TE Lvwg Erkenntnis 2022/8/23 LVwG-2022/47/0341-3

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Veröffentlicht am 23.08.2022
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Entscheidungsdatum

23.08.2022

Index

L92007 Sozialhilfe Grundsicherung Mindestsicherung Tirol
40/01 Verwaltungsverfahren
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

MSG Tir 2010 §17
MSG Tir 2010 §19 Abs1 litc
VwGVG 2014 §17
AVG §74

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Dr.in Keplinger über die Beschwerde des AA, wohnhaft in Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 12.10.2021, Zl ***, betreffend eine Angelegenheit nach dem Tiroler Mindestsicherungsgesetz (TMSG),

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

II.

Das Landesverwaltungsgericht Tirol fasst durch seine Richterin Dr.in Keplinger über den von AA, wohnhaft in Adresse 1, **** Z, in der Beschwerde vom 25.10.2021 gestellten Antrag auf Zuspruch des Kostenersatzes, den

Beschluss:

1.       Der Antrag wird gemäß § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) iVm § 74 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG 1991) als unzulässig zurückgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 12.10.2021, Zl ***, wurde dem Beschwerdeführer gemäß den Bestimmungen des TMSG für die Dauer des Zutreffens der gesetzlichen Voraussetzungen nachfolgende Leistung gewährt:

1. Gemäß §§ 5 und 9 TMSG iVm VO-Anpassungsfaktor, LGBl Nr 6/2011, idgF vom 01.10.2021 bis 30.11.2021 eine monatliche Unterstützung für Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes in der Höhe von € 181,58. Die Leistung wird auf das Konto ***, BB AG X von AA angewiesen.

2. Gemäß § 6 TMSG vom 01.10.2021 bis 30.11.2021 eine monatliche Unterstützung für Miete in der Höhe von € 260,00. Die Leistung wird auf das Konto ***, BB AG X von AA angewiesen.

3. Auf den Vermögensfreibetrag gemäß § 15 Abs 5 lit e TMSG 2021 in Höhe von € 4.747,30 wird hiermit ausdrücklich hingewiesen. Es besteht Informations- und Rückersatzpflicht, sollte der Vermögensfreibetrag (Bausparer, Lebensversicherungen, Sparbuch usw – sämtliche Ansparformen) überschritten werden.

4. Sollten sich die maßgeblichen Verhältnisse – siehe Berechnung – ändern, besteht Informations- und Rückersatzpflicht. Anzeigepflicht gemäß § 32 TMSG bei geänderten Verhältnissen innerhalb von 14 Tagen.

5. Die weitest mögliche Förderung zur (Wieder-)Eingliederung von Mindestsicherungsbeziehern in das Erwerbsleben ist eine Zielbestimmung des TMSG.

Für die Weitergewährung der Mindestsicherung werden Sie daher aufgefordert und ermahnt zukünftig, gem. dem § 16 Abs 1 TMSG den Willen und die Bereitschaft zum Einsatz der Arbeitskraft nachzuweisen und der ha. Behörde bereits nachweislich versendete Bewerbungsunterlagen (pro Woche zumindest 2 nachvollziehbare, schriftliche Nachweise der Bemühungen um Arbeit) – Nachweis über Bewerbungen, Bewerbungsschreiben, Antwortschreiben der Firmen, Bestätigungen der Firmen über geführte Vorstellungsgespräche etc. zur Erlangung einer Vollbeschäftigung vorzulegen.

Die geforderte Gesamtanzahl an zu erbringenden Arbeitsbemühungsnachweisen errechnet sich vom Tag der Erlassung (Zustellung) dieses Bescheides bis zum Tag der Einbringung des Antrages auf Verlängerung/Weitergewährung der Mindestsicherung. Sie werden sohin in einem aufgefordert und ermahnt, die Mindestanzahl an Arbeitsbemühungsnachweisen pro Woche zu erfüllen und diese allesamt dem nächsten Verlängerungsantrag in Kopie beizulegen. Bei Nichteinhaltung erfolgt eine stufenweise Kürzung Ihres Richtsatzes gem. § 16 iVm § 19 /1/d TMSG bis zu 66 %.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die Höhe der gewährten Mindestsicherung sich aufgrund folgender Berechnung zum 01.10.2021 ergebe:

 

Basis

anerkannt

Volljährige im gem. Haushalt, AA, geb. am XX.XX.XXXX

 

 

Mindestsatz

534,07

534,07

Richtsatzkürzung § 19 (1) c

 

-352,49

Ansprüche gegenüber Dritte nicht in zumutbarer Weise verfolgt

 

 

 

 

181,58

Zu- und Abschläge

 

 

Miete

260,00

260,00

 

 

260,00

Lebensunterhalt  181,58

Mietzuschuss                   260,00

Mindestsicherung          441,58

Mit Schreiben vom 25.10.2021 brachte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde ein Rechtsmittel gegen den Bescheid vom 12.10.2021, Zl ***, samt Antrag auf Verfahrenshilfe gemäß § 8a VwGVG ein. Begründend führte der Beschwerdeführer aus, dass er außer Stande sei, den komplexen rechtlichen Sachverhalten zu folgen bzw diese rechtlich einzuordnen und er könne die möglichen Kosten des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des geringen Einkommens nicht selbst bestreiten. In seinem Rechtsmittel machte der Beschwerdeführer zudem einen Kostenaufwand in der Höhe von Euro 8,80 geltend.

Die Beschwerde samt Verfahrenshilfeantrag vom 25.10.2021 wurde dem Landesverwaltungsgericht Tirol mit Schreiben vom 02.02.2022, Zl ***, von der belangten Behörde mit dem Ersuchen um Entscheidung vorgelegt.

In einem weiteren beim Landesverwaltungsgericht Tirol behängenden Verfahren nach dem Tiroler Mindestsicherungsgesetz zu Zl *** stellte der Beschwerdeführer am 17.08.2021 ebenso einen Antrag auf Verfahrenshilfe gemäß § 8a VwGVG. Mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 15.09.2021, Zl ***, wurde dieser Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe als unbegründet abgewiesen.

Dagegen brachte der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der außerordentlichen Revision ein und beantragte die aufschiebende Wirkung. Mit Beschluss vom 22.02.2022, Zl ***, hat der Verwaltungsgerichtshof den Antrag, der erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuerkennen, nicht stattgegeben.

Mit weiterem Beschluss vom 02.05.2022, Zl ***, eingelangt beim Landesverwaltungsgericht Tirol am 18.05.2022, stelle der Verwaltungsgerichtshof das Verfahren betreffend Verfahrenshilfe in einer Mindestsicherungsangelegenheit ein, da der Revisionswerber die an ihn ergangene Aufforderung, die Mängel der eingebrachten Beschwerde zu beheben, nicht fristgerecht nachgekommen ist.

Aufgrund dieses gleichgelagerten Falles wurde in gegenständlicher Angelegenheit mit der Entscheidung zugewartet und das Verfahren formlos ausgesetzt.

Mit Schreiben vom 05.08.2022, Zl LVwG-***, wurde der Beschwerdeführer darauf aufmerksam gemacht, dass gemäß § 9 VwGVG eine Beschwerde die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, die Bezeichnung der belangten Behörde, die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, das Begehren und die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist, zu enthalten hat und aufgefordert, die Beschwerde dahingehen zu verbessern, dass die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt und auch das Begehren ergänzt wird.

Mit Schreiben vom 16.08.2022, eingelangt am 22.08.2022, führte der Beschwerdeführer aus, dass er einen Verfahrenshelfer / eine Verfahrenshelferin benötige, um die Belege oder Nachweise zu übermitteln, da er einen möglichen Rechtsirrtum nicht ausschließe. Die in der Beschwerde angekündigte Übermittlung von Unterlagen habe bedungen, dass dem Antrag auf Verfahrenshilfe Folge gegeben werde.

Beweis wurde aufgenommen durch die Einsichtnahme in den verwaltungsbehördlichen Akt und den Akt des Landesverwaltungsgericht Tirol zu Zl LVwG-***.

II.      Sachverhalt:

Der am XX.XX.XXXX geborene Beschwerdeführer lebt in einer Dreizimmermietwohnung in Adresse 1, in **** Z. Er ist seit 17.01.2010 arbeitslos. Mit dem Antrag auf Mindestsicherung vom 29.09.2021 legte der Beschwerdeführer einen Abrechnungsbeleg für den Zeitraum August 2021 der CC GesmbH betreffend seine Tochter DD, welche Euro 1.182,85 monatlich ins Verdienen bringt, vor. Zudem wurde eine Lohn-/Gehaltsabrechnung für den Monat August 2021 der EE GmbH betreffend seinen Sohn FF vorgelegt, welcher netto Euro 1.850,71 monatlich ins Verdienen bringt.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 16.05.2018, Zl ***, wurde der Beschwerdeführer erstmals aufgefordert, Unterhaltsansprüche gegenüber seinen Kindern gerichtlich geltend zu machen. Mit weiterem Bescheid vom 11.12.2018, Zl ***, erfolgte erstmals eine Kürzung gemäß § 19 Abs 1 lit c TMSC in der Höhe von 33 %, da der Beschwerdeführer seine Ansprüche gegenüber Dritten nicht in zumutbarer Weise verfolgt hatte. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 03.04.2019, Zl LVwG-***, abgewiesen und ausgesprochen, dass der Kürzugstatbestand im Sinne des § 19 Abs 1 lit c TMSG verwirklicht wurde. Mit weiteren Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft X vom 29.04.2019, Zl ***, sowie vom 20.09.2019, Zl ***, erfolgte eine Kürzung des Richtsatzes in der Höhe von jeweils 66%, da der Beschwerdeführer weiterhin keine Schritte unternommen hatte, seine Unterhaltsansprüche geltend zu machen. Diese Bescheide sind in Rechtskraft erwachsen. In sämtlichen dieser Bescheide wurde der Beschwerdeführer ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, seine privatrechtlichen Unterhaltsansprüche gegenüber seinen beiden Kindern geltend zu machen, widrigenfalls Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gekürzt werden könnten. Mit dem rechtskräftigen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 06.04.2020, Zl ***, erfolgte erneut eine Kürzung des Anspruches auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von 66 %. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Landesverwaltungsgericht Tirol mit rechtskräftigem Erkenntnis vom 09.07.2020, Zl LVwG-***, als unbegründet abgewiesen. Vom Beschwerdeführer wurden unstrittig nach wie vor keine gerichtlichen Schritte zur Verfolgung möglicher Unterhaltsansprüche gegenüber seinen beiden Kindern gesetzt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde eine Richtsatzkürzung in Höhe von 66 % vorgenommen. Außerdem wurde dem Beschwerdeführer eine Auflage erteilt, zukünftig gemäß dem § 16 Abs 1 TMSG den Willen und die Bereitschaft zum Einsatz der Arbeitskraft nachzuweisen und der hieramtlichen Behörde nachweislich versendete Bewerbungsunterlagen (pro Woche zumindest zwei nachvollziehbare schriftliche Nachweise der Bemühungen um Arbeit) vorzulegen.

III.     Beweiswürdigung:

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ergibt sich aus dem unbedenklichen Inhalt des vorgelegten verwaltungsbehördlichen Aktes und war nicht strittig. Die festgestellten Einkommen der Kinder des Beschwerdeführers ergeben sich aus den vorgelegten Nachweisen. Die Feststellungen zur Wohnung ergeben sich aus dem vorgelegten Mietvertrag.

Vom Beschwerdeführer wurde in seinem Rechtsmittel nicht bestritten, dass er keinerlei Schritte zur gerichtlichen Geltendmachung etwaiger Unterhaltsansprüche gegenüber seinen Kindern gesetzt hat und damit der Auflagen der Bescheide nicht entsprochen hat. Dass der Beschwerdeführer mehrfach mit rechtskräftigen Bescheiden zur Geltendmachung etwaiger Unterhaltsansprüche gegenüber seinen Kindern aufgefordert wurde und auch auf eine mögliche Richtsatzkürzung hingewiesen wurde, ergibt sich aus den im verwaltungsbehördlichen Akt inne liegenden Bescheiden sowie den vom Landesverwaltungsgericht Tirol eingeholten Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft X vom 16.05.2018, Zl ***, vom 29.04.2019, Zl ***, und vom 06.04.2020, Zl ***, sowie dem eingeholten Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 09.07.2020, Zl LVwG-***, mit welchem über eine Beschwerde des nunmehrigen Beschwerdeführers gegen einen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 06.04.2020, Zl ***, entschieden wurde.

IV.      Rechtslage:

Die verfahrensgegenständlich relevanten Bestimmungen des Tiroler Mindestsicherungsgesetzes (TMSG), LGBl Nr 99/2010 idF LGBl Nr 205/2021, lauten auszugsweise wie folgt:

§ 5„Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes

(1) Die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes besteht in der Gewährung pauschalierter, monatlicher Geldleistungen (Mindestsätze).

(2) Der Mindestsatz beträgt den jeweils folgenden Hundertsatz des Ausgangsbetrages nach § 9:

      a) für volljährige Alleinstehende und Alleinerzieher 75 v.H.;

b)

für mündige Minderjährige, die Alleinstehende oder Alleinerzieher sind,

         1. bis zum Bezug der Familienbeihilfe 75 v.H.,

         2. ab dem Bezug der Familienbeihilfe 56,25 v.H.;

      c) für Personen, die in Wohngemeinschaften von Opferschutz-, Krisenbetreuungs- oder betreuten Wohnungsloseneinrichtungen oder in Wohngemeinschaften von Einrichtungen der Rehabilitation leben und Leistungen nach dem Tiroler Rehabilitationsgesetz beziehen, sofern ihr Lebensunterhalt nicht zumindest überwiegend im Rahmen der Wohngemeinschaft gedeckt wird

75 v.H.;

      d) für Personen, die mit anderen Personen in einer Wohngemeinschaft, die nicht unter die lit. c fällt, leben

56,25 v.H.;

e)

für Personen, die mit anderen Personen in einer Bedarfsgemeinschaft leben,

         1. für jede volljährige Person, die nicht unter die Z 2 fällt,   56,25 v.H.,

2.

ab der dritten volljährigen Person, sofern diese einer
leistungsbeziehenden Person in der Bedarfsgemeinschaft gegenüber unterhaltsberechtigt ist

37,50 v.H.,

3.

für leistungsberechtigte minderjährige Personen

            aa) für die älteste und zweitälteste Person 24,75 v.H.,

            bb) für die drittälteste Person 22,75 v.H.,

            cc) für die viertälteste bis sechstälteste Person 15,00 v.H.,

            dd) ab der siebtältesten Person 12,00 v.H.

…“

§ 17

„Verfolgung von Ansprüchen gegenüber Dritten

(1) Vor der Gewährung von Mindestsicherung hat der Hilfesuchende öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Ansprüche auf bedarfsdeckende oder bedarfsmindernde Leistungen gegen Dritte zu verfolgen, soweit dies nicht offensichtlich aussichtslos oder unzumutbar ist.

(2) Mindestsicherung ist unbeschadet der Verpflichtung nach Abs. 1 als Vorausleistung zu gewähren, wenn der Hilfesuchende bis zur tatsächlichen Durchsetzung seiner Ansprüche anspruchsberechtigt im Sinn dieses Gesetzes ist. Die unmittelbar erforderliche Bedarfsdeckung ist jedenfalls zu gewährleisten.“

§ 19„Kürzung von Leistungen

(1) Die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach § 5 kann gekürzt werden, wenn der Mindestsicherungsbezieher

a)

seine Notlage vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat,

b)

mit den eigenen oder den ihm zur Verfügung gestellten Mitteln trotz Belehrung und Ermahnung nicht sparsam umgeht,

c)

seine Ansprüche gegenüber Dritten nicht in zumutbarer Weise verfolgt,

d)

trotz schriftlicher Ermahnung keine Bereitschaft zum Einsatz seiner Arbeitskraft zeigt oder sich nicht um eine ihm zumutbare Beschäftigung bemüht,

e)

an einer Begutachtung zur Feststellung der Arbeitsfähigkeit nicht mitwirkt,

f)

an einer ihm vom Arbeitsmarktservice oder von einer Behörde vorgeschriebenen Fortbildungs-, Ausbildungs- oder Qualifizierungsmaßnahme nicht oder nicht im vorgeschriebenen Ausmaß teilnimmt oder, sofern ein Erfolgsnachweis vorgesehen ist, diesen nicht erbringt,

g)

an einer ihm vom Arbeitsmarktservice oder von einer Behörde vorgeschriebenen Integrationsmaßnahme, wie einem Deutsch-, Orientierungs- oder Wertekurs, nicht oder nicht im vorgeschriebenen Ausmaß teilnimmt oder, sofern ein Erfolgsnachweis vorgesehen ist, diesen nicht erbringt oder

h)

die Erfüllung einer zur besseren Integration vorgeschriebenen Maßnahme nicht oder nicht fristgerecht nachweist.

Die Kürzung ist der Höhe nach mit 66 v. H. des jeweiligen Mindestsatzes nach § 5 begrenzt; sie darf nur stufenweise vorgenommen werden. Eine Kürzung aufgrund der Nichterbringung eines Erfolgsnachweises nach lit. f oder g darf nicht erfolgen, wenn dem Mindestsicherungsbezieher die Erbringung dieses Nachweises insbesondere aufgrund seines Alters, seines physischen oder psychischen Gesundheitszustandes oder seines Bildungsstandes nicht möglich oder zumutbar ist.

(2) Durch die Kürzung darf die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes der mit dem Mindestsicherungsbezieher in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Person nicht beeinträchtigt werden.“

V.       Erwägungen:

Gemäß § 17 TMSG hat der Hilfesuchende vor der Gewährung der Mindestsicherung öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Ansprüche auf bedarfsdeckende oder bedarfsmindernde Leistungen gegen Dritte zu verfolgen, soweit dies nicht offensichtlich aussichtslos oder unzumutbar ist. Die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach § 5 TMSG kann gemäß § 19 Abs 1 lit c TMSG gekürzt werden, wenn der Mindestsicherungsbezieher seiner Ansprüche gegenüber Dritten nicht in zumutbarer Weise verfolgt.

Aus den Feststellungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer ihm wiederholt erteilte Auflagen, seine privatrechtlichen Ansprüche gegenüber Dritter – im konkreten Fall etwaige Unterhaltsansprüche gegenüber seinen Kindern – gerichtlich geltend zu machen, nicht befolgt hat. Dieser Auflage ist er unstrittig nicht nachgekommen und es wurde bereits mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 09.07.2020, Zl LVwG-***, klargestellt, dass die Pflicht zur Verfolgung der Unterhaltsansprüche gemäß § 17 Abs 1 TMSG dem Grunde nach besteht. Diese Entscheidung ist rechtskräftig.

Dadurch, dass der Beschwerdeführer unstrittig keine Schritte zur Verfolgung der Unterhaltsansprüche gesetzt hat, hat er den Kürzungstatbestand des § 19 Abs 1 lit c TMSG erfüllt. Die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Kürzung des Richtsatzes war sohin rechtmäßig. In seinem Rechtsmittel führte der Beschwerdeführer keine Gründe an, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides stützt und führte – über den Antrag auf Verfahrenshilfe hinaus – auch kein Begehren an. Nach ergangenem Verbesserungsauftrag vermochte der Beschwerdeführer sein Beschwerdevorbringen nicht näher auszuführen und legte auch die, von ihm in der Beschwerde angekündigten Unterlagen, nicht vor. Ein dezidiertes Beschwerdevorbringen wurde sohin nicht erstattet.

§ 19 Abs 1 zweiter Satz TMSG sieht vor, dass die Kürzung der Höhe nach mit 66 % des jeweiligen Mindestsatzes nach § 5 begrenzt ist und nur stufenweise vorgenommen werden darf. Der stufenweisen Kürzung im Sinn des § 19 Abs 1 TMSG wurde entsprechend den vorherigen Ausführungen nachgekommen. Zumal der Beschwerdeführer der Auflage, nämlich etwaige Unterhaltsansprüche gegenüber seinen Kindern geltend zu machen – unbestritten –, nicht nachgekommen ist, hat die belangte Behörde die vorgenommene Richtsatzkürzung zu Recht vorgenommen und die Beschwerde war sohin als unbegründet abzuweisen.

Zum Antrag auf Zuspruch des Kostenersatzes:

Lediglich die Kosten im Verwaltungsstrafverfahren (§ 52) und im Maßnahmenbeschwerdeverfahren (§ 35) sind ausdrücklich geregelt. Im Übrigen ergibt sich aus der Verweisungsnorm des § 17 VwGVG, dass die Kostenbestimmungen des AVG auf das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten sinngemäß anzuwenden sind. Es gilt daher insbesondere ebenso der Grundsatz der Selbsttragung der Kosten gemäß § 74 Abs 1 AVG. Gemäß § 74 Abs 2 AVG bestimmen die Verwaltungsvorschriften inwiefern einem Beteiligten ein Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten zusteht. Demnach gilt nach § 74 Abs 1 AVG, dass der Beschwerdeführer die ihm im Verfahren erwachsenden Kosten selbst zu bestreiten hat. Der Antrag war daher als unzulässig zurückzuweisen.

Insgesamt war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen. Soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr.in Keplinger

(Richterin)

Schlagworte

Richtsatzkürzung
Unterhaltsanspruch
Prinzip der Selbstkostentragung
Elternunterhalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2022.47.0341.3

Zuletzt aktualisiert am

20.09.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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