RS Vwgh 2008/3/3 2006/18/0496

JUSLINE Rechtssatz

Veröffentlicht am 03.03.2008
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AVG §58 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

Rechtssatz

§ 53 Abs. 1 FrPolG 2005 räumt der Behörde insofern Ermessen ein, als von der Erlassung einer Ausweisung trotz Vorliegens der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen abgesehen werden kann. Nach Art. 130 Abs. 2 B-VG hat die Behörde von dem besagten Ermessen "im Sinne des Gesetzes" Gebrauch zu machen. Sie hat hierbei in Erwägung zu ziehen, ob und wenn ja welche Umstände im Einzelfall vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung gegen die Erlassung einer Ausweisung sprechen und sich hiebei insbesondere von den Vorschriften des FrPolG 2005 leiten zu lassen. Es könnten etwa - anders als bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Ausweisung nach § 66 Abs. 1 FrPolG 2005 - öffentliche Interessen zu Gunsten eines Fremden berücksichtigt werden und bei entsprechendem Gewicht eine Abstandnahme von der Ausweisung im Rahmen der Ermessensentscheidung rechtfertigen. Aber auch persönliche, schon im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit einer Ausweisung nach § 66 Abs. 1 FrPolG 2005 zu berücksichtigende Interessen sind bei der Handhabung des Ermessens nach § 53 Abs. 1 legcit dann zu beachten, wenn dies erforderlich ist, um den besonderen im Einzelfall gegebenen Umständen gerecht zu werden. Die Behörde hat den für ihre Ermessensentscheidung maßgeblichen Sachverhalt festzustellen und in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes auf seine Übereinstimmung mit dem Gesetz erforderlich ist (Hinweis E 18. Mai 2006, 2006/18/0034; E 4. Oktober 2006, 2006/18/0268). (Hier: Die belBeh hat ihre Ermessensentscheidung entgegen dieser Verpflichtung nicht begründet: Die Fremde lebt seit sechs Jahren im Bundesgebiet, sie ist nach ihrem Vorbringen mit einem seit Geburt in Österreich lebenden und hier arbeitenden serbischen Staatsangehörigen verheiratet, dem die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft bereits zugesichert worden ist. Die beiden Kinder des Ehepaares wurden in Österreich geboren und leben seither im Bundesgebiet. Auf Grund der Unrechtmäßigkeit des Aufenthalts wird die aus der Aufenthaltsdauer ableitbare Integration in ihrem Gewicht zwar stark gemindert, kann aber nicht zur Gänze unberücksichtigt bleiben. "In Bezug auf (die) Kinder findet ein Eingriff in das Familienleben statt", obwohl diese mit der Fremden ausreisen könnten, weil die Kinder auch mit ihrem Vater im Familienverband leben. Der mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben ist als "sehr stark" zu werten. Diesem Eingriff steht die auf Grund des von Anfang an unberechtigten Aufenthalts bewirkte, sehr schwerwiegende Gefährdung des großen öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gegenüber. Die Ausweisung ist im Grund des § 66 Abs. 1 FrPolG 2005 rechtmäßig.)

Schlagworte

Ermessen besondere RechtsgebieteBegründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher VerfahrensmangelErmessen VwRallg8Begründung BegründungsmangelBesondere RechtsgebieteBegründung von Ermessensentscheidungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2008:2006180496.X01

Im RIS seit

16.04.2008

Zuletzt aktualisiert am

26.01.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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