TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/25 W116 2191094-1

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Veröffentlicht am 25.09.2018
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Entscheidungsdatum

25.09.2018

Norm

BDG 1979 §123 Abs2
BDG 1979 §43 Abs1
BDG 1979 §43 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
StGB §127
StGB §313
StPO §190 Z2
StPO §191 Abs1
VwGVG §28 Abs2 Z1

Spruch

W116 2191094-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Mario DRAGONI als Einzelrichter über die Beschwerde von KInsp XXXX, gegen den Einleitungsbeschluss der DISZIPLINARKOMMISSION BEIM

BUNDESMINISTERIUM FÜR INNERES, Senat 4, vom 05.03.2018, GZ: 07-DK/4/17, betreffend Einleitung eines Disziplinarverfahrens zu

Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Die Staatsanwaltschaft Feldkirch stellte das gegen den Beschwerdeführer in der Sache wegen des Verdachts der Begehung eines Diebstahls nach §§ 127, 313 StGB eingeleitete Strafverfahren (Spruchteil I.) am 23.03.2017 gemäß § 191 Abs. 1 StPO wegen Geringfügigkeit und das eingeleitete Strafverfahren wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs nach § 302 StGB (Spruchteil II.) am 10.04.2017 gemäß § 190 Z 2 StPO ein.

Mit Disziplinarverfügung vom 15.05.2017, GZ: P6/19466/03-PA3/16, verhängte die Dienstbehörde in dieser Sache eine Geldbuße in der Höhe von € 100,--. Der Disziplinaranwalt beim Bundesministerium für Inneres erhob dagegen mit Schriftsatz vom 31.05.2017 einen Einspruch. Durch den rechtzeitig vorgelegten Einspruch wurde die Disziplinarverfügung gemäß § 132 BDG außer Kraft gesetzt und ging die Zuständigkeit für die Entscheidung in dieser Disziplinarsache an die Disziplinarkommission über. Der Disziplinarakt wurde der Disziplinarkommission am 19.06.2017 vorgelegt.

1.2. Mit beschwerdegegenständlichem Beschluss vom 05.03.2018 leitete die belangte Behörde (Spruchteil I.) ein Disziplinarverfahren gegen den Beschwerdeführer ein, weil er im Verdacht stehe, in der Nacht vom 29. auf den 30.04.2016 im Dienst und in Uniform im Zuge einer Glücksspielkontrolle im Wettlokal A. in L., ohne Zustimmung bzw. Billigung des Lokalinhabers und ohne dafür ein Entgelt zu bezahlen, drei Flaschen Rauch Orangensaft aus einem Kühlschrank an sich genommen und vor Ort konsumiert und damit seine Dienstpflichten gemäß §§ 43 Abs. 1 und Abs. 2 BDG 1979 missachtet und diese gemäß § 91 BDG 1979 schuldhaft verletzt zu haben.

Hingegen wurde wegen des Vorwurfs, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum von 01.01.2016 bis 31.08.2016 aufgrund fehlerhafter Berechnungen seiner Dienstzeit zu Unrecht neunzehn Plus- und zwei Überstunden erwirtschaftet habe, gemäß § 118 Abs. 1 Z 4 BDG wegen Geringfügigkeit kein Disziplinarverfahren eingeleitet (Spruchteil II.).

Begründend wurde ausgeführt, dass sich der angelastete Sachverhalt, der inhaltlich detailliert wiedergegeben wurde, aus der Disziplinaranzeige der LPD Vorarlberg vom 19.06.2017, GZ: P6/3452/2017, ergeben würde. Das dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verhalten wurde im bekämpften Bescheid wie folgt darstellt (anonymisiert):

Während einer Kontrolle in der Nacht vom 29. auf 30. April 2016 im Wettlokal A. in L. habe der Disziplinarbeschuldigte aus einem Kühlschrank insgesamt drei Flaschen Rauch-Orangensaft genommen und konsumiert. Der von der lokalinternen Videoanlage aufgezeichnete Vorfall sei durch eine Veröffentlichung im Internetportal YouTube und Berichte in mehreren näher angeführten Medien einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden. Anschließend habe die Firma A. über ihre rechtsfreundliche Vertretung am 30.05.2016 eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Feldkirch erstattet und die Videoaufzeichnungen angeschlossen.

Seitens des Disziplinarbeschuldigten wurde dazu angegeben, dass er Probleme mit Zucker und Bluthochdruck habe, die bei der Amtshandlung bemerkbar geworden seien. Deshalb habe er die zuckerhaltigen Getränke konsumiert. Deren Wert habe er dem Wettlokal mittlerweile bereits bezahlt.

Rechtlich führte die Disziplinarkommission aus, dass der Beamte gemäß § 43 Abs. 1 BDG seine dienstlichen Aufgaben treu, gewissenhaft und engagiert aus eigenem zu erfüllen habe. Er müsste also während der Ausübung seines Dienstes zunächst die Gesetze beachten (VwGH 04.09.1990, 88/09/0013) und die ihm übertragenen Aufgaben ordentlich erledigen (treu und gewissenhaft), sowie alles unterlassen, was die Interessen des Dienstgebers schädigen könnte. Die "Beachtung der geltenden Rechtsordnung" würde darüber hinaus bedeuten, dass der Beamte bei der Erfüllung der dienstlichen Aufgaben gerichtlich strafbare Handlungen zu unterlassen, also sich selbst so zu verhalten habe, dass er nicht Straf- oder Verwaltungsgesetze verletzt. Als relevante Rechtsverletzung nach § 43 Abs. 1 BDG sei es von der Judikatur etwa auch erachtet worden, wenn ein Beamter etwa im Dienst strafbare Handlungen zu verantworten habe. Dies würde auch im gegenständlichen Fall vorliegen.

Der strafrechtliche Verdacht eines Vergehens nach §§ 127, 313 StGB und damit einer Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 1 BDG würde sich daraus ergeben, dass sich der Disziplinarbeschuldigte während einer Amtshandlung in einem Lokal an Lebensmitteln bedient habe, obwohl er dazu weder eine Erlaubnis noch eine stillschweigende Billigung des Lokalinhabers gehabt habe. Er habe die Produkte eigenmächtig, unter Ausnützung der ihm durch die Amtshandlung gebotene Gelegenheit, an sich genommen und konsumiert. Seine Angaben, wonach er wegen gesundheitlicher Probleme trinken habe müssen, würden sich nach der derzeitigen Verdachtslage als bloße Schutzbehauptung darstellen, zumal er ja auch Wasser trinken oder - bei tatsächlicher wesentlicher gesundheitlicher Beeinträchtigung - vom Dienst abtreten hätte können. Sich in einem Lokal im Zuge einer Amtshandlung ungefragt an Lebensmittel zu bedienen, sei auch vor dem Hintergrund seiner Verpflichtung, alles zu unterlassen, was die Interessen des Dienstgebers schädigen könnte, bedenklich. Sein Verhalten würde jegliche, von einer Führungskraft zu erwartende Vorbildhaltung vermissen lassen und sei geeignet, einen schweren Verstoß nach § 43 Abs. 1 BDG zu begründen.

Ferner sei der Beamte nach § 43 Abs. 2 BDG verpflichtet, in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit, aber auch des Dienstgebers in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt. Diese Pflicht würde der Beamte immer dann verletzen, wenn er durch ein inner- oder außerdienstliches Verhalten bei Dritten Bedenken dagegen auslöst, dass er bei der Vollziehung immer rechtmäßig vorgehen werde und damit seine Glaubwürdigkeit einbüßt. Das von dieser Bestimmung geschützte Rechtsgut würde nach Auffassung des VwGH in der allgemeinen Wertschätzung liegen, die das Beamtentum in der Öffentlichkeit genießt, damit in der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und des dafür erforderlichen Ansehens der Beamtenschaft (VwGH 24.11.1997, 95/09/0348; 15.12.1999, 98/09/0212; 18.04.2002, 2000/09/0176); insofern würde § 43 Abs. 2 BDG auch eine für alle Beamten gemeinsame Verhaltensrichtlinie darstellen (VwGH 28.07.2000, 97/09/0324; 16.10.2001, 2000/09/0012) und von keinem anderen Tatbestand des Dienstrechts abgedeckt werden.

Laut VwGH sei eine Verletzung der Pflicht zur Vertrauenswahrung immer dann anzunehmen, wenn der Beamte ein Rechtsgut verletzt, mit dessen Schutz er im Rahmen seiner dienstlichen Aufgaben betraut ist (VwGH 24.02.1995, 93/09/0418; 15.12.1999, 98/09/0212). Die Tat des Disziplinarbeschuldigten sei unter §§ 127, 313 StGB zu subsumieren und die Einstellung des Strafverfahrens durch die Staatsanwaltschaft Feldkirch wegen Geringfügigkeit nach § 191 StPO würde daran nichts ändern. Der Disziplinarbeschuldigte sei verdächtig, sein Fehlverhalten im Kernbereich seiner dienstlichen Aufgaben realisiert zu haben, weil die Vollziehung der Strafgesetze grundsätzlich von jedem Polizeibeamten zu besorgen sei. Er sei darüber hinaus verdächtig, die Straftaten im Dienst und in Uniform, sowie in Anwesenheit mehrerer Bediensteter anderer an der Amtshandlung beteiligter Personen begangen zu haben.

Aber auch unabhängig von der strafrechtlichen Würdigung würde sein Verhalten - nach derzeitiger Verdachtslage - ein Fehlverhalten darstellen, welches geeignet sei, das Vertrauen der Allgemeinheit und des Dienstgebers im Sinne des § 43 Abs. 2 BDG zu erschüttern (DOK 02.03.2005, 113/14-DOK/00; 03.03.2004, 78/8-DOK/03; 13.10.2004, 73/10-DOK/04). Gerade die uneingeschränkte Integrität des Beamtentums, ihre Unbefangenheit und Verbundenheit mit den rechtlichen Werten sei von besonderer Bedeutung für das Vertrauen des Bürgers in den gesamten Polizei- und Beamtenapparat. Dem Verhalten von Beamten, welche mit den wichtigsten Aufgaben der Hoheitsverwaltung betraut sind, würde daher in der Öffentlichkeit besonderer Stellenwert zukommen. Der Bürger würde sich zu Recht erwarten, dass die Polizei ihre Aufgaben - nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und die Bekämpfung der Kriminalität - in kompetenter und effizienter Weise erfüllt. Dazu würde es auch gehören, dass Polizeibeamte die von ihnen zu vollziehenden Gesetze selbst einhalten, somit auch nach ethischen und moralischen Gesichtspunkten besonders gesetzestreu sind und sich auch so verhalten. Nur dadurch könnte ein Polizeibeamter seine Glaubwürdigkeit erhalten. Das Verhalten des Disziplinarbeschuldigten sei nach derzeitiger Verdachtslage vom Gegenteil gezeichnet und geeignet, die Glaubwürdigkeit der Polizei schwer zu erschüttern. Dass sich ein Polizeibeamter während einer Amtshandlung in einem Lokal ungefragt an Getränken bedient, würde ein selbstherrliches, impertinentes Verhalten darstellen, welches nicht nur jegliches Unrechtsbewusstsein vermissen lassen, sondern darüber hinaus den Eindruck erwecken würde, der Beamte scheine zu glauben, dass er sich als Beamter der Bundespolizei alles erlauben könne. Er scheine damit einem längst überwunden geglaubten Obrigkeitsdenken verhaftet zu sein, in welchem "der Untertan" alles zu tolerieren hätte. Der dargestellte konkrete und massive Verdacht der Begehung einer schweren Dienstpflichtverletzung sei geeignet, das Ansehen des Amtes beträchtlich zu schädigen.

Abschließend wurde darauf hingewiesen, dass ein Einstellungsgrund nach § 118 BDG aufgrund der Schwere des Verdachtes nicht gegeben sei. Weiters sei eine mangelnde Strafwürdigkeit nach § 118 Abs. 1 Z 4 BDG nur dann anzunehmen, wenn kumulativ sowohl die disziplinäre Schuld des Disziplinarbeschuldigten als gering einzuschätzen sei, eine Disziplinierung zur Wahrung des dienstlichen, durch das Disziplinarrecht geschützten Interesses nicht notwendig erscheinen würde, die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen habe und eine Bestrafung auch unter dem Gesichtspunkt der Spezial- und Generalprävention nicht geboten sei (vgl. Berufungskommission 04.04.2003, 130/10-BK/03; 02.02.2006, 160/12-BK/05 u.a.). Diese Voraussetzungen würden nicht vorliegen.

Eine abschließende rechtliche Würdigung des Verhaltens des Disziplinarbeschuldigten würde in der mündlichen Verhandlung vorgenommen werden.

Zu Spruchteil II wird zusammenfassend ausgeführt, dass die Disziplinarkommission im Hinblick auf die dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Fehler bei der Abrechnung seiner Dienstzeit - auch vor dem Hintergrund der Ausführungen im Abschlussbericht B5/4086/2017-Ga, vom 06.04.2017 - kein schwerwiegendes Fehlverhalten erkennen würde, welches eine disziplinäre Sanktion notwendig erscheinen lasse. Die Disziplinarkommission würde die Ansicht des im Strafverfahren ermittelnden Beamten teilen, wonach es sich hier wohl um ein Versehen gehandelt haben dürfte. Zu bedenken sei dabei auch gewesen, dass die ihm vorgeworfenen 19 Plusstunden in einem Zeitraum von acht Monaten zu Unrecht erwirtschaftet worden seien. Das seien rund zwei Stunden pro Monat, was vor dem Hintergrund der gesamten monatlichen Dienstzeit des Beamten - sowie des nicht erweislichen Vorsatzes - noch innerhalb eines disziplinär nicht relevanten Fehlerkalküls liegen würde. Es seien somit die Voraussetzungen für eine Einstellung des Disziplinarverfahrens nach § 118 Abs. 1 Z 4 BDG gegeben gewesen.

2. Mit Schriftsatz vom 29.03.2018 brachte der Beschwerdeführer dagegen rechtzeitig eine Beschwerde bei der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres ein. Als Begründung wird darin im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich entgegen der Feststellung der belangten Behörde nicht um eine Kontrolle, sondern um eine mehrstündige, behördlich verfügte Schließung des Wettlokals gehandelt habe, welche die daran beteiligten Personen an die Grenzen ihrer Kräfte gebracht habe. Unmittelbar davor sei der Disziplinarbeschuldigte einem Hochrisikofußballspiel zugeteilt gewesen. Dies wäre relevant gewesen, zumal er während seiner dienstlichen Aufgabe stundenlange Schwerarbeit verrichten habe müssen. Weiters würde die Behörde die gesundheitliche Beeinträchtigung des Beschuldigten als bloße Schutzbehauptung abtun, obwohl sich im Strafakt ein entsprechendes Attest seines Hausarztes befinden würde. Abgesehen davon würde die Behörde übersehen, dass das Disziplinarverfahren gemäß § 118 Abs. 1 Z 4 BDG einzustellen gewesen wäre. Die Schuld des Beschwerdeführers sei im konkreten Fall nämlich als gering anzusehen, da er nach einem mehrstündigen Einsatz in stickigen Räumlichkeiten plötzlich Probleme mit Unterzucker bzw. Bluthochdruck bekommen und sich nicht anders zu helfen gewusst habe, als etwas Zuckerhaltiges zu trinken. Er habe auch nicht vorsätzlich gehandelt, zumal ihm im Rahmen einer vorhergehenden Kontrolle von den Betreibern mitgeteilt worden sei, dass die Getränke und das Obst zur freien Entnahme wären. Der Einwand der Behörde, dass der Beschuldigte vom Dienst abtreten hätte können, sei hier nicht gerechtfertigt, da er Einsatzleiter ohne Stellvertreter gewesen sei. Außerdem habe die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen. Der Beschuldigte habe sich bei der Betreiberfirma entschuldigt und eine Schadenswiedergutmachung angeboten. Diese sei akzeptiert und es sei in der Folge bestätigt worden, dass aus dem Vorfall sämtliche Forderungen abgegolten seien (E-Mail vom 17.10.2016). Im gegenständlichen Fall sei auch keine spezialpräventive Bestrafung notwendig, zumal der Disziplinarbeschuldigte nunmehr immer Traubenzucker für eine allfällige Unterzuckerung mit sich führen würde. Schließlich würden auch keine generalpräventiven Gründe existieren, den Beschuldigten zu bestrafen, da ein verurteilendes Erkenntnis der Disziplinarbehörde nicht öffentlich gemacht würde. Wie sich aus einem Aktenvermerk eines namentlich genannten Kollegen ergeben würde, sei den einschreitenden Beamten im Zuge einer Kontrolle am 08.04.2016 mitgeteilt worden, dass sie sich jederzeit unentgeltlich Getränke und Obst aus den Kühlschränken entnehmen können. Von einem für die Verwirklichung eines Diebstahls vorhandenen Vorsatz könnte daher beim Beschuldigten keine Rede sein.

3. Mit Schreiben vom 03.04.2018 legte die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres, Senat 4, dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verfahrensakten zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der Beschwerdeführer steht als Exekutivbeamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund, er ist Mitarbeiter der Landespolizeidirektion Vorarlberg und als dienstführender Beamter seit 01.01.2017 in der Autobahnpolizeiinspektion XXXX eingesetzt. Zum Zeitpunkt der Begehung der Tat war er stellvertretender Inspektionskommandant der Polizeiinspektion XXXX.

Am 19.06.2017 erstattete die LPD Vorarlberg gemäß § 110 Abs. 1 Z 2 BDG 1979 die gegenständliche Disziplinaranzeige gegen den Beschwerdeführer.

Es liegen hinreichend konkrete Verdachtsgründe für die Einleitung eines Disziplinarverfahrens vor und der Sachverhalt ist für das Verfahrensstadium des Einleitungsbeschlusses ausreichend geklärt. Es steht auch unverwechselbar fest, welche konkreten Vorgänge den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bilden. Ebenso haben sich keine offenkundigen Gründe für eine Einstellung ergeben (§118 Abs. 1 BDG 1979).

2. Beweiswürdigung:

Der für die Entscheidung relevante Sachverhalt ergibt sich aus der vorgelegten und ausreichend dokumentierten Aktenlage, insbesondere aus der vorliegenden Disziplinaranzeige der LPD Vorarlberg vom 19.06.2017. Die Richtigkeit des von der Disziplinarkommission festgestellten Sachverhalts wird im Übrigen auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten, er vermeint jedoch, dass die in § 118 Abs. 1 Z 4 BDG enthaltenen Voraussetzungen für eine Einstellung des Disziplinarverfahrens bereits vorliegen würden. Insbesondere habe er nicht vorsätzlich gehandelt, zumal ihm im Rahmen einer vorhergehenden Kontrolle von den Betreibern mitgeteilt worden sei, dass die Getränke und das Obst zur freien Entnahme bereitstehen würden. Davon abgesehen sei seine gesundheitliche Beeinträchtigung im Zusammenhang mit der stundenlangen Schwerarbeit nicht entsprechend berücksichtigt worden. Schließlich habe er sich bei der Betreiberfirma entschuldigt und sei die angebotene Schadenswiedergutmachung angenommen worden. Auf diese Argumente wird im Einzelnen im Zuge der rechtlichen Beurteilung einzugehen sein.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Zulässigkeit der Beschwerde:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl 1930/1 (WV) idF. BGBl I 2012/51 (Verwaltungsgerichts-Novelle 2012) erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden, soweit sich aus Abs. 3 nicht anderes ergibt. Gemäß § 7 Abs. 4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF. BGBl. I 2013/122, beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen einen Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen.

Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen einen Bescheid einer Bundesbehörde in einer Angelegenheit der unmittelbaren Bundesverwaltung und wurde rechtzeitig innerhalb der Frist des § 7 Abs. 4 VwGVG eingebracht. Sie ist damit zulässig.

3.2. Zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichts (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 2013/10, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 135a Abs. 3 Beamten- Dienstrechtsgesetz 1979- BDG 1979 BGBl. Nr. 333/1979, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 120/2012 hat das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat zu entscheiden, wenn gegen ein Erkenntnis, mit dem die Disziplinarstrafe der Entlassung oder der Verlust aller aus dem Dienstverhältnis fließenden Rechte und Ansprüche verhängt wurde, Beschwerde erhoben wurde oder wenn die Disziplinaranwältin oder der Disziplinaranwalt gegen ein Erkenntnis Beschwerde erhoben hat. Da hier keine dieser Voraussetzungen zutrifft, ist im vorliegenden Fall Einzelrichterzuständigkeit gegeben.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte (mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes) wird durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 4 kann das Verwaltungsgericht, soweit das Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

Dies ist hier der Fall, weil der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt aufgrund der eindeutigen Aktenlage feststeht. Es sind auch keine Umstände hervorgetreten, zu deren weiteren Klärung eine mündliche Erörterung notwendig erscheinen würde. Darüber hinaus liegen im Hinblick auf den Spruchinhalt auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass im Gegenstand dem Entfall einer mündlichen Verhandlung allenfalls Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) oder Art. 47 der Charta der Grundrechte der europäischen Union entgegenstehen könnten. So hat der VwGH in seiner Entscheidung vom 21.04.2015, Zl. 2014/09/0042, im Zusammenhang mit Einleitungsbeschlüssen nach § 123 BDG 1979 folgendes ausgeführt:

"Mit einer Entscheidung über die disziplinarrechtliche Schuld und Strafe eines Beamten wird in der Regel eine Entscheidung über eine zivilrechtliche Streitigkeit iSd Art. 6 Abs. 1 MRK getroffen (vgl. E 9. September 2014, Ro 2014/09/0049; E 14. Oktober 2011, 2008/09/0125). Bei der Entscheidung über einen Einleitungsbeschluss im Disziplinarverfahren der Beamten nach § 123 BDG 1979 wird im Unterschied zu einem Disziplinarerkenntnis jedoch noch nicht über die Schuld und Strafe entschieden. Es handelt sich vielmehr um einen vorbereitenden verfahrensrechtlichen Bescheid, der den Eintritt der Verjährung verhindert, und eine Umgrenzung des Verfahrensgegenstandes und erst eine Voraussetzung für die Entscheidung in der Sache selbst aber keine abschließende Entscheidung darüber darstellt. Der Beschuldigte hat auch nach Erlassung eines Einleitungsbeschlusses die Möglichkeit, alle zu seiner Verteidigung sprechenden Umstände geltend zu machen."

Es konnte daher von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG haben die Verwaltungsgerichte die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden nach Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Wie oben bereits ausgeführt steht der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt aufgrund der Aktenlage fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher in der Sache selbst zu entscheiden.

3.3. Zu Spruchteil A):

3.3.1. Zu der in der Beschwerde geltend gemachten Rechtswidrigkeit des Bescheides:

Der Beschwerdeführer machte in seiner Beschwerde geltend, dass die Disziplinarkommission zu Unrecht festgestellt hätte, dass er mit dem ihm im Spruch des Einleitungsbeschlusses vorgeworfenen Verhalten im Verdacht stehe, schuldhaft gegen die Bestimmung des § 43 Abs. 1 und Abs. 2 BDG 1979 verstoßen und dadurch Dienstpflichtverletzungen gemäß §§ 91 BDG 1979 begangen zu haben.

3.3.2. Zu den maßgeblichen Bestimmungen:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Beamten- Dienstrechtsgesetzes 1979- BDG 1979 BGBl. Nr. 333/1979 idF. BGBl. I Nr. 164/2015 lauten:

"Allgemeine Dienstpflichten

§ 43. (1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

(2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, daß das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt. [...]

Dienstpflichtverletzungen

§ 91. Der Beamte, der schuldhaft seine Dienstpflichten verletzt, ist nach diesem Abschnitt zur Verantwortung zu ziehen.

Einstellung des Disziplinarverfahrens

§ 118. (1) Das Disziplinarverfahren ist mit Bescheid einzustellen, wenn

1. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit ausschließen,

2. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Dienstpflichtverletzung darstellt,

3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen, oder

4. die Schuld des Beschuldigten gering ist, die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und überdies eine Bestrafung nicht geboten ist, um den Beschuldigten von der Verletzung der Dienstpflichten abzuhalten oder der Verletzung von Dienstpflichten durch andere Beamte entgegenzuwirken.

(2) Das Disziplinarverfahren gilt als eingestellt, wenn das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis des Beschuldigten endet.

Einleitung

§ 123. (1) Der Senatsvorsitzende hat nach Einlangen der Disziplinaranzeige den Disziplinarsenat zur Entscheidung darüber einzuberufen, ob ein Disziplinarverfahren durchzuführen ist. Notwendige Ermittlungen sind von der Dienstbehörde im Auftrag des Senatsvorsitzenden durchzuführen.

(2) Hat die Disziplinarkommission die Durchführung eines Disziplinarverfahrens beschlossen, so ist dieser Einleitungsbeschluss der oder dem Beschuldigten, der Disziplinaranwältin oder dem Disziplinaranwalt und der Dienstbehörde zuzustellen. Im Einleitungsbeschluss sind die Anschuldigungspunkte bestimmt anzuführen und die Zusammensetzung des Senates einschließlich der Ersatzmitglieder bekanntzugeben.

(3) Sind in anderen Rechtsvorschriften an die Einleitung des Disziplinarverfahrens Rechtsfolgen geknüpft, so treten diese nur im Falle des Beschlusses der Disziplinarkommission, ein Disziplinarverfahren durchzuführen, und im Falle der (vorläufigen) Suspendierung ein."

3.3.3. Zur Auslegung:

Wie der Verwaltungsgerichtshof zur Rechtslage des BDG 1979 und des LDG 1984 in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat (Hinweis E 9.9.1997, 95/09/0243, sowie E 16.9.1998, 96/09/0320), ist die dem Einleitungsbeschluss in einem Disziplinarverfahren zukommende rechtliche Bedeutung in erster Linie darin gelegen, dem wegen einer Dienstpflichtverletzung beschuldigten Beamten gegenüber klarzustellen, hinsichtlich welcher Dienstpflichtverletzung ein Disziplinarverfahren innerhalb der Verjährungsfrist eingeleitet wurde. Der Bescheid, durch den das Disziplinarverfahren eingeleitet wird, und der für dessen weiteren Gang eine Prozessvoraussetzung bildet, dient zugleich dem Schutz des Beschuldigten, der ihm entnehmen kann, nach welcher Richtung er sich vergangen und inwiefern er pflichtwidrig gehandelt haben soll. Der Einleitungsbeschluss begrenzt regelmäßig den Umfang des vor der Disziplinarkommission stattfindenden Verfahrens: Es darf keine Disziplinarstrafe wegen eines Verhaltens ausgesprochen werden, das nicht Gegenstand des durch den Einleitungsbeschluss in seinem Umfang bestimmten Disziplinarverfahrens ist. Um dieser Umgrenzungsfunktion gerecht zu werden, muss das dem Disziplinarbeschuldigten als Dienstpflichtverletzung vorgeworfene Verhalten im Einleitungsbeschluss derart beschrieben werden, dass unverwechselbar feststeht, welcher konkrete Vorgang den Gegenstand des Disziplinarverfahrens bildet. Die angelastete Tat muss daher nach Ort, Zeit und Tatumständen so gekennzeichnet werden, dass keine Unklarheit darüber möglich ist, welches dem Disziplinarbeschuldigten zur Last gelegte Verhalten auf der Grundlage des Einleitungsbeschlusses als Prozessgegenstand im anschließenden Disziplinarverfahren behandelt werden darf. Solcherart muss sich daher der Tatvorwurf von anderen gleichartigen Handlungen oder Unterlassungen, die dem Disziplinarbeschuldigten angelastet werden können, genügend unterscheiden lassen (VwGH vom 18.12.2012, Zl. 2011/09/0124).

In seiner Entscheidung vom 17.02.2015, Zl. 2014/09/0007, hat der VwGH zum Einleitungsbeschluss weiter Folgendes ausgeführt: Für die Einleitung des Disziplinarverfahrens reicht es aus, wenn im Umfang der Disziplinaranzeige und auf deren Grundlage genügende Verdachtsgründe gegen den Beamten vorliegen, welche die Annahme einer konkreten Dienstpflichtverletzung rechtfertigen. Es muss die Disziplinarbehörde bei Fällung eines Einleitungsbeschlusses noch nicht völlige Klarheit darüber haben, ob der Beamte eine Dienstpflichtverletzung begangen hat; dies ist erst in dem der Einleitung des Verfahrens nachfolgenden Ermittlungsverfahren aufzuklären. In dieser Phase des Verfahrens ist aber jedenfalls zu klären, ob die Voraussetzungen für die Einleitung gegeben sind oder ob keine genügenden Verdachtsgründe vorliegen und hingegen allenfalls offenkundige Gründe für eine Einstellung des Disziplinarverfahrens gegeben sind (§ 118 Abs. 1 BDG 1979). Stellt sich nämlich nach Erlassung eines Einleitungsbeschlusses nach § 123 Abs. 2 BDG 1979 idF der Dienstrechts-Novelle 2011 heraus, dass die Voraussetzungen für die Einstellung des Disziplinarverfahren nach § 118 Abs. 1 BDG 1979 vorliegen, so darf das Disziplinarverfahren nicht mehr gemäß § 118 Abs. 1 BDG 1979 eingestellt werden, in einem solchen Fall ist der Beschuldigte hingegen von den gegen ihn erhobenen Vorwürfen freizusprechen (vor der Dienstrechts-Novelle 2011 trat diese Wirkung erst nach dem Verhandlungsbeschluss ein:

vgl. E 18. Februar 1998, 95/09/0112; E 18. Dezember 2012, 2010/09/0180, dessen Funktion nunmehr vom Einleitungsbeschluss übernommen wird).

Da es sich beim Einleitungsbeschluss um eine Entscheidung im Verdachtsbereich handelt, muss die darin enthaltene rechtliche Beurteilung des zur Last gelegten Verhaltens noch keine abschließende sein (VwGH vom 31.01.2001, Zl. 2000/09/0144).

Die Begründung des Einleitungsbeschlusses ist auf die Zusammenfassung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und die Darlegung der für die getroffene Entscheidung im jeweiligen Gegenstand maßgeblichen Gründe beschränkt; beim Einleitungsbeschluss geht es um die Frage, ob in Bezug auf einen konkret umschriebenen Sachverhalt ein hinreichender Verdacht für das Vorliegen einer schuldhaften Dienstpflichtverletzung gegeben ist, oder ob allenfalls (offenkundige) Gründe für die sofortige Verfügung der Einstellung des Disziplinarverfahrens vorliegen (VwGH vom 01.07.1998, Zl. 97/09/0095 mit Hinweis auf E 25.6.1992, 91/09/0190).

Nur offenkundige Gründe für eine sofortige Verfügung der Einstellung des Disziplinarverfahrens gem. § 118 Abs. 1 BDG 1979 stehen der Einleitung des Disziplinarverfahrens entgegen (VwGH vom 25.06.1992, Zl. 92/09/0056).

3.3.3. Zur Anwendung auf den vorliegenden Sachverhalt:

Aufgrund des in der Disziplinaranzeige der Dienstbehörde dargestellten Sachverhalts, insbesondere auch der Tatsache, dass der Beschwerdeführer nach der Aktenlage selbst eingesteht, dass er während einer Amtshandlung aus einem fremden Kühlschrank insgesamt drei Flaschen Rauch Orangensaft an sich genommen und konsumiert hat, kann keine Rechtswidrigkeit darin erblickt werden, dass die belangte Behörde ein Disziplinarverfahren eingeleitet hat. Wie sich aus den entsprechenden Gesetzesstellen, der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen nämlich unmissverständlich ergibt, sind Beamte verpflichtet, ihre dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen (§ 43 Abs. 1 BDG 1979). Sie dürfen während ihres Dienstes somit keine strafbaren Handlungen begehen (VwGH 04.09.1990, 88/09/0013) und müssen die ihnen übertragenen Aufgaben treu, gewissenhaft und engagiert erfüllen. Weiters sind sie verpflichtet, in ihrem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit, aber auch des Dienstgebers in die sachliche Wahrnehmung ihrer dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt (§ 43 Abs. 2 BDG 1979). Vor diesem Hintergrund ist den Ausführungen der Disziplinarkommission zu folgen, dass der Disziplinarbeschuldigte durch das dargestellte Handeln konkret verdächtig ist, ein schweres Fehlverhalten im Kernbereich seiner dienstlichen Aufgaben realisiert zu haben, zumal die Vollziehung der Strafgesetze grundsätzlich von jedem Polizeibeamten zu besorgen ist. Das dem Beschwerdeführer angelastete Fehlverhalten erscheint auch dem Bundesverwaltungsgericht jedenfalls geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit und des Dienstgebers in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben als Exekutivorgan maßgeblich zu erschüttern. Wie die Disziplinarkommission zu Recht weiter ausgeführt hat, ist die uneingeschränkte Integrität des Beamtentums, die Unbefangenheit und Verbundenheit mit den rechtlichen Werten ist von besonderer Bedeutung für das Vertrauen des Bürgers in den gesamten Polizei- bzw. Beamtenapparat. Dem Verhalten von Polizisten, welche mit wichtigsten Aufgaben der Hoheitsverwaltung betraut sind, kommt dabei in der Öffentlichkeit besonderer Stellenwert zu. Der Bürger erwartet sich gerade von der Polizei, dass die Exekutivbeamten ihre Aufgaben - die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und die Bekämpfung der Kriminalität - in kompetenter und effizienter Weise erfüllen, dabei die von ihnen zu vollziehenden Gesetze jedenfalls selbst einhalten und sich auch in ethischer und moralischer Hinsicht korrekt verhalten. Nur so kann ein Polizeibeamter jene Glaubwürdigkeit erhalten, die für die Vollziehung seiner Aufgaben notwendig ist.

Das Verhalten des Beschwerdeführers ist nach der derzeitigen Verdachtslage vom Gegenteil gezeichnet und damit geeignet, die Glaubwürdigkeit der Polizei schwer zu erschüttern. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die Aufzeichnung der lokalinternen Videoanlage in der Folge auf dem Internetportal YouTube und in konkret genannten Printmedien veröffentlicht und damit der Sachverhalt einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde, weshalb zu befürchten ist, dass die Tathandlung bereits zu einer konkreten Schädigung des Ansehens der Polizei geführt hat. Es kann daher zum derzeitigen Verfahrensstand nicht ohne weiteres festgestellt werden, dass die vorgeworfene Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat, wie in der Beschwerde behauptet wird. Und der Umstand, dass die rechtsfreundliche Vertretung der Betreiberfirma den Beschwerdeführer wegen seines Verhaltens am 30.05.2016 bei der Staatsanwaltschaft Feldkirch angezeigt, deutet auch nicht darauf hin, dass ihm und seinen Kollegen im Rahmen einer vorhergehenden Kontrolle von den Betreibern angeboten worden wäre, dass Getränke und Obst zur freien Entnahme bereitstehen würden, wie der Beschwerdeführer nun zu seiner Rechtfertigung ausführt. Dieser Umstand wird ebenso wie das Vorbringen, dass die konkrete Amtshandlung unmittelbar nach einem Einsatz des Beschwerdeführers bei einem Hochrisiko-Fußballspiel stattgefunden, mehrere Stunden angedauert und die beteiligten Beamten an die Grenzen ihrer Kräfte gebracht habe, er somit stundenlange Schwerarbeit verrichten habe müssen und er mit seiner Handlung lediglich auf eine gesundheitliche Beeinträchtigung reagiert habe, im weiteren Disziplinarverfahren einer entsprechenden Prüfung und Beweiswürdigung zu unterziehen sein. Auf Grundlage der aktuell vorliegenden Aktenlage kann jedenfalls auch nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht festgestellt werden, dass hier bereits sämtliche Voraussetzungen des § 118 Abs. 1 Z 4 BDG (wenn die Schuld des Beschuldigten gering ist, die Tat keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hat und überdies eine Bestrafung nicht geboten ist, um den Beschuldigten von der Verletzung der Dienstpflichten abzuhalten oder der Verletzung von Dienstpflichten durch andere Beamte entgegenzuwirken) für die Einstellung des Verfahrens zweifelsfrei vorliegen würden.

Zusammengefasst haben sich weder aus vorliegenden Akten noch aus dem Beschwerdevorbringen konkrete Anhaltspunkte für das offenkundige Vorliegen eines Einstellungsgrundes nach § 118 Abs. 1 BDG 1979 ergeben. Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Umstände, welche nach seiner Auffassung eine Rechtfertigung bzw. Entschuldigung des ihm vorgeworfenen Verhaltens darstellen würden, werden von der Disziplinarkommission im Rahmen des nun weiter zu führenden Disziplinarverfahrens in einer mündlichen Verhandlung entsprechend zu erheben und zu würdigen sein (vgl. VwGH vom 05.07.1993, 91/10/0130 und vom 21.06.2000, 97/09/0143).

Der von der belangten Behörde verfügte Einleitungsbeschluss betreffend Vorliegen von Dienstpflichtverletzungen im Verdachtsbereich ist daher zu Recht erfolgt, weshalb die Beschwerde letztlich als unbegründet abzuweisen war.

3.4. Zu Spruchteil B):

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im gegenständlichen Fall ist eine Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommen würde. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen, oben umfassend dargestellten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Die oben dargestellte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bezieht sich zudem auf den konkreten Fall.

Schlagworte

Ansehen des Amtes, Diebstahl, Dienstpflichtverletzung,
Einleitungsbeschluss, Polizist, Strafverfahren - Einstellung,
Verdachtsgründe, Vertrauensschädigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W116.2191094.1.00

Zuletzt aktualisiert am

21.11.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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