TE Vfgh Erkenntnis 1985/2/22 B130/79

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Veröffentlicht am 22.02.1985
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Index

43 Wehrrecht
43/01 Wehrrecht allgemein

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
AVG §56
AVG §68 Abs2
WehrG 1978 §30

Leitsatz

WehrG 1978; Widerruf eines Einberufungsbefehls; kein Rechtsanspruch auf Ableistung einer freiwilligen Waffenübung nach dem Wortlaut des §30; vertretbare Verneinung eines solchen Rechtsanspruches auch iZm. der Genehmigung eines Ausbildungslehrganges zum Reserveoffizier; keine Willkür

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit dem im Instanzenzug erlassenen, auf §68 Abs2 AVG gestützten Bescheid vom 7. Feber 1979 widerrief der Bundesminister für Landesverteidigung den an den Bf. ergangenen Einberufungsbefehl des Militärkommandos Wien zu einer für den 2. bis 29. Juli 1978 anberaumten freiwilligen Waffenübung. Dieser Bescheid wurde im wesentlichen folgendermaßen begründet:

"Bei der Beurteilung der Berechtigung Ihrer Berufung ist darauf hinzuweisen, daß aus der Ihnen mit Schreiben vom 6. 6. 1969 unter Z 220.265-PersRes/69 zugegangenen Laufbahngenehmigung kein subjektives Recht erwachsen ist, weil diese Laufbahngenehmigung lediglich die Voraussetzungen (Kurse, Prüfungen usw.) enthält, bei deren Erfüllung eine schrittweise Beförderung bis zum Reserveoffizier möglich erscheint.

Was Ihre Ausführungen betrifft, der Widerruf des Einberufungsbefehls stelle eine durch keinerlei Gesetz gedeckte Willkürmaßnahme dar, ist festzuhalten:

Gemäß §68 Abs2 AVG 1950 können Bescheide, aus denen niemandem ein Recht erwachsen ist, von der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, aufgehoben oder abgeändert werden. Fälle dieser Art ergeben sich insbesondere bei solchen Bescheiden, die im Verfahren mit nur einer Partei ergehen und entweder nur Pflichten auferlegen oder Parteianbringen abweisen. Im vorliegenden Falle ist jener Bescheid (Einberufungsbefehl) mit welchem Sie zur Ableistung des aoPD einbgerufen wurden, aufgehoben worden. Durch diese Aufforderung zur Ableistung des aoPD wird ho. Erachtens kein subjektives öffentliches Recht begründet; der EB stellt nach ho. Auffassung keinen rechts-, sondern einen pflichtenbegründenden Bescheid dar, insofern er statuiert, daß der Wehrpflichtige zur Ableistung des Präsenzdienstes verpflichtet wird. Daß Sie selbst um diese Präsenzdienstleistung angesucht haben, vermag an dieser Sachlage nichts zu ändern. Das freiwillige Ansuchen stellt lediglich eine Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des Einberufungsbefehles dar.

Somit erscheint das MilKdo WIEN zur amtswegigen Aufhebung seines als Bescheid zu wertenden Einberufungsbefehles im Sinne des §68 Abs2 AVG 1950 berechtigt."

2. Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in welcher der Bf. eine Verletzung des Gleichheitsrechtes behauptet und die Bescheidaufhebung begehrt.

II. Der VfGH hat über die Beschwerde erwogen:

1. Bei der aus der Sicht des Beschwerdefalles gegebenen - und auch vom Bf. nicht in Zweifel gezogenen - verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides könnte die von ihm behauptete Verletzung des Gleichheitsrechtes gemäß der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 9015/1981) nur stattgefunden haben, wenn die bel. Beh. Willkür geübt hätte. Dies wirft ihr der Bf. vor. Sein Vorwurf beruht im wesentlichen darauf, daß ihm mit der als Bescheid gewerteten Erledigung des Bundesministers für Landesverteidigung vom 6. Juni 1969 ein bestimmter Ausbildungsgang zum Reserveoffizier genehmigt worden sei und er als österreichischer Soldat das Recht habe, im Rahmen dieses Ausbildungsganges jene Waffenübungen abzuleisten, die erforderlich seien, um im Erfolgsfalle die Ernennung zum Leutnant der Reserve beantragen zu können. Der Sache nach macht der Bf. damit geltend, daß die Anwendbarkeit des von der bel. Beh. herangezogenen §68 Abs2 AVG nicht gegeben sei, weil ihm aus dem Einberufungsbefehl Rechte erwachsen seien.

Ob diese - in der Beschwerde zwar nicht ausdrücklich verfochtene, ihr aber doch mit zureichender Deutlichkeit entnehmbare - Auffassung zutrifft, muß aber dahinstehen. Es genügt hier der Hinweis, daß für die gegenteilige Meinung der bel. Beh. nicht von der Hand zu weisende Argumente ins Treffen geführt werden können, die gegen eine willkürliche Gesetzeshandhabung sprechen. Der dem Einberufungsbefehl zugrundeliegende §30 WehrG 1978 bietet jedenfalls seinem Wortlaut nach keinen Anhaltspunkt für die Annahme, daß dem Wehrpflichtigen ein Rechtsanspruch auf die Ableistung einer freiwilligen Waffenübung zukommt. Weiters ist die Auffassung vertretbar, daß ein Recht auf Ableistung der im Einberufungsbefehl bezogenen Waffenübung auch nicht aus einem Zusammenhalt mit der Genehmigung eines Ausbildungsganges zum Reserveoffizier abgeleitet werden kann. Da das (in den Verwaltungsakten erliegende) Schreiben des Bundesministers für Landesverteidigung an den Bf. vom 6. Juni 1969 weder als Bescheid bezeichnet ist noch sonstige formelle Merkmale eines Bescheides aufweist, kann nämlich durchaus angenommen werden, daß ein Bescheid im Rechtssinn nicht vorliegt.

2. Das Beschwerdeverfahren hat auch nicht ergeben, daß der Bf. aus anderen als den von ihm vorgebrachten Gründen in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden wäre oder daß eine Rechtsverletzung infolge Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm stattgefunden hätte.

Die Beschwerde war sohin abzuweisen.

Schlagworte

Militärrecht, Einberufungsbefehl, Waffenübungen freiwillige, Bescheidbegriff, Verwaltungsverfahren, Abänderung und Behebung von amtswegen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1985:B130.1979

Dokumentnummer

JFT_10149778_79B00130_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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