TE Vfgh Erkenntnis 1985/12/5 B528/85

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Veröffentlicht am 05.12.1985
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung
62/01 Arbeitsmarktverwaltung

Norm

B-VG Art140 Abs7 zweiter Satz
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

Beachte

vgl. Normprüfungsfall VfSlg. 10623/1985

Leitsatz

Art144 Abs1 B-VG; einem Anlaßfall gleichzuhaltender Beschwerdefall; Verletzung im Gleichheitsrecht nach Aufhebung des §1 Abs3 Z4 IESG als gleichheitswidrig - Anwendung dieses Gesetzes offenkundig nachteilig

Spruch

Der Bf. ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Der Bf. war in der Zeit von 1947 bis zur Konkurseröffnung über das Vermögen seines Arbeitgebers im Juni 1982 als Angestellter beschäftigt. Mit Antrag vom 3. Oktober 1982 begehrte er insgesamt 4287292 S Insolvenz-Ausfallgeld für ausständige Provisionen, Sonderzahlungen und Abfertigung. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landesarbeitsamtes wurde die Zuerkennung von Insolvenz-Ausfallgeld für einen Teil der Abfertigung in Höhe von 1119376 S mit der Begründung, es handle sich dabei um nach §1 Abs3 Z4 IESG ausgeschlossene Ansprüche, abgewiesen.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde rügt die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit vor dem Gesetz durch Anwendung der verfassungswidrigen Bestimmung des §1 Abs3 Z4 IESG.

II. Die Beschwerde wurde am 25. Juli 1985 eingebracht. Zu diesem Zeitpunkt waren beim VfGH schon Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §1 Abs3 Z4 Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, BGBl. 324/1977, idF der Nov. BGBl. 580/1980 anhängig (VfSlg. 10623/1985).

Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15. Oktober 1985 wurde mit Erk. VfSlg. 10623/1985 vom selben Tag die in Prüfung gezogene Gesetzesstelle wegen Verstoßes gegen den Gleichheitssatz als verfassungswidrig aufgehoben.

III. Die Beschwerde ist begründet.

Gemäß Art140 Abs7 B-VG ist ein als verfassungswidrig aufgehobenes Gesetz auf den Anlaßfall nicht mehr anzuwenden.

Nach der jüngsten Rechtsprechung des VfGH (VfSlg. 10616/1985) ist ein Beschwerdefall, der zu Beginn der Verhandlung im Normenprüfungsverfahren anhängig war, einem Anlaßfall gleichzuhalten. Ein solcher Fall liegt hier vor.

Die bel. Beh. hat bei Erlassung des angefochtenen Bescheides ein gleichheitswidriges Gesetz angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß der Bf. dadurch in seinem Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz verletzt wurde. Der Bescheid ist daher aufzuheben.

Schlagworte

VfGH / Anlaßfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1985:B528.1985

Dokumentnummer

JFT_10148795_85B00528_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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