TE Vfgh Erkenntnis 1985/6/17 B513/83

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Veröffentlicht am 17.06.1985
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Index

L3 Finanzrecht
L3700 Benützungsabgabe, Gebrauchsabgabe

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art18 Abs1
StGG Art5
F-VG 1948 §8 Abs3
Wr GebrauchsabgabeG 1966 Tarif C Post 1

Leitsatz

Wr. GebrauchsabgabeG 1966; Tarif C Post 1 ausreichend bestimmt iS des Art18 B-VG; keine Bedenken gegen die Bemessungsgrundlage in Tarif C Post 1; diese Gebrauchsabgabe keine der geltenden Umsatzsteuer gleichartige Abgabe von demselben Besteuerungsgegenstand iS des §8 Abs3 F-VG; keine denkunmögliche und keine willkürliche Vorschreibung von Gebrauchsabgabe in Anwendung des Tarifes C Post 1 "für den ausgedehnteren Gebrauch von öffentlichem Gemeindegrund" für Zwecke der Verkabelung (nachdem zunächst Tarif B Anwendung gefunden hat); keine Verletzung im Eigentums- und im Gleichheitsrecht

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Nach §1 des Wr. Gebrauchsabgabegesetzes 1966, LGBl. 20, ist für den Gebrauch von öffentlichem Gemeindegrund, der als Vekehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes, vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn der Gebrauch über die widmungsmäßigen Zwecke dieser Fläche hinausgehen soll (Abs1). Die im angeschlossenen Tarif angegebenen Arten des Gebrauchs von öffentlichem Gemeindegut gehen über die widmungsmäßigen Zwecke hinaus (Abs2).

Der Träger der Gebrauchserlaubnis hat nach §9 des Gesetzes eine Gebrauchsabgabe zu entrichten (Abs1). Die Erhebung der Abgabe geschieht nach §10 entweder durch bescheidmäßige Festsetzung - als einmalige Abgabe (Tarif A) oder wiederkehrende Jahresabgabe (Tarif B) - oder durch Selbstbemessung in Hundertsätzen aller Bruttoeinnahmen, die iZm. der Gebrauchserlaubnis erzielt werden (Tarif C). Ua. beträgt die Jahresabgabe für ober- oder unterirdische Draht-, Kabel- oder sonstige Leitungen je Längenmeter 1 S (Tarif B Post 21), während für Unternehmen, zu deren bestimmungsgemäßer Betriebsführung eine ausgedehntere Inanspruchnahme der öffentlichen Verkehrsflächen erforderlich ist (zB bei Schienenbahnen, Freileitungen, unterirdischen Einbauten, wie Rohr- oder Kanalleitungen, notwendige Hilfseinrichtungen udgl.), im Wege der Selbstbemessung 3 vH der Bruttoeinnahmen erhoben werden (Tarif C Post 1). Die Abgabe ist mit Ausnahme der Selbstbemessungsabgabe in dem die Gebrauchserlaubnis erteilenden Bescheid oder durch gesonderten Abgabenbescheid festzusetzen (§11 Abs1).

2. Am 1. März 1978 erteilte der Magistrat Wien (Abt. 35) der bf. Gesellschaft das alleinige (ausschließliche) Recht,

"den öffentlichen Gemeindegrund, einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes durch die Verlegung von Koaxialkabeln zum Zwecke der Errichtung einer Großgemeinschaftsantennenanlage benützen zu dürfen."

Punkt 3 der beigefügten Bedingungen lautet:

"Die Festsetzung der Längenmeter der Leitungen hat entsprechend dem Gebrauchsabgabegesetz 1966 zu erfolgen und wird die entsprechende Abgabe dem Baufortschritt Rechnung tragen."

Im Anschluß an die Rechtsmittelbelehrung enthält der Bescheid den Hinweis, daß gemäß Post 21 Tarif B des Gesetzes zur gegebenen Zeit pro Längenmeter eine Gebrauchsabgabe von 1 S zu entrichten sei, die jeweils für ein Abgabenjahr (1. Mai bis 30. April des nächstfolgenden Jahres) vorgeschrieben wird.

Mit Bescheid vom 30. Juni 1978 wurde "im Nachhang zum Grundsatzbescheid vom 1. März 1978" über Antrag die Gebrauchserlaubnis zur Benützung von öffentlichem Gemeindegrund im

10. und 22. Bezirk mit insgesamt 6190 m Länge erteilt, gemäß Tarif B Post 21 eine Gebrauchsabgabe von 6190 S bemessen und bestimmt, daß die Einzahlung für das Abgabenjahr 1978 binnen 30 Tagen und in weiterer Folge bis zum 2. Mai jeden Jahres zu erfolgen habe.

3. Mit Bescheid vom 25. März 1980 wurde der bf. Gesellschaft "für den ausgedehnteren Gebrauch von öffentlichem Gemeindegrund" in der Zeit vom 1. April 1979 bis 31. Dezember 1979 in Anwendung des Tarifs C Post 1 Gebrauchsabgabe in der Höhe von 274000 S samt Säumniszuschlag vorgeschrieben. Die im Rahmen des Gesellschaftszweckes durchgeführte Verkabelung bedinge zwangsläufig eine ausgedehntere Inanspruchnahme von Gemeindegrund. Während der Zeit des sogenannten Probebetriebes vor dem 1. April 1979 seien weder diese ausgedehntere Inanspruchnahme noch die im Tarif C geforderten Einnahmen vorgelegen, sodaß hilfsweise Tarif B herangezogen worden sei. Bemessungsgrundlage sei ein - durch Nachschau ermittelter - Betrag von 14873460,09 S (ohne Mehrwertsteuer) abzüglich der 5740127,77 S aus jenem Gebiet, das der Bescheid vom 30. Juni 1978 erfasse.

Die gegen den Bescheid vom 25. März 1980 gerichtete Berufung blieb erfolglos. Der nach Aufhebung eines (ersten) Berufungsbescheides (wegen unzulässiger Intimation) durch den VwGH ergangene, nunmehr beim VfGH angefochtene (zweite) Berufungsbescheid folgert aus der einem Erk. des VwGH vom 23. Juni 1978, Z 1667/77 (VwSlg. 9601 A/1978) entnommenen These, wonach die Abgabepflicht in vollem Umfang erst im Verfahren über die Feststellung der Abgabepflicht durch die Abgabenbehörde zu beurteilen sei und durch die zur Erlaubniserteilung zuständigen Behörde nur als Vorfrage beurteilt werde, welche Tarifpost auf den zu bewilligenden Gebrauch anzuwenden sei, daß der Bescheid vom 1. März 1978 für die Abgabenbehörde bezüglich des anzuwendenden Tarifs keine Wirkung haben könne. Die Verlegung von Kabeln könne sowohl unter Tarif B Post 21 als auch unter Tarif C Post 1 subsumiert werden; hier aber lägen die Voraussetzungen des Tarifs C vor:

"Die Berufungswerberin selbst beruft sich in ihrer Eingabe vom 2. Juli 1979 darauf, daß sie die Gebrauchserlaubnis unmißverständlich für das gesamte Stadtgebiet von Wien für die Errichtung einer Gemeinschaftsantennenanlage für ganz Wien beantragt habe, und ist auch im zitierten Bescheid vom 1. März 1978 über die Erteilung der Gebrauchserlaubnis keine örtliche Einschränkung enthalten, er bezieht sich somit auf den ganzen Ortsbereich von Wien. Eine noch 'ausgedehntere' Inanspruchnahme des Gemeindegrundes als diese ist somit nicht einmal denkbar. Auch liegt auf der Hand, daß diese 'ausgedehntere Inanspruchnahme' des Gemeindegrundes zur bestimmungsgemäßen Betriebsführung der Berufungswerberin gehört. Die Berufungsbehörde kommt daher zu dem Schluß, daß für die der Berufungswerberin erteilte Gebrauchserlaubnis der Tarif C Post 1 anzuwenden ist. Daran ändert auch nichts der Umstand, daß die Abgabenbehörde erster Instanz bereits mit dem zitierten Bescheid vom 30. Juni 1978 den Tarif B Post 21 (für Verkabelungen im 10. und 22. Bezirk) angewendet hat, da die Berufungsbehörde bei der Beurteilung der vorliegenden Berufung an eine Rechtsansicht der Erstinstanz nicht gebunden sein kann, und jener räumliche Bereich, der mit dem zitierten Abgabenbescheid vom 30. Juni 1978 erfaßt wurde, nicht Gegenstand der nunmehr angefochtenen Vorschreibung ist.

Ab wann die 'ausgedehntere' Inanspruchnahme des Gemeindegrundes tatsächlich erfolgte, kann im übrigen dahingestellt bleiben. Wesentlich ist, daß die Berufungswerberin jedenfalls im Bemessungszeitraum im Zusammenhang mit der erteilten Gebrauchserlaubnis Einnahmen erzielt hat, die nunmehr zur Bemessung heranzuziehen sind, wobei bemerkt wird, daß nach den Feststellungen im erstbehördlichen Verfahren die erste Fakturierung per April 1979 erfolgte und sich auf den Zeitraum vor April 1979 bis inklusive Juni 1979 bezog."

Daß die Einnahmen der bf. Gesellschaft ohne die Inanspruchnahme des öffentlichen Grundes nicht erzielt hätten werden können, liege auf der Hand.

4. In der Beschwerde wird die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums und Gleichheit vor dem Gesetz und die Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes gerügt. Der Begriff der ausgedehnteren Inanspruchnahme sei aus dem Blickwinkel des Art18 B-VG zu unbestimmt, in gleichheitswidriger Weise würde aus der Summe der Bedingungen für die Erzielung von Einnahmen allein die Gebrauchserlaubnis herausgegriffen, die Einnahmen seien auch kein sachlicher Maßstab für das Ausmaß des Gebrauches, Unternehmer würden schlechter behandelt als Privatleute und es mangelte auch an der erforderlichen Äquivalenz zwischen Leistung und Abgabe; die Abgabe verstoße schließlich als Spezialumsatzsteuer gegen das Verbot gleichwertiger Abgaben von demselben Besteuerungsgegenstand (§8 Abs3 F-VG).

II. Die Beschwerde ist nicht begründet.

1. Eine das Eigentumsrecht verletzende denkunmögliche Gesetzesanwendung sieht die Beschwerde in der Besteuerung nach Tarif C, weil der Bescheid über die Erteilung der Gebrauchserlaubnis vom 1. März 1978 durch die Aussage, die Festsetzung der Längenmeter der Leitung habe entsprechend dem Gesetz zu erfolgen und die Abgabe werde dem Baufortschritt Rechnung tragen, schon rechtskräftig die Maßgeblichkeit des Tarifs B festgelegt habe. VwSlg. 9601 A/1978 habe sich nur auf die Behörden zweiter Instanz beziehen können, denn der Magistrat sei sowohl zur Erteilung der Gebrauchserlaubnis wie zur Festsetzung der Abgabe zuständig. Die Gebrauchserlaubnis sei weder auf ein Teilgebiet der Stadt noch auf einen Probebetrieb eingeschränkt gewesen. Tarif B und C könnten nicht wahlweise herangezogen werden; wäre ein Fall des Tarifs C vorgelegen, wäre auch keine Gebrauchsabgabe zu zahlen gewesen, solange keine Einnahmen erzielt wurden (wenngleich den Gebrauchsberechtigten die Erklärungspflicht getroffen hätte).

In keinem dieser Vorwürfe kann der VfGH einen Umstand finden, der in die Verfassungssphäre reichen würde. Es ist wohl richtig, daß VwSlg. 9601 A/1978 sich nur mit dem Bescheid über eine Gebrauchserlaubnis beschäftigt, die erst in zweiter Instanz der Wr. Stadtsenat erteilt hatte, und daß sich aus dieser Entscheidung nur ergibt, daß für die (in zweiter Instanz allein vom Wr. Stadtsenat zu beantwortende) Frage der Erforderlichkeit einer Gebrauchserlaubnis die Unterstellung des Sachverhaltes unter eine im Tarif angegebene Art des Gebrauchs eine bloße Vorfrage bildet (§1 Abs2 des Gesetzes), wogegen §11 Abs1 GebrauchsabgabeG erlaubt, schon im Bescheid über die Gebrauchserlaubnis auch über die Abgabe mit zu entscheiden. Es ist aber nicht schlechthin ausgeschlossen, die Tarifbestimmung C Post 1 so zu verstehen, daß eine ausgedehntere Inanspruchnahme erst dann anzunehmen ist, wenn die Nutzung des Gemeindegrundes tatsächlich das entsprechende Ausmaß erreicht hat, sodaß vor diesem Zeitpunkt (und zwar ohne Rücksicht auf die Erzielung von Einnahmen) nur der Tarif B anzuwenden ist. Denn bei Bedachtnahme auf Sinn und Zweck des Gesetzes ist der Schluß zulässig, daß die für die Bemessung maßgeblichen Bruttoeinnahmen mit der (durch die Gebrauchserlaubnis gedeckten) ausgedehnteren Inanspruchnahme des Gemeindegrundes selbst im Zusammenhang stehen müssen. Geht man aber von dieser - möglichen - Auffassung aus, dann läge in der Bedachtnahme auf Längenmeter und Baufortschritt im Bescheid vom 1. März 1978 keine endgültige Fixierung der fortdauernden Maßgeblichkeit eines bestimmten Tarifs, sondern ein Hinweis auf die (vorläufige) Heranziehung von Tarif B, verbunden mit dem Vorbehalt anderer Berechnung nach Maßgabe des Baufortschritts. Der Annahme, die Voraussetzungen der Anwendung des Tarifs C seien erst mit Beginn der Einnahmen aus der bestimmungsgemäßen Betriebsführung erfüllt gewesen, kann folglich nicht der Makel völliger Gesetzlosigkeit anhaften. Ob die Behörde die Zulässigkeit der Abgabenvorschreibung zu Recht bejaht hat, ist aber nicht vom VfGH zu prüfen (vgl. VfSlg. 6740/1972 und 7144/1973).

Gleiches gilt in bezug auf den Vorwurf der Gleichheitsverletzung durch Übung von Willkür, den die Beschwerde unter Hinweis auf die gleichen Gründe erhebt (der Verweis auf die "in Punkt 9 angeführten" Gründe meint offenkundig Punkt 10).

Der Versuch der Beschwerde - iZm. dem Vorwurf der Unbestimmtheit der Post 1 des Tarifs C -, aus dem Fehlen eines Hinweises auf Kabelleitungen in Tarif C die verfassungsrechtliche Notwendigkeit einer Anwendung des Tarifs B abzuleiten, ist doppelt verfehlt: Die angegriffene Norm ist unbedenklich (s. sogleich unter 2.a), und ein Mangel an Bestimmtheit könnte durch ihre Nichtanwendung auf Kabelleitungen auch gar nicht wettgemacht werden.

Was die Beschwerde dem Vollzug sonst entgegenhält, trifft nicht die Anwendbarkeit der Post 1 des Tarifs C, sondern die Verfassungsmäßigkeit der Gesetzesstelle und ihrer Auslegung durch die Behörde und ist daher iZm. der Norm zu erörtern.

2. Die angewendeten Vorschriften des GebrauchsabgabeG begegnen auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

a) Post 1 des Tarifs C hält die Beschwerde für unbestimmt, weil mangels einer festen Bezugsgröße (eines in bestimmter Weise ausgedehnten Gebrauchs) nicht ermittelt werden könne, was ein ausgedehnterer Gebrauch sei; auch sei denkbar, daß der Komparativ sich nicht auf den Positiv, sondern auf das Gegenteil beziehe (der ausgedehntere Gebrauch also noch nicht ausgedehnt sein müsse); der Inhalt der Post 1 sei insofern auch durch die Beispiele nicht geklärt. Daß ein strenger Maßstab anzulegen sei, zeige sich bei der Vorstellung, daß für Personen mit "höherem Einkommen" ein höherer Steuersatz gelten würde. Die mit Bescheid vom 30. Juni 1978 vorgeschriebene Jahresabgabe würde für den gleichen Bereich als Selbstbemessungsabgabe auf das 30fache springen.

Diesem Vorbringen ist einzuräumen, daß der Begriff der "ausgedehnteren" Inanspruchnahme nicht scharf ist und zu Abgrenzungsschwierigkeiten führen kann. Zur bestimmungsgemäßen Betriebsführung erforderlich ist eine ausgedehntere Inanspruchnahme des in Rede stehenden Gemeindegrundes aber offenkundig nur für bestimmte Typen von Unternehmen. Verbindet das Gesetz einen unbestimmten Rechtsbegriff mit einer demonstrativen Aufzählung einzelner Fälle, so kann die erforderliche Wertung dieser Aufzählung entnommen werden. Die hier im Gesetz genannten Beispiele (Schienenbahnen, Freileitungen, Rohr- und Kanalleitungen) machen nun jedenfalls deutlich, daß es sich um Unternehmen handeln muß, die ihrer Art nach darauf ausgerichtet sind, sich das Netz der öffentlichen Verkehrsflächen für weitverzweigte bzw. flächenmäßig oder räumlich die durchschnittliche Sondernutzung weit übersteigende Anlagen nutzbar zu machen. Der VfGH ist der Auffassung, daß der Inhalt der Post 1 des Tarifs C auf diese Weise bestimmt werden kann und die in Randbereichen verbleibenden Zweifel jenes Ausmaß nicht übersteigen, das auch sonst im Abgabenrecht vielfach unvermeidlich ist.

b) Die übrigen verfassungsrechtlichen Angriffe der Beschwerde gehen von der in Tarif C Post 1 vorgesehenen Bemessungsgrundlage aus. Da alle Einnahmen (iZm. der Gebrauchserlaubnis) - im Wege der Selbstbemessung - mit einem bestimmten Prozentsatz besteuert würden, handle es sich im Verhältnis zur Umsatzsteuer um eine nach §8 Abs3 F-VG verbotene gleichartige Abgabe von demselben Besteuerungsgegenstand. Es sei unsachlich - und damit gleichheitswidrig -, alle Einnahmen heranzuziehen, für welche die Gebrauchserlaubnis ursächlich sei. In verfassungskonformer Weise könne nur "der wirtschaftlich gerechtfertigte Anteil" an den Einkommen gemeint sein, der auf die Gebrauchserlaubnis als Einzelursache entfalle. Die Beschwerde vergleicht in diesem Zusammenhang zwei Unternehmen mit demselben Betriebszweck, von denen eines ein Kabel von 50 m über öffentlichen Gemeindegrund führt, das andere ein solches von 5000 m Länge, von denen aber das erste mehr Einnahmen erziele als das zweite, und ein Unternehmen, das sich ausschließlich mit der Verlegung von Kabelleitungen auf öffentlichem Grund für Zwecke des Kabelfernsehens befasse, um diese Leitungen anderen Unternehmungen zur Verfügung zu stellen, mit einem Unternehmen, das (wie die bf. Gesellschaft) Kabelleitungen über öffentlichen Gemeindegrund und private Grundstücke verlege und sie selbst betrieblich verwerte. Auch gebe es keinen sachlichen Grund, Privatleute (Tarif B) und Unternehmer (Tarif C) dermaßen verschieden zu behandeln. Schließlich hätten für die Gebrauchsabgabe dieselben Grundsätze zu gelten, die für die Gebühren entwickelt worden seien:

die Abgabe müsse in einem äquivalenten Verhältnis zur Gebrauchserlaubnis (gemeint offenbar: zu deren Wert) stehen.

Den Schlußfolgerungen der Beschwerde kann der VfGH aber nicht beipflichten. Zwar hat er im Erk. VfSlg. 10305/1984 darauf hingewiesen, daß die Abgabe für den Gebrauch von öffentlichem Grund - ähnlich der Gebühr für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen und -anlagen - den Charakter einer Gegenleistung für die Gebrauchserlaubnis hat. Der Wert der Gebrauchserlaubnis läßt sich indessen keineswegs nach Art des Aufwandes für eine Einrichtung oder Anlage ermitteln. Vielmehr kann die Höhe der Gebrauchsabgabe vom Gesetzgeber ähnlich frei festgesetzt werden wie ein Entgelt über die Benutzung einer Sache von den Vertragsparteien. Die Verfassung setzt dem Gesetzgeber keinen - dem gebührenrechtlichen Äquivalenzprinzip entsprechenden - festen Rahmen, sondern nur äußerste Grenzen: die Gebrauchsabgabe darf nicht völlig außerhalb jeden Verhältnisses zum jeweiligen wirtschaftlichen Wert des erlaubten Gebrauches stehen.

Diese Grenze hält der Gerichtshof hier nicht für überschritten. Da sich die Abgabe in einem festen Satz von 3 vH der Einnahmen aus einem Unternehmen bemißt, dessen bestimmungsgemäße Betriebsführung eine ausgedehntere Inanspruchnahme öffentlichen Grundes erfordert, steht die Höhe der Abgabe bei der gebotenen Durchschnittsbetrachtung in einem vertretbaren Verhältnis zur wirtschaftlichen Bedeutung der Gebrauchserlaubnis für das betreffende Unternehmen. Ähnlich dem privatrechtlichen Benützungsentgelt ist sie vom Ertrag des Unternehmens unabhängig und ein überwälzbarer Kostenfaktor, sodaß aus der Höhe der erzielten Einnahmen ein Schluß auf die wirtschaftliche Bedeutung der Gebrauchserlaubnis gezogen werden kann. Einnahmen aus Unternehmenszweigen ohne Zusammenhang mit der Gebrauchserlaubnis scheiden ohnedies aus. Es ist wohl richtig, daß auch die Höhe der einschlägigen Einnahmen eines Unternehmens nicht in direktem Verhältnis zum Wert der Gebrauchserlaubnis steht. Dieser Umstand ist aber bereits in der Höhe des Prozentsatzes berücksichtigt. Es muß dem Gesetzgeber möglich sein, eine praktisch handhabbare Regelung zu treffen. Wenn die Beschwerde darauf hinweist, daß die wirtschaftliche Rolle der Gebrauchserlaubnis letztlich nur durch ein betriebswirtschaftliches Gutachten geklärt werden könnte, räumt sie damit selbst die Notwendigkeit einer vergröbernden Betrachtung ein. Ihre Beispiele zeigen nur, daß eine gezielte Beschränkung des Unternehmensgegenstandes auf die bloße Verschaffung des erlaubten Gebrauchs die Abgabe niedrig halten kann, während die Zusammenfassung mehrerer - auf diesem Gebrauch aufbauender - Leistungen im selben Unternehmen die Steuerbelastung steigen läßt. Der Gesetzgeber darf aber einen Durchschnittssatz wählen und kann dabei auf übliche - nicht manipulierte - Unternehmensstrukturen abstellen, ohne daß er gezwungen wäre, bereits Vorkehrungen zu treffen, um die Auswirkungen steuersparender Gestaltungsmöglichkeiten wieder abzufangen.

Erweist sich so die Bemessung nach Tarif C als ein (sachlich unbedenklicher) Weg der Besteuerung des Gebrauches des öffentlichen Grundes, dann liegt - trotz gewisser Überschneidungen - auch keine der geltenden Umsatzsteuer gleichartige Abgabe von demselben Besteuerungsgegenstand iS des §8 Abs3 F-VG vor. Der Umsatz ist dann nicht Steuergegenstand, sondern taugliche Berechnungsgrundlage für die Einhebung der Gebrauchsabgabe. Die besonderen Voraussetzungen für die Anwendung des Tarifs C und die Notwendigkeit des Zusammenhanges zwischen den maßgeblichen Einnahmen und dem Gebrauch geben dieser Gebrauchsabgabe auch in der Form des Hundertsatzes der Bruttoeinnahmen ihr selbständiges Gepräge.

Der Gerichtshof kann also die von der Beschwerde vorgetragenen Bedenken gegen die angewendeten Vorschriften auch auf der Basis ihrer Auslegung durch die Behörde insgesamt nicht teilen. Andere vom VfGH wahrzunehmende Rechtsverletzungen sind gleichfalls nicht hervorgekommen. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.

Schlagworte

Gebrauchsabgaben, Rechtsbegriffe unbestimmte, Finanzverfassung, Abgabenwesen, Umsatzsteuer

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1985:B513.1983

Dokumentnummer

JFT_10149383_83B00513_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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