TE Vfgh Beschluss 1985/6/20 G39/85

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Veröffentlicht am 20.06.1985
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
ASVG §94

Leitsatz

Art140 B-VG; Individualantrag auf Aufhebung des §94 ASVG (Ruhen eines Pensionsanspruches nach dem ASVG bei Zusammentreffen mit anderem Erwerbseinkommen); keine Legitimation; Zumutbarkeit des Verwaltungsrechtsweges

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Mit dem auf Art144 B-VG (richtig: Art140 B-VG) gestützten Antrag begehrt der Einschreiter, §94 ASVG entweder zur Gänze oder, soweit er durch die 39. und 40. Nov. zum ASVG erweitert wurde, als verfassungswidrig aufzuheben.

§94 ASVG regelt das Ausmaß des Ruhens eines Pensionsanspruches nach dem ASVG bei Zusammentreffen mit anderem Erwerbseinkommen.

Der Antragsteller vertritt mit näherer Begründung die Ansicht, daß die angefochtene Gesetzesstelle dem auch den Gesetzgeber bindenden Gleichheitsgebot widerspreche.

2. Zur Antragsberechtigung bringt der Einschreiter im wesentlichen vor, daß er weit mehr als 540 Beitragsmonate zur Pensionsversicherung nach dem ASVG aufzuweisen habe, sodaß ein neben seinen Pensionsbezügen von ihm erzieltes Einkommen gemäß §94 ASVG in der bis 31. März 1984 geltenden Fassung zu keiner Pensionskürzung durch Ruhen des Grundbetrages geführt habe, da die in der genannten Regelung enthaltene Altersgrenze (Vollendung des 65. Lebensjahres) von ihm - er befindet sich nun im 80. Lebensjahr - überschritten war. Durch die

39. und die 40. Nov. zum ASVG werde bewirkt, daß ein von ihm erzieltes Erwerbseinkommen im Ausmaß von mehr als 3200 S (3306 S) zu einem (teilweisen oder gänzlichen) Ruhen seiner Pensionsbezüge führe (je nachdem, wie hoch sein sonstiges Erwerbseinkommen wäre). Er habe daher ab 1. April 1984 seine Erwerbstätigkeit so eingerichtet, daß diese nicht zum Ruhen des Grundbetrages führen konnte. Er würde jedoch ein Erwerbseinkommen in einer Höhe erzielen können, daß die in §94 ASVG idgF festgelegte Einkommensgrenze, ab der die Ruhensbestimmungen wirksam würden, überschritten wäre, was zur Folge hätte, daß der "übersteigende Betrag in voller Höhe seine Pensionsbezüge vermindern würde und somit zu dem bereits aufgezeigten Exzeß führen würde". Die Bestimmung verletze somit (auch) das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums.

3. Der VfGH hat zur Frage der Zulässigkeit des Antrages erwogen:

3.1. Beginnend mit dem Beschl. Slg. 8009/1977 hat der VfGH in ständiger Rechtsprechung (s. zB die Beschl. Slg. 8311/1978, 8448/1978) in bezug auf die Legitimation zu einem Individualantrag iS des Art140 Abs1 B-VG den Standpunkt eingenommen, daß diese Berechtigung zur Antragstellung - abgesehen von anderen Voraussetzungen - einen auf bestimmte Weise qualifizierten Eingriff in die Rechtssphäre einer Person fordert; der Eingriff muß insbesondere so beschaffen sein, daß er die rechtlich geschützten Interessen der betreffenden Person nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt. Weiters wurde ausgesagt, daß der durch Art140 Abs1 B-VG dem Einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 9685/1983).

Diese Voraussetzungen sind hier schon deshalb nicht gegeben, weil nach dem Antragsvorbringen der Einschreiter "seine Erwerbstätigkeit so eingerichtet (hat), daß diese nicht zum Ruhen des Grundbetrages führen konnte". Der Einschreiter fühlt sich also nur dadurch beeinträchtigt, daß ein Teil seiner Pensionsansprüche ruhen würde, wenn er seine Erwerbstätigkeit steigern würde. Der Antragsteller tut jedoch nicht dar, warum es ihm unmöglich wäre, durch eine Einkommensteigerung eine Kürzung seiner Pensionsansprüche in einem zumutbaren Ausmaß zu bewirken, die er - nach Ergehen eines Bescheides - bekämpfen könnte. Damit hätte er aber in weiterer Folge die Möglichkeit, seine verfassungsrechtlichen Bedenken nach Ausschöpfung des Instanzenzuges an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts heranzutragen.

3.2. Damit fehlt dem Antragsteller aber schon aus diesem Grunde die Antragslegitimation, weshalb sein Antrag zurückzuweisen ist.

Schlagworte

Sozialversicherung, VfGH / Individualantrag, VfGH / Legitimation, Pensionsversicherung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1985:G39.1985

Dokumentnummer

JFT_10149380_85G00039_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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