TE Vfgh Erkenntnis 1985/2/27 B427/78

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.02.1985
beobachten
merken

Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6650 Landwirtschaftliches Siedlungswesen

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Beachte

Anlaßfall zu VfSlg. 10176/1984; ähnlich B665/78 vom selben Tag

Leitsatz

Nö. Flurverfassungs-LandesG; Rechtsverletzung im Anlaßfall nach Feststellung der Verfassungswidrigkeit des §17 Abs1 und 8

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. a) Die Nö. Agrarbezirksbehörde hat mit Bescheid vom 17. Feber 1969 das Verfahren zur Zusammenlegung landwirtschaftlicher Grundstücke in Dietersdorf eingeleitet. Der Besitzstandsausweis und Bewertungsplan wurde durch Auflage zur allgemeinen Einsicht vom 16. August bis 30. August 1971 erlassen. Mit Bescheid vom 25. November 1971 wurde die vorläufige Übernahme der Grundabfindungen angeordnet.

Der Zusammenlegungsplan für das Zusammenlegungsgebiet Dietersdorf wurde mit Bescheid der Agrarbezirksbehörde vom 13. Dezember 1973 erlassen. Gegen diesen Bescheid haben ua. die Grundstückseigentümer L und H M Berufung an den Landesagrarsenat (LAS) erhoben. Die Bf. des verfassungsgerichtlichen Verfahrens haben gegen den Zusammenlegungsplan nicht berufen.

Mit Erk. des LAS vom 25. Jänner 1977 wurde der Berufung von L und H M

teilweise stattgegeben und der Zusammenlegungsplan Dietersdorf dahin

gehend abgeändert, daß das Abfindungsgrundstück ... den Bf.

zugewiesen wurde, während das den Bf. zugewiesene

Abfindungsgrundstück ... in die Grundstücke .../1 und .../2

unterteilt und das Grundstück .../1 den Parteien L und H M zugewiesen wurde.

b) Die gegen das Erk. des LAS vom 25. Jänner 1977 von den Bf. erhobene Berufung hat der Oberste Agrarsenat (OAS) mit Erk. vom 5. April 1978, Z 710.243/04-OAS/78, gemäß §1 AgrVG 1950, §66 Abs4 AVG 1950 iZm. §17 Flurverfassungs-Landesgesetz 1975 (FLG), LGBl. für NÖ 6650-0, als unbegründet abgewiesen.

2. Gegen dieses Erk. (Bescheid) des OAS vom 5. April 1978 richtet sich die unter Berufung auf Art144 B-VG erhobene Beschwerde. Die Bf. behaupten, durch den angefochtenen Bescheid in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf Gleichheit vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden zu sein. Es wird der Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides gestellt.

Der OAS erstattete eine Gegenschrift und beantragte darin die Abweisung der Beschwerde als unbegründet.

II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Bei Beratung über die Beschwerde haben sich Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des §16 Abs1 und des §17 Abs1 und 8 Flurverfassungs-Landesgesetz 1975 (FLG), LGBl. für NÖ 6650-0, ergeben. Der Gerichtshof hat daher aus Anlaß dieser (sowie der zu B665/78 protokollierten) Beschwerde gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit dieser Gesetzesbestimmungen eingeleitet. Mit Erk. vom 3. Oktober 1984, G59/82, G68/82, hat der Gerichtshof - unter Bedachtnahme auf den Umstand, daß die geprüften Bestimmungen im Zeitpunkt der Fällung des Erk. zufolge der Nov. zum Flurverfassungs-Landesgesetz 1975, LGBl. 6650-2, bereits außer Kraft getreten waren - festgestellt, daß §16 Abs1 nicht verfassungswidrig war, jedoch §17 Abs1 und 8 verfassungswidrig war.

2. Hat der VfGH gemäß Art140 Abs4 B-VG ausgesprochen, daß ein Gesetz verfassungswidrig war, so sind gemäß Abs7 dieses Verfassungsartikels alle Gerichte (auch der VfGH selbst) und Verwaltungsbehörden an den Spruch des VfGH gebunden. Dies bedeutet, daß ein auf ein solchermaßen als verfassungswidrig festgestelltes Gesetz gestützter Bescheid so zu beurteilen ist, als ob die als verfassungswidrig festgestellte Regelung schon im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides dem Rechtsbestand nicht angehört hätte und demgemäß nicht anzuwenden gewesen wäre.

Die im Erk. vom 3. Oktober 1984 enthaltene Feststellung, daß §17 Abs1 und 8 FLG verfassungswidrig waren, wirkt sich daher - da diese Gesetzesbestimmungen eine tragende Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid bildeten - für das Anlaßbeschwerdeverfahren dahin aus, daß die Bf. durch den angefochtenen Bescheid iS des Art144 Abs1 B-VG und §87 Abs1 VerfGG 1953 idF BGBl. 311/1976 wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden sind (vgl. bezüglich der Anwendung einer als gesetzwidrig festgestellten V VfSlg. 9759/1983 und 9907/1983).

3. Der angefochtene Bescheid war daher aufzuheben.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1985:B427.1978

Dokumentnummer

JFT_10149773_78B00427_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten