TE Vfgh Beschluss 1986/9/26 V21/85

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.09.1986
beobachten
merken

Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8500 Straßen

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Oö LStVG 1975 §8 Abs1 Z5
Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Oberndorf vom 01.02.85. ZBau 215-1985, mit der die Breitwieserstraße zum Ortschaftsweg erklärt und der Verlauf des Straßenzuges festgelegt wurde

Leitsatz

Art139 Abs1 B-VG; Individualantrag auf Aufhebung der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Oberndorf (OÖ) betreffend Erklärung einer Straße zum Ortschaftsweg und Festlegung des Verlaufes des Straßenzuges; soweit der Weg in der Natur bereits vorhanden - kein Eingriff in die Rechtssphäre, da der Weg nicht über Grundstücke des Bf. führt; soweit Festlegung einer neuen Trassenführung über Grundstücke des Bf. - kein aktueller Eingriff in rechtlich geschützte Interessen; Zurückweisung mangels Legitimation

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Der Gemeinderat der Gemeinde Oberndorf bei Schwanenstadt hat am 31. Jänner 1985 betreffend

a) die Erklärung der Breitwieserstraße zum Ortschaftsweg und

b) die Festlegung des Verlaufes des Straßenzuges aufgrund der Bestimmungen des §8 Abs1 Z5, §9 Abs3 und 4, und §45 des OÖ Landes-Straßenverwaltungsgesetzes 1975, LGBl. 22/1975 (künftig: LStVG), iVm. den §§40 Abs2 Z4 und 43 Abs1 der OÖ Gemeindeordnung 1979, LGBl. 119/1979, verordnet:

"§1

Dieser Verordnung liegt ein Plan des Zivilgeometers Dipl.-Ing. Roman Rosenstingel, Gmunden, vom 8. 1. 1975, GZ. 4038/73, Maßstab 1:1000 zugrunde. Der Plan liegt bei der Gemeinde Oberndorf bei Schwanenstadt auf und kann während der Amtsstunden von jedermann eingesehen werden.

§2

Die im Plan gelb und rot gefärbten Flächen, Grund-St. Nr. 1856/2, KG. Oberndorf, wird zum Ortschaftsweg erklärt. Der Ortschaftsweg beginnt bei der Einmündung Oberndorfer-Gemeindestraße und endet bei der Einmündung zur Atzbacher-Bezirksstraße. Die Straße hat die Bezeichnung 'Breitwieser-Ortschaftsweg'.

§3

Die Verlegung des Breitwieser-Ortschaftsweges entlang der Parzellen Nr. 794 und 793, KG. Oberndorf, ist zwecks Verbesserung der Zufahrtsmöglichkeit zum Ortsgebiet unbedingt notwendig. Der im Plan blau gefärbte Teil ist in der Natur nicht vorhanden und wird daher aufgelassen. Der rot gefärbte Teil ist als neue Trasse vorgesehen. Dies wurde auch beim gerichtlichen Grenzfeststellungsverfahren vom 4. 11. 1983, Bezirksgericht Schwanenstadt, GZ. 1 Nc 120/83-8, festgestellt.

Der Breitwieser-Ortschaftsweg ist niveaugleich mit den angrenzenden Feldern und Wohnhäusern und soll eine Ausbaubreite von 5,0 m erhalten und mit einer 4,0 m breiten Asphaltschichte versehen werden.

§4

Diese Verordnung wird gemäß §94, Abs2, OÖ. Gemeindeordnung 1979 durch zwei Wochen kundgemacht und wird mit dem auf den Ablauf der Kundmachungsfrist folgenden Tag rechtswirksam."

2.1. Der Antragsteller begehrt mit der vorliegenden, auf Art139 Abs1 letzter Satz B-VG gestützten Eingabe, diese Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben und der Gemeinde die Kosten aufzuerlegen.

Der Antragsteller führt hiezu aus, daß er Eigentümer der Grundstücke 792, 793, 794 und 795 KG Oberndorf sei, in deren Bereich die Gemeinde den Ausbau der Breitwieserstraße beschlossen habe. Da die Grenze zwischen dem öffentlichen Gut Grundstück Nr. 1856/2 KG Oberndorf und seinen Grundstücken nicht feststellbar gewesen sei, habe die Gemeinde Oberndorf die Feststellung der Grenze bei Gericht beantragt und sei diese Grenze vom BG Schwanenstadt am 13. Oktober 1983 zu GZ 1 Nc 120/83 rechtskräftig festgestellt worden. Die Gemeinde benötige zum Ausbau der Breitwieserstraße Grundflächen (auch) des Antragstellers, daher habe sie ein Enteignungsverfahren eingeleitet und mit Bescheid vom 30. Oktober 1984 200 Quadratmeter Grundfläche seiner Grundstücke Nr. 793 und 794 KG Oberndorf enteignet. Im Zuge des Berufungsverfahrens sei hervorgekommen, daß der auszubauende Straßenabschnitt der Breitwieserstraße noch nicht zum Ortschaftsweg erklärt worden war, worauf die Gemeinde Oberndorf bei Schwanenstadt die bekämpfte Verordnung erlassen habe.

Die angefochtene Verordnung greife in das Eigentumsrecht des Antragstellers an den Grundstücken Nr. 793 und 794 KG Oberndorf unmittelbar ein, weil sie Grundflächen erfasse, "die sich nicht mit dem Beschluß des Bezirksgerichtes Schwanenstadt decken, somit nicht öffentliches Gut" seien. Indem die bekämpfte Verordnung eine neue Trasse im Bereich der dem Antragsteller gehörigen Grundstücke festlege und diese zum Ortschaftsweg erkläre, würde jedermann der Gemeingebrauch an diesen Grundstücken gestattet, woraus die aktuelle Beeinträchtigung des Eigentumsrechtes des Antragstellers erwiesen sei.

Die bekämpfte Verordnung sei gesetzwidrig, weil sie im Widerspruch zum Flächenwidmungsplan stehe, der die in Frage stehenden Flächen nicht als Verkehrsflächen ausweise. Des weiteren widerspreche die bekämpfte Verordnung §9 Abs3 LStVG; nach dessen eindeutigem Wortlaut könne nur eine "Straße" Gegenstand einer Verordnung sein, mit der die Einreihung als Ortschaftsweg erfolge, nicht aber eine Grundfläche, auf der in der Natur eine Straße noch gar nicht vorhanden sei.

Es werde daher beantragt, die gesetzwidrige Verordnung ihrem gesamten Umfange nach aufzuheben.

2.2. Die Oö. Landesregierung und die Gemeinde Oberndorf bei Schwanenstadt haben Äußerungen erstattet, in denen sie die Zurückweisung in eventu die Abweisung des Antrages begehren.

3. Der VfGH hat über die Zulässigkeit des Antrages erwogen:

3.1. Der bekämpfte Beschluß des Gemeinderates ist eine Verordnung. Der Antragsteller begehrt - entsprechend dem §57 Abs1 VerfGG -, diese Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben. Der Antragsteller legt iS der zitierten Vorschrift seine Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Verordnung im einzelnen dar; er behauptet weiters, dem Art139 Abs1 letzter Satz B-VG entsprechend, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein.

Wie der VfGH in seiner mit dem Beschl. VfSlg. 8058/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, daß die Verordnung in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Fall ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt. Hiebei hat der VfGH vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 8974/1980, zuletzt 10398/1985).

3.2. Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall folgendes:

Aus den Antragsausführungen, der Äußerung des Gemeinderates sowie aus den vorgelegten Akten erweist sich, daß der in der bekämpften Verordnung erwähnte Weg, soweit er in der Natur bereits vorhanden ist, nicht über Grundstücke des Bf. führt; die mit der angefochtenen Verordnung vorgenommene Einreihung als Ortschaftsweg gemäß §8 Abs1 Z5 LStVG bewirkt insofern somit keinen Eingriff in die Rechtssphäre des Antragstellers. Soweit aber die bekämpfte Verordnung im Bereich der Grundstücke 793 und 794 KG Oberndorf die Rechtssphäre des Antragstellers berührt, wird eine neue Trassenführung festgelegt - ist also in der Natur ein Weg noch nicht vorhanden -, sodaß durch die Einreihung der neu zu errichtenden Verkehrsfläche die rechtlich geschützten Interessen des Antragstellers nicht aktuell beeinträchtigt sein können; die bekämpfte Verordnung ist insofern wohl Voraussetzung für die weiteren straßenverwaltungsbehördlichen Maßnahmen, nämlich für einen straßenrechtlichen Baubewilligungsbescheid und einen allfälligen Enteignungsbescheid. Ein unmittelbarer Eingriff in die Rechtssphäre des Antragstellers, insbesondere, wie von ihm angenommen, in sein Eigentum an jenen Grundflächen, über die die neu zu errichtende Verkehrsfläche führen soll, findet jedoch nicht statt (vgl. VfSlg. 7884/1976, 8156/1977).

3.3. Damit fehlt es aber - zumindest - an einer der in der Rechtsprechung des VfGH geforderten Voraussetzungen für die Antragslegitimation, weshalb der Antrag gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen ist.

Schlagworte

Straßenverwaltung, Enteignung, Ortschaftsweg, Straßenbaubewilligung, VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1986:V21.1985

Dokumentnummer

JFT_10139074_85V00021_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten