/kg Natrium-Ionen, ist der Gehalt in "mg Natrium pro Liter" deutlich sichtbar und lesbar zu deklarieren. Enthält es weniger als 40 mg/kg Natrium-Ionen, kann es als "natriumarm" bezeichnet werden. Enthält es mehr als 0,1 mg/kg Jodid, so ist der Gehalt in "mg Jod pro Liter" deutlich sichtbar und lesbar zu deklarieren.

26 Als "naturbelassen" oder gleichsinnig darf nur solches Mineralwasser bezeichnet werden, dem Kohlendioxid weder zugesetzt noch entzogen und das keiner Behandlung im Sinne des Abs4, letzter Absatz oder nach Abs15 lita bis c unterzogen worden ist.

27 Wird das Analyseergebnis deklariert, so ist anzugeben, ob es sich um die Zusammensetzung des nativen oder des abgefüllten Wassers handelt.

28 Angaben über die Zusammensetzung des Mineralwassers sind nur zulässig, wenn es in chemischer Hinsicht alle 5 Jahre einer Kontrollanalyse und alle 15 Jahre einer Vollanalyse durch eine hiezu befugte Person oder Anstalt unterzogen wird.

29 Die Bezeichnungen sind in deutscher Sprache anzugeben.

B. Quellwasser (Tafelquellwasser)

30 Quellwasser ist Quell- oder Grundwasser, das nach der Abfüllung weniger als 1,0 g/kg gelöste Stoffe enthält. Es wird in die für die Verbraucher bestimmten Glasflaschen, die im Interesse der Erhaltung des Inhaltes im ursprünglichen Zustand ein Füllvolumen von höchstens 1,5 l besitzen, abgefüllt.

Das Wasser muß im nativen Zustand hygienisch einwandfrei sein; es darf keinem mikrobiologischen Aufbereitungsverfahren wie Chlorung, Silberung, Ozonisierung, Entkeimungsfiltration unterzogen werden.

Unter der Voraussetzung einer zwingenden Notwendigkeit kann die Codexkommission nach Vorliegen entsprechender Sachverständigengutachten feststellen, ob bei bestimmten Thermalwässern eine Entkeimung oder Präventivbehandlung mittels UV-Bestrahlung zulässig ist. Keinesfalls darf aber ein im nativen Zustand an der Quelle nicht hygienisch einwandfreies Wasser mittels UV-Bestrahlung entkeimt werden.

31 Quellwasser (Tafelquellwasser), das unter dieser Bezeichnung in Verkehr gebracht wird, darf nicht mit Wasser anderen Ursprungs vermischt werden. Eine Zusammenfassung von mehreren zusammengehörigen Quellwasserauftrieben ist gestattet, wenn das abgefüllte Wasser den Anforderungen dieses Kapitels entspricht.

32 Hinsichtlich des Gehaltes oder Zusatzes von Kohlendioxid gelten die Abs5, 6, 7 und 8 sinngemäß.

33 Die Abs15, 16, 18 bis 23 und 28 gelten für Quellwasser sinngemäß.

34 Die Bestimmungen des Abs24, 27 und 29 gelten auch für Quellwasser.

35 Der Abs26 gilt auch für Quellwasser, das keiner Behandlung nach Abs15 lita bis c unterzogen worden ist. Auch die Behandlung eines Quellwassers im Sinne des Abs30, letzter Absatz, berechtigt nicht zur Bezeichnung "naturbelassen" oder gleichsinnig.

36 Wenn die Härte des Wassers angegeben wird, so erfolgt dies in Graden deutscher Härte (Grad dH).

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Der Gesetzgeber mißt dem ÖLMB - auch in einzelnen Teilen - nicht die Qualität einer V zu. Dem BMGU obliegt nach §51 LMG 1975 die Herausgabe des ÖLMB. Die Ausdrucksweise des Gesetzgebers spricht dagegen, daß er damit den BMGU mit der Erlassung einer V beauftragen wollte. Nach dem Gesetz dient das ÖLMB der Verlautbarung von Sachbezeichnungen, Begriffsbestimmungen, Untersuchungsmethoden und Beurteilungsgrundsätzen sowie von Richtlinien für das Inverkehrbringen von dem LMG 1975 unterliegenden Waren. Der Gesetzgeber ordnet nicht die Verbindlichkeit dieser Bezeichnungen, Begriffe, Methoden, Beurteilungsgrundsätze sowie der Richtlinien an. Nach dem gesamten Konzept des LMG 1975, insbesondere aus §51 des Gesetzes, ergibt sich, daß im ÖLMB lediglich Erfahrungswerte zur allgemeinen Kenntnis gebracht werden sollen. Ob §63 Abs2 Z1 LMG 1975 mit dieser Betrachtungsweise in Einklang zu bringen ist, hat auf die Beurteilung der Frage der rechtlichen Qualifikation des ÖLMB keinen Einfluß. Da letztere Bestimmung nicht Gegenstand des Antrages ist, bleibt die Verfassungsmäßigkeit dieser Gesetzesstelle außer Betracht. Daß aber - wie immer die Eigenschaft des ÖLMB rechtlich zu beurteilen sein mag - der Gesetzgeber ihm nicht die einer V geben wollte, geht unzweifelhaft aus §10 Abs2 LMG 1975 hervor, der lautet:

"Der Bundesminisiter für Gesundheit und Umweltschutz kann in Vollziehung des Abs1 Teile des Österreichischen Lebensmittelbuches (§51) als Verordnung erlassen."

Damit ist aber eindeutig geklärt, daß dem ÖLMB nach dem Willen des Gesetzgebers nicht die Eigenschaft einer V zukommen soll. Zu Unrecht beruft sich die Antragstellerin in diesem Zusammenhang auf das nach ihrer Ansicht vergleichbare Arzneimittelrecht, in dem das Arzneibuch aufgrund des Arzneibuchgesetzes, BGBl. 195/1980, als im BGBl. kundgemachte V (BGBl. 238/1981) erlassen worden sei, weil das Arzneimittelrecht keine dem §10 Abs2 LMG 1975 vergleichbare gesetzliche Vorschrift enthält. Letztere Vorschrift schließt es aus, dem ganzen ÖLMB nach dem Willen des Gesetzgebers die Eigenschaft einer V zu geben. Sie ermöglicht es vielmehr nur, Teile des ÖLMB als V zu erlassen.

2. Daß das ÖLMB nicht nach den für die Kundmachung von V eines Bundesministers geltenden Vorschriften kundgemacht ist, wurde schon ausgeführt. Der Antragstellerin ist aber beizutreten, wenn sie der Ansicht ist, daß durch die Herausgabe des ÖLMB (in Form von losen Blättern) dem Mindestmaß an Publizität ausreichend Rechnung getragen ist (vgl. VfSlg. 9247/1981).

3. Der VfGH kann aber nicht finden, daß der oben wiedergegebene Wortlaut des ÖLMB dafür spricht, der BMGU habe entgegen dem Gesetzesauftrag, wonach das ÖLMB der Verlautbarung von Sachbezeichnungen, Begriffsbestimmungen, Untersuchungsmethoden und Beurteilungsgrundsätzen sowie von Richtlinien für das Inverkehrbringen von dem LMG 1975 unterliegenden Waren dient, eine für die Allgemeinheit verbindliche V erlassen. Daher kommt §10 Abs2 LMG 1975 besondere Bedeutung zu, wonach Teile des ÖLMB als V erlassen werden können. Eine solche V wurde - jedenfalls hinsichtlich der angefochtenen Teile - nicht erlassen.

Da demnach die angefochtenen Teile des ÖLMB nicht die Eigenschaft einer Norm haben, ist der darauf zielende, auf Art139 Abs1 B-VG gestützte Antrag, diese Teile des ÖLMB als gesetzwidrig aufzuheben, zurückzuweisen, ohne daß auf das weitere Vorbringen der Antragstellerin einzugehen wäre.

1) Der Wert ist innerhalb von 2 Jahren zu überprüfen.

2) Ab 4 g gelöste feste Stoffe bis 2,5.

3) Deutsche Einheitsverfahren zur Wasser-, Abwasser- und Schlammuntersuchung H 23.

Schlagworte

Lebensmittelrecht, Lebensmittelbuch Österreichisches, Verordnungsbegriff, Verordnung Kundmachung, VfGH / Prüfungsgegenstand

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1984:V33.1982

Dokumentnummer

JFT_10158988_82V00033_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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