TE Vfgh Erkenntnis 1985/9/28 B634/83

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Veröffentlicht am 28.09.1985
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

StGG Art4
StGG Art5
StGG Art6 / Liegenschaftserwerb
Oö GVG 1975 §4 Abs1, §4 Abs3

Leitsatz

Oö. GVG 1975; Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Verkaufes von Grundstücken an eine Motorsportvereinigung gemäß §4 Abs1 und 3; keine Bedenken gegen §4 Abs1 und 3; Freihaltung eines landwirtschaftlich genutzten Grundstückes von einer Verbauung sowie Sicherstellung der Verwendung dieses Grundstückes als Parkfläche von den öffentlichen Interessen des Oö. GVG nicht umfaßt; keine denkunmögliche Gesetzeshandhabung, keine Verletzung im Eigentumsrecht; keine Verletzung im Gleichheitsrecht; kein Verstoß gegen Art4 und Art6 StGG

Spruch

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Bezirksgrundverkehrskommission Schwanenstadt hat mit dem Bescheid vom 3. März 1983 der aufgrund des Kaufvertrages vom 4. Feber 1983 beabsichtigten Übertragung des Eigentumsrechtes an den Grundstücken ..., ... und ... aus der EZ ..., KG Oberndorf, durch K W an die Motorsportvereinigung Schwanenstadt die grundverkehrsbehördliche Genehmigung erteilt.

Der gegen diesen Bescheid von der Landwirtschaftskammer für OÖ (§20 Abs3 Oö. Grundverkehrsgesetz 1975 - Oö. GVG 1975, LGBl. 53/1975) erhobenen Berufung hat die Landesgrundverkehrskommission beim Amt der Oö. Landesregierung mit dem Bescheid vom 7. Juni 1983 Folge gegeben und die grundverkehrsbehördliche Genehmigung zu der im Kaufvertrag vom 4. Feber 1983 vorgesehenen Eigentumsübertragung versagt.

Der Bescheid ist wie folgt begründet:

"Die Motorsportvereinigung Schwanenstadt hat die drei landwirtschaftlich genutzten Grundstücke als Parkplatz für eine motorsportliche Veranstaltung im Jahr erworben. In der übrigen Zeit sollen die Grundstücke weiter landwirtschaftlich genutzt bleiben und zu diesem Zweck an Landwirte verpachtet werden. Gemäß §4 Abs1 o.ö. Grundverkehrsgesetz 1975 müssen Rechtsgeschäfte den dort angeführten öffentlichen Interessen entsprechen. Gemäß dem Absatz 3 dieser Gesetzesstelle dürfen Rechtsgeschäfte, die für die dort angeführten nichtlandwirtschaftlichen Zwecke abgeschlossen werden, der landwirtschaftlichen Nutzung nicht mehr Grund und Boden entziehen, als hiefür notwendig ist, und im übrigen die landwirtschaftliche Nutzung der angrenzenden Grundstücke nicht erheblich erschweren. Nach den Angaben im Gesuch soll die Verwendung als Parkplatz die landwirtschaftliche Nutzung der Grundstücke nicht wesentlich beeinträchtigen. Für die Verwendung dieser Grundstücke steht daher auch in Zukunft die landwirtschaftliche Nutzung im Vordergrund. Nach Ansicht der Landesgrundverkehrskommission ist es nicht gerechtfertigt, für die einmalige Veranstaltung im Jahr landwirtschaftlichen Nutzgrund in diesem Ausmaß auch als Eigentum zu erwerben. Durch die Motorsportvereinigung Schwanenstadt ist nämlich auf längere Sicht die weitere landwirtschaftliche Nutzung der Grundstücke nicht gerechtfertigt. Insofern widerspricht das Rechtsgeschäft den im §4 Abs1 o.ö. Grundverkehrsgesetz 1975 geschützten öffentlichen Interessen. Das Rechtsgeschäft verstößt aber auch gegen den §4 Abs3 o.ö. Grundverkehrsgesetz 1975, weil für den vorgesehenen Zweck die Widmungsentfremdung zu einer großen landwirtschaftlichen Nutzfläche in Kauf genommen wird. Unabhängig davon, ob ein angrenzender Landwirt Absichten hat, war daher in Stattgebung der Berufung dem Rechtsgeschäft schon aus diesem Grunde die Genehmigung zu versagen."

2. Gegen den Bescheid der Landesgrundverkehrskommission vom 7. Juni 1983 richtet sich die unter Berufung auf Art144 B-VG wegen Verletzung der durch Art2, 4, 5 und 6 StGG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte erhobene Beschwerde. Es wird die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Die im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Verweigerung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung zur Übertragung des Eigentums an landwirtschaftlich genutzten Grundstücken im Ausmaß von zirka 8000 Quadratmeter um den Kaufpreis von zirka 30 S/Quadratmeter stützt sich auf §4 Abs1 und 3 Oö. GVG 1975.

Nach §4 Abs1 müssen Rechtsgeschäfte den öffentlichen Interessen an der Schaffung und Erhaltung land- oder forstwirtschaftlicher Nutzflächen und an der Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes oder an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden, mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes entsprechen.

Nach Abs3 dürfen Rechtsgeschäfte, von denen anzunehmen ist, daß sie für gewerbliche, industrielle oder bergbauliche Zwecke oder für Zwecke der Baulandbeschaffung abgeschlossen wurden, der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung nicht mehr Grund und Boden als notwendig entziehen und die land- oder forstwirtschaftliche Nutzung der verbleibenden Grundstücke nicht erheblich erschweren oder unmöglich machen.

Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der bei Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendeten Rechtsvorschriften sind in der Beschwerde nicht geltend gemacht worden. Im Verfahren vor dem VfGH sind solche Bedenken nicht entstanden (vgl. VfSlg. 8766/1980, 9180/1981, 10047/1984).

2. a) Durch die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung wird nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH in das Eigentumsrecht des Erwerbers eines Grundstückes, im vorliegenden Fall somit des bf. Vereines eingegriffen (vgl. VfSlg. 7927/1976).

Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides könnte dieser Eingriff nur dann verfassungswidrig sein, wenn die Behörde das Gesetz bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides denkunmöglich angewendet hätte, ein Fall, der nur vorläge, wenn die Behörde einen Fehler begangen hätte, der mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre (vgl. VfSlg. 8309/1978).

Im Gleichheitsrecht könnte der bf. Verein nur verletzt worden sein, wenn die Behörde dem Gesetz fälschlich einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie Willkür geübt hätte.

b) In der Beschwerde wird nach dem Hinweis auf den Verstoß gegen die Bestimmungen des §4 Abs1 und 3 Oö. GVG, der nach der Begründung des angefochtenen Bescheides gegeben sei, folgendes vorgebracht:

"Wir verweisen daher ausdrücklich auf unsere Äußerung vom 30. 6. 1983, in welcher klargestellt wurde, daß die Moto-Cross-Meisterschaft nur einmal jährlich, jeweils Mitte April, also noch vor dem Anwuchs des Heu's stattfindet. Abgesehen von unserer Meisterschaft gibt es ja jedes Jahr in zahllosen Gemeinden Freiluft-Veranstaltungen, bei welchen die Fahrzeuge der Besucher provisorisch auf Wiesen geparkt werden. In keinem dieser Fälle wird dadurch eine Wiese der üblichen Nutzung entzogen. Diese Gefahr würde in unserem Fall um so weniger drohen, als die jährliche Moto-Cross-Meisterschaft immer schon im April stattfindet. Für die genannte einmal jährlich stattfindende Motorsportveranstaltung haben wir insgesamt über 81.000 Quadratmeter Grundfläche gepachtet. Wir zahlen dafür an die örtlichen Landwirte jährlich einen Pachtschilling von über S 53.000,-. Diese Zahlungen stellen für die regionale Landwirtschaft einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor dar, zumal die landwirtschaftliche Nutzung der betroffenen Grundstücke in keiner Weise beeinträchtigt wird (Motorsportveranstaltung jeweils Mitte April). Die drei gegenständlichen Grundstücke haben wir deshalb käuflich erworben, weil wir damit sicherstellen wollten, daß sie nicht parzelliert und dann an Bauwerber verkauft werden. Die Verkäuferin hat ja zum Zeitpunkt des gegenständlichen Vertragsabschlusses zahlreiche andere Grundstücke an Bauwerber veräußert. Durch dieses unser Einschreiten haben wir also nicht gegen die Interessen der Landwirtschaft, sondern gerade in Übereinstimmung mit den Interessenten der Landwirtschaft gehandelt. Da diese Grundstücke für uns nur bei Beibehaltung der Nutzungsart als Wiese interessant sind, gewährleistet unser Kauf auch die zukünftige landwirtschaftliche Nutzung. Dies wäre zumindest bei einer Parzellierung nicht der Fall.

Wir wollen die Grundstücke jedenfalls an einen Landwirt verpachten, wobei wir keinen Pachtschilling verlangen würden, der über das ortsübliche Ausmaß hinaus ginge. Diesbezüglich würden wir uns auch allfälligen Auflagen unterwerfen."

c) Wie der VfGH in seinem Erk. VfSlg. 7927/1976 bereits ausgeführt hat, ist es in den durch das Grundverkehrsgesetz zu schützenden öffentlichen Interessen gelegen, daß die im Rahmen des Grundverkehrs erworbenen land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke von den Erwerbern selbst bewirtschaftet werden.

Nun wird vom bf. Verein ausdrücklich erklärt, daß er die Grundstücke nicht zur landwirtschaftlichen Nutzung, sondern lediglich zur Verwendung als Parkfläche bei einer einmal im Jahr stattfindenden Sportveranstaltung benötige.

Allein schon daraus ergibt sich, daß der bel. Beh. nicht vorgeworfen werden kann, die grundverkehrsbehördliche Genehmigung mit einer Fehlerhaftigkeit versagt zu haben, die mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe gestellt werden müßte; denn weder die Freihaltung eines Grundstückes von einer Verbauung noch die Sicherstellung der Verwendung eines landwirtschaftlich genutzten Grundstückes als Parkfläche ist eine von den öffentlichen Interessen des Oö. GVG 1975 umfaßte und von den Grundverkehrsbehörden zu wahrende Angelegenheit. Dazu kommt, daß dem bf. Verein die Sicherstellung der Benützung der Grundstücke als Parkfläche bei der von ihm angestrebten Aufrechterhaltung der landwirtschaftlichen Nutzung auch auf anderem Wege (zB Einräumung einer Dienstbarkeit) als im Wege des Eigentumserwerbes möglich ist.

Da somit von einer denkunmöglichen Gesetzesanwendung bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht gesprochen werden kann, liegt die vom bf. Verein behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums nicht vor.

d) Eine Begründung für einen Vorwurf, daß die bel. Beh. bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides dem Gesetz fälschlich einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder daß sie Willkür geübt hätte, ist den Beschwerdeausführungen nicht zu entnehmen.

Der VfGH findet keinen Anhaltspunkt für ein eine Gleichheitsverletzung bewirkendes Verhalten der bel. Beh.

Im Gleichheitsrecht ist der bf. Verein nicht verletzt worden.

3. Der bf. Verein behauptet, durch den angefochtenen Bescheid in dem durch Art4 StGG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden zu sein. Nach diesem Recht unterliegt die Freizügigkeit der Personen und des Vermögens innerhalb des Staatsgebietes keiner Beschränkung.

Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH bezieht sich Art4 StGG nur auf die örtliche Bewegung der Personen und des Vermögens; eine solche kommt bei Liegenschaften begrifflich überhaupt nicht in Frage (vgl. VfSlg. 8086/1977, 9680/1983).

Demnach ist es ausgeschlossen, daß der bf. Verein durch den angefochtenen Bescheid in dem durch Art4 StGG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden sein konnte.

4. Der bf. Verein behauptet, in dem durch Art6 StGG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht, Liegenschaften jeder Art zu erwerben, verletzt worden zu sein.

Zu diesem Vorbringen ist auf die ständige Rechtsprechung des VfGH zu verweisen, nach der allgemeine Einschränkungen des Liegenschaftserwerbes, wie sie in den Grundverkehrsgesetzen der Länder enthalten sind, durch die Bestimmungen des Art6 StGG nicht ausgeschlossen sind (vgl. das zitierte Erk. VfSlg. 8309/1978). Im übrigen ist nicht behauptet worden, daß die grundverkehrsbehördliche Genehmigung unter dem Gesichtspunkt versagt worden wäre, Personen, die Landwirte sind, gegenüber dem bf. Verein zu bevorzugen.

Der bf. Verein ist durch den angefochtenen Bescheid in den durch Art6 StGG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten nicht verletzt worden.

5. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der bf. Verein in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, Selbstbewirtschaftung, Liegenschaftserwerbsfreiheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1985:B634.1983

Dokumentnummer

JFT_10149072_83B00634_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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