TE OGH 1991/10/9 11Os102/91

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Veröffentlicht am 09.10.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Oktober 1991 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Walenta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Lachner, Dr. Rzeszut und Dr. Hager als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Kandera als Schriftführerin in der Strafsache gegen Wolfgang H***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßig schweren Betruges nach den §§ 146,147 Abs. 3, 148, zweiter Fall, und 15 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Wolfgang H***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 21.März 1991, GZ 12 e Vr 10.602/88-248, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, des Generalanwaltes Dr. Bassler, des Angeklagten Wolfgang H***** und des Verteidigers Dr. Agstner zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Wolfgang H***** auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde u.a. der ********** 1966 geborene Angeklagte Wolfgang H***** zu A./II/ und III/ des Urteilssatzes des Vergehens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 und Abs. 2, erster Fall, StGB und zu C./ des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Betruges (richtig: gewerbsmäßig schweren Betruges) nach den §§ 146, 147 Abs. 3, 148, zweiter Fall, und 15 StGB schuldig erkannt.

Nach dem Inhalt des Schuldspruches eignete er sich oder Dritten unter wechselnder Beteiligung anderer Mitangeklagter in drei Fällen ihm von wohnungssuchenden Personen zur Weiterleitung anvertraute Geldbeträge im Gesamtbetrag von 135.000 S mit Bereicherungsvorsatz zu (Punkt A./II und III). In der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, verleitete er ferner (Punkt C./) - erneut unter wechselnder Beteiligung anderer Mitangeklagter - zahlreiche Personen durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch Vorspiegelung, ein redlicher Immobilienmakler bzw ein redlicher Vertragspartner zu sein, in 25 Fällen zum Abschluß von Verträgen und zur Erbringung von Leistungen, bzw versuchte dies in weiteren sechs Fällen, wobei die Tatopfer einen Vermögensschaden von insgesamt 755.676,64 S erlitten, bzw einen solchen von weiteren 229.000 S erleiden sollten.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil wendet sich der Beschwerdeführer mit Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung, wobei er mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde, gestützt auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO, nur den Schuldspruch zu Punkt C./II/a/4 des Urteilssatzes und unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes nach dem § 218 Abs. 1 Z 11 StPO den Strafausspruch bekämpft.

Im Umfang der Anfechtung des Schuldspruchs liegt ihm zur Last, gewerbsmäßig und mit Bereicherungsvorsatz Rechtsanwalt Dr. Ferdinand P***** durch die Vorspiegelung, ein redlicher Immobilienmakler und seriöser Vertragspartner zu sein, zur Erbringung anwaltlicher Rechtsbeistandsleistungen verleitet zu haben, wodurch dem Genannten ein Schaden von 21.676,64 S entstand.

Einen inneren Widerspruch (Z 5) erblickt der Beschwerdeführer in dem Umstand, daß ihm nach dem Urteilstenor Betrug zum Nachteil des Dr. P***** in der Zeit von April bis November 1989 zur Last liegt, in den Entscheidungsgründen (US 68) demgegenüber aber ausgeführt wird, daß er die Vertretungsleistungen des Dr. P***** in der Zeit von September bis einschließlich November 1989 in Anspruch genommen habe. Der Angeklagte übersieht, daß ein formeller Begründungsmangel nur dann Nichtigkeit nach dem § 281 Abs. 1 Z 5 StPO nach sich zieht, wenn er den Ausspruch über eine für die rechtliche Beurteilung entscheidende Tatsache betrifft. Die Begehungszeit einer Straftat gehört aber nicht zu den wesentlichen, die Eindeutigkeit der Tat bestimmenden Merkmalen, sofern das Urteil - wie vorliegend - nur dasselbe Tun erfaßt (vgl Mayerhofer-Rieder StPO3 Ent 31 zu § 262; 18 zu § 281 Abs. 1 Z 5).

Mit seiner Rechtsrüge (Z 10) strebt der Angeklagte die Ausschaltung der Qualifikation der gewerbsmäßigen Tatbegehung beim Schuldspruchfaktum C./II/a/4 an. Indes auch dies zu Unrecht.

Denn wenn auch das Urteil auf Seite 35 irrig vom "Vorsatz" des Angeklagten spricht (was der Beschwerdeführer in seiner Nichtigkeitsbeschwerde durch Unterstreichung hervorhebt), ist der Entscheidung in ihrer Gesamtheit (US 6; 86; 93) doch mit Deutlichkeit zu entnehmen, daß der Schöffensenat rechtsrichtig von der Absicht des Angeklagten ausging, sich durch die regelmäßige Wiederholung von Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Mit dem weiteren Einwand, durch die Erschleichung von Leistungen des Rechtsanwaltes Dr. P*****, die er nicht für sich selbst, sondern im Namen der "P*****GesmbH" bzw der "I*****GesmbH" in Anspruch genommen habe, sei weder ihm noch den genannten Firmen eine Einnahme zugeflossen, gewerbsmäßiges Handeln erfordere aber das Anstreben einer fortlaufenden Einnahme für den Täter selbst (und nicht etwa für einen Dritten), stellt der Beschwerdeführer nicht auf den Urteilsinhalt ab, wonach er mit einer Stammeinlage von 165.000 S an den genannten Gesellschaften beteiligt war (US 30, 31), ihm sohin jeder Vorteil, den er für die Gesellschaft erzielte, als persönliche Vermögensvermehrung zugute kam (vgl dazu 10 Os 36/85). Überdies verkennt er, daß sich eine fortlaufende Einnahme auch verschafft, wer sich (regelmäßig) die Bezahlung erbrachter Leistungen erspart und so wirtschaftliche Vorteile erreicht (vgl EvBl 1978/48; 11 Os 34/81 u.a.).

Dazu kommt, daß nach Lage des Falles eine dem Angeklagten zum Nachteil gereichende Urteilsnichtigkeit nach dem § 281 Abs. 1 Z 10 StPO schon deswegen nicht vorliegen kann, weil sich aus dem Zusammenrechnungsgrundsatz des § 29 StGB ergibt, daß sämtliche den Gegenstand eines Schuldspruchs bildenden Betrügereien rechtlich als Einheit zu beurteilen sind, sodaß es zur Annahme der Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit ausreicht, wenn sie auch nur bei einem einzigen von mehreren Fakten vorliegt (Mayerhofer-Rieder StPO3 ENr 42, 43 zu § 281 Abs. 1 Z 10). Die Beurteilung des Faktums Dr. P*****, losgelöst von den 30 gewerbsmäßig begangenen anderen Betrügereien, als einfacher Betrug nach dem § 146 StGB - wie dies der Beschwerdeführer in seiner Nichtigkeitsbeschwerde verlangt - käme sohin keinesfalls in Betracht.

Schließlich kann auch von einer gesetzwidrigen Strafzumessung (Z 11) keine Rede sein.

Die Tatwiederholung ist bei Annahme der Gewerbsmäßigkeit im Fall einer besonderen Deliktshäufung als die Tatschuld akzentuierender eigener Erschwerungsgrund zu berücksichtigen (vgl LSK 1983/120). Nichts anderes bringt aber der Schöffensenat zum Ausdruck, wenn er "über die bloße Gewerbsmäßigkeit hinaus" auf insgesamt 31 Betrugsfakten hinweist.

Desgleichen stellt die Heranziehung der "mehrfachen Qualifikation des Betruges" keinen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot des § 32 Abs. 2 StGB dar. Denn die bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe reichende Strafdrohung des zweiten Strafsatzes des § 148 StGB setzt fallbezogen nur voraus, daß jede einzelne beabsichtigte wiederkehrende Begehung für sich allein ein schwerer Betrug im Sinne des § 147 Abs. 2 StGB ist. Diese Strafdrohung erfaßt sohin nicht die Qualifikation des § 147 Abs. 3 StGB (mit gleichem Strafsatz), die daher rechtsrichtig als erschwerend zu werten ist (vgl Mayerhofer-Rieder StGB3 ENr 39 zu § 147).

Keine Gesetzesverletzung ist aber auch im Hinweis der Tatrichter auf die "gänzliche und verstockte Uneinsichtigkeit" des Beschwerdeführers im Anschluß an die Anführung der Strafzumessungsgründe zu erblicken.

Abgesehen davon, daß diese "Uneinsichtigkeit" nicht unter den erschwerenden Umständen aufscheint, ergibt sich im Zusammenhang mit dem Wortlaut des gesamten Absatzes (US 97 unten, 98 oben), daß der Schöffensenat damit wohl nur zum Ausdruck bringen wollte, daß dem Beschwerdeführer - im Gegensatz zum Angeklagten P***** - der Milderungsgrund des Teilgeständnisses nicht zugute gehalten werden konnte.

Die - wie der Beschwerdeführer selbst einräumt - ersichtlich im Hinblick auf seine Persönlichkeit implizit abgelehnte Anwendung des § 43 a Abs. 4 StGB, die u.a. die hohe Wahrscheinlichkeit künftigen Wohlverhaltens voraussetzt, fällt in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichtes und ist demgemäß nur mit Berufung bekämpfbar.

Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Wolfgang H***** war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten Wolfgang H***** nach dem § 148, letzter Strafsatz, StGB unter Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB drei Jahre Freiheitsstrafe, wobei es beim Betrug (über die bloße Gewerbsmäßigkeit hinaus) wie auch bei der Veruntreuung die Tatwiederholung, den Deliktszeitraum von siebzehn Monaten, die Höhe des Schadens und dessen opferbezogen besonders nachteilige Auswirkungen, die teilweise Tatbegehung während der Anhängigkeit eines Strafverfahrens, die mehrfache Qualifikation des Betruges zum Verbrechen und die intensive Tatbeteiligung als erschwerend, den teilweisen Versuch des Betruges, die geringfügige teilweise Schadensgutmachung und die bisherige Unbescholtenheit hingegen als mildernd wertete.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung und (zumindest teil-)bedingte Nachsicht der ausgesprochenen Freiheitsstrafe - neben dem Hinweis auf sein Vorbringen zum Nichtigkeitsgrund nach dem § 281 Abs. 1 Z 11 StPO - im wesentlichen mit der Begründung an, bei der Strafbemessung seien sein (in der Bereitstellung von Geschäftsunterlagen gelegener) Beitrag zur Wahrheitsfindung und sein teilweises Tatsachengeständnis überhaupt nicht, das Ausmaß der von ihm bewirkten Teilschadensgutmachung hingegen zu wenig berücksichtigt worden. Der ihn betreffende Sanktionsausspruch stelle sich daher in Relation zu der über den Mitangeklagten Harald P***** verhängten, bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von zwei Jahren als unausgewogen dar.

Der Berufung kommt im Ergebnis keine Berechtigung zu.

Bei der Beurteilung der hier aktuellen Täterschuld und des verwirklichten Tatunrechts erweist sich nämlich - im Sinn der Urteilserwägungen - der in der Berufungsargumentation übergangene Umstand als zentral bedeutsam, daß das in Rede stehende Tatkonzept mit der professionell organisierten, systematisch betriebenen Schädigung von Wohnungssuchenden, somit eines erheblichen wirtschaftlichen Zwängen und Risken ausgesetzten Personenkreises, auf einem außergewöhnlich hohen Maß an deliktischer Willensintensität beruhte, dem aus sowohl spezial- als auch generalpräventiver Sicht wirksam nur mit einer entsprechend empfindlichen Sanktion zu begegnen ist. Mag auch dem Erstgericht, das die Strafzumessungsgründe im übrigen - dem Berufungsstandpunkt zuwider - im wesentlichen zutreffend angeführt und (den Berufungswerber betreffend) auch richtig gewichtet hat, eine für den Mitangeklagten Harald P***** vorteilhafte Unausgewogenheit der Strafaussprüche unterlaufen sein, so erweist sich die über den Angeklagten H***** verhängte (an sich) tat- und tätergerechte Freiheitsstrafe als der beantragten Reduktion nicht zugänglich.

Da nach Lage des Falles die Erreichung des Strafzwecks den Vollzug der Freiheitsstrafe erfordert, fehlt es auch an den Voraussetzungen für jedwede (teil-)bedingte Strafnachsicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E26690

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0110OS00102.91.1009.000

Dokumentnummer

JJT_19911009_OGH0002_0110OS00102_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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