TE Vfgh Erkenntnis 1984/12/11 B567/80

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Veröffentlicht am 11.12.1984
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art18 Abs2
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art118 Abs7
StGG Art5
Änderung des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Tristach vom 03.03.80
Tir GemeindeO 1966 §12 Abs4
Tir RaumOG 1972 §28
ÜbertragungsV der Tiroler Landesregierung vom 23.04.68. LGBl 18/1968

Leitsatz

Übertragungsverordnung der Tir. Landesregierung vom 23. April 1968, LGBl. 18/1968; Auslegung des §12 Abs4 Tir. Gemeindeordnung 1966 iVm. Art118 Abs7 B-VG; Zweckmäßigkeit der V zur Entlastung der Gemeinde gegeben; keine Gesetzwidrigkeit; Änderung des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Tristach; keine Gesetzwidrigkeit im Hinblick auf das Tir. Raumordnungsgesetz 1972; keine Eigentumsverletzung durch darauf gestützte Versagung der Baubewilligung

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 4. Mai 1966 wurde dem Bf. P B die gewerbepolizeiliche Genehmigung zur Errichtung einer Schlosserwerkstätte auf der ihm gehörigen Grundparzelle ... KG Tristach erteilt.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Tristach vom 12. August 1966 wurde dem Bf. auch die baubehördliche Bewilligung für dieses Projekt erteilt.

Vom Bf. wurde aufgrund dieser Bewilligungen jedoch nur das Kellergeschoß fertiggestellt und dort der Betrieb aufgenommen.

Die Bezirkshauptmannschaft Lienz nahm in der Folge den Standpunkt ein, daß die Gewerbebewilligung wegen Ablaufs der in §33 Abs1 Gewerbeordnung 1859 vorgesehenen Frist erloschen sei, da für das Kellergeschoß eine Betriebsgenehmigung nicht erteilt worden sei. Der Bf. suchte hierauf um Erteilung der gewerbepolizeilichen Genehmigung zur Benützung des Kellerraumes als Arbeitsraum an, was jedoch abgewiesen wurde. Auch der nach Ausschöpfung des Instanzenzuges angerufene VwGH teilte den Rechtsstandpunkt des Bf. nicht, brachte jedoch in dem abweisenden Erk. vom 10. März 1976, Z 1112/75, zum Ausdruck, daß die Inbetriebsetzung auch nur eines Teiles der genehmigten Betriebsanlage genügt hätte, um den Lauf der in §33 Abs1 Gewerbeordnung 1859 vorgesehenen Frist zu verhindern; solches sei im Verfahren jedoch nicht festgestellt worden.

1.2. Hierauf brachte der Bf. am 3. Jänner 1977 ein neuerliches Ansuchen um Erteilung der gewerbepolizeilichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Schlosserwerkstätte bei der Bezirkshauptmannschaft Lienz ein. Bedenken, die von der Behörde im Interesse des Anrainerschutzes erhoben worden waren, trug er durch Vorlage geänderter Pläne Rechnung.

Mit Schreiben vom 19. Jänner 1979 teilte ihm die Bezirkshauptmannschaft Lienz sodann mit, daß sie laut V der Tir. Landesregierung vom 23. April 1968, LGBl. 18/1968, auch zur Durchführung des baupolizeilichen Verfahrens zuständig geworden sei und ersuchte um Rückäußerung, ob auch die baubehördliche Bewilligung beantragt werde oder ob mit einem solchen Ansuchen bis zur Erledigung des Gewerbeverfahrens abgewartet würde; der Bf. entschied sich für letzteres.

Mit dem in der Folge im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 20. November 1979 wurde die beantragte gewerberechtliche Bewilligung gemäß §77 Abs1 GewO 1973 erteilt.

1.3. Mit Eingabe vom 17. Jänner 1980 suchte der Bf. sodann um die baupolizeiliche Bewilligung für das geänderte Projekt an. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 19. August 1980 wurde dieses Ansuchen gemäß §31 Abs4 lita der Tir. Bauordnung, Kundmachung der Wiederverlautbarung vom 5. September 1978, LGBl. 43/1978, (künftig: TBO), iVm. §12 Raumordnungsgesetz, LGBl. 10/1972, abgewiesen, was damit begründet wurde, daß die Grundparzelle ... KG Tristach, auf der das Bauvorhaben beabsichtigt war, laut rechtskräftigem Flächenwidmungsplan für die Gemeinde Tristach im Wohngebiet liege.

Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Tir. Landesregierung vom 18. September 1980, Z Ve-550-771/1, als unbegründet abgewiesen.

2.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf Unversehrtheit des Eigentums durch Anwendung gesetzwidriger V geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

2.2. Die bel. Beh. hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.

3. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

3.1.1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird vom Bf. behauptet, weil gemäß §50 TBO der Bürgermeister der Gemeinde zur Entscheidung über sein Bauansuchen zuständig gewesen wäre, da die nach Abs, 2 und 3 leg. cit. angeführten Voraussetzungen, die eine Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft begründen könnten, nicht vorlägen. Die V der Tir. Landesregierung vom 23. April 1968, LGBl. 18/1968, (künftig: Übertragungsverordnung), sei gesetzwidrig; nach §12 Abs4 der Tir. Gemeindeordnung 1966 (künftig: TGO 1966), LGBl. 4/1966, könne eine Zuständigkeit aus dem eigenen Wirkungsbereich einer Gemeinde auf eine staatliche Behörde nur übertragen werden wenn die Gemeinde zur ordnungsgemäßen Besorgung einer solchen Angelegenheit nicht in der Lage sei. Dies könne die Gemeinde Tristach jedenfalls hinsichtlich solcher Bauten, für die eine Genehmigung nach der Gewerbeordnung ebenfalls erforderlich sei, schon deshalb nicht behaupten, weil ja die Belange des Anrainerschutzes schon von der Gewerbebehörde gewahrt werden müßten, sodaß der Bürgermeister sich auf die Ergebnisse des gewerberechtlichen Verfahrens ohne eigenen Verfahrensaufwand stützen könne. Darüber hinaus sei dem Bf. mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Tristach als Baubehörde bereits am 12. August 1966 eine erstinstanzliche Baubewilligung erteilt worden, die noch aufrecht sei. Die Gesetzwidrigkeit der Übertragungsverordnung ziehe nach sich, daß der Bf. im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt sei.

3.1.2. §12 Abs4 TGO - der in Art118 Abs7 B-VG Deckung findet - bestimmt, daß auf Antrag einer Gemeinde die Besorgung einzelner Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches aus dem Bereich der Landesvollziehung durch V der Landesregierung auf eine staatliche Behörde übertragen werden kann, wenn die Gemeinde zur ordnungsgemäßen Besorgung einer solchen Angelegenheit nicht in der Lage ist. Anders, als der Bf. vermeint, ist §12 Abs4 TGO jedoch nicht wörtlich zu nehmen, sondern vor dem Hintergrund des Art118 Abs7 B-VG (s. EB 639 BlgNr IX. GP, wonach diese Verfassungsbestimmung die Möglichkeit vorsieht, daß "aus Gründen der praktischen Bedürfnisse" die Gemeinden den Antrag auf Erlassung von Übertragungsverordnungen stellen können) zu verstehen, sodaß es darauf ankommt, ob eine Übertragungsverordnung dafür zweckmäßig ist, eine Gemeinde mit schwacher Verwaltungskraft zu entlasten.

Die bel. Beh. hat in der Gegenschrift unwidersprochen dargelegt, daß es sich bei der Gemeinde Tristach nach dem Ergebnis der Volkszählung im Jahre 1971 um eine Kleingemeinde gehandelt hat, die nur 895 Einwohner zählte. Die bekämpfte V überträgt der Bezirkshauptmannschaft die Zuständigkeit zur Besorgung der Aufgaben der örtlichen Baupolizei bei Vorhaben, die außer der baupolizeilichen Bewilligung auch einer wasserrechtlichen Bewilligung oder einer Genehmigung nach der GewO bedürfen. Wenn der Bf. vermeint, daß sich der Bürgermeister gerade in diesen Fällen an die Verfahrensergebnisse der Gewerbebehörde halten könnte, widerlegt er damit nicht die Zweckmäßigkeit der Übertragungsverordnung zur Entlastung der Gemeinde.

Unter den gegebenen Umständen hat der VfGH keine Bedenken, daß die bekämpfte V vom 23. April 1968 mit Gesetzwidrigkeit belastet wäre.

3.1.3. Daß aus anderen Gründen die geltend gemachte Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter vorläge, wurde gar nicht behauptet; auch der VfGH hegt keinen Zweifel, daß die Behörden des Administrativverfahrens ihre Zuständigkeit zu Recht in Anspruch genommen haben.

3.2.1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums wird des weiteren vom Bf. behauptet, weil der Abweisung seines Bauansuchens die Widmung seiner Grundparzelle ... als Wohngebiet zugrundeliege, diese Widmung jedoch aufgrund einer gesetzwidrigen nachträglichen Umwidmung dieser Grundparzelle von Mischgebiet auf reines Wohngebiet beruhe, was einer entschädigungslosen Enteignung gleichkäme. Der Bf. sei dieser Umwidmung auch im aufsichtsbehördlichen Bewilligungsverfahren entgegengetreten. Wenn im Genehmigungsbescheid des Amtes der Tir. Landesregierung vom 3. März 1980 angeführt werde, daß im aufsichtsbehördlichen Verfahren keine Einwendungen vorgebracht worden wären, sei dies aktenwidrig. Die Gesetzwidrigkeit der Umwidmung ergebe sich schon daraus, daß die Zielsetzungen des Tir. Raumordnungsgesetzes (künftig: TROG), LGBl. 10/1972, nicht darauf gerichtet sein könnten, nachträgliche Umwidmungen von Grundflächen zu ermöglichen, wenn diese gegen bereits bestehende Verbauungen verstießen. Dies könne nicht zuletzt aus §30 TROG abgeleitet werden, wonach nur sehr beschränkte Entschädigungspflichten vorgesehen seien, nämlich nur für jene Fälle, in denen aufgrund der Wirkungen eines Flächenwidmungsplanes für die Bebauung geeignete Grundstücke nicht mehr verbaut werden könnten und vor Auflage des Entwurfdes des Flächenwidmungsplanes bzw. dessen Änderung im Vertrauen auf die Rechtslage nachweisbar Kosten für die Baureifmachung des Grundstückes aufgewendet worden seien. Es könne nicht Absicht des Gesetzgebers gewesen sein, Umwidmungen wie die bekämpfte entschädigungslos zu ermöglichen. Schon daraus ergebe sich, daß die Umwidmung der Parzelle des Bf., auf der bereits konsensmäßig mit der Errichtung einer Schlosserwerksätte begonnen worden sei, von Mischgebiet in reines Wohngebiet gesetzwidrig sei. Nach §28 Abs2 TROG dürften Änderungen des Flächenwidmungsplanes nur erfolgen, wenn wichtige Gründe hiefür vorliegen und die Änderung den Zielen der örtlichen Raumordnung nicht widerspricht; bei Prüfung der Frage, ob ein wichtiger Grund vorliegt, sei auch in Erwägung zu ziehen, ob durch die Änderung wesentliche private Interessen beeinträchtigt werden. Unter Berücksichtigung dieser Entscheidungskriterien erweise sich unter den gegebenen Umständen die Umwidmung als gesetzwidrig. Der Bf. könne nämlich, wenn ihm die beantragte Baubewilligung nicht erteilt werde, das verbesserte Bauprojekt, in welches naturgemäß das bereits errichtete Kellergeschoß eingebunden werden sollte, nicht fertigstellen. Damit würde ein bereits getätigter Investitionsaufwand in Millionenhöhe zwecklos. Andererseits sei die ihm im Jahre 1966 erteilte Baubewilligung noch immer aufrecht, da mit dem damaligen Bauvorhaben fristgerecht begonnen worden sei, was zu der grotesken Situation führe, daß er zur Fertigstellung der Schlosserwerkstätte aufgrund dieser seinerzeitigen Baubewilligung gezwungen wäre, wohingegen er das nunmehrige Projekt, bei dem Anrainerinteressen viel besser gewahrt würden, nicht durchführen könnte.

3.2.2. Der angefochtene Bescheid greift in das Eigentumsrecht ein. Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des VfGH (zB VfSlg. 8776/1980, 9014/1981) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.

In der vorliegenden Beschwerde wird nicht geltend gemacht, daß die Behörde das Gesetz (die TBO) oder die V (Flächenumwidmungsplan der Gemeinde Tristach) denkunmöglich angewendet hätte. Der Bf. erhebt jedoch den Vorwurf, daß die Widmung seiner Grundparzelle gesetzwidrig von Mischgebiet in Wohngebiet geändert worden sei. Der VfGH sieht sich jedoch aufgrund der Beschwerdeausführungen zu solchen Bedenken nicht veranlaßt.

Der Umwidmung der Grundparzelle des Bf. liegt die am 3. März 1980 von der Tir. Landesregierung zur Zl. Ve-546-132/7 genehmigte Änderung des Flächenwidmungsplanes zu Grunde.

Gemäß §28 Abs2 TROG dürfen Flächenwidmungspläne geändert werden, soweit wichtige Gründe hiefür vorliegen und die Änderung dem Ziel der örtlichen Raumordnung nicht widerspricht. Bei der Prüfung der Frage, ob ein wichtiger Grund vorliegt, ist auch in Erwägung zu ziehen, ob durch die Änderung wesentliche private Interessen beeinträchtigt werden.

Der VfGH hat diese Bestimmung bisher als unbedenklich erachtet (vgl. zB VfSlg. 8167/1977, 8330/1978) und hegt auch aus Anlaß des vorliegenden Beschwerdefalles keine derartigen Bedenken.

Aus dem von der bel. Beh. mit der Gegenschrift vorgelegten raumplanerischen Gutachten der Landesbaudirektion vom 24. Jänner 1980, Zl. VId 3-631/28-79, ergibt sich, daß der Änderung des Flächenwidmungsplanes folgendes Bild zugrunde lag:

"Die Gemeinde Tristach ist im Talkessel von Lienz, südlich der Drau gelegen und gehört zur Region 42.

Durch die unmittelbare Nähe zur Bezirkshauptstadt Lienz hat sich die Gemeinde Tristach im Laufe der Zeit zu einer Zuwanderungsgemeinde und somit zu einer überwiegenden Wohngemeinde entwickelt.

Als Zielsetzung der örtlichen Raumplanung galt es, dieser Entwicklung bei der Planung Rechnung zu tragen, wobei auf den derzeit bestehenden Verbauungsplan als wichtige Grundlage zurückgegriffen werden konnte.

Wegen der Lage des Ortes am Stadtrand von Lienz galt die besondere Aufmerksamkeit der Bereitstellung von Flächen in erster Linie dem Wohnen und der Landwirtschaft und in geringerem Maße dem Gewerbe.

Die Voraussetzung für die Abgrenzung des Baulandes lieferte das durch den rechtskräftigen Verbauungsplan vorgegebene Baugebiet. Das Bauland wurde in Begehungen mit den Gemeindevertretern dem Bedarf entsprechend, unter Berücksichtigung der Zielsetzung des Tiroler Raumordnungsgesetzes erweitert bzw. korrigiert.

Bei der Einteilung der neuen Baugebiete in Aufschließungs- und vollwertiges Bauland war die derzeitig vorhandene und die mögliche bzw. wirtschaftlich vertretbare, zukünftige Einschließung ein ausschlaggebendes Planungskriterium.

Dem Zuwanderungstrend von Lienz Rechnung tragend, wurde auf der orographisch rechten Seite der Drau, direkt im Anschluß an die bestehende Verbauung von Lienz das Wohngebiet durch Widmung entsprechender Flächen fortgesetzt, wobei das bereits im alten Verbauungsplan enthaltene Wohngebiet auf Grund von inzwischen durchgeführten Grundverkäufen korrigiert bzw. geringfügig erweitert wurde.

Die Abgrenzung des Baugebietes für den alten Ortsteil von Tristach wurde aus dem Verbauungsplan übernommen.

Entlang der nach Lavant führenden Landesstraße wurde ca. 280 m östlich des ausgewiesenen Wohngebietes ein für die Gemeinde dringend benötigtes Gewerbe-Aufschließungsgebiet vorgesehen. Durch die Widmung dieser Grundflächen als Gewerbegebiet wird es möglich sein, die derzeit inmitten des Wohngebietes befindlichen Gewerbebetriebe auszusiedeln, wodurch die seit längerer Zeit bestehenden Rechtsstreitigkeiten hinsichtlich einer unzumutbaren Belästigung der Wohnbevölkerung beigelegt werden können.

Einer dieser Betriebe ist die Stahlbau- und

Metallgestaltungswerkstätte des P B, der in seiner Stellungnahme die

grundsätzliche Bereitschaft bekundet hat, seinen Betrieb umzusiedeln,

wenn ihm von der Gemeinde Tristach zu günstigen Bedingungen Grund im

neu ausgewiesenen Industriegebiet zur Verfügung gestellt würde,

gleichzeitig jedoch keinesfalls auf seine jetzige Betriebsfläche

trotz wiederholter Anrainerbeschwerden verzichten will und daher

beantragt, für die Gp ... die Widmung Mischgebiet vorzusehen.

Dieser Forderung hat der Gemeinderat nicht stattgegeben, da das

Gebiet, in dem die Gp. ... liegt, die typischen Merkmale eines

Wohngebietes aufweist, und die Gemeinde mit der Widmung des neuen Gewerbegebietes die Voraussetzungen einer Umsiedlung schafft, wodurch eine grundlegende Zielsetzung der Raumordnung realisiert werden kann.

..."

Hievon ausgehend kann dem Verordnungsgeber nicht abgesprochen werden, daß er die vom Gesetz zur Wahrung ausreichender Entscheidungsgrundlagen vorgesehene Vorgangsweise eingehalten hat. Der Gegenschrift, die diese Gegebenheiten darstellt, hat der Bf. nicht widersprochen. Aus seiner eigenen Antragstellung vom 29. Oktober 1979 an die Tir. Landesregierung, mit der er das Begehren stellte, der Änderung des Flächenwidmungsplanes hinsichtlich der Grundparzelle 679 KG Tristach die Genehmigung zu versagen, geht ebenfalls hervor, daß der Bf. dem Bürgermeister der Gemeinde Tristach seine grundsätzliche Bereitschaft bekundet hat, mit seinem Betrieb umzusiedeln. Dies deutet darauf hin, daß auch der Bf. die grundsätzliche Richtigkeit des raumplanerischen Gutachtens, das Grundlage der Änderung des Flächenwidmungsplanes ist, anerkennt. Keinesfalls erlauben die Beschwerdeausführungen die Annahme, daß der Verordnungsgeber den vom Gesetz vorgegebenen Zielen mit der Änderung des Flächenwidmungsplanes zuwider gehandelt hätte. Was die in §28 Abs2 letzter Satz TROG angeordnete Bedachtnahme auf wesentliche private Interessen betrifft, die durch eine Änderung des Flächenwidmungsplanes beeinträchtigt werden könnten, führt der Bf. selbst aus, daß er bereits aufgrund eines genehmigten Bauprojektes durchaus in der Lage wäre, seinen Gewerbebetrieb auch ohne eine Umsiedlung weiterzuführen und daß er sich lediglich insofern durch die Änderung des Flächenwidmungsplanes für beschwert erachtet, als ihm die Bewilligung eines "verbesserten" Projektes verwehrt sei.

Unter diesen Umständen sieht sich der VfGH nicht veranlaßt, ein Verordnungsprüfungsverfahren einzuleiten (vgl. ua. VfSlg. 8167/1977, 8280/1978 und 8330/1978).

Bei der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen käme eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums nur im Falle einer denkunmöglichen Gesetzesanwendung in Frage, was - worauf oben bereits hingewiesen wurde - gar nicht behauptet ist. Eine Verletzung des Grundrechtes auf Eigentum liegt somit nicht vor.

3.3. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Bf. in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Schlagworte

Behördenzuständigkeit, Verordnungserlassung, Gemeinderecht, Wirkungsbereich eigener, Raumordnung, Flächenwidmungsplan

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1984:B567.1980

Dokumentnummer

JFT_10158789_80B00567_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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