TE Lvwg Erkenntnis 2021/3/8 VGW-021/079/15650/2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.03.2021
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Entscheidungsdatum

08.03.2021

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §74 Abs2 Z2
GewO 1994 §81 Abs1
GewO 1994 §366 Abs1 Z3
GewO 1994 §367 Z25

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seine Richterin MMag. Dr. Ollram über die Beschwerde des A. B., C.-straße, Wien, vertreten durch RA, gegen den Bescheid (Straferkenntnis) des Magistrats der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 25.10.2019, …, betreffend Verwaltungsübertretungen gemäß

1. § 370 Abs. 1 iVm § 367 Z 25 Gewerbeordnung 1994 - GewO 1994 iVm Auflage 15 des Bescheides vom 26.11.2007, MBA …/2007 (Überschreitung des für die Beschallungsanlage vorgeschriebenen Dauerschallpegels);

2. § 370 Abs. 1 iVm § 366 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 (Betrieb der genehmigungspflichtig geänderten Betriebsanlage ohne Genehmigung der Änderung durch Anbringung einer Fassadenbeleuchtung)

nach öffentlicher mündlicher Verhandlung gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG zu Recht:

I. Die Beschwerde wird in beiden Punkten als unbegründet abgewiesen und das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass in Punkt 1 nach der Wortfolge „als gewerberechtlicher Geschäftsführer […] der D. KG mit Sitz in Wien, E.“ die Wortfolge „, für die Ausübung des Gastgewerbes in der Betriebsart eines Kaffeehauses mit den Berechtigungen nach § 111 Abs. 1 Z 2 GewO 1994“ ergänzt wird, dass hinsichtlich Punkt 1 die Übertretungsnorm § 367 Z 25 GewO 1994 idF BGBl. I Nr. 45/2018 in Verbindung mit Auflage 15 des Bescheides vom 26.11.2007, MBA …/2007 und die Strafsanktionsnorm § 367 Einleitungssatz GewO 1994 idF BGBl. I Nr. 45/2018 lauten, und dass hinsichtlich Punkt 2 die Übertretungsnorm § 366 Abs. 1 Z 3 zweiter Fall und die Strafsanktionsnorm § 366 Abs. 1 Einleitungssatz GewO 1994, jeweils idF BGBl. I Nr. 45/2018, lauten.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG werden dem Beschwerdeführer Beiträge zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafen, sohin von 35 Euro (Punkt 1) und 52 Euro (Punkt 2) auferlegt.

III. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG jeweils nicht zulässig.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Unter Punkt 1 des angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer (BF) sinngemäß zur Last gelegt, er habe als gewerberechtlicher Geschäftsführer der in Wien ansässigen D. KG zu verantworten, dass diese am 6.4.2019 beim Betrieb der Betriebsanlage in Wien, E., eine im Spruch zitierte rechtskräftige Bescheidauflage betreffend den Betrieb der Beschallungsanlagen nicht eingehalten habe, da bereits vor der Anlage bei geschlossener Tür Musik zu hören bzw. im Lokalinneren eine normale Gesprächsführung nicht möglich gewesen, sohin Musik lauter als 65 dB dargeboten worden sei. Zu diesem Punkt wurde dem BF wegen Übertretung des § 367 Z 25 GewO 1994 in Verbindung mit der Bescheidauflage gemäß § 367 Einleitungssatz GewO 1994 eine Geldstrafe von 175 Euro mit Ersatzfreiheitsstrafe von vier Stunden auferlegt. Unter Punkt 2 wurde dem BF in gleicher Verantwortung zur Last gelegt, dass die Betriebsanlage am 6.4.2019 nach einer Änderung, nämlich dem Anbringen bunter leuchtender Lichterketten an der gesamten Lokalfassade, trotz deren Eignung zur Belästigung von Nachbarn durch Lichteinwirkung ohne die erforderliche Genehmigung betrieben worden sei. Zu diesem Punkt wurde dem BF wegen Übertretung des § 366 Abs. 1 Z 3 (gemeint: zweiter Fall) GewO 1994 gemäß § 366 Abs. 1 Einleitungssatz GewO 1994 eine Geldstrafe von 260 Euro mit Ersatzfreiheitsstrafe von acht Stunden auferlegt. Gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG wurden die Verfahrenskostenbeiträge mit insgesamt 43,50 Euro (17,5 Euro zu Punkt 1 bzw. 26 Euro zu Punkt 2, sohin 10 % der verhängten Geldstrafen) festgesetzt. Begründend verwies die belangte Behörde neben teilweiser Wiedergabe der herangezogenen Rechtsgrundlagen, Darlegung der strafrechtlichen Verantwortung des BF und Hinweis auf dessen ausgebliebene Mitwirkung am Verfahren auf eine „Mitteilung der MD-OS vom 29.3.2019“. Die Übertretungen seien von mehreren bei Disziplinar- und Strafsanktion zur Wahrheit verpflichteten Amtsorganen festgestellt sowie klar, widerspruchsfrei und nachvollziehbar dargetan worden, daher in objektiver Hinsicht als erwiesen anzusehen. Mangelndes Verschulden sei nicht iSd § 5 Abs. 1 VStG glaubhaft gemacht worden, weshalb hinsichtlich beider Ungehorsamsdelikte auch die subjektiven Voraussetzungen der Strafbarkeit vorlägen. Bei der Strafbemessung seien objektiver Unrechtsgehalt und Verschulden durchschnittlich und fünf einschlägige Vorstrafen erschwerend zu werten; Milderungsgründe seien nicht hervorgekommen. Mangels Bekanntgabe wirtschaftlicher bzw. persönlicher Verhältnisse und Anhaltspunkten für eine schlechte wirtschaftliche Lage seien in dieser Hinsicht Durchschnittswerte angenommen worden.

Dagegen richtet sich die fristgerecht und mängelfrei erhobene Beschwerde mit den Begehren, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, das Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen, in eventu, dem BF eine Ermahnung zu erteilen bzw. die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückzuverweisen. Eingewendet wurde eine unzureichende Begründung, in welcher insbesondere klare und nachvollziehbare beweiswürdigenden Erwägungen fehlten. Was die Beschallungsanlage betreffe, beziehe sich die Behörde nicht auf konkrete Messungen, sondern nur auf Annahmen und Vermutungen und differenziere sie nicht zwischen dem auflagerelevanten Dauerschallpegel von 65 dB und sonstigen Schallquellen wie Geräuschimmissionen anwesender Gäste bei kollektiver Beobachtung eines im Fernsehen dargebotenen Fußballspiels. Ein (einzuräumender) tatsächlich erhöhter Dauerschallpegel sei nicht durch den Betrieb von Beschallungsanlagen, sondern durch den nicht auflagerelevanten kollektiven Lärm der anwesenden Gäste erzeugt worden. Die an der gesamten Lokalfassade angebrachten Lichterketten seien derart vom Vorpächter übernommen worden; der BF habe sie nicht verändert und insbesondere nicht selbst angebracht. Er habe davon ausgehen können, dass diese Beleuchtung bereits „durch den Vorpächter“ gewerberechtlich genehmigt gewesen sei bzw. kein Genehmigungserfordernis bestanden habe, zumal mutmaßlich auch der Vorpächter gewerbebehördlich kontrolliert worden sei.

In der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom 14.12.2020 wurde kein inhaltlich neues Vorbringen erstattet. Der BF verzichtete in der Verhandlung ausdrücklich auf eine mündliche Verkündung der Entscheidung.

In einer weiteren schriftlichen Stellungnahme vom 19.1.2021 berief sich der BF auf die Ablöse sämtlicher Inventargegenstände bei der Lokalübernahme. Im (beigelegten) Vertrag habe der Verkäufer „gewährleistet und garantiert“, dass für das Gastronomielokal alle erforderlichen Genehmigungen vorlägen und es keinen Grund für behördliche Beanstandungen gebe. Selbst wenn die Lichterketten (was weiterhin bestritten bleibe) nicht genehmigt worden sein sollten, treffe den BF verwaltungsstrafrechtlich kein Verschulden, zumal er sich auf schriftliche Vertragszusagen verlassen dürfe und in jedem Fall „in dubio pro reo“ anzuwenden sei.

Aufgrund des Ermittlungsverfahrens ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Die D. KG, FN …, mit Sitz in Wien verfügt seit 31.10.2013 im Standort Wien, F.-gasse (ident: Wien, E.) über eine zur GISA-Zahl … registrierte Berechtigung zur Ausübung des Gastgewerbes „in der Betriebsart eines Kaffeehauses mit den Berechtigungen nach § 111 Abs. 1 Z 2 GewO 1994“. Seit 24.10.2019 verfügt sie am selben Standort über eine weitere Berechtigung zur Ausübung des freien Gewerbes der Vermietung von beweglichen Sachen, zumal das Lokalangebot auch Wasserpfeifen (Shishas) umfasst. Der BF fungierte seit dem Entstehen des jeweiligen Gewerberechts, so auch am 6.4.2019, als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Gesellschaft für die Ausübung beider Gewerbe.

Die D. KG hat den unter der Geschäftsbezeichnung „G.“ nach außen präsentierten Lokalbetrieb von der Vormieterin des Geschäftslokals, der H. GmbH, übernommen. Im Jahr 2013 wurde mit schriftlichem Vertrag unter anderem die Übernahme der Inventargegenstände der Vorgängerin gegen Ablöse in Geld (Kaufpreis) vereinbart. Zu diesem Inventar zählen laut Vertragsurkunde auch einzelne Beleuchtungskomponenten, teilweise mit „Farbenwechsel“, ohne ausgewiesenen Verwendungszweck. Die Vertragsklausel II. 4 lautet: „Der Verkäufer leistet auch dafür Gewähr und garantiert, dass im Gastronomielokal ‚G.‘ alle erforderlichen Genehmigungen vorliegen und dass es keinen Grund zur Beanstandung seitens der Behörden gibt.

Die gegenständliche Betriebsanlage wurde mit folgenden Bescheiden (jeweils samt integrierten Projektunterlagen) gewerbebehördlich genehmigt:

?    Grundgenehmigung (§ 74 GewO 1973) vom 25.4.1988, MBA – …/88

?    Änderungsgenehmigung (§ 359b GewO 1994) vom 5.7.2000, MBA – …/2000

?    Änderungsgenehmigung (§ 359b GewO 1994) vom 26.11.2007, MBA …/2007 (Teil I)

?    Änderungsgenehmigung (§ 359b GewO 1994) vom 30.1.2012, MBA - …/2011 (Teil I)

?    Kenntnisnahme der Änderung (§ 81 Abs. 2 Z 7 GewO 1994) vom 6.3.2017, … – 2015.

In den Nachtstunden vom 5.4. auf den 6.4.2019 war die Betriebsanlage im Rahmen des gewöhnlichen Gastlokalbetriebs geöffnet und waren auch Gäste anwesend. Am 6.4.2019 wurde innerhalb des Zeitraums 0:15 Uhr bis 0:59 Uhr im Lokalinneren über eine Beschallungseinrichtung (TV-Gerät oder Musikanlage unter technischer Umgehung der projektierten Plombierung) noch über 1 m Entfernung vom Lautsprecher hinaus laute Musik mit einem deutlich über 65 dB liegenden A-bewerteten energieäquivalenten Dauerschallpegel dargeboten, die nicht in den Umgebungsgeräuschen - wie insbesondere einer gewöhnlichen oder auch lauteren Gästekommunikation - unterging, sondern von gewöhnlich empfindenden Personen bei geschlossener Eingangstür bis auf die Straße hinaus deutlich zu hören war. Vor dem Hintergrund dieser Musikdarbietung war eine reguläre Gesprächsführung in gewöhnlicher Tonlage im Lokalinneren nicht möglich.

Zur gleichen Zeit waren an der gesamten Außenfassade des Gastlokals bunt leuchtende und blinkende Lichterketten angebracht. Eine derartige oder technisch vergleichbare Außenbeleuchtung ist weder in einem für die Betriebsanlage geltenden rechtskräftigen Genehmigungsbescheid als solchem noch in einer behördlich integrierten Projektunterlage erwähnt. Die mit Amtsstempel der Gewerbebehörde zum Bestandteil des Bescheides vom 30.1.2012, MBA - …/2011, erklärte rechtsverbindliche Geräteliste umfasst insgesamt 18 betriebsbezogene Positionen, jedoch keinerlei Komponente mit Bezug zu einer Beleuchtungsvorrichtung. Durch die faktisch auf offener Straße wirksame und nicht bescheidmäßig regulierte Lichtquelle bestand die Möglichkeit eines Lichteinfalls in benachbarte Wohnräumlichkeiten und damit insbesondere bei Dunkelheit (zu den Abend- und Nachtstunden) einer entsprechenden Belästigung von Nachbarn.

Am 6.4.2019 zwischen 0:15 Uhr und 0:59 Uhr führte eine Amtsabordnung unter der Leitung der Gewerbebehörde aufgrund einer Mitteilung der Magistratsdirektion – Organisation und Sicherheit (MD-OS) vom 29.3.2019 im gegenständlichen Gastlokal eine unangekündigte Betriebskontrolle durch. Aufgrund persönlicher Wahrnehmung der vorbeschriebenen Umstände wurde das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet.

Die vorangehend festgestellten Umstände wurden nicht durch eine besondere sachliche oder persönliche Notlage der Betreiberin bzw. des BF oder sonstige besondere Umstände herbeigeführt. Der BF war am 6.4.2019 einmal wegen 11-facher Übertretung von Bescheidauflagen und einmal wegen Betriebs einer Betriebsanlage im nicht genehmigten geänderten Zustand vorbestraft; die betreffenden Strafbescheide wurden am 15.2.2019 bzw. am 9.9.2017 rechtskräftig. Die Rechtskraft weiterer gleichartiger Vorstrafen liegt zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt über fünf Jahre zurück. Der BF ist seit der Gesellschaftsgründung auch alleiniger Komplementär der D. KG und hat derzeit eine Sorgepflicht für ein neugeborenes Kind. Sonstige (insbesondere nachteilige) wirtschaftliche Umstände waren nicht feststellbar.

Beweisverfahren und Beweiswürdigung:

In der mündlichen Beschwerdeverhandlung vom 14.12.2020 wurden folgende Beweise aufgenommen: Verlesung der gesamten bisherigen Inhalte des Behörden- und Gerichtsakts, Zeugenvernehmung des involvierten gewerbetechnischen Kontrollorgans Insp. Wkm. J. K. (Magistratsabteilung 36). Der rechtskundig vertretene BF blieb der Verhandlung persönlich fern. Die belangte Behörde hatte bereits bei der Beschwerdevorlage ihren Teilnahmeverzicht erklärt.

Nach Erhalt der Ladung zur Verhandlung hatte der BF dem VGW mit Schriftsatz vom 26.11.2020 einen Beweisantrag mit dem Ersuchen um Vernehmung von sieben Zeugen „zum Beweis der Richtigkeit des Vorbringens in der Bescheidbeschwerde“, „zur behaupteten Überschreitung des Dauerschallpegels“ und „zum behaupteten Betrieb einer genehmigungspflichtig geänderten Betriebsanlage in Form der Anbringung einer bunt leuchtenden Lichterkette an der Lokalfassade“ übermittelt, wobei weder die Funktion der angeführten Personen noch ein nachvollziehbares Beweisthema (konkrete Wahrnehmungen) dargetan wurden. Auf telefonische Aufforderung des VGW vom 30.11.2020 wurde der Zeugenkreis vom BF für die Zwecke einer ersten Verhandlung eingeschränkt; bezeichnet wurde ein „Händler“ der Lichterketten, ein Oberkellner und ein über dem Lokal wohnhafter Nachbar. Mit weiterem Schriftsatz vom 30.11.2020 wurde aufgrund des kurzfristigen Beweisantrags zugesagt, die drei Personen nach Möglichkeit zur Verhandlung stellig zu machen. Den Ladungen wurde, teilweise mit Entschuldigung wegen späten Erhalts der Ladung, jeweils nicht nachgekommen. Der Beweisantrag wurde vom BF in der Verhandlung letztlich hinsichtlich aller sieben Zeugen aufrechterhalten und mit Schriftsatz vom 7.1.2021 wiederholt. Dem in der Verhandlung erteilten Auftrag, darzulegen, welche dieser Personen sich zur in Rede stehenden Zeit vor Ort befunden hätten und welche Wahrnehmungen sie bezogen auf diese Zeit tätigen konnten, wurde nicht entsprochen. Vielmehr ist den Ausführungen im Schriftsatz vom 7.1.2021 zu entnehmen, dass zur maßgeblichen Zeit keine einzige dieser Personen vor Ort anwesend war. Der BF hat auch nie konkret behauptet, sich zu dieser Zeit selbst im Lokal aufgehalten zu haben. Die ins Treffen geführten allgemeinen (allenfalls zu anderer Zeit getätigten) Wahrnehmungen zur üblichen Lautstärke des Betriebes oder zum Ausbleiben von Lärmbeschwerden sind zur Beweisführung im Hinblick auf eine typischerweise situationsbedingte Lärmentwicklung untauglich. Das Verwaltungsgericht ist auch nicht verpflichtet, auf Antrag Erkundungsbeweise ohne konkrete Anhaltspunkte für entscheidungsmaßgebliche Wahrnehmungen einzuholen. Ebenso unerheblich wären (zusätzlich ins Treffen geführte) Wahrnehmungen zum faktischen Vorhandensein der Fassadenbeleuchtung bei Betriebsübernahme und zum unveränderten Weiterbetrieb durch die D. KG, zumal es gemäß den nachfolgenden rechtlichen Ausführungen auf derartige Umstände nicht ankommt. Da die beantragte Zeugenvernehmung letztlich in keinerlei Hinsicht als zielführend angesehen werden konnte, war dem Beweisantrag nicht weiter nachzukommen.

Das zeugenschaftlich vernommene jahrzehntelang berufserfahrene Kontrollorgan mit Funktion eines gewerbetechnischen Amtssachverständigen legte in der Verhandlung schlüssig und in völligem Einklang mit der Lebenserfahrung dar, dass Gegenstand seiner persönlichen akustischen Wahrnehmungen Musik aus dem Inneren der Betriebsanlage war, welche aufgrund ihrer Lautstärke selbst bei geschlossener Eingangstür deutlich bis auf die Straße hinaus zu hören war. Da ein Dauerschallpegel von 65 dB einer gewöhnlichen Konversation im Umfeld der Schallquelle zuzuordnen ist, im Fall von Hintergrundmusik in einer Entfernung von ca. drei oder vier Meter Abstand von der Schallquelle nur noch etwa 58 dB ankommen und der Gewerbetechniker die vor Ort wahrgenommene Lautstärke der Musikdarbietung aus fachkundiger Sicht um die 75 oder 80 dB einschätzte, kann nach den Umständen des konkreten Falles - auch ohne Messung - mit hinreichender Sicherheit davon ausgegangen werden, dass jedenfalls der in der Bescheidauflage festgelegte Dauerschallpegel von 65 dB (Hintergrundmusik) durch die in Rede stehende Musikdarbietung deutlich überschritten wurde. Der Zeuge beschrieb auch eine im Lokalinneren wahrgenommene Personenbewegung, die situationsbedingt (plötzlich stark verminderte Lautstärke) nur als spontanes Leiserstellen einer Beschallungsvorrichtung anlässlich des unerwarteten Eintritts der Amtsabordnung zu verstehen war. Zu betonen ist, dass es konkret nicht um eine (wohl tatsächlich nur durch technische Lärmmessung ermittelbare) Überschreitung eines speziell für die Betriebsanlage eingemessenen und auf die Nachbarsituation abgestimmten Schallpegels, sondern um eine grundsätzlich auch von einer Durchschnittsperson nach allgemeinen Erfahrungswerten und umso zuverlässiger von einem erfahrenen Gewerbetechniker wahrnehmbare Überschreitung des Konversations-/Hintergrundmusikpegels geht. Der fachkundige Zeuge hatte auf Nachfrage auch deutlich und überzeugend in Erinnerung, dass eine Verwechslung der Musikbeschallung mit Schreien von Personen (Gästelärm etc.) auszuschließen war und Schreie im Zusammenhang mit der Kontrolle hinzukamen. Auf eine einschlägige Vernehmung weiterer Teilnehmer der Amtsabordnung, welche vom VGW aufgrund der umfassenden und schlüssigen Aussagen des Gewebetechnikers als entbehrlich erachtet wurde, wurde auch von Seiten des BF verzichtet.

Der bei der Kontrolle vom 6.4.2019 ebenfalls festgestellte und dokumentierte Einsatz einer bunt blinkenden Kettenbeleuchtung an der gesamten Außenfassade war von Beginn an gänzlich unbestritten. Strittig blieb lediglich das Fehlen einer entsprechenden betriebsanlagenrechtlichen Genehmigung. Im Rahmen des Telefonats vom 30.11.2020 wurde dem BF ausdrücklich aufgetragen, in der Verhandlung darzulegen oder - zwecks Ermöglichung amtswegiger Ermittlungen - zumindest konkret vorzubringen, mit welchem Bescheid oder mit welcher integrierten Projektunterlage diese Fassadenbeleuchtung seiner Ansicht nach genehmigt worden sein sollte. In der Verhandlung vom 14.12.2020 erfolgten diesbezüglich auf auch Nachfrage keine Angaben, sondern behielt sich der BF erneut eine Stellungnahme vor. Im nachfolgenden Schriftsatz vom 7.1.2021 erfolgte wiederum nur die Ankündigung eine Urkundenvorlage. Auf Urgenz des VGW wurde schließlich mit Schriftsatz vom 19.1.2021 die bereits erwähnte zivilrechtliche Vertragsvereinbarung mit der Vormieterin/-betreiberin über die Inventarablöse vorgelegt. Am 5.2.2021 langte unaufgefordert eine weitere Eingabe ein, in welcher nunmehr plötzlich mittels Verweisung auf die dortigen Anhänge behauptet wurde, die Fassadenbeleuchtung scheine unter Punkt 12 (von 19) einer „Geräteliste“ auf, welche zum Bestandteil des Genehmigungsbescheides vom 30.1.2012, MBA - …/2011, erklärt worden sei. Auch einzelne Bescheidauflagen würden auf die Beleuchtung Bezug nehmen. Auf entsprechende Rückfrage des VGW bei der belangten Behörde teilte diese mit Stellungnahme vom 10.2.2021 nachdrücklich und unmissverständlich mit, dass die behördlich genehmigte „Geräteliste“ nicht 19, sondern lediglich 18 Positionen enthalte und der vom BF ins Treffen geführte Punkt 12 „Fassadenbeleuchtung“ darin überhaupt nicht vorkomme. Beigeschlossen wurde die behördlich genehmigte Version sämtlicher Projektunterlagen zum Genehmigungsbescheid vom 30.1.2012 einschließlich des zu Grunde liegenden Ansuchens vom 21.10.2011; unter Punkt 12 der Geräteliste ist die Position „Zuluftventilator“ angeführt. Ferner legte die Behörde - ergänzend zu einschlägigen Erörterungen des Gewerbetechnikers in der Beschwerdeverhandlung – schlüssig dar, dass auch die bislang vorgeschriebenen Bescheidauflagen keinen Bezug zu einer derartigen Beleuchtung aufwiesen. Auf dieses Ermittlungsergebnis ging der BF nach Vorhalt in keiner Weise ein, sondern replizierte er am 19.2.2021 mit einer inhaltlich unschlüssigen E-Mail, in der er sinngemäß behauptete, die Behörde hätte in ihrer Stellungnahme nicht zureichend dargetan, auf welche „andere Fassadenbeleuchtung“ die Genehmigung sonst Bezug nehmen solle. Da der BF seine Version der „Geräteliste“ erst nach Ablauf sämtlicher Stellungnahmefristen vorgelegt und davor lediglich mit dem Vertrauen auf vertragliche Zusagen der Vorbetreiberin argumentiert hat, er den inhaltlich unbedenklichen Ausführungen der Behörde samt (ebenfalls vorgehaltener) authentischer Unterlagenparie in keiner Weise begründet entgegengetreten ist und den Behördenvertretern aufgrund ihres Diensteides und den damit verbundenen disziplinarrechtlichen Konsequenzen grundsätzlich erhöhte Glaubwürdigkeit zukommt, geht das VGW davon aus, dass die Version der belangten Behörde authentisch ist und die vom BF zur Erzielung seiner Straffreiheit vorgelegte inhaltlich abweichende „Geräteliste“ verfälscht und im behördlich gestempelten Konvolut der Parteienparie ausgetauscht wurde. Ferner hat das zeugenschaftlich vernommene Amtsorgan in Anbetracht seiner langjährigen einschlägigen Tätigkeit glaubwürdig dargelegt, dass die von der Magistratsabteilung 36 gewerbetechnisch betreute Behörde eine Fassadenbeleuchtung in der gegenständlichen Dimension - jedenfalls in den letzten 30 Jahren – keinesfalls als genehmigungsfrei eingestuft und deren Betrieb im Zuge von Kontrollen und Änderungsprojekten keinesfalls ohne verbindliche Projektumschreibung und einschlägige Auflagen (Zeitschaltuhr, Dimmer etc.) akzeptiert hätte. Da die Beleuchtung laut eigener Bescheinigung des BF erst im Jahr 2011 im Handel erworben und angebracht wurde, erweist sich die Behauptung einer vorangehenden stillschweigenden Akzeptanz durch die Behörde als unglaubwürdig, dies abgesehen davon, dass einer solchen (bei Fehlen eines rechtskräftigen Behördenakts) im Hinblick auf die gesetzlich geschützten öffentlichen Interessen grundsätzlich keine maßgebliche Bedeutung zuzuschreiben wäre. Der zur Tatzeit betriebsanlagenrechtlich genehmigte Konsens ergibt sich, soweit für den Fall relevant, aus den im Behördenakt aufliegenden unbedenklichen Bescheidkopien. Die in Betracht kommenden Bescheidbeilagen wurden vom BF letztlich genannt und vom VGW vorangehend einer Beweiswürdigung unterzogen. Für weitere einschlägig relevante Bescheidbeilagen bestehen nach der Aktenlage und dem eigenen Vorbringen des BF keine Anhaltspunkte weshalb davon auszugehen war, dass eine derartige Genehmigung nicht vorliegt. Was die grundsätzliche Eignung einer solchen Fassadenbeleuchtung zu Lichteinwirkungen und entsprechendem Belästigungspotenzial bei Nachbarn betrifft, war, abgesehen davon, dass hier sogar allgemeine menschliche Erfahrungswerte zu Grunde gelegt werden könnten (vgl. auch VwGH 18.3.2015, Ro 2015/04/0002), ebenfalls den einschlägigen Ausführungen des gewerbetechnischen Kontrollorgans zu folgen, welchen der BF insoweit auch nicht entgegengetreten ist.

Die gewerbe- und unternehmensrechtlichen Daten der D. KG und die Funktion des BF als gewerberechtlicher Geschäftsführer ergeben sich aus den diesbezüglichen Einträgen in den öffentlichen Registern (GISA und Firmenbuch). Die Vereinbarungen der Gewerbeinhaberin mit der Vorbetreiberin betreffend Inventarablöse ergeben sich aus der auszugsweise und undatiert vorgelegten Vertragsurkunde. Der Ablauf der behördlichen Kontrolle („Schwerpunktaktion“) vom 6.4.2019 ergibt sich aus der unbedenklichen Dokumentation im Behördenakt und den ergänzenden Zeugenaussagen des daran persönlich beteiligten gewerbetechnischen Amtssachverständigen.

Die Vorstrafensituation des BF zur Tatzeit ergibt sich aus einem im Behördenakt aufliegenden amtlichen Auszug aus dem dort geführten Verwaltungsstrafregister. Allfällige (über eine Sorgepflicht hinausgehende) besondere wirtschaftliche Umstände waren amtswegig nicht feststellbar und wurden vom BF trotz ausdrücklichen Hinweises in der Ladung zur Beschwerdeverhandlung nicht bekannt gegeben.

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 Verwaltungsrechtliches COVID-19-Begleitgesetz - COVID-19-VwBG wird die Zeit vom 22.3.2020 bis zum Ablauf des 30.4.2020 in Verjährungsfristen nicht eingerechnet, weshalb mit dem Inkrafttreten dieser Vorschrift der Lauf der 15-monatigen Verjährungsfrist nach § 43 Abs. 1 VwGVG gehemmt und ihr Ende in diesem Ausmaß nach hinten verschoben wurde. Die gegenständliche Beschwerde ist am 22.11.2019 bei der belangten Behörde eingelangt. Unter Berücksichtigung der am 22.3.2020 eingetretenen Fristenhemmung endet die Frist des § 43 Abs. 1 VwGVG nunmehr mit 5.4.2021, weshalb die Entscheidung jedenfalls fristgerecht erfolgt.

Zu I: Gemäß § 367 Z 25 GewO 1994 in der geltenden und anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 45/2018 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist unter anderem, wer die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

Auflage 15 des für die gegenständliche Betriebsanlage im Feststellungsverfahren nach § 359b GewO 1994 erlassenen rechtskräftigen Genehmigungsbescheides vom 26.11.2007, MBA …/2007 (Teil I) lautet:

„Beschallungsanlagen (z.B. Musikanlagen, Radios, Fernseher, MP3-Player, Musikboxen) dürfen nur so betrieben werden, dass in jedem Aufstellungsraum von Lautsprechern ab einem Abstand von 1 m von den Lautsprechern der A-bewerte[te] energieäquivalente Dauerschallpegel (Laeq.) von 65 dB gemessen mit der Anzeigedynamik „fast“ nicht überschritten wird.“

In Übereinstimmung damit ist überdies auch im Konsens (Beschreibung der verfahrensgegenständlichen Änderung auf S. 2 des Bescheides) festgehalten, dass in der Betriebsanlage ausschließlich Hintergrundmusik dargeboten wird.

Betriebsanlagenrechtlichen Genehmigungsbescheiden und den darin vorgeschriebenen Auflagen kommt dingliche Wirkung zu, weshalb die betreffenden Regelungen grundsätzlich von jener Rechtsperson einzuhalten sind, welche diese Anlage für die Ausübung eines oder mehrerer Gewerbe verwendet. Die in den Bescheiden zum jeweiligen Genehmigungszeitpunkt aufscheinenden Betreiber und der Wortlaut der von ihnen gerade ausgeübten Gewerbe ist insofern unerheblich.

Feststellungsgemäß war aufgrund des Ermittlungsverfahrens mit der im Strafverfahren erforderlichen Sicherheit davon auszugehen, dass in der von der D. KG für die Ausübung ihres Gastgewerbes benützten Betriebslanlage am 6.4.2019 mittels einer betriebszugehörigen technischen Beschallungseinrichtung in 1 m Abstand von deren Lautsprechern - und noch darüber hinaus - Musik mit einer Lautstärke von deutlich über 65 dB (Dauerschallpegel laut Auflage) dargeboten wurde. Da der BF zu dieser Zeit nachweislich und unbestritten die Funktion des gewerberechtlichen Geschäftsführers der Gesellschaft für die Ausübung der am Betriebsstandort registrierten Gewerbe wahrnahm, war er gemäß § 370 Abs. 1 GewO 1994 verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich und ist der objektive Straftatbestand der Auflagenübertretung erfüllt. Dass in der Betriebsanlage das Gastgewerbe in der Betriebsart Kaffeehaus ausgeübt wurde, stand nach den Umständen des Einzelfalls (wie auch nach den begründenden Ausführungen im weit vor Ablauf der Frist nach § 31 Abs. 1 VStG abgefertigten Straferkenntnis) außer Zweifel. Der Spruch war insoweit zu präzisieren, als die Funktion und Verantwortung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers nicht für sich alleine, sondern - wie von der Behörde auch im Spruchpunkt 2 zum Ausdruck gebracht - nur in Verbindung mit einem zugehörigen Gewerbe Bestand hat.

Mangels gegenteiliger Regelung in der GewO 1994 genügt für das Verschulden an der Nichteinhaltung einer Bescheidauflage gemäß § 5 Abs. 1 erster Satz VStG fahrlässiges Verhalten. Da der Tatbestand zudem nicht den nachweislichen Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr voraussetzt („Ungehorsamsdelikt“) und der Geldstrafrahmen nicht 50.000 Euro übersteigt, hatte der BF glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft, widrigenfalls Fahrlässigkeit gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG ohne weiteres anzunehmen war. Nach ständiger Rechtsprechung hat grundsätzlich der Beschuldigte initiativ und in substantiierter Form alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht, wobei es nicht genügt, den Tatvorwurf bloß zu leugnen oder sich auf allgemein gehaltene Behauptungen zurückzuziehen (vgl. etwa VwGH 27.6.2017, Ra 2014/05/0050 mwV). Da der BF kein im Sinn dieser Rechtsprechung begründetes Vorbringen erstattet, sondern die Übertretung der Auflage schon in objektiver Hinsicht pauschal bzw. lediglich unter Berufung auf ungeeignete (dem Vorbringen nach zur Tatzeit nicht vor Ort befindliche) „Entlastungszeugen“ abgestritten hat, ist der Straftatbestand auch in subjektiver Hinsicht erfüllt.

Zu II: Gemäß § 366 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 in der geltenden und anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 45/2018 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung (§§ 81 f) betreibt.

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 GewO 1994 umschriebenen Interessen erforderlich ist, auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung iSd vorangehenden Bestimmungen (betreffend die Grundgenehmigung). Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

Gemäß § 74 Abs. 2 Z 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen.

Da die gegenständlich an der gesamten Fassade angebrachte Außenbeleuchtung feststellungsgemäß geeignet war und ist, in umliegenden Wohnbereichen einen störenden Lichteinfall zu bewirken, ist eine diesbezügliche Belästigung von Nachbarn - insbesondere in den Abend- und Nachtstunden - keinesfalls vorweg auszuschließen und war diese Änderung daher gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 genehmigungspflichtig. Bei der gesetzlich gebotenen ex-ante-Betrachtung ist auch unerheblich, ob derartige Belästigungen nachweislich vorliegen oder es diesbezüglich bereits zu Beanstandungen gekommen ist (vgl. etwa VwGH 16.12.2015, Ra 2015/04/0100 uvm). Für die Anwendbarkeit von Ausnahmebestimmungen bzw. der (strafrechtlich § 368 GewO 1994 unterliegenden) Anzeigeregelungen nach § 81 Abs. 2 bzw. 3 GewO 1994 bestehen gegenständlich keine Anhaltspunkte und wurden solche im Verfahren auch nicht geltend gemacht (vgl. VwGH 12.4.2018, Ra 2016/04/0067). Abgesehen davon, dass sich Lichterketten für eine Außenbeleuchtung der Lokalfassade nicht einmal in der Inventarliste der vom BF vorgelegten Vertragsurkunde eindeutig nachvollziehbar wiederfinden (die Rede ist dort lediglich von zwei Positionen „Decke 4 x Lichttechnik Future LED-Scanner Light“ und „Decke mit 12 x LED Display Spots inkl. Farbenwechsel“), kommt es bei der Beurteilung eines rechtswidrigen genehmigungslosen Betriebes nicht auf faktische Zustände bei der Lokalübernahme, mündliche Zusagen von Vorbetreibern und schriftliche Inhalte zivilrechtlicher Urkunden, sondern lediglich darauf an, ob eine genehmigungspflichtige Änderung in einer entsprechenden behördlichen Genehmigung Deckung findet. Insofern ist auch die am 18.1.2021 nachträglich erstellte schriftliche Bestätigung eines Arbeitnehmers der „L. GesmbH“, dass diese im Jahr 2011 die Montage im Auftrag des „damaligen Betreibers“ durchgeführt habe, ohne Bedeutung. Feststellungsgemäß ist die in Rede stehende Beleuchtung bislang weder von einem Genehmigungsbescheid noch von einer darin rechtlich integrierten Unterlage erfasst. Auch die vom BF ins Treffen geführten Bescheidauflagen stehen in keiner sachlichen oder rechtlichen Verbindung zu einer (allenfalls „implizit“ genehmigten) Fassadenbeleuchtung: Auflage 21 des Grundgenehmigungsbescheides vom 25.4.1988 bezieht sich schon nach ihrem Wortlaut nur auf eine „Portalbeleuchtung“ und deren Ausführung nach bestimmten ÖNORMEN, sohin eine Ausleuchtung des Eingangsbereichs, nicht aber auf eine Kettenbeleuchtung über die komplette Außenfassade. Letztere wurde zudem nach eigenen Angaben des BF erst im Jahr 2011 (mehr als 20 Jahre später) erworben und eingerichtet. Auflage 6 des Genehmigungsbescheides vom 30.1.2012 wiederum bezieht sich nach dem objektiven Erklärungswert, wie überdies auch vom fachkundigen Zeugen in der Verhandlung und von der belangten Behörde in der Stellungnahme vom 10.2.2021 bestätigt wurde, wörtlich und systematisch auf brennbare „Dekorationsmaterialien“ sowie oberhalb von Verkehrswegen situierte Werbeflächen im weiteren Sinn (Plakate, Tafeln, Schilder und dergleichen) und einen den ÖNORMEN für brennbare Materialien entsprechenden Brandschutz, jedoch in keiner Weise auf elektrische Außenbeleuchtungsvorrichtungen. Im Ergebnis ist der objektive Straftatbestand und die Verantwortung des BF (§ 370 Abs. 1 GewO 1994) auch in Bezug auf den zweiten Tatvorwurf erfüllt.

Hinsichtlich der Grundlagen für die Beurteilung des subjektiven Straftatbestandes kann auf Punkt I verwiesen werden. Auch Übertretungen des § 366 Abs. 1 Z 3 zweiter Fall GewO 1994 sind „Ungehorsamsdelikte“ iSd § 5 Abs. 1 VStG. Wenn sich der BF anlässlich des Erwerbs der Betriebsanlage und ihres Inventars durch die D. KG auf Zusagen der Verkäuferin verlassen hat, ohne diese eigenständig, insbesondere durch Akteneinsicht bei der Gewerbebehörde, auf Richtigkeit zu überprüfen, hat er nicht den für einen redlichen Gewerbetreibenden geltenden Sorgfaltspflichten entsprochen. Ansprüche aus Vertragsbruch wären auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen und stehen in keiner Verbindung mit dem verwaltungsstrafrechtlichen Sorgfaltsmaßstab. Auch Gutgläubigkeit in Bezug auf das (offensichtlich verfälschte) Parteienexemplar der Beilagenparie zum Bescheid vom 30.1.2012 ist nicht anzunehmen, da der BF in diesem Verfahren zunächst nur faktische Zustände und vertragliche Zusagen ins Treffen führte, die (unrichtige) Geräteliste erst im letzten Moment nach Erörterung der Unerheblichkeit seiner bisherigen Einwände übermittelte und insbesondere auf die Stellungnahme der belangten Behörde vom 10.2.2021 samt übermittelten Bescheidbeilagen in keiner Weise einging. Somit wurden auch zu diesem Tatvorwurf keine rechtlich relevanten Entschuldigungsgründe dargetan und ist der subjektive Tatbestand auch hier erfüllt.

Strafbemessung zu I und II:

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG (iVm § 38 VwGVG) sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG (iVm § 38 VwGVG) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Gemäß § 20 VStG (iVm § 38 VwGVG) kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist.

Gemäß § 42 VwGVG darf auf Grund einer vom Beschuldigten oder zu seinen Gunsten erhobenen Beschwerde im Erkenntnis des VG keine höhere Strafe verhängt werden als im angefochtenen Bescheid.

Die Strafdrohungen bei Übertretung der § 367 Z 25 GewO 1994 in Verbindung mit der gegenständlichen Auflage 15 des Bescheides vom 26.11.2007, MBA …/2007 (Musikdarbietungen über einer bestimmten Lautstärke) wie auch des § 366 Abs. 1 Z 3 zweiter Fall GewO 1994 (Betrieb der Anlage mit einer nicht genehmigten, jedoch im Umfeld immissionsgeneigten Änderung) dienen unter anderem dem sehr bedeutenden Interesse der Bewohnbarkeit des städtischen Umfelds von Gewerbebetrieben ohne gesundheitsgefährdende oder psychisch beeinträchtigende (belästigende) Störung des Alltagslebens. Die hohe Bedeutung der gesetzlich geschützten Rechtsgüter kommt auch in den vergleichsweise hohen Geldstrafrahmen von 2.180 Euro (Punkt 1) bzw. 3.600 Euro (Punkt 2) zum Ausdruck. Das tatbildmäßige Verhalten des BF blieb auch weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht hinter dem in der Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurück: Die Taten beeinträchtigten die geschützten Interessen konkret nicht bloß geringfügig, da die Musikdarbietung kurz nach Mitternacht, sohin zur Ruhezeit, eine noch bei geschlossener Lokaleingangstür auf der Straße wahrnehmbare Lautstärke aufwies (Punkt 1) und die nicht genehmigte in bunten Farben gehaltene Beleuchtung sich über die gesamte Fassade erstreckte, wobei Belästigungen durch Lichteinfall gerade in den Abend- und Nachtstunden (Ruhezeit) zu erwarten waren (Punkt 2). Das Ausbleiben konkret nachteiliger Folgen ist nach dem nunmehrigen Wortlaut des § 19 Abs. 1 VStG kein Kritierium der Strafbemessung und kommt überdies bei Ungehorsamsdelikten – um solche handelt es sich hier – nach dem Zweck der Strafdrohung auch nicht als Milderungsgrund iSd § 34 Abs. 1 Z 13 StGB in Betracht (vgl. VwGH 23.10.2014, 2011/07/0205; 21.8.2014, 2011/17/0069 mwV). Die Beeinträchtigung des geschützten Rechtsguts ist daher, insbesondere im Hinblick auf die Übertretung während der Nachtstunden, jeweils schwer zu bewerten. Die aktenkundigen Tatumstände und insbesondere das Vorbringen des BF lassen auch keine Anhaltspunkte erkennen, dass die Einhaltung der übertretenen Vorschriften im konkreten Fall außergewöhnliche Aufmerksamkeit erfordert hätte oder die Übertretungen aus besonderen Gründen nur schwer hätten vermieden werden können. Mitarbeiterinstruktionen und Maßnahmen zur Kontrolle der Lärmentwicklung im Gastlokal und zur Einhaltung der Plombierung von Schallquellen wurden nicht einmal behauptet (Punkt 1). Ferner hat sich der BF nach eigenen Angaben auf die (selbst in der Vertragsurkunde nur vagen) Angaben seines Vorgängers verlassen, ohne diese zu verifizieren oder auch nur im Geringsten zu hinterfragen (Punkt 2). Das Verschulden des BF bewegt sich jeweils zumindest im Bereich der mittelschweren Fahrlässigkeit. Da somit weder die gesetzlichen Schutzgüter, ihre Beeinträchtigung, noch das Verschulden (geschweige denn alle drei Kriterien kumulativ) als geringfügig zu bewerten sind, kommt weder eine Verfahrenseinstellung nach § 45 Abs. 1 Z 4 VStG noch eine ersatzweise Ermahnung nach § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG noch eine beratende Maßnahme nach § 371c GewO 1994 in Betracht (vgl. hierzu VwGH 15.10.2019, Ra 2019/02/0109; 25.4.2019, Ra 2018/09/0209); § 371c scheidet wegen anrechenbarer einschlägiger Vorstrafen auch nach seinem Abs. 5 Z 2 aus. Hinsichtlich beider Übertretungen wurde jeweils noch eine (im Fall der Auflagenübertretung allerdings 11-fache) einschlägige zur Tatzeit rechtskräftige und zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt noch nicht gemäß § 55 VStG getilgte Vormerkung festgestellt, welche jeweils erschwerend wirkt (sg. § 33 Abs. 1 Z 2 StGB). Spezifische Milderungsgründe iSd StGB sind nach wie vor nicht indiziert. Insbesondere kommen die erörterten Tatumstände auch keinem Schuldausschließungsgrund nahe und ist zum Entscheidungszeitpunkt auch noch nicht von einer unverhältnismäßig langen Verfahrensdauer iSd § 34 Abs. 2 StGB auszugehen. Da sich der BF ausgehend von seinem Vorbringen gänzlich uneinsichtig zeigte und er das strafgegenständliche Verhalten nach wie vor als rechtmäßig erachtet, ist vielmehr auch auf eine spezialpräventive Wirkung der Bestrafung zu achten. Mangels Vorliegens (geschweige denn Überwiegens) von Milderungsgründen und mangels Jugendalters des im Jahr 1987 geborenen BF kommt auch keine außerordentliche Strafmilderung nach § 20 VStG in Betracht, dies abgesehen davon, dass weder zu § 367 Einleitungssatz noch zu § 366 Abs. 1 Einleitungssatz GewO 1994 eine über § 13 VStG hinausgehende besondere Strafuntergrenze vorgesehen ist. Da der BF nicht nur gewerberechtlicher Geschäftsführer, sondern auch alleiniger Komplementär der Gewerbeinhaberin ist und er im gesamten Verfahren keine nachteiligen wirtschaftlichen Umstände ins Treffen geführt hat, war von einem das Existenzminimum überschreitenden laufenden Einkommen bzw. alternativ (im Hinblick auf die bekannten COVID-19-Restriktionen) von hinreichenden Rücklagen und insgesamt von durchschnittlichen sich weder straferhöhend noch strafmildernd auswirkenden Verhältnissen auszugehen.

Bei Abwägung aller vorerörterter Kriterien (bedeutende Schutzgüter, eher schwere Eingriffe, mittelschweres Verschulden, jeweils ein Erschwerungsgrund, keine Milderungsgründe, durchschnittliche wirtschaftliche Verhältnisse) sind die von der belangten Behörde mit 175 Euro (Punkt 1) bzw. 260 Euro (Punkt 2) bemessenen Geldstrafen, welche die jeweiligen Strafrahmen von 2.180 Euro bzw. 3.600 Euro zu nur rund einem Zwölftel bzw. knapp einem Vierzehntel ausschöpfen, angemessen und jedenfalls nicht überhöht. Die Ersatzfreiheitsstrafen von vier bzw. acht Stunden wurden im Straferkenntnis bei Berücksichtigung der Strafrahmen (2.180 Euro bzw. 3.600 Euro; jeweils zwei Wochen gemäß § 16 Abs. 2 VStG) in Bezug auf die dort festgesetzten Geldstrafen zu Gunsten des BF unverhältnismäßig niedrig bemessen und bleiben im Hinblick auf § 42 VwGVG ebenfalls unverändert. Die Beiträge zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens der belangten Behörde wurden mit 10 % der verhängten Geldstrafen (17,5 Euro + 26 Euro) gemäß § 64 Abs. 2 VStG richtig festgesetzt. Die Beschwerde war daher unter Präzisierung des Spruchpunktes 1 (hinsichtlich des verantwortungsbegründenden Gewerbes) sowie der jeweiligen Rechtsgrundlagen (VwGH 6.8.2020, Ra 2020/09/0013) als unbegründet abzuweisen. Mangels (teilweisen) Obsiegens waren dem BF gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG Beiträge zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafen sohin von 35 Euro (Punkt 1) und 52 Euro (Punkt 2) aufzuerlegen.

Zu III (§ 25a Abs. 1 VwGG):

Die Unzulässigkeit der Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG war auszusprechen, da sich jeweils keine entscheidungsrelevanten Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn dieser Bestimmung stellten: Ausschlaggebend für die Entscheidung über die Schuldsprüche waren beweiswürdigende Erwägungen. Die Entscheidungen stehen auch nicht im Widerspruch zu den Leitlinien des VwGH zur Strafbemessung. Sowohl einzelfallbezogene rechtliche Beurteilungen einschließlich Ermessensentscheidungen (wie die Strafbemessung) und die jeweils zu Grunde liegende Beweiswürdigung samt der Beurteilung von Beweisanträgen unterliegen bei Vertretbarkeit nicht der Nachprüfung im Revisionsweg (vgl. VwGH 6.5.2020, Ra 2019/08/0162; 11.1.2018, Ra 2017/02/0136; 8.11.2016, Ra 2016/09/0097; 24.2.2016, Ra 2016/04/0013, mwV).

Schlagworte

Betriebsanlage; Auflage; Beschallungsanlage; Änderung; Lichteinfall; Genehmigungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2021:VGW.021.079.15650.2019

Zuletzt aktualisiert am

05.08.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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