TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/9 W272 1240778-2

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Veröffentlicht am 09.12.2020
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Entscheidungsdatum

09.12.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §88 Abs1
FPG §88 Abs2

Spruch


W272 1240778-2/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. BRAUNSTEIN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Armenien, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, Außenstelle Leoben, vom XXXX , XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein armenischer Staatsangehöriger, stellte am 04.02.2020 einen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses, der am 07.02.2020 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einlangte. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer kein Staatsangehöriger von Armenien, sondern staatenlos sei. Er verfüge über ein befristetes Aufenthaltsrecht in Österreich und sei er Inhaber einer Rot-Weiß-Rot Karte Plus. Seit 01.05.2002 sei er rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Geltend gemacht wurden auch „humanitäre Gründe“, er wolle seine in Spanien aufhältige Nichte besuchen.

Zudem legte der Beschwerdeführer einen Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 08.11.2017; Kopie der Vorder- und Rückseite seines Aufenthaltstitels, Zahl: XXXX ; Kopie einer Bestätigung der armenischen Botschaft in Wien vom 31.10.2019; Kopie einer Übersetzung der armenischen Botschaft in der Russischen Föderation mitsamt einer Kopie des Originaltextes vom 14.01.2020, vor.

2. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) vom 19.05.2020 wurde der Beschwerdeführer darüber informiert, dass in seiner Angelegenheit eine Beweisaufnahme stattgefunden habe und beabsichtigt sei, seinen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses abzuweisen. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieser Verständigung eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.

3. Mit Stellungnahme vom 02.06.2020 wurde durch die gewillkürte Vertretung des Beschwerdeführers zusammenfassend ausgeführt, dass aus den bereits vorgelegten Urkunden und Bestätigungen, klar hervorgehe, dass es dem Antragsteller nicht möglich sei, seitens der armenischen Botschaft in Wien einen Reisepass oder sonstige Dokumente zu erhalten. Weder könne er die Staatsbürgerschaft urkundlich nachweisen noch sonstige Dokumente beigebracht werden. Zudem sei der Beschwerdeführer im Jahr 2016 an die Botschaft Armenien herangetreten und habe mitgeteilt, seine armenische Staatsbürgerschaft, so er diese besessen habe, zurückzulegen. Diese Erklärung sei notariell beglaubigt und unterfertigt. Mit 10.02.2016 habe die Botschaft der Republik Armenien darauf geantwortet und mitgeteilt, dass ein gültiger armenischer Reisepass vorgelegt werden müsse, um aus der Staatsbürgerschaft austreten zu können. Der Beschwerdeführer verfüge weder über die Mittel noch die Möglichkeit die Republik Armenien aufzusuchen, um einen armenischen Reisepass wieder zu erlangen. Um nach Armenien zu gelangen, müsse der Beschwerdeführer einen Reisepass besitzen. Die armenische Botschaft in Wien stelle diesen nicht aus.

Der Stellungnahme beigelegt wurden eine Kopie eines Schreibens an die armenische Botschaft in Wien vom 22.01.2016; Kopie einer Erklärung vom 22.01.2016; Kopie eines Schreibens der armenischen Botschaft in Wien vom 10.02.2016.

4. Der Antrag auf Ausstellung des Fremdenpasses wurde in der Folge mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.07.2020 mit der Begründung abgewiesen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs. 1 und Abs. 2 FPG nicht vorliegen würden.

Dabei stellte die Behörde fest, dass der Beschwerdeführer armenischer Staatsangehöriger und der deutschen Sprache mächtig sei. Er sei Inhaber eines Aufenthaltstitels „Rot Weiß Rot Karte Plus“ mit der Zahl XXXX und sei er rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Die Ausstellung eines Fremdenpasses würde nicht im Interesse der Republik liegen. Beweiswürdigend folgerte das Bundesamt, dass sich die Feststellung, dass der Beschwerdeführer armenischer Staatsangehöriger sei, bereits aufgrund seines vorgelegten amtlichen Lichtbildausweises (Rot-Weiß-Rot Karte Plus, Zahl: XXXX ) ergebe. Sein Aufenthaltstitel sei von einer inländischen Behörde im Rahmen deren Amtsbefugnisse erteilt worden und liefere dadurch vollen Beweis über die beurkundeten Tatsachen und Rechtsverhältnisse, die die Voraussetzung für die Ausstellung bilden und ausdrücklich genannt seien. Daher biete ein amtlicher Lichtbildausweis von österreichischen Behörden vollen Beweis über die angeführten Identitätsdaten, bei Anführung (wie etwa auch in NAG-Aufenthaltstiteln) grundsätzlich auch über die Staatsangehörigkeit. Weiters führte die belangte Behörde aus, dass eine Ausstellung eines Fremdenpasses auf Grundlage des § 88 Abs. 2 FPG gegenständlich nicht in Frage komme, da er weder staatenlos noch eine Person ungeklärter Staatsangehörigkeit sei, da es sich beim Beschwerdeführer um einen armenischen Staatsangehörigen handle. Der Beschwerdeführer habe nicht nachvollziehbar dargelegt, dass die Ausstellung eines Fremdenpasses an ihn im Interesse der Republik gelegen sei. Dies ergebe sich alleine schon daraus, zumal der Beschwerdeführer diesbezüglich kein substantiiertes Vorbringen erstattet habe. Weder in seinem Antrag noch in seiner Stellungnahme vom 02.06.2020 habe er Ausführungen zu auch nur entfernt möglichen Interessen getroffen, welche die Republik an der Ausstellung eines Fremdenpasses an den Beschwerdeführer haben könnte. Hierzu folgerte die Behörde, dass davon auszugehen sei, dass derartige Interessen, zumal der Beschwerdeführer als rechtsfreundlich vertretener Antragsteller derartiges nicht vorgebracht habe, nicht bestünden. Dieses Interesse der Republik Österreich stelle jedoch eine Vorfrage, die Voraussetzungen müssten kumulativ vorliegen, zur Prüfung der Bestimmungen des § 88 Abs. 1 Z 1-5 dar. Da der Beschwerdeführer bereits an dieser Schwelle gescheitert sei, könne eine nähere Prüfung der einzelnen Tatbestände entfallen.

5. Am 12.08.2020 wurde fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgrund einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhoben. Begründend wurde im Wesentlichen wiederholt ausgeführt, dass der Beschwerdeführer seit 01.05.2002 Inhaber einer Aufenthaltsberechtigung „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ sei und er einen Fremdenpass benötige, um seine Verwandten nach über 17 Jahren wiedersehen zu können. Er habe bereits eine Erklärung abgegeben, auf die armenische Staatsbürgerschaft zu verzichten und diese zurückzulegen, wobei die armenische Botschaft vorgebacht habe, damit nichts anfangen zu können. Es wäre daher jedenfalls die Feststellung zu treffen gewesen, dass die Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers zumindest ungeklärt sei oder festgestellt werden, dass er staatenlos sei.

6. Das Verwaltungsgericht befragte das armenischen Konsulat im Wege der Abteilung Dublin und Internationale Beziehung/BII/1 – Rückkehrvorbereitung des BMI über die richtigen Angaben und vorgelegten Urkunden des BF. Mit Mitteilung vom 30.10.2020 durch die Abteilung, wurde nach Rücksprache mit der armenischen Konsulin in Wien, die Unterlagen überprüft und konnte keine Angaben bezüglich des BF gefunden werden. Auch verfüge der BF über keinen armenischen Reisepass. Nach Auflösung des Russischen Staatenbundes 1991 wurden keine Registrierung vorgefunden und die Staatsangehörigkeit von Armenien nicht geklärt. Das BFA brachte hierzu mit Schreiben vom 19.11.2020 eine ergänzende Stellungnahme vor.

7. Mit telefonischer Mitteilung vom 02.12.2020 durch die betreffende Abteilung des BMI an das Verwaltungsgericht wurde mitgeteilt, dass seitens der armenischen Konsulin vorgebracht wurde, dass der BF zur Klärung der Staatsbürgerschaft persönlich beim Konsulat erschein soll. Es würden bei etwaigen Bedarf auch die armenischen Gerichte eingebunden werden, dazu muss der BF jedoch im Konsulat erscheinen. Mit Schreiben der Abteilung des BMI vom gleichen Tag wurde mitgeteilt, dass der BF persönlich beim Konsulat von Armenien in Wien vorsprechen soll.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen Staatsbürger der Republik Armenien. Der Beschwerdeführer verfügt über eine Aufenthaltsberechtigung „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“.

Der Beschwerdeführer stammt aus einem Staat, welcher die Existenz seiner Bürger, sowie Personenstandsfälle dokumentiert und – falls ein armenischer Staatsbürger unter Bekanntgabe seiner wahren Identität bei den armenischen Behörden vorspricht – bescheinigt wird, allenfalls werden die armenischen Gerichte eingebunden. Diese Möglichkeit steht auch dem Beschwerdeführer offen.

Als armenischer Staatsbürger erhält der Beschwerdeführer im Falle einer Antragstellung grundsätzlich vorbehaltlich der nachfolgenden Ausführungen einen armenischen Reisepass (vgl. Art. 4 des armenischen Staatsbürgerschaftsgesetzes).

Der BF brachte neben der Staatenlosigkeit auch den „humanitären Grund“ des Besuches seiner Nichte in Spanien vor, um einen Fremdenpass zu erhalten.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage, einschließlich Vorverfahren und der Nachfrage beim armenischen Konsulat in Wien fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

Die Feststellung zur Staatsangehörigkeit und zum befristeten Aufenthaltsrecht des Beschwerdeführers sind dem insoweit unstrittigen Akteninhalt zu entnehmen.

In Bezug auf den relevanten Sachverhalt ist weiters anzuführen, dass der objektive Aussagekern der von der belangten Behörde vorgenommenen freien Beweiswürdigung (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305) im hier dargestellten Rahmen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze im Wesentlichen in sich schlüssig und stimmig ist.

Die Ausführungen des Bundesamtes sind für sich im Rahmen de oa. Ausführungen als tragfähig anzusehen, weshalb sich das ho. Gericht diesen anschließt und – soweit sich aus den nachfolgenden Ausführungen nichts Gegenteiliges ergibt - im zitierten Umfang zu den Ausführungen des gegenständlichen Erkenntnisses erhebt und stellen die nachfolgenden Erwägungen des ho. Gerichts lediglich Konkretisierungen und Abrundungen hierzu dar.

Der Beschwerdeführer gab im Zuge seiner asylrechtlichen Einvernahme am 09.10.2002 (Zahl: 02 11.353-BAW) an, dass er die armenische Staatsbürgerschaft besitzt und dass er seinen armenischen Reisepass im damaligen Schlepperfahrzeug zurückgelassen (später vergessen) hat. Das Bundesasylamt und gegen dessen Bescheid entscheidende Asylgerichtshof vom 28.05.2010, Zahl: E9 240-778-0/2008-7E, stellten die armenische Staatsbürgerschaft fest. Der BF brachte zu keinem Zeitpunkt vor, dass diese Feststellungen nicht der Wahrheit entsprechen würden. Es sei darauf hingewiesen, dass falls der BF nicht armenischer Staatsbürger, sondern Staatsangehöriger einer anderen Nation ist, es allenfalls zu einer geänderten Sach- und Rechtslage führen würde.

Auch in sämtlichen Verfahren nach dem Niederlassungsgesetz ist der BF als armenischer Staatsbürger aufgetreten und beantragte und erhielt einen dementsprechenden Aufenthaltstitel sowie eines amtlichen Lichtbildausweises. Es wurde über Jahre hinweg festgestellt, dass der BF armenischer Staatsbürger ist und wurde dies auch von diesem nie bestritten.

Aus den bisherigen Erwägungen kann daher keine andere Feststellung getroffen werden, als dass der BF armenischer Staatsbürger ist. Wenn nunmehr durch den BF vorgebracht wird, dass die armenische Konsulin bestätigte (Schreiben vom 31.10.2019) und auch unter Rücksichtnahme der Vorlagen bezüglich der regionalen Konsularabteilung in Moskau (Nr. 2301/1/246/2020) , dass der BF über keinen armenischen Pass verfüge und laut Polizei keine Angaben bezüglich seiner Staatsbürgerschaft vorhanden ist, so konnte dies aus der vom Verwaltungsgericht erfolgte Nachfrage über das BMI seitens der armenischen Konsulin aufgrund der vorhandenen Angaben bestätigt werden. Es ist dem jedoch entgegenzuhalten, dass die armenische Konsulin auch vorbrachte, dass eine endgültige Entscheidung über die vorhandene Staatsbürgerschaft erst erfolgen könne, wenn der BF tatsächlich vor dem armenischen Konsulat in Österreich erscheine. Er solle daher persönlich erscheinen und allenfalls würden auch dementsprechend die Gerichte in Armenien eingebunden werden.

Ein weiterer Hinweis darauf, dass der BF die armenische Staatsbürgerschaft besitzt, zeigt sein Ansinnen diese Zurückzulegen (Schreiben vom 22.01.2016), ein solches Schreiben bedürfe es nicht, wenn der BF kein armenischer Staatsbürger wäre. Weiters wurde seitens des BF auch vorgelegt, dass die Botschaft der Republik Armenien ihm mitteilte (Schreiben vom 10.02.2016), dass er nicht austreten könne, zumal er zunächst persönlich Erscheinen müsse und weitere genannte Dokumente vorlegen muss. Ein solches Schreiben wäre unnötig, wenn der BF kein armenischer Staatsbürger ist. Es ist aus diesem Schreiben auch ersichtlich, dass der BF nicht persönlich vor der Botschaft oder dem Konsulat erschienen ist.

Dass der Beschwerdeführer versucht habe, einen Antrag auf Ausstellung eines Reisepasses zu stellen und dazu persönlich bei der Botschaft/Konsulat vorstellig wurde, ist nicht zu erkennen. Vielmehr war er darum bemüht, seine armenische Staatsbürgerschaft zurückzulegen, zumal er dies mit Schreiben vom 22.01.2016 an die armenische Botschaft erwirken wollte (vgl. AS 53). Auch wenn der BF in der Beschwerdeschrift angibt, dass es für ihn nicht möglich sei die notwendigen Dokumente zu erbringen, da er nicht nach Armenien reisen könne und auch dazu einen Fremdenpass benötige, so ist ihm entgegenzuhalten, dass lt. Auskunft der armenischen Konsulin, mitgeteilt dem Verwaltungsgericht am 02.12.2020, der BF persönlich vorstellig sein solle und von Österreich aus die armenischen Gerichte eingebunden werden.

Vor diesem Hintergrund lässt sich weder die Feststellung, dass der Beschwerdeführer staatenlos ist noch eine generelle Unmöglichkeit der Erlangung eines armenischen Reisepasses ableiten, da es auch laut Konsulin der BF persönlich zunächst vorstellig sein soll.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zulässigkeit und Verfahren:

Gegenständlich sind die Verfahrensbestimmungen des AVG, des BFA-VG, des VwGVG und jene im AsylG enthaltenen sowie die materiellen Bestimmungen des AsylG in der geltenden Fassung samt jenen Normen, auf welche das AsylG verweist, anzuwenden.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 in der geltenden Fassung, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA das BVwG.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung, entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 15 AsylG hat der Asylwerber am Verfahren nach diesem Bundesgesetz mitzuwirken und insbesondere ohne unnötigen Aufschub seinen Antrag zu begründen und alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen.

Gemäß § 18 AsylG hat die Behörde in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Bescheinigungsmittel für die Angaben bezeichnet oder die angebotenen Bescheinigungsmittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Bescheinigungsmittel auch von Amts wegen beizuschaffen.

3.2. Rechtlich folgt daraus:

Die gegenständliche, zulässige und rechtzeitige Beschwerde wurde am 12.08.2020 beim BFA eingebracht und ist nach Vorlage am 18.08.2020 beim BVwG eingegangen. Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidungen dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des BVwG zuständigen Einzelrichter.

Das BVwG stellt weiters fest, dass das Verwaltungsverfahren in wesentlichen Punkten rechtmäßig durchgeführt wurde. Dem BF wurde insbesondere durch die Erstbefragung und die Einvernahme vor dem BFA - unter Zuhilfenahme eines geeigneten Dolmetschers – ausreichend rechtliches Gehör gewährt.

Zu Spruchteil A):

3.1. Zur Abweisung der Beschwerde:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 8 Abs. 1 und Abs. 3 sowie des § 11 AsylG lauten:

„Ausstellung von Fremdenpässen

§ 88. (1) Fremdenpässe können, sofern dies im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen ist, auf Antrag ausgestellt werden für

1. Staatenlose oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen;

2. ausländische Staatsangehörige, die über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügen und nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen;

3. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen und bei denen im Übrigen die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“ (§ 45 NAG) gegeben sind;

4. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich das für die Auswanderung aus dem Bundesgebiet erforderliche Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen oder

5. ausländische Staatsangehörige, die seit mindestens vier Jahren ununterbrochen ihren Hauptwohnsitz im Bundesgebiet haben, sofern der zuständige Bundesminister oder die Landesregierung bestätigt, dass die Ausstellung des Fremdenpasses wegen der vom Fremden erbrachten oder zu erwartenden Leistungen im Interesse des Bundes oder des Landes liegt.

(2) Fremdenpässe können auf Antrag weiters ausgestellt werden für Staatenlose, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.

2a) Fremdenpässe sind Fremden, denen in Österreich der Status eines Subsidiär Schutzberechtigten zukomme und die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen auf Antrag auszustellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen“

Der Verwaltungsgerichtshof führt in seinem Erkenntnis vom 22.01.2014, 2013/21/0043, unter anderem aus, dass wesentliche Voraussetzung für die Verwirklichung der im § 88 Abs. 1 FPG umschriebenen Tatbestände ist, dass die Ausstellung eines Fremdenpasses im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen ist. Für die Ausstellung eines Fremdenpasses kommt es somit nicht bloß darauf an, dass diese im Interesse des Fremden gelegen ist, sondern es muss auch ein positives Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung eines Fremdenpasses für diesen Fremden bestehen, wobei ein restriktiver Maßstab anzulegen ist (vgl. dazu etwa VwGH vom 15.09.2010, 2010/18/0279; und vom 19.05.2011, 2009/21/0288, jeweils mwN).

Laut Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11.05.2009, 2007/18/0659, eröffnet Österreich mit der Ausstellung eines Fremdenpasses dem Inhaber die Möglichkeit zu reisen und übernimmt damit auch eine Verpflichtung gegenüber den Gastländern. Diese an sich nur gegenüber Staatsbürgern einzunehmende Haltung erfordert einen restriktiven Maßstab (vgl. etwa VwGH vom 29.01.2008, 2007/18/0601, sowie vom 06.09.2007, 2005/18/0505).

Kein solches öffentliche Interesse liegt beispielsweise im Wunsch des Beschwerdeführers, zukünftig bloß Reisen durchführen zu wollen, vor (vgl. etwa Erk. d. VwGH vom 03.05.2005, 2005/18/0070), ebensowenig im Bestreben der Schaffung klarer passrechtlicher Verhältnisse oder zur Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft und für die Eheschließung (vgl. Erk. d. VwGH vom 3.5.2005, 2005/18/0070). Ein öffentliches Interesse wird jedoch anzunehmen sein, wenn die Republik sich zur Ausstellung eines Reisedokuments gemeinschaftsrechtlich verpflichtet hat oder wenn Geschäfts- oder Dienstreisen unternommen werden müssen (vgl. Szymanski in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht, 2014, § 88 FPG Anm 1 mwN) ist die zweite Variante sichtlich auch im Rahmen der gebotenen restriktiven Auslegung dahingehend zu qualifizieren, dass die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Fremdenpasses nur dann vorliegen, wenn das Unterbleiben der Geschäfts- oder Dienstreise durch die konkrete Partei einen relevanten Schaden für die Republik herbeiführen würde.

Im gegenständlichen Fall ergab sich aus dem Vorbringen, dass der BF die Ausstellung des Reisepasses aufgrund „humanitärer Gründe“ erfolgen sollte, da er seine in Spanien aufhältige Nichte besuchen wolle. Aber gerade dieses ausschließliche persönliche Interesse stellt keinen Grund eines öffentlichen Interesses dar. Weitere Gründe sind weder aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers (im Rahmen eines antragsbedürftigen Verfahrens ergibt sich der von der Behörde zu prüfende maßgebliche Sachverhalt gem. § 37 AVG aus der Begründung der Partei und hat sie darüber hinaus nicht in alle erdenklichen Richtungen zu ermitteln) noch aus den sonstigen bekannten Tatsachen, dass ein Interesse der Republik an der Ausstellung eines Fremdenpasses vorliege, ersichtlich. Die Republik Österreich übernimmt durch die Ausstellung des Passes Verpflichtungen gegenüber den Gastländern, weshalb dem Gebot der restriktiven Auslegung der genannten Bestimmung bezüglich des öffentliche Interesses zu folgen ist.

Ein öffentliches Interesse der Republik ist daher in diesem Fall nicht gegeben.

Soweit der Beschwerdeführer angibt, dass er im Besitz der „Rot-Weiß-Rot Karte Plus“ sei, seit 01.05.2002 im Bundesgebiet aufhältig sei und staatenlos, ist auf die Beweiswürdigung und Feststellung dahingehend zu verweisen, dass das Verwaltungsgericht von einer armenischen Staatsbürgerschaft, wie vom BF auch bisher vorgebracht, wenngleich er versuchte diese zurückzulegen, ausgeht. Nach der Beurteilung der vorgelegten Urkunden und der durch das Verwaltungsgericht beim armenischen Konsulat eingeholten Stellungnahme, kann eine nichtvorhandene Staatsbürgerschaft nur dann zweifellos festgestellt werden, wenn der BF persönlich vor dem armenischen Konsulat vorspricht. Auch wenn keine Daten augenscheinlich im System mit dem Namen des BF vorhanden sind, konnte die armenische Konsulin, letztendlich nicht bestätigen, dass der BF kein armenischer Staatsbürger ist und daher die persönliche Vorsprache für notwendig erachtet. So brachte sie auch vor, dass etwaige armenische Gerichte eingebunden werden müssten, dazu müsse der BF jedoch in das Konsulat in Wien. Der BF ist in Österreich als armenischer Staatsbürger geführt und hat auch dementsprechende Lichtbildausweise und Dokumente erhalten. Die Ausstellung eines armenischen Reisepasses ist auf der Website der Botschaft ersichtlich und ist es gerade die Mitwirkungspflicht des Beschwerdeführers im Rahmen des Verfahrens, dass er zunächst persönlich bei der armenischen Konsulin vorspricht und allenfalls bei negativem Verlauf bzw. Feststellung nicht in Besitz einer armenischen Staatsbürgerschaft oder sonstigen Staatsbürgerschaft zu sein, einen neuen entsprechenden Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses zu stellen.

Insgesamt gesehen kann daher der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie ausführt, dass beim Beschwerdeführer die Voraussetzungen des § 88 FPG nicht vorliegen.

Entfall der mündlichen Verhandlung:

In eindeutigen Fällen, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Bundesverwaltungsgericht von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte Verhandlung unterbleiben (vgl. etwa VwGH 05.12.2017, Ra 2016/01/0166; 18.10.2017, Ra 2017/19/0422-0424, jeweils mwN). Weder ist der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erscheint er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Aus den Akteninhalten der Verwaltungsakte ist die Grundlage der bekämpften Bescheide unzweifelhaft nachvollziehbar. Der Sachverhalt ist auf Grund der Aktenlage und Nachfrage beim armenischen Konsulat in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, und es liegen keine weiteren Anhaltspunkte oder ein Tatsachenvorbringen vor, welche nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu einem anderen Verfahrensausgang führen hätten können, weshalb gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 86/2013, eine öffentliche mündliche Verhandlung entfallen konnte. Dem Entfall der Verhandlung steht weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen.

Im vorliegenden Fall konnte von einer Übersetzung des Spruchs und der Rechtsmittelbelehrung gemäß § 12 Abs. 1 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), abgesehen werden, da das Bundesverwaltungsgericht davon ausgehen muss, dass der Beschwerdeführer nach mehr als achtzehnjährigem Aufenthalt im Bundesgebiet und Ausfolgung von Rot-Weiß-Rot - Karten plus die Deutsche Sprache versteht.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 (VwGG), in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2013, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im konkreten Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Dieses Erkenntnis beschäftigt sich vor allem mit der Erforschung und Feststellung von Tatsachen und es ergaben sich im Lauf der Verfahren keine Hinweise auf das Vorliegen von ungeklärten Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A) Abweisung der Beschwerde wiedergegeben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Fremdenpass öffentliches Interesse Reisedokument Staatsangehörigkeit Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W272.1240778.2.00

Im RIS seit

10.03.2021

Zuletzt aktualisiert am

10.03.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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