TE Vfgh Erkenntnis 1984/11/26 B635/80

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Veröffentlicht am 26.11.1984
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Index

63 Allgemeines Dienst- und Besoldungsrecht
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979

Norm

B-VG Art14 Abs2
B-VG Art14 Abs4 lita
B-VG Art83 Abs2
BDG 1979 §11
GehaltsüberleitungsG §5 Abs1
Nö Landeslehrer-DiensthoheitsG 1976 §7 Abs1

Leitsatz

BDG 1979; Berufung gegen einen Definitivstellungsbescheid gemäß §11; Abspruch der Berufungsbehörde ohne Antrag auch über Höhe der Bezüge und über Amtstitel; Entzug des gesetzlichen Richters

Spruch

Der Bescheid wird aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Mit Bescheid des Landesschulrates für NÖ vom 1. September 1980 ist über Ansuchen der Bf. um Definitivstellung gemäß §5 Abs1 Gehaltsüberleitungsgesetz festgestellt worden, daß ihr provisorisches Dienstverhältnis mit Wirksamkeit vom 1. September 1980 gemäß §11 BDG 1979, BGBl. 333, definitiv geworden sei. Im Bescheid heißt es weiters, die Bf. sei nach §40 LDG, BGBl. 245/1962, iVm. der Landeslehrer-Amtstitelverordnung zur Führung des Amtstitels "Volksschullehrer berechtigt; eine Änderung der Bezüge trete "dadurch" (gemeint: die Definitivstellung) nicht ein.

Mit Bescheid vom 15. Oktober 1980 hat die Nö. Landesregierung der Berufung der Bf. gegen den erstinstanzlichen Bescheid keine Folge gegeben.

2. Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Bf. die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf Unversehrtheit des Eigentums geltend macht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Die Bf. hält es für verfassungsrechtlich "nicht gedeckt", daß die Entscheidung des Landeshauptmannes bzw. des von ihm delegierten Präsidenten des Landesschulrates im Instanzenzug durch die Landesregierung überprüft und allenfalls abgeändert werden kann, da der Landeshauptmann selbst Mitglied dieser Landesregierung sei. Es sei wohl richtig, daß der Landesgesetzgeber die Behördenzuständigkeit regeln könne, aus den angeführten Gründen erscheine aber hier ein Rechtszug an die Landesregierung ausgeschlossen.

Gemäß Art14 Abs2 B-VG ist die Vollziehung in den Angelegenheiten des Dienstrechtes der Lehrer für öffentliche Pflichtschulen Landessache. Die Behördenzuständigkeit richtet sich nach den gemäß Art14 Abs4 lita B-VG erlassenen landesgesetzlichen Regelungen, im vorliegenden Fall somit nach dem Nö. Landeslehrer-Diensthoheitsgesetz 1976, LGBl. 2600-0. §7 Abs1 dieses Gesetzes bestimmt, daß der Instanzenzug bei Ausübung der Diensthoheit über die Landeslehrer vom Landesschulrat an die Landesregierung geht.

Der VfGH vermag nicht zu erkennen, gegen welche Verfassungsbestimmung oder gegen welchen aus der Verfassung erfließenden Grundsatz diese Regelung verstoßen sollte. Auch die Beschwerde enthält diesbezüglich keine nähere Begründung.

2. a) Im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums erachtet sich die Bf. deshalb verletzt, weil ihr anläßlich der Definitivstellung bisher - nach ihrer Auffassung zu Unrecht - nicht angerechnete Vordienstzeiten neuerlich nicht angerechnet worden seien.

Im Gleichheitsrecht erachtet sich die Bf. verletzt, weil ihr der "männliche" Berufstitel "Volksschullehrer" verliehen worden sei.

b) Wie dem Inhalt des oben unter Punkt I.1. wiedergegebenen erstinstanzlichen Ernennungsbescheides zu entnehmen ist, war der Wille des Landesschulrates für NÖ einzig und allein darauf gerichtet, entsprechend dem Ansuchen der Bf. festzustellen, daß ihr provisorisches Dienstverhältnis definitiv geworden sei. Eine darüber hinausgehende normative Bedeutung kommt dem Ernennungsbescheid nicht zu, weder hinsichtlich der die Höhe der Bezüge (ua.) bestimmenden Vordienstzeiten noch hinsichtlich der Berechtigung zur Führung eines Amtstitels. Die Hinweise im erstinstanzlichen Bescheid hinsichtlich des Amtstitels und des Gleichbleibens der Bezüge stellen keine Absprüche über Rechte der Bf., sondern lediglich Belehrungen über die Rechtslage dar. Der mangelnde Wille des Landesschulrates, über diese Punkte in einer der Rechtskraft fähigen Weise abzusprechen, ergibt sich auch aus der Formulierung, eine Änderung der Bezüge trete "dadurch" (durch die Definitivstellung) nicht ein, sowie aus dem Umstand, daß die Bf. infolge der Definitivstellung ihres Dienstverhältnisses auch ohne den Hinweis auf den ihr nunmehr zustehenden Titel im Ernennungsbescheid zur Führung dieses Titels berechtigt ist.

Im übrigen hat die Bf. auch keinen Antrag auf Feststellungen hinsichtlich der Höhe ihrer Bezüge oder der Berechtigung zur Führung eines bestimmten Amtstitels gestellt.

Dessen ungeachtet hat die Berufungsbehörde über das Vorbringen in der Berufung hinsichtlich der beiden genannten Punkte in förmlicher Weise abgesprochen und sich auch in der Begründung des angefochtenen Bescheides damit auseinandergesetzt.

3. Die Berufungsbehörde hat daher insoweit in Angelegenheiten entschieden, die nicht Gegenstand der Entscheidung der Unterinstanz waren, was nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (s. zB VfSlg. 8176/1977 und die dort zitierte Vorjudikatur) einen Verstoß gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter darstellt.

Der Bescheid ist daher aufzuheben.

Schlagworte

Dienstrecht, Landeslehrer

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1984:B635.1980

Dokumentnummer

JFT_10158874_80B00635_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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