TE Vfgh Erkenntnis 1985/2/21 B330/81

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Veröffentlicht am 21.02.1985
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art83 Abs2
StGG Art5
Oö AusländergrunderwerbsG §3 Abs1
Oö AusländergrunderwerbsG §5 Abs1 lita
Oö GVG 1975 §1 Abs1
Oö GVG 1975 §4 Abs1
Oö GVG 1975 §6
Oö GVG 1975 §18 Abs4

Leitsatz

Oö. GrundverkehrsG 1975; Oö AusländergrunderwerbsG; mangelnde Nennung an der Bescheiderlassung mitwirkender Mitglieder der Kollegialbehörde in der Ausfertigung des Bescheides - kein Entzug des gesetzlichen Richters; Anwendung des GVG trotz vernachlässigter landwirtschaftlicher Nutzung eines Grundstückes; denkmögliche Annahme der Errichtung eines Zweitwohnsitzes

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. R und 1 K, beide in Mainz wohnhafte Staatsbürger der Bundesrepublik Deutschland, ersterer Baumeister, letztere Hausfrau, stellten am 4. März 1980 als Käufer im Wege der Bezirksgrundverkehrskommission Mondsee an die Landesgrundverkehrskommission für OÖ den Antrag, den von ihnen mit dem Hotelier H W, der Hausfrau K W und der Cafebesitzerin K M, sämtliche österreichische Staatsbürger, als Verkäufer am 12. Juli 1978 abgeschlossenen Kaufvertrag betreffend die Grundparzelle .../8, EZ ... KG Tiefgraben im Ausmaß von 503 Quadratmeter, Kulturgattung Wiese, mit einem Kaufpreis von 100600 S grundverkehrsbehördlich zu genehmigen.

Die Bezirksgrundverkehrskommission äußerte in ihrem Schreiben vom 24. März 1980 gegen das Rechtsgeschäft die folgenden Bedenken: Das Grundstück .../8 sei eine Waldparzelle in sehr schöner Lage, das bei Vorliegen einer Rodungsbewilligung auch für einen Inländer einen erstrebenswerten Baugrund darstellen würde. Eine weitere Verminderung des Grundbesitzes der Verkäufer sei nicht vertretbar, da der Kaufschilling für die Renovierung eines Hotels in der Stadt Sbg. verwendet würde; die Verkäufer hätten aber das Grundstück unter der ausdrücklichen Zusage erworben, dort die Landwirtschaft fortzuführen und damit keine Spekulationen zu verbinden. Dieser Abverkauf sei das fünfte Rechtsgeschäft, woraus zu ersehen sei, daß hier spekulative Absichten mitbestimmend seien.

Die Käufer teilten am 3. Dezember 1980 der Landesgrundverkehrskommission mit, ein direkter Nachweis, daß der Wohnsitz in Tiefgraben genommen werde, könne noch nicht erfolgen. Sie hätten aber die Absicht, sobald der Sohn das Baugeschäft übernehmen könne, ihren Wohnsitz in einem auf dem Grundstück zu erbauenden Haus zu nehmen.

2. Mit Bescheid der Landesgrundverkehrskommission beim Amt der Oö. Landesregierung vom 20. Jänner 1981, Z Agrar-100203-7172/1, wurde der Übertragung des Eigentumsrechtes an dem neu gebildeten Grundstück .../8 aus der EZ ... KG Tiefgraben durch die Verkäufer an die Käufer aufgrund des Kaufvertrages vom 12. Juli 1978 die grundverkehrsbehördliche Genehmigung nach den §§1 und 4 des Oö Grundverkehrsgesetzes 1975 und gemäß §3 Abs1 des Oö. Ausländergrunderwerbsgesetzes, LGBl. 30/1966, versagt.

In der Begründung des Bescheides wurde ua. ausgeführt, die Käufer, geboren in den Jahren 1935 und 1936, beabsichtigten nach ihren Angaben, auf dem Kaufobjekt ein Wohnhaus zu errichten und später dort ihren Dauerwohnsitz zu nehmen. Ausgehend von den Angaben der Käufer müsse angenommen werden, daß sie die Liegenschaft zur Errichtung eines Zweitwohnsitzes erwerben. Ob es ihnen später einmal möglich sein wird, dort ihren Dauerwohnsitz zu nehmen, könne derzeit nicht abgesehen werden. Einem solchen - jetzt etwa bestehenden - Vorhaben stünden später erfahrungsgemäß oft Hindernisse entgegen. Könne aber die Verwirklichung eines derartigen Vorhabens auch nicht mit einiger Sicherheit vorausgesehen werden, sei das Rechtsgeschäft so zu beurteilen, als ob es bereits zur Errichtung eines Zweitwohnsitzes abgeschlossen worden wäre. Nach der ständigen Spruchpraxis der Grundverkehrsbehörde stelle die Verwendung landwirtschaftlichen Nutzgrundes zur Errichtung eines Zweitwohnsitzes für Ausländer keinen zureichenden Grund dar, ein Grundstück der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung zu entziehen. Daher liege der Versagungsgrund des §6 litd des Oö. Grundverkehrsgesetzes 1975 vor.

Nach §3 Abs1 des Oö. Ausländergrunderwerbsgesetzes sei einem Rechtsgeschäft die Genehmigung zu erteilen, wenn nicht wichtige kulturelle, volkswirtschaftliche, sozialpolitische oder sonstige öffentliche Interessen, insbesondere an der sparsamen Verwertung der Bodenreserve beeinträchtigt werden. Andernfalls sei die Genehmigung zu versagen. Die Voraussetzungen für die Genehmigung eines Rechtsgeschäftes nach den Vorschriften des Ausländergrunderwerbsgesetzes lägen schon deshalb nicht vor, weil das Rechtsgeschäft gegen das Oö. Grundverkehrsgesetz 1975 verstoße.

Zweck des Ausländergrunderwerbsgesetzes sei es, eine Überfremdung des österreichischen Grundbesitzes und eine unerwünschte Erhöhung der Grundstückspreise hintanzuhalten. Diese Überfremdung sei im Salzkammergut besonders auffällig. Daraus folge, daß sowohl die drohende Überfremdung in weiten Gebieten des Bundeslandes, insbesondere im Salzkammergut, als auch die unerwünschte Erhöhung des Niveaus der Grundstückspreise durch den Zustrom ausländischer Grundverkäufer, die einen Zweitwohnsitz zu errichten wünschen, verursacht werde. Um dieser Entwicklung entgegenzutreten, erforderten sowohl volkswirtschaftliche Interessen als auch das öffentliche Interesse an der sparsamen Verwertung der Bodenreserve die Ablehnung derartiger Rechtsgeschäfte.

Da weder die Voraussetzungen für die Genehmigung des Rechtsgeschäftes nach dem einen noch nach dem anderen Gesetz vorlagen, sei dem Rechtsgeschäft nach beiden Gesetzen die Genehmigung zu versagen gewesen.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde des R und der I

K an den VfGH, in der ausschließlich die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Unversehrtheit des Eigentums gemäß Art5 StGG geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.

4. Die bel. Beh. erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.

II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Nach §1 Abs1 des Oö. Grundverkehrsgesetzes 1975, LGBl. 53, (im folgenden GVG genannt) bedarf ua. die Übertragung des Eigentums an einem ganz oder teilweise der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung gewidmeten Grundstück durch Rechtsgeschäft unter Lebenden der Genehmigung nach dem GVG. Dem §4 Abs1 GVG zufolge müssen Rechtsgeschäfte den öffentlichen Interessen an der Schaffung und Erhaltung land- oder forstwirtschaftlicher Nutzflächen und an der Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes oder an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes entsprechen. Gemäß §4 Abs4 GVG dürfen Rechtsgeschäfte, die diesen Voraussetzungen nicht entsprechen, nicht genehmigt werden. Nach §6 litd GVG sind die Voraussetzungen für die Genehmigung eines Rechtsgeschäftes (§4) insbesondere dann nicht gegeben, wenn zu besorgen ist, daß sonst Grundstücke ohne zureichenden Grund der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung entzogen werden.

Die Käufer des hier in Betracht kommenden Grundstückes sind Ausländer. §1 Abs1 lita des Oö. Ausländergrunderwerbsgesetzes, LGBl. 30/1966, (im folgenden AGEG genannt) besagt, daß die Übertragung des Eigentums an jedem Grundstück im Lande OÖ der Genehmigung der Grundverkehrsbehörde bedarf, wenn der Rechtserwerber Ausländer ist. Dem §3 Abs1 AGEG zufolge ist die Genehmigung zu erteilen, wenn nicht wichtige kulturelle, volkswirtschaftliche, sozialpolitische oder sonstige öffentliche Interessen, insbesondere an der sparsamen Verwertung der Bodenreserve beeinträchtigt werden. Andernfalls ist die Genehmigung zu versagen.

2. Die Bf. begründen ihre Behauptung, durch den angefochtenen Bescheid im Eigentumsrecht verletzt worden zu sein, wie folgt:

Das Grundstück werde nicht mehr land- oder forstwirtschaftlich genutzt, sodaß es der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung nicht mehr entzogen werden könne. Die Feststellung, daß das Grundstück der Errichtung eines Zweitwohnsitzes diene, sei denkunmöglich.

Da das Grundstück nicht mehr der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung diene, der Grunderwerb daher nicht den öffentlichen Interessen des GVG zuwiderlaufe, sei die Anwendung des AGEG durch die bel. Beh. in denkunmöglicher Weise erfolgt.

Die Bf. hätten auf die Möglichkeit, ihnen gemäß §3 Abs2 AGEG Auflagen vorzuschreiben, hingewiesen und sich bereit erklärt, einer Gemeinde oder (sonstigen) Gebietskörperschaft ein Vorkaufsrecht einzuräumen.

3. Wie sich aus dem Protokoll über die Sitzung der Landesgrundverkehrskommission vom 20. Jänner 1981, das dem Verwaltungsakt angeschlossen ist, ergibt, hat diese Behörde in einer Zusammensetzung Beschluß gefaßt, die jeweils dem §18 Abs4 GVG bzw. dem §5 Abs1 lita AGEG entsprach. Der Umstand, daß die Mitglieder der Kollegialbehörde, die an der Erlassung des angefochtenen Bescheides mitgewirkt haben, in der Ausfertigung des Bescheides nicht genannt sind, verletzt weder das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter noch ein sonstiges verfassungsgesetzlich geschütztes Recht (VfSlg. 7293/1974, 8893/1980).

Die bel. Beh. hat zu Recht angenommen, daß das Grundstück .../8 zwar nicht intensiv genutzt wird, aber nach wie vor landwirtschaftlich genutzt wird, also nach §1 Abs1 GVG diesem Gesetz unterliegt. Daran ändert nichts, daß die Verkäufer den landwirtschaftlichen Betrieb in einem Ausmaß vernachlässigen, daß der Anschein entstehen konnte, das Grundstück werde - infolge Anfluges - forstwirtschaftlich genutzt; wäre dies anders, könnte durch absichtliche Nicht- oder Mindernutzung bewirkt werden, daß das Grundstück nicht mehr dem GVG unterstellt wäre, daß also das Gesetz umgangen werden könnte (VfSlg. 8766/1980, 8893/1980).

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, daß es sich bei dem Grundstück .../8 um ein einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb gewidmetes Grundstück iS des §1 Abs1 GVG handelt, sodaß der Kaufvertrag den Beschränkungen dieses Gesetzes unterliegt. Die Beh. war daher auch zuständig, die Genehmigung zu versagen. Sie hat die Bf. nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt (VfSlg. 8460/1978, 8893/1980).

4. Ein die Versagung der Zustimmung zum Rechtserwerb aussprechender Bescheid greift nach der Rechtsprechung des VfGH (VfSlg. 8518/1979, 8893/1980) in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Eigentumsrecht des Käufers und des Verkäufers ein.

Ein derartiger Eingriff wäre nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (vgl. das soeben angeführte Erk. VfSlg. 8518/1979) dann verfassungswidrig, wenn der Bescheid unter Heranziehung einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage erlassen wird oder wenn er gesetzlos ist, wobei die denkunmögliche Anwendung eines Gesetzes ebenfalls als Gesetzlosigkeit angesehen wird.

Der angefochtene Bescheid gründet sich auf die §§1, 4 und 6 GVG und §3 Abs1 AGEG. Er ist also nicht gesetzlos ergangen.

Gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Gesetzesbestimmung sind Bedenken weder geltend gemacht worden noch sonst im Verfahren hervorgekommen (VfSlg. 8893/1980 und die dort angeführte Rechtsprechung zum GVG und zum AGEG).

Nach §4 Abs1 GVG muß das Rechtsgeschäft - soll es von der Grundverkehrsbehörde genehmigt werden - auch den öffentlichen Interessen an der Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes oder an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes entsprechen. Die Annahme der bel. Beh., daß die Bf. das Grundstück für die Errichtung eines Zweitwohnsitzes erwerben möchten, welcher Umstand den in §4 Abs1 GVG erwähnten Interessen zuwiderlaufen würde, ist jedenfalls denkmöglich.

Es widerspricht auch nicht den Denkgesetzen, wenn die bel. Beh. §3 Abs1 AGEG dahin ausgelegt hat, daß ein Kaufvertrag, der den im GVG erwähnten öffentlichen Interessen zuwiderläuft, auch jene Interessen verletzt, die nach dem AGEG zu einer Versagung der Genehmigung zu führen haben.

Zusammenfassend ergibt sich, daß die Bf. auch nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden sind.

5. Anhaltspunkte für die Annahme, daß die Bf. in sonstigen, von ihnen nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden wären, hat das Beschwerdeverfahren nicht ergeben.

6. Die Beschwerde war sohin als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, Ausländergrunderwerb, Wohnsitz Zweit-, Grundstück land- oder forstwirtschaftliches

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1985:B330.1981

Dokumentnummer

JFT_10149779_81B00330_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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