TE Vfgh Erkenntnis 1984/11/23 B572/78

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Veröffentlicht am 23.11.1984
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Index

90 Straßenverkehrsrecht, Kraftfahrrecht
90/01 Straßenverkehrsordnung 1960

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
StGG Art5
AVG §§45ff
AVG §48
StVO 1960 §24 Abs1 litc

Leitsatz

StVO 1960; Verhängung einer Verwaltungsstrafe wegen einer Verwaltungsübertretung nach §24 Abs1 litc; keine Verletzung im Eigentums- und im Gleichheitsrecht

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Am 11. Mai 1976 erstattete ein Organ der Straßenaufsicht der Bundespolizeidirektion Sbg. gegen den Bf. die Anzeige, daß er am 30. April 1976 in S, ..., seinen PKW unmittelbar vor dem Schutzweg (ohne Lichtzeichenregelung) aus der Sicht des ankommenden Verkehrs abgestellt habe. Nachdem eine von der Bundespolizeidirektion Sbg. erlassene Strafverfügung infolge Einspruchs außer Kraft getreten und das ordentliche Verfahren durchgeführt worden war, befand diese Behörde den Bf. mit Straferk. vom 30. September 1977 wegen der erwähnten Tat einer Verwaltungsübertretung nach §24 Abs1 litc StVO schuldig und verhängte über ihn eine Geldstrafe sowie eine Ersatzarreststrafe.

Der Bf. erhob gegen das Straferk. Berufung. Nachdem im Berufungsverfahren ergänzende Beweise erhoben und dem Bf. Gelegenheit zur Stellungnahme geboten worden war, gab die Sbg. Landesregierung mit Bescheid vom 25. August 1978 dem Rechtsmittel keine Folge. Sie begründete ihre Entscheidung im wesentlichen folgendermaßen.

"Im gegenständlichen Fall ist unbestritten, daß der PKW des Berufungswerbers (Kennzeichen ...) zur Tatzeit in der Verbindungsstraße zwischen R-Kai und K-Gasse vor dem Schutzweg K-Gasse abgestellt war. Ebenso steht aufgrund der Aktenlage fest, daß die Benützung des Schutzweges zur Tatzeit nicht durch Lichtzeichen geregelt war. Dem Bericht der Meldungslegerin vom 4. 2. 1978 ist folgendes zu entnehmen:

Wie bereits in der Anzeige vom 11. 5 1976 angeführt, war das Fahrzeug des Beschuldigten unmittelbar vor dem Schutzweg abgestellt, dh. die vordere Stoßstange befand sich maximal 20 bis 30 cm senkrecht vom Beginn der Schutzwegmarkierung und somit auch von der geraden Linie zwischen rechtem und linkem Straßenverkehrszeichen gemäß §53 (2)a StVO 1960 entfernt. Die Behauptung des Beschuldigten bezüglich der zur Tatzeit vorhandenen Baustelle beim Landesgericht Salzburg ist richtig. Unrichtig ist jedoch die Behauptung, daß der Zugang zum Schutzweg durch Baustellenabplankungen auf Seite des Landesgerichtsgebäudes versperrt bzw. nicht möglich war. Weiters wird festgestellt, daß die Abplankungen keinesfalls fast täglich verändert wurden. Sie waren während der gesamten Baustellenbewilligungsdauer dem Bescheid des Magistrates Salzburg bezüglich der Bewilligung der Baustelleneinrichtung entsprechend angebracht. Darin ist ausdrücklich festgelegt, daß der Schutzweg unbehindert benützbar zu halten ist. Die ordnungsgemäße Anbringung dieser Baustellenabplankungen wurde durch den Verkehrsinspektor sowie durch Sicherheitswachebeamte laufend überprüft. Es wurden keine wie immer gearteten Behinderungen bezüglich der Benützbarkeit des Schutzweges festgestellt.

Wie im Bericht vom 28. 10. 1976 bereits angeführt wurde, war zur Tatzeit auf der rechten Seite des Schutzweges die Markierung (Zebrastreifen) infolge einer an dieser Stelle durchgeführten Grabung in einer Breite von maximal 1 m nicht sichtbar. Es wurden infolge der Grabung die Schutzwegmarkierung in der Breite eines ganzen und eines halben Markierungsstreifens entfernt, was jedoch maximal zirka 70 bis 80 cm entspricht. Auch war der Schutzweg zur Tatzeit in der verbleibenden Breite und Länge für jedermann deutlich sichtbar und wahrnehmbar. Auch die Markierung war sichtbar. Weiters wird bemerkt, daß sich die vom Beschuldigten zitierte Baustellenausfahrt erst einige Meter nach dem Schutzweg befindet und daß dieses Straßenstück eine Einbahn ist. Die Baustellenfahrzeuge bogen daher immer nach links in Richtung K-Platz ab, ohne auch nur den Schutzweg überfahren zu müssen. Weiters wurden zur Verhinderung einer Verschmutzung von der Baufirma über Auflage des Bewilligungsbescheides die Reifen der Fahrzeuge im Hofe gereinigt.

Die Verkehrszeichen zur Kennzeichnung des Schutzweges nach §53 (2)a StVO 1960 waren sowohl links als auch rechts des Schutzweges deutlich sichtbar angebracht. Das rechts befindliche Verkehrszeichen war zur Tatzeit keinesfalls durch die Äste des dort befindlichen Kastanienbaumes verdeckt. Auch gegenwärtig (dh. im Zeitpunkt der Erstattung des Berichtes vom 4. 2. 1978) ist eine Verdeckung des Straßenverkehrszeichens durch Äste oder dergleichen infolge des Beginnes des Astwuchses sowie der Höhe des Straßenverkehrszeichens und dessen vorschriftsmäßiger Anbringung nicht gegeben. Der einzige Ast (dünner Zweig) befindet sich in einem senkrechten Abstand von ca. 10 cm hinter dem Straßenverkehrszeichen und nicht davor, wozu zu bemerken ist, daß der Zweig seit der Anzeigeerstattung bestimmt gewachsen ist und der Abstand zur Tatzeit sicher nicht größer war. Auch eine Verdeckung durch Blätter ist keineswegs vorhanden gewesen und infolge des Ausmaßes des Straßenverkehrszeichens keinesfalls möglich.

Sowohl das rechte als auch das linke Straßenverkehrszeichen gemäß §53 Abs2a StVO 1960 ist an einer Standsäule unmittelbar bei Beginn der Schutzwegmarkierung angebracht. Diese befindet sich vorschriftsmäßig in einer Entfernung von zirka 20 cm vom Gehsteig und somit auch vom Fahrbahnrand. Die Straßenverkehrszeichen sind in einer Höhe von maximal 2,5 m (Abstand Fahrbahn-Unterkante der Straßenverkehrszeichen) angebracht. An derselben Standsäule befindet sich links in einer Höhe von zirka 1,9 m eine Halteverbots- und eine damit zusammenhängende Zusatztafel. An der rechten Standsäule war zur Tatzeit eine Parkverbotstafel und damit zusammenhängend eine Zusatztafel bezüglich der Parkzeiten in Kurzparkzonen angebracht. Seit dem Inkrafttreten der 7. StVO-Novelle von 1977 ist dort jedoch das Straßenverkehrszeichen nach §52b Abs13d StVO 1960 angebracht.

Aufgrund der Angaben der Meldungslegerin in der Anzeige und im Bericht vom 4. 2. 1978 ist davon auszugehen, daß der Personenkraftwagen des Berufungswerbers zur Tatzeit tatsächlich weniger als 5 m vom Schutzweg entfernt abgestellt war. Hiebei wurde das Tatbild der Übertretung nach §24 Abs1c StVO 1960 verwirklicht. Die Einwendungen des Berufungswerbers, womit dieser dartun will, daß er dennoch zur Abstellung des Fahrzeuges in der 5-m-Zone vor dem ungeregelten Schutzweg berechtigt gewesen sei, sind als bloße Schutzbehauptungen anzusehen. Durch die Befragung der Meldungslegerin konnte nämlich geklärt werden, daß die Schutzwegmarkierung zur Tatzeit sichtbar war und nur rechtsseitig in einer Breite von zirka 70 bis 80 cm bzw. maximal 1 m unterbrochen war. Bei einer Fahrbahnbreite von mehreren Metern an der angegebenen Stelle (wie amtsbekannt ist) kann die Unvollständigkeit der Markierung über einen Bereich von maximal 1 m nicht zum Schluß führen, es sei kein Schutzweg vorhanden. Dies gilt umso mehr, als der Schutzweg zur Tatzeit sowohl rechts als auch links durch das Verkehrszeichen nach §53 Abs2a StVO 1960 angekündigt war. Auch ist davon auszugehen, daß dem Berufungswerber die örtlichen Verhältnisse im Tatortbereich gut bekannt sind, weil er in der Nähe des Tatortes seine Rechtsanwaltskanzlei betreibt.

Anhaltspunkte dafür, daß das rechtsseitig aufgestellte Verkehrszeichen zur Kennzeichnung des Schutzweges zur Tatzeit durch Zweige oder Blätter des dort befindlichen Kastanienbaumes verdeckt war, sind nicht hervorgekommen. Vielmehr geht aus dem Bericht der Meldungslegerin vom 2. 4. 1978 hervor, daß das Verkehrszeichen zur Tatzeit vor einem dünnen Kastanienzweig angebracht war und nicht durch Blätter verdeckt gewesen ist. Bezüglich des Abstandes der Verkehrszeichen vom Boden ist darauf hinzuweisen, daß zur Tatzeit sowohl am rechtsseitig als auch am linksseitig angebrachten Verkehrszeichen zur Kennzeichnung des Schutzweges jeweils ein weiteres Verkehrszeichen darunter angebracht war. In einem solchen Fall ist der Abstand von der Fahrbahn und dem unteren Rand des tiefer angebrachten Verkehrszeichens maßgebend. Anhaltspunkte dafür, daß dieser Abstand weniger als 60 cm oder mehr als 2,20 m betragen hätte, sind nicht hervorgekommen. Auch wurde vom Berufungswerber keine ausdrückliche Behauptung in dieser Richtung aufgestellt.

Durch den Bericht der Meldungslegerin vom 4. 2. 1978 wurde weiters geklärt, daß der Schutzweg zur Tatzeit benützbar war und daß dieser auf der linken Seite (Seite des Landesgerichts) nicht etwa durch eine Baustellenabplankung versperrt war. Diese glaubwürdigen Angaben der Meldungslegerin werden durch die gegenteilige Behauptung des Berufungswerbers keineswegs in schlüssiger Weise widerlegt. Dies gilt umso mehr, als der Berufungswerber die Namhaftmachung einer angeblichen Zeugin zum obigen Beweisthema bewußt unterlassen und sich die Namhaftmachung dieser Zeugin für einen späteren Zeitpunkt für den Fall vorbehalten hat, daß von der Behörde ergänzende Erhebungen geführt werden sollten. Abschließend wird bemerkt, daß die Angaben des Berufungswerbers in der Eingabe vom 19. 5 1978 über das zu diesem Zeitpunkt gegebene Aussehen der Schutzwegmarkierung den Tatsachen entsprechen. Dies wurde anläßlich einer Ortsbesichtigung vom 31. 5. 1978 festgestellt. Jedoch läßt sich daraus nicht ableiten, daß die Schutzwegmarkierung zur Tatzeit ein anderes Aussehen hatte, als es von der Meldungslegerin im Bericht vom 4. 2. 1978 angeführt ist.

Da sohin die Einwendungen des Berufungswerbers nach Ansicht der Berufungsbehörde nicht ausreichen, sein verkehrsgerechtes Verhalten zur Tatzeit unter Beweis zu stellen, wurde der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt."

3. Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den VfGH in welcher der Bf. eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums sowie des Gleichheitsrechtes behauptet und die Bescheidaufhebung begehrt.

II. Der VfGH hat über die Beschwerde erwogen:

1. Bei der aus der Sicht dieses Beschwerdefalles gegebenen verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides würde dieser das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums nur verletzten, wenn die Behörde das Gesetz in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre (vgl. zB VfSlg. 8866/1980, 9074/1981). Die auf den Nachweis einer denkunmöglichen Gesetzeshandhabung zielenden Beschwerdevorwürfe sind jedoch insgesamt nicht gerechtfertigt.

a) Der Bf. behauptet zunächst, daß in den Angaben der Meldungslegerin insofern ein Widerspruch enthalten sei, als sie einerseits angegeben habe, daß der PKW des Bf. 20 bis 30 cm vom Schutzweg entfernt abgestellt gewesen sei, andererseits aber, daß an der betreffenden Stelle die Bodenmarkierung gefehlt habe.

Dieser Beschwerdevorwurf ist aber schon von vornherein nicht tauglich, weil er einen Widerspruch nicht aufzeigt; die Meldungslegerin gab nämlich an, daß die Bodenmarkierung infolge durchgeführter Grabungen (bloß) in einer Breite von maximal 1 m nicht sichtbar gewesen sei.

b) Die Angaben der Meldungslegerin hält der Bf. weiters deshalb für eine untaugliche Grundlage der getroffenen Sachverhaltsfeststellungen, weil die Meldungslegerin offenbar keine Aufzeichnungen über die wesentlichen Umstände gemacht habe.

Damit wirft der Bf. aber nur die Frage nach der Glaubwürdigkeit schriftlich deponierter Angaben eines Organs der Straßenaufsicht auf, ohne jedoch zu zeigen, daß er der bel. Beh. schlechthin verwehrt gewesen wäre, sich auf diese Angaben zu stützen.

c) Der Bf. kritisiert auch die Annahme der bel. Beh., daß der Schutzweg für jedermann deutlich sichtbar und wahrnehmbar gewesen sei. Er weist hiezu auf eine Stelle der im erstinstanzlichen Verfahren eingeholter Äußerung des Magistrates Sbg., Straßen- und Brückenbauamt, vom 22. März 1977 hin, in der es heißt, daß von den Klebefolien, mit denen der Schutzweg am 12. Juni 1973 errichtet wurde, nur mehr 5 1/2 Streifen sichtbar seien.

Bei dieser Kritik läßt der Bf. (welcher nur auf den Zeitpunkt der Berichterstattung abstellt) aber die in derselben Äußerung des Straßen- und Brückenbauamtes enthaltene Mitteilung außer acht, daß der Schutzübergang jeweils durch Bemalen ergänzt wurde und daß diese Ergänzungen am 12. Juni 1975 und 2. Juli 1976 erfolgten. Der vom Bf. erhobene Vorwurf ist sohin nicht geeignet, eine denkunmögliche Annahme des maßgeblichen Sachverhaltes durch die bel. Beh. nachzuweisen.

d) Grundsätzlich das gleiche gilt für die Kritik des Bf., daß die Schutzwegmarkierung in einem Teilbereich (infolge durchgeführter Grabungsarbeiten) nicht vorhanden war. Der bel. Beh. kann nämlich keineswegs eine schlechthin verfehlte Beweiswürdigung angelastet werden, wenn sie sich auf die Angabe der Meldungslegerin stützte, daß die Längsstreifen des Schutzweges auf einer Breite von maximal 1 m fehlten.

e) Im Berufungsverfahren beschrieb der Bf. in einer Eingabe vom 28. März 1978 den Zustand des Schutzweges am 8. März 1978 und führte in diesem Zusammenhang aus: "Ich würde danach eine Zeugin namhaft machen, falls die Angaben sich nicht mit den tatsächlichen Gegebenheiten decken, die ich zur Feststellung an diesem Tage veranlaßt habe." An dieses Vorbringen anknüpfend, meint der Bf. nun, die Berufungsbehörde wäre verhalten gewesen, ihn zur Namhaftmachung der Zeugin "unter Androhung von Rechtsfolgen" aufzufordern.

Zu diesem Beschwerdevorwurf genügt ein Hinweis, daß es dem Bf. unbenommen gewesen wäre, den von ihm für erforderlich gehaltenen Zeugenbeweis auch tatsächlich anzubieten.

f) Der Bf. bemängelt schließlich, daß genaue Angaben über die Höhe der angebrachten Hinweiszeichen fehlten, da nur dem Augenmaß gefolgt worden sei.

Auch damit wird keine denkunmögliche Beweiswürdigung dargetan, weil es sich bloß um die Frage handelt, ob sich die Behörde auf anscheinend nicht gemessene, sondern geschätzte Maße (die Meldungslegerin deponierte Höhenangaben unter Verwendung der Worte "maximal" und "zirka") stützen konnte.

2. Eine Verletzung des Gleichheitsrechtes erblickt der Bf. darin, daß die bel. Beh. den Angaben der Meldungslegerin einen höheren Beweiswert beigemessen habe als seiner Beschuldigtenverantwortung.

Hierin liegt jedoch zweifellos keine Verletzung des geltend gemachten Grundrechtes, weil jeglicher Anhaltspunkt dafür fehlt, daß die bel. Beh. Willkür geübt hätte (s. dazu die ständige Rechtsprechung zB VfSlg. 9015/1981).

Da im Beschwerdeverfahren auch weder die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes noch die Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm hervorkam, war die Beschwerde abzuweisen.

Schlagworte

Straßenpolizei, Halte(Park-)Verbot, Verwaltungsverfahren, Beweise, Beweiswürdigung, Zeugenbeweis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1984:B572.1978

Dokumentnummer

JFT_10158877_78B00572_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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