TE Vfgh Erkenntnis 1985/3/2 B248/83, B431/83, B571/83

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Veröffentlicht am 02.03.1985
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Index

90 Straßenverkehrsrecht, Kraftfahrrecht
90/02 Kraftfahrgesetz 1967

Norm

B-VG Art83 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Allg
B-VG Art144 Abs1 / Prüfungsmaßstab
AVG §38
AVG §73
KFG 1967 §66
KFG 1967 §73 Abs1
KFG 1967 §74 Abs1

Leitsatz

AVG; KFG 1967; in gemäß §§73 Abs1 und 74 Abs1 KFG 1967 anhängigen Führerscheinentzugsverfahren sind auch (als Vorfragen iS des §38 AVG 1950) Fragen zu beurteilen, die als Hauptfragen vom Strafgericht oder von einer Verwaltungsbehörde zu entscheiden wären; die gemäß §38 AVG zu lösende Frage, ob die Behörde die Vorfrage selbst entscheidet oder aber das Verfahren aussetzt, ist eine solche der Auslegung eines einfachen Gesetzes (Abgehen von VfSlg. 9538/1982); Abweisung der - infolge der Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung der Vorfragen gestellten - Devolutionsanträge; keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter

Spruch

Die Beschwerden werden abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. a) Die Bundespolizeidirektion Linz entzog mit Bescheid vom 14. Mai 1982 gemäß §73 Abs1 des Kraftfahrgesetzes 1967, BGBl. 267 (KFG), W K die Lenkerberechtigung auf die Dauer von 36 Monaten, weil er als verkehrsunzuverlässig iS des §66 KFG anzusehen sei; dies deshalb, weil er in den Jahren 1980 und 1981 "nach den von der Bundespolizeidirektion Linz durchgeführten kriminalpolizeilichen Ermittlungen umfangreiche und schwerwiegende gerichtlich strafbare Handlungen, insbesondere Betrügereien begangen" habe.

Gegen diesen Bescheid erhob W K fristgerecht Berufung an den Landeshauptmann von OÖ. Da diese Behörde über das Rechtsmittel nicht innerhalb der in §75 Abs5 KFG vorgesehenen dreimonatigen Frist entschieden hatte, stellte W K beim Bundesministerium für Verkehr einen auf §73 Abs2 AVG 1950 iVm. der zitierten Bestimmung des KFG gestützten Devolutionsantrag.

Der Bundesminister wies mit Bescheid vom 14. April 1983 dieses Verlangen gemäß §73 Abs2 AVG 1950 ab.

Er begründete dies im wesentlichen damit, daß gegen den Bf. ein strafgerichtliches Verfahren laufe, dessen Ausgang für die Entscheidung des Führerscheinentzugsverfahrens wesentlich sei. Ein verwaltungsbehördliches Ermittlungsverfahren, das parallel zum Gerichtsverfahren durchgeführt würde, entspreche nicht den Grundsätzen des §39 Abs2 zweiter Satz AVG 1950. Die Behörde sei daher berechtigt, das Verfahren gemäß §38 AVG 1950 bis zum Abschluß des gerichtlichen Strafverfahrens auszusetzen. Die Verzögerung der Entscheidung sei nicht ausschließlich auf ein Verschulden des Landeshauptmannes von OÖ zurückzuführen, weshalb dem Verlangen auf Übergang der Zuständigkeit keine Folge zu geben sei.

b) Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt entzog - ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens - mit Bescheid vom 9. September 1982 L M gemäß §74 Abs1 KFG wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf die Dauer von sieben Monaten ab 1. September 1982 die Lenkerberechtigung.

Dagegen erhob L M am 13. September 1982 fristgerecht Vorstellung. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt leitete daraufhin am 16. September 1982 wohl ein Ermittlungsverfahren ein, entschied aber über das Rechtsmittel nicht innerhalb der in §75 Abs5 KFG vorgesehenen dreimonatigen Frist. Aus diesem Grunde brachte L M am 11. April 1983 beim Landeshauptmann von OÖ einen Devolutionsantrag (§73 AVG 1950) ein. Der Landeshauptmann lehnte mit Bescheid vom 27. Mai 1983 das Verlangen auf Übergang der Zuständigkeit mit der Bergründung ab, die Bezirkshauptmannschaft Freistadt treffe an der Verzögerung der Entscheidung nicht das überwiegende Verschulden, weil gegen den Antragsteller ein Verwaltungsstrafverfahren anhängig war, dessen Ausgang für das Führerscheinentzugsverfahren von maßgebender Bedeutung gewesen sei.

c) Die Bundespolizeidirektion Linz entzog - ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens - mit Bescheid vom 23. Juli 1982 Dr. H H gemäß §74 Abs1 KFG wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf die Dauer von sechs Monaten ab 12. Juli 1982 die Lenkerberechtigung.

Dagegen erhob Dr. H am 3. August 1982 fristgerecht Vorstellung. Die Bundespolizeidirektion Linz leitete daraufhin am 5. August 1982 wohl ein Ermittlungsverfahren ein, entschied aber über das Rechtsmittel nicht innerhalb der in §75 Abs5 KFG vorgesehenen dreimonatigen Frist. Aus diesem Grunde brachte Dr. H am 17. Mai 1983 beim Landeshauptmann von OÖ einen (zweiten) Devolutionsantrag (§73 AVG 1950) ein. Der Landeshauptmann lehnte mit Bescheid vom 21. Juli 1983 das Verlangen auf Übergang der Zuständigkeit mit der Begründung ab, die Verzögerung der Entscheidung sei nicht auf ein Verschulden der Bundespolizeidirektion Linz zurückzuführen, weil gegen Dr. H ein Verwaltungsstrafverfahren anhängig war, dessen Ausgang für das Führerscheinentzugsverfahren von maßgebender Bedeutung gewesen sei.

2. Gegen diese die Devolutionsanträge abweisenden Bescheide des Bundesministers für Verkehr und des Landeshauptmannes von OÖ wenden sich die vorliegenden, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerden an den VfGH (W K zu B248/83, L M zu B431/83 und Dr. H H zu B571/83), in denen die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der bekämpften Bescheide beantragt wird.

L M und Dr. H H begehren überdies hilfsweise, die von ihnen erhobenen Beschwerden dem VwGH abzutreten.

3. Der Bundesminister für Verkehr hat zu B248/83 die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.

Der Landeshauptmann von OÖ hat zu B431/83 und zu B571/83 gleichfalls die Akten der Verwaltungsverfahren vorgelegt, er hat auch Gegenschriften erstattet, in denen er die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden begehrt.

4. W K hat gegen denselben Bescheid des Bundesministers für Verkehr, gegen den sich seine zu B248/83 erhobene VfGH-Beschwerde richtet, eine Parallelbeschwerde beim VwGH erhoben. Diese Beschwerde wurde mit Erk. des VwGH vom 20. September 1983, Z 83/11/0087, abgewiesen. Das Erk. ist im wesentlichen wie folgt begründet:

"Der Beschwerdeführer geht in der Beschwerde selbst mehrmals davon aus, daß die Frage, ob er die ihm zur Last gelegten strafbaren Handlungen tatsächlich begangen hat, für die Beurteilung seiner Verkehrszuverlässigkeit gemäß §66 KFG 1967 von entscheidender Bedeutung ist und sohin bei Erlassung des Bescheides über die Berufung des Beschwerdeführers, die sich gegen eine aus diesem Grunde erfolgte Entziehung der Lenkerberechtigung gemäß §73 Abs1 KFG 1967 richtet, eine Vorfrage im Sinne des §38 AVG 1950 darstellt. Der Beschwerdeführer räumt daher ein, daß der Landeshauptmann von Oberösterreich im Sinne dieser Gesetzesstelle die Möglichkeit gehabt hätte, entweder die wesentliche Vorfrage, die als Hauptfrage von den Strafgerichten zu entscheiden ist, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung seinem Bescheid zugrundezulegen, oder aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage auszusetzen. Wenn die Berufungsbehörde nicht den erstgenannten Weg habe gehen wollen, so hätte sie seiner Meinung nach die Aussetzung in Form eines 'gesondert anfechtbaren' verfahrensrechtlichen Bescheides verfügen müssen. Darin, daß dies nicht geschehen sei, sei - wie auch der VfGH in seinem Erkenntnis vom 12. Oktober 1982, B382/81, ausgesprochen habe - das Verschulden der Berufungsbehörde zu erblicken.

Richtig ist, daß der VfGH in dem genannten Erkenntnis die Rechtsauffassung des VwGH, wie sie in dessen Erkenntnis vom 15. September 1969, Slg. NF Nr. 7632/A, zum Ausdruck kommt, nicht geteilt hat. Nach Ansicht des VfGH sei es zur Vermeidung einer schuldhaften Verzögerung der Entscheidungspflicht der Behörde vielmehr erforderlich, daß ein Aussetzungsbescheid erlassen wird. Wohl treffe der vom VwGH im erwähnten Erkenntnis zur Begründung seiner Ansicht gemachte Hinweis zu, daß die Vorschriften des §38 AVG 1950 sinnlos wären, würden sie der Befristung des §73 AVG 1950 unterliegen, da der säumigen Behörde kein Einfluß auf den Zeitpunkt der Entscheidung der über die Vorfrage als Hauptfrage erkennenden Behörde zustehe. Gerade deshalb aber gebiete eine rechtsschutzfreundliche Auslegung, das Vermeiden schuldhafter Verzögerung der Entscheidungspflicht daran zu knüpfen, daß ein - bekämpfbarer - Aussetzungsbescheid erlassen werde, da nur so die Partei in die Lage komme, sich gegen die Säumnis zu wehren. Der VwGH sieht aber keine Veranlassung, auf Grund der Erwägungen des VfGH von seiner bisherigen Rechtsauffassung abzugehen, wobei der Beschwerdeführer darauf aufmerksam gemacht wird, daß divergierende Auffassungen des VwGH und des VfGH zu einer bestimmten Rechtsfrage keinen Grund für eine Verstärkung des Senates im Sinne des §13 VwGG 1965 abgeben.

Bei Beurteilung der Frage, ob der Landeshauptmann von Oberösterreich schuldhaft seine Entscheidungspflicht verletzt hat, kommt es nach Ansicht des VwGH nicht darauf an, daß diese Behörde dann, wenn sie - mit Rücksicht auf den Umfang der in Rede stehenden strafbaren Handlung und darauf, daß eine selbständige Lösung der Vorfrage mit großem Aufwand verbunden und völlig unzweckmäßig gewesen wäre - mit der Entscheidung über die Berufung des Beschwerdeführers bis zu rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage durch die Strafgerichte zuwarten wollte, verpflichtet gewesen wäre, einen entsprechenden Aussetzungsbescheid zu erlassen. Entscheidend ist einzig und allein, ob durch das Vorgehen der säumigen Behörde diese das Verfahren schuldhaft verzögert hat. Nun kann aber diesbezüglich kein Unterschied darin gesehen werden, ob bei Vorliegen der Voraussetzungen nach §38 zweiter Fall AVG 1950 das Berufungsverfahren förmlich ausgesetzt wird oder nicht, zumal eine Verzögerung dieses Verfahrens in beiden Fällen gleichermaßen eintritt; die Verzögerung des Verfahrens wäre also nicht geringer gewesen, wenn ein Aussetzungsbescheid ergangen wäre. Ausschlaggebend kann daher in diesem Zusammenhang nur sein, ob die säumige Behörde berechtigt gewesen wäre, das Verfahren auszusetzen. War dies der Fall, so hatte der Umstand, daß nicht eigens ein Aussetzungsbescheid erlassen wurde, keinen Einfluß auf die entstandene Verzögerung des Verfahrens. Nur wenn die säumige Behörde zur Aussetzung nicht berechtigt gewesen wäre, könnte von einem Verschulden auf ihrer Seite gesprochen werden. Die Frage, ob die Aussetzung gerechtfertigt gewesen wäre, wurde aber im Beschwerdefall - ebenso, wie wenn gegen einen Aussetzungsbescheid ein Rechtsmittel ergriffen worden wäre - von der belangten Behörde geprüft und damit dem Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers, der - wie gesagt - im übrigen gar nicht bestreitet, daß die Berechtigung zur Aussetzung des Verfahrens gegeben war, hinreichend Rechnung getragen."

II. Der VfGH hat über die - zulässigen - Beschwerden erwogen:

1. a) Die Bf. wären durch die bekämpften Bescheide im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht, dem gesetzlichen Richter nicht entzogen zu werden, verletzt worden, wenn die bel. Beh. den Antrag auf Zuständigkeitsübergang rechtswidrigerweise abgewiesen hätten (vgl. die ständige Rechtsprechung des VfGH, zB VfSlg. 9538/1982 und die dort zitierte weitere Vorjudikatur).

b) Der Landeshauptmann von OÖ (B248/83), die Bezirkshauptmannschaft Freistadt (B431/83) und die Bundespolizeidirektion Linz (B571/83) haben über die von den Bf. eingebrachten Rechtsmittel nicht innerhalb der im §75 Abs5 KFG iVm. §73 Abs1 AVG 1950 vorgesehenen Frist von drei Monaten bescheidmäßig abgesprochen. Der Bundesminister für Verkehr (B248/83) bzw. der Landeshauptmann von OÖ (B431/83 und B571/83) sind die sachlich in Betracht kommenden Oberbehörden. Die Devolutionsanträge wurden bei ihnen eingebracht.

c) Die bel. Beh. meinen aber, die Devolutionsanträge seien dennoch abzuweisen gewesen, weil die Verzögerung der Entscheidungen durch die Unterbehörden nicht ausschließlich auf deren Verschulden zurückzuführen sei; sie seien gemäß §38 AVG 1950 berechtigt gewesen, das Verfahren bis zum Abschluß der gegen die Bf. anhängigen Strafverfahren auszusetzen.

d) Gemäß §73 Abs1 bzw. §74 Abs1 KFG ist ua. den Besitzern einer Lenkerberechtigung, die nicht mehr iS des §66 KFG verkehrszuverlässig sind, die Lenkerberechtigung (vorübergehend) zu entziehen. Bei der Entscheidung, ob die Verkehrszuverlässigkeit (noch) gegeben ist, ist dem §66 Abs1 und 2 KFG zufolge zu klären, ob die Person für die Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit maßgebende gerichtlich strafbare Handlungen oder Verwaltungsübertretungen begangen hat.

Die Behörden hatten sohin in den bei ihnen anhängigen Führerscheinentzugsverfahren (auch) Fragen zu beurteilen, die als Hauptfragen vom Strafgericht oder von einer Verwaltungsbehörde zu entscheiden wären, Fragen, die für die Entscheidung der Führerscheinentzugsbehörden eine notwendige Grundlage bildeten und daher bei ihrer Beschlußfassung berücksichtigt werden mußten. Bei diesen Fragen handelte es sich sohin um Vorfragen iS des §38 AVG 1950. Diese Vorfragen waren damals bereits Gegenstand von anhängigen strafgerichtlichen bzw. verwaltungsbehördlichen Verfahren.

Der VfGH hat im Erk. vom 12. Oktober 1982, B382/81

(= VfSlg. 9538/1982) (zitiert im Erk. des VwGH vom 20. September 1983, Z 83/11/0087 - s. oben I.4.), in einem ähnlich gelagerten Fall ausgeführt:

"Da das KFG keine von §38 AVG 1950 abweichenden Sondervorschriften enthält, hatte die Behörde die in ihr Ermessen gestellte Wahl, entweder die Vorfrage 'nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen' oder aber das Verfahren auszusetzen (vgl. Mannlicher - Quell, Das Verwaltungsverfahren 8, Anm. 2 zu §38 AVG).

Die Behörde hat hier nicht in Aussicht genommen, den ersten Weg zu wählen. ... Wenn die Behörde aber den zweiten Weg - nämlich die Aussetzung des Verfahrens - gehen wollte, hätte sie die Aussetzung in Form eines - anfechtbaren - verfahrensrechtlichen Bescheides verfügen müssen (vgl. hiezu VwSlg. 5238 A/1960). Entgegen der vom VwGH in dem - von der belangten Behörde zitierten - Erkenntnis VwSlg. 7632 A/1969 vertretenen Meinung reicht es zur Vermeidung einer schuldhaften Verzögerung der Entscheidungspflicht der Behörde nicht aus, daß die säumige Behörde berechtigt gewesen wäre, das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage auszusetzen; vielmehr ist - wie dargetan - hiefür erforderlich, daß ein Aussetzungsbescheid erlassen wird. Wohl trifft der vom VwGH im erwähnten Erkenntnis zur Begründung seiner Ansicht gemachte Hinweis zu, daß die Vorschriften des §38 AVG 1950 sinnlos wären, würden sie der Befristung des §73 AVG 1950 unterliegen, da der säumigen Behörde kein Einfluß auf den Zeitpunkt der Entscheidung der über die Vorfrage als Hauptfrage erkennenden Behörde zustehe. Gerade deshalb aber gebietet eine rechtsschutzfreundliche Auslegung, das Vermeiden einer schuldhaften Verzögerung der Entscheidungspflicht daran zu knüpfen, daß ein - bekämpfbarer - Aussetzungsbescheid erlassen wird, da nur so die Partei in die Lage kommt, sich gegen die Säumnis zu wehren.

Da ein solcher Aussetzungsbescheid hier nicht erging und sonst keine Gründe erkennbar sind, daß die Verzögerung der Entscheidung durch die Behörde erster Instanz nicht ausschließlich auf deren Verschulden zurückzuführen ist, ist die Entscheidungspflicht auf Grund des Antrages des Beschwerdeführers beim Landeshauptmann von Wien auf diesen übergegangen. Da die belangte Behörde dies verkannt hat, hat sie den Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt."

e) Der VfGH hält diese Rechtsprechung nicht länger aufrecht: Die zu lösende Frage ist eine solche der Auslegung eines einfachen Gesetzes. Deshalb schließt sich der VfGH im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der beiden Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes der Meinung des VwGH an, zumal gegen das Ergebnis dieser Judikatur aus verfassungsrechtlicher Sicht nichts einzuwenden ist.

Aus dem Gesagten ergibt sich, daß die Behörden die Devolutionsanträge zu Recht abgewiesen haben. Die Bf. sind sohin nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

2. Da die Behörden richtig entschieden haben, ist es ausgeschlossen, daß die Bf. in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt wurden (vgl. zB VfSlg. 9523/1982). Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften ist es auch ausgeschlossen, daß sie in ihren Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurden.

Die Beschwerden waren daher abzuweisen.

Schlagworte

Verwaltungsverfahren, Devolution, Vorfrage, Kraftfahrrecht, Lenkerberechtigung, VfGH / Prüfungsmaßstab, Bindung (des VfGH an VwGH)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1985:B248.1983

Dokumentnummer

JFT_10149698_83B00248_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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