TE Bvwg Erkenntnis 2021/9/10 W101 2167264-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.09.2021
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Entscheidungsdatum

10.09.2021

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z4
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §6 Abs1 Z4
AsylG 2005 §7
AsylG 2005 §7 Abs1 Z1
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8 Abs1 Z2
AsylG 2005 §8 Abs3a
AsylG 2005 §9 Abs2 Z3
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §114 Abs1
FPG §114 Abs3
FPG §46
FPG §46a Abs1 Z2
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z3
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch


W101 2167264-2/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Christine AMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch RA Dr. Joachim RATHBAUER, gegen die Spruchteile I., II., III., IV., VI. und VII. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.06.2021, Zl. 1051963709/200479899, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde hinsichtlich der Spruchteile I. und II. des o.a. Bescheides wird gemäß § 7 iVm § 8 Abs. 3a und § 9 Abs. 2 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde hinsichtlich der Spruchteile III., IV., VI. und VII. des o.a. Bescheides wird hingegen mit der Maßgabe stattgegeben, dass an deren Stelle folgender neuer Spruchteil III. des o.a. Bescheides zu treten hat:

„III. Gemäß § 46a Abs. 1 Z 2 FPG 2005 ist der Aufenthalt von XXXX geduldet, solange dessen Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Syrien unzulässig ist.“

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein syrischer Staatsangehöriger, reiste am 16.02.2015 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 08.02.2016, GZ. 7 HV 2/16b, war der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens der gewerbsmäßigen Schlepperei nach § 114 Abs. 1 und Abs. 3 Z 1 und Z 2 FPG und wegen der Verbrechen der Erpressung nach § 144 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten, davon 12 Monate bedingt unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt worden.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 01.08.2016, GZ. 7 HV 2/2016b, war der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 2 StGB unter Anwendung der §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 08.02.2016, GZ. 7 HV 2/16b, verurteilt worden. Von der Verhängung einer Zusatzstrafe war gemäß § 40 letzter Satz StPO abgesehen worden.

Mit Bescheid vom 28.03.2017 gab das Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: BFA) dem Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 AsylG statt und erkannte ihm den Status eines Asylberechtigten zu. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG war festgestellt worden, dass dem Beschwerdeführer kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 08.09.2020, GZ. 39 HV 71/20m, war der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 3 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 11.05.2021, GZ. 26 HV 18/21y, war der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG und wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall und Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten, davon 12 Monate bedingt unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt worden.

Nach Einleitung eines Aberkennungsverfahrens räumte das BFA mit Schreiben vom 27.05.2021 dem Beschwerdeführer eine zweiwöchige Frist ein, um zu seinen Privat- sowie Familienverhältnissen und zu den Länderfeststellungen Stellung zu nehmen.

Mit E-Mail vom 14.06.2021 gab der Beschwerdeführer dazu eine Stellungnahme ab, in der er im Wesentlichen folgendes vorbrachte:

Er sei verheiratet und habe im Familienverband drei minderjährige Kinder. Der Beschwerdeführer sei seit Juni 2021 in der Gastronomie als Koch beschäftigt und seine Ehefrau sei in Karenz. Seine beiden älteren Kinder würden die Schule besuchen und das jüngste Kind werde zu Hause von der Ehefrau des Beschwerdeführers betreut.

Vom 03.05.2021 bis 30.05.2021 sei der Beschwerdeführer aufgrund von Verwaltungsstrafen inhaftiert gewesen. Zu den strafgerichtlichen Verurteilungen werde darauf verwiesen, dass die letzte Strafe vom Mai 2021 bedingt verhängt worden sei. Die erfolgte dreijährige Probezeit indiziere, dass beim Beschwerdeführer in Zukunft ein Wohlverhalten zu erwarten sei.

Die Familie des Beschwerdeführers sei in Österreich integriert und sie lebe in XXXX .

Mit Bescheid vom 17.06.2021, Zl. 1051963709/200479899, erkannte das BFA dem Beschwerdeführer den zuvor zuerkannten Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 AsylG ab und stellte gemäß § 7 Abs. 4 AsylG fest, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukomme (Spruchteil I.). Weiters erkannte das BFA dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG nicht zu (Spruchteil II.), erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG (Spruchteil III.), erließ ihm gegenüber gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF (Spruchteil IV.) und stellte gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG und § 52 Abs. 9 FPG fest, dass seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Syrien unzulässig sei (Spruchteil V.). Schließlich sprach das BFA aus, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 AsylG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchteil VI.) und dass gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 AsylG gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von sechs Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen werde (Spruchteil VII.)

In diesem Bescheid traf das BFA folgende wesentliche Sachverhaltsfeststellungen:

(Zu den Gründen für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten:)

Der Beschwerdeführer sei wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG und wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Höhe von 18 Monaten – davon 12 Monate unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen – verurteilt worden.

Er habe in XXXX vorschriftswidrig Suchtgift

A./ in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich ca. 70 Gramm Heroin (durchschnittlicher Reinheitsgehalt: 12,9 % Heroin, 0,7 % Acetylcodein und 0,3 % Monoacetylmorphin), welches er in Teilmengen zwischen zwei und fünf Gramm zum Grammpreis von € 50,00 erworben und anderen überlassen habe und zwar

1./ im August 2020 XXXX in Teilmengen von 8 Gramm insgesamt 24 Gramm Heroin zum Grammpreis von € 50,00, wobei ihm XXXX vor dem Ankauf bei XXXX jeweils € 400,00 zur Bezahlung des Heroins übergeben habe;

2./ im Zeitraum August 2020 bis Dezember 2020 unbekannten Abnehmern insgesamt ca. 46 Gramm Heroin zu einem unbekannten Grammpreis;

B./ erworben und bis zum Eigenkonsum besessen und zwar im August 2020 eine unbekannte Menge Heroin, die ihm zum unmittelbaren Konsum zur Verfügung gestellt worden sei.

Es handle sich dabei um ein sowohl objektiv als auch subjektiv besonders schweres Verbrechen.

Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer in Zukunft keine weiteren strafbaren Handlungen bzw. Verstöße gegen die österreichische Rechtsordnung begehen werde. Er sei durch sein Verhalten als gemeingefährlich zu qualifizieren.

(Zu der Situation des Beschwerdeführers im Falle einer Rückkehr:)

Eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung seiner Person nach Syrien sei unzulässig, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Dem Beschwerdeführer sei aufgrund der ihm aufgrund seines Alters drohenden Einberufung zum Militärdienst – und der damit verbundenen unterstellten politischen Gesinnung – der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden.

Es könne weiterhin nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Syrien zum Militärdienst einberufen werden würde bzw. ihm Gefahr aufgrund einer unterstellten politischen Gesinnung aufgrund der Weigerung, den Militärdienst abzuleisten, drohe.

Bei der rechtlichen Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes führte das BFA im o.a. Bescheid zu § 7 Abs. 1 AsylG (= Spruchteil I.) insbesondere aus:

Die vom Beschwerdeführer begangene Tat des Drogenhandels stelle ohne Zweifel ein die öffentliche Sicherheit auf dem Gebiet des Fremdenwesens besonders schwer gefährdendes und beeinträchtigendes Fehlverhalten dar.

Der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zufolge, sei Drogenhandel als besonders schweres Verbrechen zu sehen. Das Fehlverhalten des Beschwerdeführers wiege insbesondere auch aufgrund der Gefährlichkeit und Schädlichkeit von Heroin, welches er in Umlauf gebracht habe, schwer. Heroin zähle zu den drei gefährlichsten und schädlichsten Drogen überhaupt.

Die subjektive Betrachtung der Taten zeige weiters, dass das Landesgericht lediglich das Teilgeständnis des Beschwerdeführers als mildernd gewertet habe, welches sich zudem lediglich auf seinen Eigenkonsum beschränkt habe. Erschwerend sei hingegen das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen, die Tatbegehung während der offenen Probezeit, die mehrfache Grenzmengenüberschreitung und der rasche Rückfall hinzugekommen. Im Urteil sei weiters ein hohe Gesinnungsunwert (Verwerflichkeit der inneren Einstellung) festgestellt worden, weshalb ein Vorgehen nach den §§ 35, 37 SMG ausgeschlossen worden sei. Aufgrund seines belasteten strafrechtlichen Vorlebens und der Tatwiederholung über einen längeren Zeitraum sei eine Einstellung des Verfahrens als nicht ausreichend, um ihn von solchen Straftaten abzuhalten, beurteilt worden.

Der Beschwerdeführer habe durch sein Verhalten gezeigt, dass er kein Interesse daran habe, die Gesetze Österreichs zu respektieren. Er sei im Februar 2015 illegal in das Bundesgebiet eingereist und habe bereits wenige Monate später – noch als Asylwerber – massiv gegen das Gesetz verstoßen, indem er mit zwei weiteren Tätern begonnen habe, gewerbsmäßig Schleppungen durchzuführen. Damit nicht genug, habe er gemeinsam mit den beiden Mittätern von zwei Personen Geld erpresst und im Zuge eines Streites seinen Streitgegner mit einem Messer mit dem Tode bedroht, weshalb er schließlich mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 08.02.2016, GZ. 7 HV 2/16b, wegen des Verbrechens der gewerbsmäßigen Schlepperei nach § 114 Abs. 1 und Abs. 3 Z 1 und Z 2 FPG und wegen der Verbrechen der Erpressung nach § 144 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten, davon 12 Monate bedingt unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt worden sei. In weiterer Folge sei der Beschwerdeführer im September 2020 erneut wegen einer gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt worden, weil er am 01.06.2020 seine Ehefrau zumindest mit der Zufügung einer Körperverletzung bedroht habe. Spätestens im August 2020 habe der Beschwerdeführer schließlich mit dem Handel von Heroin begonnen. Vom 03.05.2021 bis 30.05.2021 habe er sich wegen Verwaltungsstrafen erneut in Haft befunden.

Auf Basis der bisherigen Verurteilungen und seinem Verhalten in Österreich sei es offensichtlich, dass der Beschwerdeführer nicht gewillt sei, die in Österreich geltenden gesetzlichen Vorschriften einzuhalten und komme bei einer derartigen Sachlage eine positive Zukunftsprognose nicht in Betracht.

Unter Zugrundlegung des bisher Ausgeführten sei seine Tat sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht als besonders schweres Verbrechen im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu werten und er als gemeingefährlich einzustufen. Dem Beschwerdeführer sei daher gemäß § 7 Abs. 1 AsylG der Status des Asylberechtigten abzuerkennen.

In Bezug auf die Entscheidung über den subsidiären Schutz gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG (= Spruchteil II.) führte das BFA im Wesentlichen rechtlich aus:

Werde der Status des Asylberechtigten aberkannt, so sei gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Wie in der Beweiswürdigung angeführt, könne beim Beschwerdeführers nicht ausgeschlossen werden, dass er im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat zum Militärdienst für das syrische Regime rekrutiert werden würde. Im Zusammenhang mit der Einziehung, der Ableistung und der Verweigerung des Militärdienstes wäre der Beschwerdeführer der Gefahr erheblicher Menschenrechtsverletzungen aufgrund von Verhaftungen und Bestrafungen bis hin zu Misshandlungen und Folter ausgesetzt.

In diesen Fällen sei gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten allerdings nicht zuzuerkennen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG vorliege, das heißt wenn […] der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden sei (Z 3). Die rechtskräftige Verurteilung eines Verbrechens liege somit zweifelsfrei vor und Z 3 sei daher im Falle des Beschwerdeführers erfüllt. Daher sei der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG nicht zuzuerkennen.

In Bezug auf die Entscheidung über die Zulässigkeit der Abschiebung nach Syrien gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG (= Spruchteil V.) führte das BFA im Wesentlichen rechtlich aus:

Gemäß § 52 Abs. 9 FPG habe das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig sei. Dies gelte nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden solle, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei. Die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Syrien sei gemäß § 8 Abs. 3a AsylG unzulässig. Sein Aufenthalt im Bundesgebiet sei gemäß § 46a Abs. 1 Z 2 FPG geduldet. Seine Ausreiseverpflichtung bleibe unberührt.

Gegen die Spruchteile I., II., III., IV., VI. und VII. des o.a. Bescheides erhob der Beschwerdeführer fristgerecht eine Beschwerde wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Spruchteil V. des o.a. Bescheides erwuchs hingegen in Rechtskraft.

Die Beschwerde begründete der Beschwerdeführer im Wesentlichen folgendermaßen:

Festzuhalten sei, dass nicht nur der Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 46a Abs. 1 FPG geduldet sei, vielmehr sei nicht nur die Abschiebung nach Syrien gemäß § 8 Abs. 3a AsylG unzulässig, es werde im Wege der Beschwerdeerhebung auch festzustellen sein, dass eine Ausreiseverpflichtung nicht vorliege.

Die Tatsache, dass ein zwölfmonatiger Teil einer Freiheitsstrafe bedingt mit einer Probezeit von drei Jahren verhängt worden sei, ergebe in seinem Fall, dass eine positive Zukunftsprognose gegeben sei und der Beschwerdeführer sich in Hinkunft wohlverhalten werde.

Bei Gesamtbeurteilung seines Verhaltens, insbesondere der Lebensumstände und der familiären, privaten aber auch beruflichen Anknüpfungspunkte und bei Berücksichtigung des Umstandes, dass der Beschwerdeführer hier in Österreich Steuern und Sozialversicherungsabgaben bezahle, sei eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit in Zukunft nicht anzunehmen, sodass auch das ausgesprochene Einreiseverbot in der Dauer von sechs Jahren aufzuheben sein werde.

Der Beschwerdeführer stellte abschließend die Anträge,

das Bundesverwaltungsgericht möge

1.)      den angefochtenen Bescheid in den Spruchteilen I. bis IV. und VI. sowie VII. aufheben;

2.)      eine mündliche Verhandlung durchführen;

3.)      in eventu dem BFA zur neuerlichen Verfahrensergänzung und Entscheidungsfindung zurückverweisen;

4.)      ihm nicht den zuerkannten Status eines Asylberechtigten aberkennen bzw. ihm den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur maßgeblichen Situation des Beschwerdeführers (in Österreich):

Der Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Araber an und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Er ist verheiratet und hat drei minderjährige Kinder.

Der Beschwerdeführer besuchte in Syrien sechs Jahre die Schule und arbeitete dort als Fabrikarbeiter sowie fünfeinhalb Jahre als Fahrer.

Er ist gesund und arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer ist im Jahr 2015 illegal nach Österreich eingereist, wo er am 16.02.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des BFA vom 28.03.2017 der Status eines Asylberechtigten und die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Dieser Bescheid erwuchs in erster Instanz in Rechtskraft.

Der Beschwerdeführer befand sich seit seiner Antragstellung im Februar 2015 zunächst aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG und in der Folge ab der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten aufgrund der damit einhergehenden Aufenthaltsberechtigung durchgehend rechtmäßig im Bundesgebiet.

Der Beschwerdeführer ist seit Juni 2021 in der Gastronomie als Koch beschäftigt.

Der Beschwerdeführer lebt seit Dezember 2017 – mit Ausnahme des Zeitraumes vom 22.07.2020 bis 16.09.2020 – mit seiner Ehefrau, XXXX , StA. Syrien, sowie mit ihren drei gemeinsamen minderjährigen Kindern ( XXXX ) in einem gemeinsamen Haushalt.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 08.02.2016, GZ. 7 HV 2/16b, wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens der gewerbsmäßigen Schlepperei nach § 114 Abs. 1 und Abs. 3 Z 1 und Z 2 FPG und wegen der Verbrechen der Erpressung nach § 144 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten, davon 12 Monate bedingt unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt. Dieser Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer mit zwei Mittätern im bewussten und gewollten Zusammenwirken in XXXX und andernorts gewerbsmäßig wissentlich die rechtswidrige Einreise und Durchreise von Fremden in und durch einen Mitgliedstaat der Europäischen Union mit dem Vorsatz gefördert hat, sich durch ein hierfür geleistetes Entgelt unrechtmäßig zu bereichern, indem sie nicht rechtmäßig in die Europäische Union eingereiste Personen mit dem von einem Mittäter gelenkten und von diesem gehaltenen PKW an nachgenannte Orte befördert hat, bzw. befördern habe wollen und zwar:

1.)      am 27.08.2015 vier bislang unbekannte Personen von Ungarn über Österreich nach Passau zu einem Entgelt in der Höhe von € 400,00 pro Person;

2.)      am 28.08.2015 vier bislang unbekannte Personen von Ungarn nach Österreich zu einem Entgelt in der Höhe von insgesamt € 1.800,00;

3.)      am 29.08.2015 vier bislang unbekannte Personen vermutlich irakischer Herkunft von Ungarn nach Österreich zu einem Entgelt in der Höhe von $ 400,00;

4.)      am 29.08.2015 auf den 30.08.2015 drei bislang unbekannte Personen von Ungarn über Österreich nach Deutschland zu einem Entgelt in der Höhe von insgesamt € 1.800,00;

5.)      am 01.09.2015 vier bislang unbekannte Personen von Ungarn über Österreich nach Deutschland zu einem Entgelt in der Höhe von € 450,00 pro Person;

6.)      am 03.09.2015 eine unbekannte Person ägyptischer Herkunft, welche der Beschwerdeführer am 02.09.2015 von Ungarn nach Österreich beförderte, nach Deutschland zu einem Entgelt in der Höhe von $ 700,00, wobei die Fahrt in XXXX infolge Betretung auf frischer Tat durch Polizeibeamte der Autobahnpolizeiinspektion XXXX geendet hat.

Zudem nötigten der Beschwerdeführer und ein Mittäter am 02.09.2015 im bewussten und gewollten Zusammenwirken und mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Genötigten unrechtmäßig zu bereichern, zwei Personen durch Drohung mit einer Freiheitsentziehung unterstrichen durch äußerst aggressives Auftreten, sohin durch gefährliche Drohung, zu einer Handlung, die diese an ihrem Vermögen schädigten, nämlich zur Übergabe von Bargeld in der Höhe von € 200,00 von der ersten Person sowie in der Höhe von € 750,00 von der zweiten Person.

Bei der Strafbemessung wurde die teilweise geständige Verantwortung sowie die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als mildernd gewertet. Erschwerend hingegen war das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 01.08.2016, GZ. 7 HV 2/2016b, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 2 StGB unter Anwendung der §§ 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 08.02.2016, GZ. 7 HV 2/16b, verurteilt. Von der Verhängung einer Zusatzstrafe wurde gemäß § 40 letzter Satz StPO abgesehen. Dieser Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer am 12.07.2015 einer Person durch das Richten eines Klappmessers auf diese im Zuge eines Streites gefährlich mit dem Tode bedroht hat.

Bei der Strafbemessung wurde die teilweise geständige Verantwortung sowie die bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als mildernd gewertet. Erschwerend hingegen war das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 08.09.2020, GZ. 39 HV 71/20m, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 3 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren rechtskräftig verurteilt. Dieser Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer am 01.06.2020 seine Ehefrau durch die Äußerung „adrubek“, was sinngemäß heißt: „ich werde dich schlagen“, gefährlich mit der Zufügung einer Körperverletzung bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Milderungsgründe bei der Strafbemessung lagen nicht vor. Als erschwerend wurde die einschlägige Vorstrafe gewertet.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 11.05.2021, GZ. 26 HV 18/21y, wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG und wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall und Abs. 2 SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 18 Monaten, davon 12 Monate bedingt unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren, rechtskräftig verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer vorschriftswidrig Suchtgift

A./ in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich ca. 70 Gramm Heroin (durchschnittlicher Reinheitsgehalt: 12,9 % Heroin, 0,7 % Acetylcodein und 0,3 % Monoacetylmorphin), welches er in Teilmengen zwischen zwei und fünf Gramm zum Grammpreis von € 50,00 erwarb und anderen überlassen hat, und zwar

1./ im August 2020 XXXX in Teilmengen von 8 Gramm insgesamt 24 Gramm Heroin zum Grammpreis von € 50,00, wobei ihm XXXX vor dem Ankauf bei XXXX jeweils € 400,00 zur Bezahlung des Heroins übergab;

2./ im Zeitraum August 2020 bis Dezember 2020 unbekannten Abnehmern insgesamt ca. 46 Gramm Heroin zu einem unbekannten Grammpreis;

B./ erworben und bis zum Eigenkonsum besessen, und zwar im August 2020 eine unbekannte Menge Heroin, die ihm zum unmittelbaren Konsum zur Verfügung gestellt wurde.

Bei der Strafbemessung wurde das teilweise Geständnis zum Eigenkonsum gewertet. Erschwerend hingegen war das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen, die Tatbegehung während offener Probezeit, die mehrfache Grenzmengenüberschreitung und der rasche Rückfall.

1.2. Zur maßgeblichen Situation des Beschwerdeführers in Syrien:

Laut dem (dem BFA vorgelegten) Wehrdienstbuch hat der Beschwerdeführer in der syrischen Armee seinen Militärdienst mit Ende Oktober 2003 ordnungsgemäß abgeleistet.

Vor dem Hintergrund der vom BFA in das Verfahren eingeführten Länderfeststellungen (insbesondere S. 55 ff des o.a. Bescheides) bleibt festzuhalten, dass es beim XXXX geborenen Beschwerdeführer nicht ausgeschlossen werden kann, dass er im Falle der Rückkehr nach Syrien von Seiten des syrischen Regimes als Reservist neuerlich zum Militärdienst einberufen werden würde und in diesem Zusammenhang der Gefahr erheblicher Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt wäre.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum maßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, der Beschwerde und dem Gerichtsakt.

ad 1.1. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt und seinen dahingehend glaubhaften Angaben vor dem BFA.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seinem derzeitigen Familienstand, seiner Schulbildung und Berufserfahrung in Syrien stützen sich ebenfalls auf seine diesbezüglich glaubhaften Angaben.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand gründen auf den diesbezüglich glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers in der Stellungnahme vom 14.06.2021.

Die Feststellungen zur Einreise und Aufenthalt des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakt.

Die Feststellung zur Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich ebenfalls aus seinen glaubhaften Angaben in der Stellungnahme vom 14.06.2021.

Dass der Beschwerdeführer aktuell mit seiner Ehefrau und seinen drei minderjährigen Kindern in einem gemeinsamen Haushalt zusammenlebt, folgt aus den dahingehend glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers in der Stellungnahme vom 14.06.2021 sowie aus einer aktuellen Abfrage aus dem ZMR und ist unstrittig.

Die Feststellungen zu den strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus den im Verwaltungs- und Gerichtsakt einliegenden Strafurteilen und aus dem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Strafregisterauszug.

ad 1.2. Das BFA hat das vom Beschwerdeführer in Vorlage gebrachte Wehrdienstbuch in den wesentlichen Passagen in das Deutsche übersetzen lassen (siehe AS 251ff des Verwaltungsaktes). Bereits das BFA hat die Echtheit des vorgelegten Wehrdienstbuches des Beschwerdeführers nicht in Zweifel gezogen.

Vor diesem Hintergrund sind die obigen Feststellungen zur Gefahr im Falle der Rückkehr, als Reservist neuerlich in die syrische Armee einberufen zu werden, getroffen worden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung besteht gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.3. Zu A) Spruchteil I. (Aberkennung des Status des Asylberechtigten):

3.3.1. Gemäß § 7 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status des Asylberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn

1. ein Asylausschlussgrund nach § 6 leg.cit. vorliegt,

2. einer der in Art. 1 Abschnitt C der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Endigungsgründe eingetreten ist oder

3. der Asylberechtigte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat.

Gemäß § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 ist ein Fremder von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn er von einem inländischen Gericht wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig verurteilt worden ist und wegen dieses strafbaren Verhaltens eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes müssen für die Anwendung des § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 kumulativ vier Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein Flüchtling trotz drohender Verfolgung in den Herkunftsstaat verbracht werden darf. Er muss (erstens) ein besonders schweres Verbrechen verübt haben, dafür (zweitens) rechtskräftig verurteilt worden sein, (drittens) gemeingefährlich sein und (viertens) müssen die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung seine Interessen am Weiterbestehen des Schutzes durch den Zufluchtsstaat überwiegen (vgl. VwGH 18.10.2018, Ra 2017/19/0109, mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof führt in seiner Judikatur weiters aus, dass § 17 StGB mit der Einteilung in Verbrechen und Vergehen eine grundsätzliche Unterscheidung der Straftaten trifft, durch die das besondere Gewicht der als Verbrechen geltenden Straftaten ihrer Art nach betont werden soll; über die Bezeichnung dieser Straftaten hinaus – mit „Verbrechen“ wird schon rein sprachlich ein höherer Unwert konnotiert – bringt die Anknüpfung an ein Mindestmaß der Strafdrohung von mehr als dreijähriger oder lebenslanger Freiheitsstrafe sowie die Einschränkung auf Vorsatztaten zum Ausdruck, dass es sich um solche handelt, denen ein besonders hoher Unrechtsgehalt innewohnt (vgl. VwGH 05.04.2018, Ra 2017/19/0531, mwN). Unter den Begriff des „besonders schweren Verbrechens“ fallen nur Straftaten, die objektiv besonders wichtige Rechtsgüter verletzen; typischerweise schwere Verbrechen sind etwa Tötungsdelikte, Vergewaltigung, Kindesmisshandlung, Brandstiftung, Drogenhandel, bewaffneter Raub und dergleichen (s. VwGH 25.10.2018, Ra 2018/20/0360; 05.04.2018, Ra 2017/19/0531, mwN). Der Verwaltungsgerichtshof hat weiters festgehalten, dass es sich dabei um eine demonstrative und daher keineswegs abschließende Aufzählung von Delikten in Zusammenhang mit Art. 33 Abs. 2 GFK handelt (vgl. erneut VwGH 18.10.2018, Ra 2017/19/0109, mit Verweis auf VwGH 03.12.2002, 99/01/0449). Zu denken wäre aber auch – auf Grund der Gefährlichkeit und Verwerflichkeit – an besondere Formen der Schlepperei, bei der es zu einer erheblichen Gefährdung, nicht unbedeutenden Verletzung oder gar Tötung oder während der es zu erheblichen, mit Folter vergleichbaren Eingriffen in die Rechte der Geschleppten kommt. Auch im Fall einer Vielzahl einschlägiger rechtskräftiger Verurteilungen und insofern verhängter, beträchtlicher und überwiegend unbedingter Freiheitsstrafen können verwirklichte Delikte in einer Gesamtbetrachtung als „besonders schweres Verbrechen“ qualifiziert werden (VwGH 18.10.2018, Ra 2017/19/0109; 23.09.2009, 2006/01/ 0626).

Auf die Strafdrohung allein kommt es bei der Beurteilung, ob ein „besonderes schweres Verbrechen“ vorliegt, nicht an (vgl. VwGH 25.10.2018, Ra 2018/20/0360). So genügt es demnach nicht, wenn ein abstrakt als „schwer“ einzustufendes Delikt verübt worden ist. Die Tat muss sich im konkreten Einzelfall als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erweisen, wobei u.a. auf Milderungsgründe Bedacht zu nehmen ist (VwGH 29.08.2019, Ra 2018/19/0522). Bei der Beurteilung, ob ein „besonders schweres Verbrechen“ vorliegt, ist daher eine konkrete fallbezogene Prüfung vorzunehmen und sind insbesondere die Tatumstände zu berücksichtigen (VwGH 23.09.2009, 2006/01/0626; 29.08.2019, Ra 2018/19/0522). Bei einer auf § 13 Abs. 2 zweiter Fall AsylG 1997 (nunmehr § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005) gestützten Entscheidung ist eine entsprechende Zukunftsprognose (zur Beurteilung der Gemeingefährlichkeit des Straftäters) erstellen, wobei es auf das gesamte Verhalten des Betroffenen ankommt. Demgemäß ist seine Einstellung während der Dauer seines Aufenthaltes gegenüber dem Staat bzw. der Gemeinschaft der in diesem Staat lebenden Bürger und seine in diesem Zeitraum gesetzten Handlungen maßgeblich, welche geeignet sind, das ordentliche und sichere Zusammenleben der Gemeinschaft zu gefährden (vgl. VwGH 06.10.1999, 99/01/0288). Lediglich in gravierenden Fällen schwerer Verbrechen erweist sich bereits ohne umfassende Prüfung der einzelnen Tatumstände eine eindeutige Wertung als schweres Verbrechen mit negativer Zukunftsprognose als zulässig (s. etwa in Zusammenhang mit der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren wegen des Verbrechens des versuchten Mordes: VwGH 14.02.2018, Ra 2017/18/0419, mwN).

3.3.2. Unter Berücksichtigung dieser in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes festgelegten Kriterien ergibt sich für den Beschwerdeführer Folgendes:

Der Beschwerdeführer wurde wegen des Verbrechens der gewerbsmäßigen Schlepperei nach § 114 Abs. 1 und Abs. 3 Z 1 und Z 2 FPG, wegen der Verbrechen der Erpressung nach § 144 Abs. 1 StGB, wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG, wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster sowie zweiter Fall und Abs. 2 SMG, wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB und wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 2 StGB rechtskräftig verurteilt.

Beim Verbrechen des Suchtgifthandels handelt es sich nach der o.a. Judikatur um ein typischerweise besonders schweres Verbrechen. Im vorliegenden Fall kommt die schwere des Verbrechens insbesondere auch dadurch zum Ausdruck, dass der Beschwerdeführer während eines längeren Zeitraums ein wiederholtes Fehlverhalten gesetzt hat (zumindest mehrere Monate), was eine erhebliche Gefährdung des gewichtigen öffentlichen Interesses an der Verhinderung der Suchtgiftkriminalität darstellt, bei der es sich um eine besonders gefährliche Art der Kriminalität handelt und bei der die Wiederholungsgefahr erfahrungsgemäß besonders groß ist (Hinweis E 17. Jänner 2006, 2006/18/0001). Im vorliegenden Fall liegt eine qualifizierte Suchtgiftdelinquenz vor, die im § 28a SMG unter Strafe gestellt wurde. An der Verhinderung des Suchtgifthandels besteht ein besonderes öffentliches Interesse (VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0155).

Insbesondere hat der Beschwerdeführer jedenfalls eine die Grenzmenge überschreitende Menge an Heroin an zahlreiche Suchtgiftabnehmer weitergegeben. Entsprechend der höchstgerichtlichen Judikatur stellt die Suchtgiftdelinquenz, wenn sie sich auf eine Grenzmenge übersteigende Menge bezieht, ein besonders verpöntes Fehlverhalten dar, an dessen Verhinderung auch ein großes öffentliches Interesse besteht (VwGH 22.11.2012, 2011/23/0556, mwN.). Auch wenn in der Strafbemessung mildernd das teilweise Geständnis zum Eigenkonsum berücksichtigt wurden, kam erschwerend das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen und die Tatbegehung während offener Probezeit, die mehrfache Grenzmengenüberschreitung und der rasche Rückfall hinzu. Es ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage war, sich an die geltende Rechtsordnung zu halten und durch sein Verhalten darlegte, dass er mit den rechtlichen Werten in Österreich absolut nicht verbunden war bzw. ist. Dies zeigt sich insbesondere darin, dass er an zahlreiche Suchtgiftmittelabnehmer besonders gefährliche Drogen weitergegeben hat und bereits zuvor drei Male u.a. wegen des Verbrechens der gewerbsmäßigen Schlepperei nach § 114 Abs. 1 und Abs. 3 Z 1 und Z 2 FPG wegen der Verbrechen der Erpressung nach § 144 Abs. 1 StGB rechtskräftig verurteilt wurde. Es liegt somit in einer Gesamtbetrachtung objektiv als auch subjektiv ein besonders schweres Verbrechen vor.

Weiters ist festzuhalten, dass die aufgrund der o.a. Straftaten des Beschwerdeführers ergangenen Urteile in Rechtskraft erwachsen sind, womit auch die zweite Voraussetzung der o.a. Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im vorliegenden Fall erfüllt ist.

Bei der Prüfung der dritten Voraussetzung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes („Gemeingefährlichkeit“) wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer um eine positive Entwicklung seines Lebens in Österreich bemüht ist, was v.a. in der Arbeitsaufnahme im Juni 2021 zum Ausdruck kommt.

Dennoch ist im Fall des Beschwerdeführers nach Ansicht der zuständigen Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes zum aktuellen Zeitpunkt vom Vorliegen der „Gemeingefährlichkeit“ seiner Person iSd o.a. Judikatur auszugehen, weil v.a. die konkreten Umstände der, der Verurteilung vom 11.05.2021 zugrundeliegenden, Straftat – wie oben bereits aufgezeigt – als verwerflich zu beurteilen sind und der Beschwerdeführer bereits zuvor drei Male aufgrund diverser Delikte verurteilt worden ist, wobei die letzte strafgerichtliche Verurteilung vor einer relativ kurzen Zeit, nämlich am 08.09.2020, erfolgte. Er hat über einen längeren Zeitraum hindurch ein strafrechtswidriges Verhalten gezeigt. Durch die gesetzte Straftat, die zur Verurteilung vom 11.05.2021 geführt hat, hat der Beschwerdeführer mehrmals Suchtmittel im erheblichen Ausmaß (in einem das die Grenzmenge jedenfalls übersteigenden Ausmaß) an Dritte überlassen. Im vorliegenden Fall hat sich der Beschwerdeführer demnach nicht bloß auf den Erwerb und Besitz von Suchtmitteln beschränkt, sondern hat diese auch weitergegeben. Überdies ist auch zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer auch wegen des Verbrechens der gewerbsmäßigen Schlepperei, wegen der Verbrechen der Erpressung sowie wegen diverser Vergehen verurteilt worden ist. Ebenso spricht die bis dato mangelnde Verantwortungsübernahme hinsichtlich des Suchtgifthandels für seine Gemeingefährlichkeit.

Angesichts der vorliegenden Verurteilungen, aus denen im Verhalten des Beschwerdeführers keine Besserung zu ersehen ist, und aufgrund der Persönlichkeitsstruktur des Beschwerdeführers ist weiterhin davon auszugehen, dass von diesem eine große Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ausgeht, zumal mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sein wird, dass der Beschwerdeführer angesichts der in der Vergangenheit gezeigten Bereitschaft, sich durch kriminelle Handlungen ein Einkommen zu verschaffen sowie der fehlenden Reumütigkeit weiterhin solche vergleichbare Straftaten begehen wird. Die Berücksichtigung der aufrechten Bewährungshilfe und der Umstand, dass er derzeit einer Beschäftigung nachgeht, vermag angesichts der unter Beweis gestellten kriminellen Energie zu keiner günstigeren Prognose führen. Dabei wird auch nicht außer Acht gelassen, dass sich der Beschwerdeführer mit seiner Ehefrau sowie seinen drei minderjährigen Kindern in einem gemeinsamen Haushalt lebt, jedoch ist die dargestellte Haltung des Beschwerdeführers zu seinen rechtskräftigen Verurteilungen derart schwerwiegend, dass auch die dargelegten Änderungen bzw. Umstände in seinem Privatleben (Berufstätigkeit, Familienleben), nicht zu einer anderen Bewertung führen können. Somit lässt sich aus der Schwere der Verurteilungen, insbesondere jener vom 11.05.2021, und der Vielzahl von Verstößen gegen die österreichische Strafrechtsordnung keine positive Prognose ableiten.

Aus Sicht der zuständigen Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes ist somit auch die dritte Voraussetzung der o.a. Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfüllt.

Schließlich bleibt zu prüfen, ob die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung das Interesse des Beschwerdeführers am Weiterbestehen des Schutzes durch den Zufluchtsstaat überwiegen. Bei dieser Güterabwägung sind die Verwerflichkeit des Verbrechens und die potentielle Gefahr für die Allgemeinheit den Schutzinteressen des Asylwerbers beinhaltend das Ausmaß und die Art der drohenden Maßnahmen gegenüberzustellen.

Wie bereits dargestellt, ist von einem mangelnden Unrechtsbewusstsein des Beschwerdeführers auszugehen. Darüber hinaus kann im Hinblick auf die Menge der verkauften Suchtgifte, die Gewaltanwendung zur Durchsetzung von kriminellen Interessen und die mangelnde Verantwortungsübernahme nicht ausgeschlossen werden, dass er erneut straffällig wird.

Das persönliche Interesse des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet ist demzufolge nicht geeignet, gegenüber der dargestellten Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen zu überwiegen.

Im Ergebnis ist die Beschwerde sohin hinsichtlich Spruchteil I. des o.a. Bescheides als unbegründet abzuweisen, da der Beschwerdeführer in einer Gesamtbetrachtung der vorliegenden Verurteilungen ein „besonders schweres Verbrechen“ verwirklicht hat. Zusammengefasst sind die Voraussetzungen für die Aberkennung des Status des Asylberechtigten beim Beschwerdeführer somit gegeben.

Gemäß § 7 Abs. 4 AsylG 2005 ist die Aberkennung nach Abs. 1 Z 1 und Z 2 AsylG 2005 mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Betroffenen die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt. Dieser hat nach Rechtskraft der Aberkennung der Behörde Ausweise und Karten, die den Status des Asylberechtigten oder die Flüchtlingseigenschaft bestätigen, zurückzustellen.

3.4. Zu A) Spruchteil I. (Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten):

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird und wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 hat, wenn ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen ist, eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 vorliegt. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist (§ 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005). Im Fall der Nichtzuerkennung des subsidiären Schutzes aus diesem Grund ist die Abweisung gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.

Gemäß § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 hat eine Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, so diese nicht schon aus den Gründen des Abs. 1 zu erfolgen hat, dann zu erfolgen, wenn der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist.

Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 13.09.2018, Rs C-369/17, Ahmed, ausgesprochen, dass Art. 17 Abs. 1 Buchstabe b der Richtlinie 2011/95 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für eine einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, dahingehend auszulegen ist, dass er einer Rechtsvorschrift eines Mitgliedstaates entgegensteht, nach der ausschließlich anhand des Strafmaßes, das für eine bestimmte Straftat nach dem Recht dieses Mitgliedstaates vorgesehen ist, davon ausgegangen wird, dass die Person, die einen Antrag auf subsidiären Schutz gestellt hat, eine „schwere Straftat“ im Sinne dieser Bestimmung begangen hat, derentwegen sie von der Gewährung subsidiären Schutzes ausgeschlossen werden kann. Es ist Sache der zuständigen nationalen Behörden bzw. des zuständigen nationalen Gerichtes, die/das über den Antrag auf subsidiären Schutz entscheidet, die Schwere der Straftat zu würdigen, wobei eine vollständige Prüfung sämtlicher besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalles vorzunehmen ist.

Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass bei der Anwendung des § 9 Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 – welcher nach der Intention des Gesetzgebers die Bestimmung des Art. 17 Abs. 1 lit. b der Statusrichtlinie umsetzt – jedenfalls auch eine Einzelfallprüfung durchzuführen sei, ob eine „schwere Straftat“ im Sinne des Art. 17 Abs. 1 lit. b der Statusrichtlinie vorliegt. Dabei ist die Schwere der fraglichen Straftat zu würdigen und eine vollständige Prüfung sämtlicher besonderer Umstände des jeweiligen Einzelfalls vorzunehmen. Es ist jedoch nicht unbeachtet zu lassen, dass auch der EuGH dem in einer strafrechtlichen Bestimmung vorgesehenen Strafmaß eine besondere Bedeutung zugemessen hat (vgl. EuGH 13.9.2018, Ahmed, C-369/17, Rn. 55) und somit die Verurteilung des Fremden wegen eines Verbrechens zweifelsfrei ein gewichtiges Indiz für die Aberkennung darstellt, dieses Kriterium allein jedoch nach den unionsrechtlichen Vorgaben für eine Aberkennung nicht ausreicht (VwGH 06.11.2018, Ra 2018/18/0295).

Fallbezogen wurde der Beschwerdeführer von einem inländischen Gericht wegen des Verbrechens der gewerbsmäßigen Schlepperei nach § 114 Abs. 1 und Abs. 3 Z 1 und Z 2 FPG, wegen der Verbrechen der Erpressung nach § 144 Abs. 1 StGB, wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall SMG, wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster sowie zweiter Fall und Abs. 2 SMG, wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB und wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 2 StGB rechtskräftig verurteilt. Vor dem Hintergrund der oben unter 3.3.2. bereits dargestellten Kriterien, insbesondere der „Gemeingefährlichkeit“ des Beschwerdeführers, kann das Vorliegen einer „schweren Straftat“ im Sinne des Art. 17 Abs. 1 lit. b der Statusrichtlinie jedenfalls bejaht werden.

Allerdings wäre die Rückkehr des Beschwerdeführers nach Syrien unzweifelhaft mit einer realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bzw. für den Beschwerdeführer als Zivilperson mit einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden. Dies ergibt sich aus der oben getroffenen Feststellung, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in Syrien die neuerliche Einberufung zum Militärdienst drohen würde.

Es kann demnach nicht mit der notwendigen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Syrien dem realen Risiko einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wäre, sodass eine Abschiebung eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde.

Daher ist gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 vorzugehen, dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen und dies mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im Ergebnis ist sowohl die Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten (Spruchteil II. des o.a. Bescheides) als auch die Feststellung, dass gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Syrien nicht zulässig ist (bereits rechtskräftiger Spruchteil V. des o.a. Bescheides) durch die belangte Behörde zu Recht erfolgt.

Folglich ist auch die Beschwerde hinsichtlich Spruchteil II. des o.a. Bescheides gemäß § 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

3.5. Zu A) Spruchteil II. (Duldung statt Rückkehrentscheidung, 14-tägige Ausreisefrist und Einreiseverbot):

3.5.1. Der mit „Duldung“ überschriebene § 46a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:

„(1) Der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet ist zu dulden, solange

1. deren Abschiebung gemäß §§ 50, 51 oder 52 Abs. 9 Satz 1 unzulässig ist, vorausgesetzt die Abschiebung ist nicht in einen anderen Staat zulässig;

2. deren Abschiebung gemäß §§ 8 Abs. 3a und 9 Abs. 2 AsylG 2005 unzulässig ist;

3. deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint oder

4. die Rückkehrentscheidung im Sinne des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG vorübergehend unzulässig ist;

es sei denn, es besteht nach einer Entscheidung gemäß § 61 weiterhin die Zuständigkeit eines anderen Staates oder dieser erkennt sie weiterhin oder neuerlich an. Die Ausreiseverpflichtung eines Fremden, dessen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Satz 1 geduldet ist, bleibt unberührt.

(2) Die Duldung gemäß Abs. 1 Z 3 kann vom Bundesamt mit Auflagen verbunden werden; sie endet jedenfalls mit Wegfall der Hinderungsgründe. Die festgesetzten Auflagen sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) während des anhängigen Verfahrens mitzuteilen; über sie ist insbesondere hinsichtlich ihrer Fortdauer im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen. § 56 gilt sinngemäß.

(3) Vom Fremden zu vertretende Gründe (Abschiebungshindernisse) liegen jedenfalls vor, wenn er

1. seine Identität verschleiert,

2. einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt oder

3. an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.

(4) Bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 hat das Bundesamt von Amts wegen oder auf Antrag eine Karte für Geduldete auszustellen. Im Antrag ist der Grund der Duldung gemäß Abs. 1 Z 1, 2, 3 oder 4 zu bezeichnen. Die Karte dient dem Nachweis der Identität des Fremden im Verfahren vor dem Bundesamt und hat insbesondere die Bezeichnungen „Republik Österreich“ und „Karte für Geduldete“, weiters Namen, Geschlecht, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, Lichtbild und Unterschrift des Geduldeten sowie die Bezeichnung der Behörde, Datum der Ausstellung und Namen des Genehmigenden zu enthalten. Die nähere Gestaltung der Karte legt der Bundesminister für Inneres durch Verordnung fest.

(5) Die Karte für Geduldete gilt ein Jahr beginnend mit dem Ausstellungsdatum und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs. 1 über Antrag des Fremden für jeweils ein weiteres Jahr verlängert. Die Karte ist zu entziehen, wenn

1. deren Gültigkeitsdauer abgelaufen ist;

2. die Voraussetzungen der Duldung im Sinne des Abs. 1 nicht oder nicht mehr vorliegen;

3. das Lichtbild auf der Karte den Inhaber nicht mehr zweifelsfrei erkennen lässt oder

4. andere amtliche Eintragungen auf der Karte unlesbar geworden sind.

Der Fremde hat die Karte unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen, wenn die Karte entzogen wurde oder Umstände vorliegen, die eine Entziehung rechtfertigen würden. Wurde die Karte entzogen oder ist diese vorzulegen, sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und das Bundesamt ermächtigt, die Karte abzunehmen. Von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes abgenommene Karten sind unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen.

(6) Der Aufenthalt des Fremden gilt mit Ausfolgung der Karte als geduldet, es sei denn das Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 wurde bereits zu einem früheren Zeitpunkt rechtskräftig festgestellt. Diesfalls gilt der Aufenthalt ab dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Feststellung als geduldet.“

3.5.2. Im konkreten Fall wurde bereits von der belangten Behörde zu Recht im bereits rechtskräftigen Spruchteil V. des o.a. Bescheides ausgesprochen, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat Syrien gemäß § 8 Abs. 3a AsylG 2005 unzulässig ist.

Da die Tatbestandsvoraussetzung des § 46a Abs. 1 Z 2 FPG somit vorliegt und der Beschwerdeführer keinen Ausschlusstatbestand des Abs. 3 leg. cit. verwirklicht hat, ist ihm gemäß Abs. 4 leg. cit. eine Karte für Geduldete auszustellen.

Sohin ist der Beschwerde hinsichtlich der Spruchteile III., IV., VI. und VII. des o.a. Bescheides mit der Maßgabe stattzugeben, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 3 FPG geduldet ist.

3.6. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann – soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist – das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

Nach der ersten Fallvariante des § 21 Abs. 7 BFA-VG darf von einer Verhandlung nur abgesehen werden, wenn die Verwaltungsinstanz ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und eine schlüssige Beweiswürdigung vorgenommen hat. Darüber hinaus darf in der Beschwerde nicht zulässigerweise ein neuer Sachverhalt konkret behauptet oder die Beweiswürdigung der Verwaltungsbehörde substantiiert bekämpft worden sein (Filzwieser/ Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Kommentar zum Asyl-und Fremdenrecht, § 21 BFA-VG, K 19; zusammenfassend VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017, siehe sogleich).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und -0018, zusammenfassend ausgeführt, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in s

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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